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OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.04.2024 – 20 W 187/23 

Grundbuchberichtigung Gesellschafter GbR

Art 229 § 21 Abs 2 S 1 BGBEG, Art 229 § 21 Abs 4 BGBEG, § 47 Abs 2 S 1 GBO vom 11.08.2009

Seit dem Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 kann eine Änderung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Grundbuch nicht mehr eingetragen werden, auch wenn die Änderung noch vor dem 1. Januar 2024 stattgefunden hat und der Antrag ebenfalls noch vor dem 1. Januar 2024 gestellt worden ist.

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Als Eigentümerin des oben bezeichneten Grundbesitzes (Straße1 in Stadt1) ist im Grundbuch die Beteiligte eingetragen, seit 08.01.2019 eingetragen als aus den Herren X, Y und Z bestehend. Bei der Beteiligten handelt es sich um eine Rechtsanwaltssozietät. Gemäß dem nur in privatschriftlicher Form vorgelegten Sozietätsvertrag vom 02.05.2018 (in Akte; nicht paginiert) wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst. Der Anteil eines Partners an der Sozietät ist nicht vererblich. Erben eines verstorbenen Partners scheiden zum Zeitpunkt des Erbfalls aus der Sozietät aus, ohne dass es einer Kündigung bedarf.Randnummer2

Am XX.XX.2022 verstarb Rechtsanwalt X.Randnummer3

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 02.03.2023 die Berichtigung des Grundbuchs durch Austragung des Herrn X als Gesellschafter beantragt (in Akte; nicht paginiert).Randnummer4

Mit Zwischenverfügung vom 24.04.2023 (in Akte; nicht paginiert) hat das Grundbuchamt beanstandet, dass die gesellschaftsvertraglichen Regelungen in der Form des § 29 GBO nachzuweisen seien, dem genüge der vorgelegte schriftliche Vertrag nicht. Die Berichtigung sei von den noch lebenden Gesellschaftern und von den Erben des Herrn X jeweils in öffentlich beglaubigter Form zu bewilligen.Randnummer5

Gegen die Zwischenverfügung hat die Beteiligte mit Schriftsatz vom 27.07.2023 Beschwerde eingelegt (in Akte; nicht paginiert). Sie hat gemeint, der schriftliche Vertrag sei ausreichend, denn es gebe keine Vorschriften, wonach der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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in einer bestimmten Form geschlossen werden müsste. Im Übrigen könnte auch ein notariell errichteter Gesellschaftsvertrag im Nachhinein formlos geändert werden.Randnummer6

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 04.09.2023 nicht abgeholfen (in Akte; nicht paginiert). Eine Grundbuchberichtigung sei durch Berichtigungsbewilligung oder Unrichtigkeitsnachweis möglich. Der Unrichtigkeitsnachweis könne im vorliegenden Fall nicht gemäß § 29 GBO geführt werden, da der Gesellschaftsvertrag nur in einfacher schriftlicher Form vorliege, so dass die Berichtigungsbewilligung die Grundlage der Eintragung bilde. Für ein Absehen von der Form des § 29 GBO bestehe kein Grund, da die Möglichkeit der Bewilligung gegeben sei. Es sei daher die Berichtigungsbewilligung aller Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen.Randnummer7

Die Beteiligte meint, an der für den Antrag maßgeblichen Rechtslage habe sich durch das am 01.01.2024 in Kraft getretene Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) nichts geändert. Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB seien auf den Antrag weiter § 899a BGB aF und § 47 Abs. 2 BGB aF anzuwenden.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die Zwischenverfügung ist aufzuheben, jedoch nicht aus den von der Beteiligten geltend gemachten Gründen.Randnummer9

1. Die Beschwerde ist zulässig.Randnummer10

a) Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Entscheidungen des Grundbuchamts im Sinne dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (Senat v. 29.06.2023 – 20 W 130/23, Juris-Rn. 20; OLG Bremen NJW-RR 2024, 70, 71; OLG München FamRZ 2024, 315, 316).Randnummer11

b) Die Beteiligte ist auch beschwerdeberechtigt. Die Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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hat – jedenfalls nach altem Recht, das nach Ansicht der Beteiligten hier weiter Anwendung findet – ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, dass das Grundbuch den korrekten Gesellschafterbestand wiedergibt (OLG München Rpfleger 2013, 382).Randnummer12

c) Die Beschwerde ist nicht deswegen unzulässig geworden, weil sich durch das Inkrafttreten des MoPeG das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt hätte.Randnummer13

Die in Grundbuchsachen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachtende Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn der Verfahrensgegenstand durch eine Änderung in der Sach- und Rechtslage fortgefallen und die Fortführung des Verfahrens dadurch sinnlos geworden ist (BGH NJW-RR 2011, 882 Rn. 4). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die Folge der Gesetzesänderung ist vielmehr, dass das Fehlen des vom Grundbuchamt verlangten Nachweises kein Eintragungshindernis mehr bildet, weil das Berichtigungsbegehren jedenfalls nach der im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bestehenden Rechtslage keinen Erfolg mehr haben kann, wie noch ausgeführt werden wird. Damit sind die Voraussetzungen für eine Zwischenverfügung nicht (mehr) gegeben, diese ist aufzuheben. Folge einer Erledigung wäre hingegen, dass es bei dem angefochtenen Beschluss bliebe, so dass der Eintragungsantrag auch nach § 18 Abs. 1 Satz 2 GBO zurückgewiesen werden könnte, was neben der Sache läge (vgl. BayObLGZ 1972, 273, 276 f. = NJW 1972, 2272; OLG München NJW-RR 2010, 672, 673; OLG München FamRZ 2018, 864, 865).Randnummer14

2. Die Beschwerde ist begründet. Wie bereits erwähnt, ist die Zwischenverfügung jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt rechtswidrig, weil nach Inkrafttreten des MoPeG der Berichtigungsantrag keinen Erfolg mehr haben kann. Auf die Frage, ob die Zwischenverfügung auch schon im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig war, kommt es nicht an.Randnummer15

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO kann das Grundbuchamt, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses bestimmen. Das vom Grundbuchamt nach alter Rechtslage gesehene Hindernis stellt jedoch jedenfalls seit Inkrafttreten des MoPeG kein Hindernis mehr dar, dessen Beseitigung die beantragte Eintragung ermöglichen würde, denn die beantragte Eintragung kann auch bei Beseitigung des vermeintlichen Hindernisses nicht mehr erfolgen.Randnummer16

Nach Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 1 EGBGB findet eine Berichtigung des Grundbuchs seit dem 01.01.2024 nicht (mehr) statt, wenn die Eintragung eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO a.F. unrichtig geworden ist (vgl. Bärwaldt/Richter DB 2021, 2476, 2480; Böhringer Rpfleger 2023, 718, 719; Böttcher ZNotP 2023, 333, 337; Luy/Sorg DNotZ 2023, 657, 666). So liegt der Fall hier. Das Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters kann seit dem 01.01.2024 im Grundbuch nicht mehr eingetragen werden.Randnummer17

Auf diese Konstellation ist Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB entgegen der Ansicht der Beteiligten nicht anzuwenden. Eine unmittelbare Anwendung scheitert schon daran, dass vorliegend keine Einigung oder Bewilligung erklärt worden ist. Außerdem bezieht sich der Begriff der „Eintragungen“ in Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB auf die (Neu-)Eintragung einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Grundbuch, während Veränderungen im Gesellschafterbestand, etwa im Wege des Erbfalls, in Art. 229 § 21 Abs. 2 EGBGB (abschließend) geregelt sind (vgl. BT-Drs 19/27635, S. 216 f.).Randnummer18

Nach Ansicht von Dressler-Berlin (Rpfleger 2023, 710, 715 f.) soll Art. 229 § 21 Abs. 4 Satz 1 EGBGB dennoch auch (gemeint wohl: analog) auf Änderungen im Gesellschafterbestand anzuwenden sein, denn nur so werde ein Gleichklang in der Bearbeitungsweise von Grundbuchberichtigungsanträgen und Anträgen auf rechtsbegründende Eintragungen erzielt und gewährleistet, dass es auch bei Berichtigungsanträgen nicht auf die Bearbeitungsgeschwindigkeit des Grundbuchamts – im vorliegenden Fall des Senats – ankomme. Da Art. 229 § 21 Abs. 3 EGBGB die Bewilligung der ins Grundbuch eingetragenen Gesellschafter verlange, erscheine es sinnvoll, den Gesellschafterbestand letztmals zu aktualisieren. Die Bearbeitung werde somit im Hinblick auf die spätere Eintragung der Gesellschaft im Grundbuch erleichtert.Randnummer19

Diese Überlegungen mögen rechtspolitisch ihre Berechtigung haben, der Gesetzgeber hat sich allerdings für ein anderes Regelungsmodell entschieden. Die unterschiedlichen Regelungen in Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB zeigen, dass der Gesetzgeber gerade keinen „Gleichklang“ zwischen Grundbuchberichtigungsanträgen bei Gesellschafterwechsel und Anträgen auf (Neu-)Eintragungen der Gesellschaft wollte. Mit der auf den Zeitpunkt der Eintragung abstellenden Stichtagsregelung in Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 1 EGBGB hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass die Rechtslage von der Bearbeitungsgeschwindigkeit des Grundbuchamts und gegebenenfalls des Beschwerdegerichts abhängt.Randnummer20

Nicht nachvollziehbar ist, warum eine Verschiebung der Umstellung um eine noch letztmals vorzunehmende Aktualisierung des Gesellschafterbestands im Grundbuch die Bearbeitung der späteren Eintragung der Gesellschaft erleichtern würde. Ob die nach Art. 229 § 21 Abs. 3 Satz 2 EGBGB erforderliche Bewilligung der eingetragenen Gesellschafter zu Schwierigkeiten führt, hängt von den konkreten Umständen dieser Gesellschafter ab, nicht davon, ob die letzte Änderung des Gesellschafterbestands vor oder nach dem 01.01.2024 eingetragen worden ist.Randnummer21

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es wegen §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG nicht. Zu einer abweichenden Entscheidung besteht keine Veranlassung. Danach ist auch eine Wertfestsetzung entbehrlich.

Schlagworte: Gesellschaftsregister GbR, Grundbuchberichtigung