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Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 30. Juni 2021 – 2 K 121/21

§ 1 Abs 1 Nr 2 UmwG, § 6a GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 3 S 1 GrEStG 1997

Tenor

1. Der Bescheid über Grunderwerbsteuer vom … Oktober 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … 2021 wird dahingehend geändert, dass eine Grunderwerbsteuer von € … festzusetzen ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 17% und der Beklagte 83%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Streitig ist, ob bei Ausgliederung und Neugründung einer Gesellschaft bei der Grunderwerbsteuer eine Steuerbefreiung zu gewähren ist.Randnummer2

Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin Frau Y war Eigentümerin des Grundstückes … in …. (eingetragen beim Amtsgericht …, Grundbuch von …, BI. …, Flur …, Flurstücke …). Das Grundstück befand sich im Betriebsvermögen der Einzelunternehmung von Frau Y (X Y e.K). Mit notariellem Vertrag vom …2018 übertrug die Firma XY e.K. im Wege der Ausgliederung ihr Vermögen als Ganzes auf die Klägerin, die mit Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründet wurde (eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht … unter HRB …). In der Schlussbilanz der XY e.K. ist das Grundstück mit € …. aufgeführt. Gemäß dem notariellen Vertrag wurde im Ausgliederungsplan unter Punkt 5.1 (auszugliederndes Vermögen) das Betriebsgrundstück auf die Klägerin im Wege der Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG übertragen. Die Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG wurde am …2018 in das Handelsregister beim Amtsgericht … eingetragen.Randnummer3

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom … April 2019 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von € … fest. Dieser Bescheid erging gemäß § 165 AO wegen der genauen Höhe der Bemessungsgrundlage vorläufig. In der Begründung führte der Beklagte aus, dass der Grundbesitzwert gesondert festgestellt werden soll. Das Finanzamt Z stellte mit Bescheid vom … Oktober 2019 den Grundbesitzwert in Höhe von € … fest, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte. Der Beklagte änderte den Grunderwerbsteuerbescheid am    … Oktober 2019 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, setzte die Grunderwerbsteuer auf € … fest und erklärte die Festsetzung für endgültig. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom …2021 als unbegründet zurückwies.Randnummer4

Die Klägerin ist der Auffassung, dass bei der durch Umwandlung bewirkten Rechtsübertragung des Grundstückes vom Einzelunternehmen auf die Klägerin die Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt seien und keine Grunderwerbsteuer anfalle. Dabei komme es nicht darauf an, ob tatsächlich ein „Verbund“ von Unternehmen bestanden habe. Des Weiteren sei im Falle von Ausgliederungen zur Neugründung durch § 6a S. 3 und 4 GrEStG sichergestellt, dass keine ungewollten Mitnahmeeffekte entstünden. Es müssten nur ein herrschendes Unternehmen und ein abhängiges Unternehmen vorhanden sein. Ein herrschendes Unternehmen in diesem Sinne sei jeder Rechtsträger und damit auch sämtliche natürliche Personen, die Beteiligungen an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen hielten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig wären.Randnummer5

Hier sei die alleinige Gesellschafterin der Klägerin somit „herrschendes Unternehmen“ im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts, da die alleinige Gesellschafterin als herrschendes Unternehmen an der abhängigen Gesellschaft (= Klägerin) beteiligt sei. Da es sich hier um eine Ausgliederung zur Neugründung handele, sei die alleinige Gesellschafterin verpflichtet die Nachbehaltensfrist von fünf Jahren einzuhalten.Randnummer6

Die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG erfasse die gesamte Höhe der Bescheide über Grunderwerbsteuer vom … Oktober 2019 und vom … April 2019. Der ursprüngliche Bescheid über Grunderwerbsteuer vom … April 2019 sei teilweise vorläufig erlassen, weil die genaue Höhe der Bemessungsgrundlage nicht festgestanden habe. Den habe das Finanzamt Z mit Bescheid vom … Oktober 2019 auf den …2018 mit € … festgestellt. Dieser Feststellungsbescheid sei weder formell noch materiell bestandskräftig. Daraus folge, dass für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zunächst noch auf den Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) des Finanzamtes Z gewartet werden müsse.Randnummer7

Aufgrund der Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofes zu § 6a GrEStG sei wegen der fehlenden Bestandskraft und des noch offenen Grundlagenbescheides des Finanzamtes Z auch der zweite Folgebescheid vom … Oktober 2019 zu ändern. Durch die Änderung des Grundlagenbescheides des Finanzamtes Z entfalle die Bindungswirkung zwischen dem Bescheid vom … April 2019 und dem Bescheid vom … Oktober 2019. Erst durch den neuen Grundlagenbescheid des Finanzamtes Z vom … Oktober 2019 sei der Bescheid vom … April 2019 geändert worden. Durch den neuen Grundlagenbescheid des Finanzamtes Z wäre der bestandskräftige Bescheid vom … April 2019 insgesamt auf eine neue Bemessungsgrundlage gestellt worden.Randnummer8

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom … Oktober 2019 und die Einspruchsentscheidung vom … 2021 aufzuheben und die Grunderwerbsteuer auf € 0 festzusetzen.Randnummer9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Randnummer10

Der Beklagte ist der Auffassung, dass in den Fällen der Ausgliederung bzw. Aufnahme eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft § 6a GrEStG nicht anwendbar sei. Die vorliegende Konstellation sei vom Bundesfinanzhof noch nicht entschieden. Des Weiteren habe der Gesetzgeber die Steuerbefreiung nur für Konzerne geregelt.Randnummer11

Zudem wäre ohnehin nur eine teilweise Befreiung nach § 6a GrEStG möglich gewesen. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom … April 2019 sei dem Grunde nach bestandskräftig geworden, da gegen diesen kein Einspruch eingelegt worden sei. Der Bescheid sei nach § 165 AO nur insoweit vorläufig ergangen als wegen des ausstehenden Grundbesitzwertes die genaue Höhe der Bemessungsgrundlage noch nicht festgestanden habe. Er habe keine Vorläufigkeit dahingehend enthalten, dass noch Ungewissheit über die Anwendung einer Steuerbefreiung bestünde. Über eine Steuervergünstigung hinsichtlich der Grunderwerbsteuer werde nicht im Verfahren über die Feststellung des Grundbesitzwertes, sondern im Rahmen der Festsetzung der Grunderwerbsteuer entschieden. Die Grunderwerbsteuer hätte somit nur auf € … herabgesetzt werden können.Randnummer12

Der Beklagte habe die Feststellungen des Finanzamtes Z in dem Grundlagenbescheid vom … Oktober 2019 unverändert in den Folgebescheid vom … Oktober 2019 übernehmen müssen. Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid könnten nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. Werde der Einspruch gegen den Folgebescheid nur mit Mängeln des Grundlagenbescheides begründet, so sei er unbegründet. Treffe das Finanzamt Z andere Feststellungen hinsichtlich des Wertes, so würde der Grunderwerbsteuerbescheid als Folgebescheid nach  § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO von Amts wegen geändert. Ein offenes Rechtsbehelfsverfahren gegen den Folgebescheid sei folglich nicht notwendig.Randnummer13

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftstücke, die zu Gericht gereichten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

1. Steuerbefreiung gemäß § 6a GrEStGRandnummer16

Der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an den Grundstücken von Frau Y auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Es handelte sich um einen gesetzlichen Eigentumswechsel, dem kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.Randnummer17

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG sind erfüllt. Gemäß § 6a GrEStG wird für einen nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1, Absatz 2, 2a, 3 oder Absatz 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben. § 6a Satz 1 GrEStG gilt nur, wenn an dem dort genannten Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist.Randnummer18

Der Senat folgt der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Auslegung der Steuerbefreiung für die vorliegende Konstellation (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 21. August 2019 – II R 15/19 und 22. August 2019 – II R 18/19, jeweils zitiert nach Juris). § 6a GrEStG setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften im Sinn des § 6a Satz 3 i.V.m. Satz 4 GrEStG beteiligt sind. § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG verlangen dem Wortlaut nach den Bestand des dort bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist). Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 GrEStG an dem Umwandlungsvorgang auch (mindestens) eine Gesellschaft beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der Nachbehaltensfrist (im Falle des Erlöschens) bzw. der Vorbehaltensfrist (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen „abhängig“ wäre. Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG wären somit sämtliche Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung zur Neugründung (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 2 Nr. 2, 124 ff. UmwG), die Ausgliederung zur Neugründung (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 3 Nr. 2, 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 174 ff. UmwG), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a GrEStG begünstigt. § 6a GrEStG hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Begünstigungsfähig wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteils oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 UmwG, Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. August 2019, a.a.O.).Randnummer19

Nach diesen Grundsätzen ist Grunderwerbsteuer im Streitfall nach § 6a GrEStG nicht zu erheben. Der Vorgang ist steuerbar gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind erfüllt. Es liegt eine Ausgliederung gemäß § 6a Satz 1 GrEStG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 3 Nr. 2, 152, 158 UmwG vor. Übertragende Rechtsträgerin ist Frau Y als eingetragene Kauffrau, übernehmende Rechtsträgerin ist die Klägerin als Kapitalgesellschaft. Frau Y ist als „herrschendes Unternehmen“ im Sinn des § 6a Satz 3 GrEStG anzusehen, denn dieser Begriff erfasst alle Rechtsträger im Sinn des Grunderwerbsteuerrechts und gilt selbst für natürliche Personen, die die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen halten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig sind (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. August 2019, a.a.O.). Frau Y war Alleininhaberin ihres Unternehmens, sie wurde Alleingesellschafterin der Klägerin. Der Senat folgt dem Bundesfinanzhof hinsichtlich der Anwendung der Sätze 3 und 4 der Vorschrift Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die Vorbehaltensfrist nur in Bezug auf die abgebende Gesellschaft und die Nachbehaltensfrist in Bezug auf beide abhängigen Gesellschaften eingehalten werden. Daher kann auch bei einer Neugründung einer Kapitalgesellschaft – wie im Streitfall – durch Ausgliederung eines Unternehmens bei einer natürlichen Person eine Steuerbefreiung gewährt werden. Diese Auslegung entspricht dem Zweck des § 6a GrEStG. Der Gesetzgeber wollte mittels der Steuerbegünstigung nach   § 6a GrEStG Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (Bundestagsdrucksache 17/147, 10). Das schließt auch solche Umwandlungsvorgänge ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, nur bestimmte Umwandlungsvorgänge, z.B. Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, zu begünstigen, zumal die Begünstigungswirkungen des § 6a GrEStG nach der Vorstellung des Gesetzgebers allen Begünstigungsadressaten möglichst gleichmäßig zugutekommen und die Erfassung aller Umwandlungsvorgänge einer gleichmäßigen Wirkung der Begünstigung dienen sollten (Bundestagsdrucksache 17/147, 10). Der Begünstigungszweck würde verfehlt, schlösse man diejenigen Umwandlungsvorgänge, die in der Praxis sehr häufig vorkommen, nämlich die vertikale Verschmelzung und die Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 6a GrEStG aus (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. August 2019, a.a.O.).Randnummer20

Soweit der Beklagte einwendet, dass die Regelung nur auf Konzernstrukturen anwendbar sei, verkennt der Senat nicht, dass sich dies aus der Gesetzesbegründung ergibt (Bundestagsdrucksache 17/147). Jedoch ist die Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift – Gewährung von Steuererleichterungen für Umstrukturierungen – vorzuziehen. Insbesondere erschiene die Beschränkung auf Konzernstrukturen keine ausreichende sachliche Begründung für die Ungleichbehandlung mit anderen Umstrukturierungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG zu sein, sodass die vorgenommene Auslegung auch verfassungskonform ist.Randnummer21

2. Bestandskraft

Gleichwohl kann eine Festsetzung der Grunderwerbsteuer auf € 0 nicht vorgenommen werden, denn der Beklagte hat mit dem Grunderwerbsteuerbescheid vom … April 2019 gegenüber der Klägerin bestandskräftig Grunderwerbsteuer in Höhe von € …. festgesetzt. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin keinen Einspruch eingelegt.Randnummer23

Diesen Bescheid hat der Beklagte gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert, weil das Finanzamt Z einen Grundlagenbescheid in Form des Grundbesitzwertbescheides vom … Oktober 2019 erlassen hat. Daher ist gemäß § 351 Abs. 1 AO eine Änderung über die bestandskräftige Steuer hinaus ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas Anderes ergibt. Der Beklagte hat die Grunderwerbsteuer von        € … auf € … festgesetzt, nur in Höhe der Differenz kann die Klägerin durch Einspruch und Klage eine Änderung erreichen.Randnummer24

Daran ändert der Umstand nichts, dass der Grundlagenbescheid noch nicht bestandskräftig ist. Grundsätzlich wäre ein Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen, wenn in einem Verfahren über einen Folgebescheid ein Grundlagenbescheid noch nicht bestandskräftig ist (Gräber, FGO-Kommentar, 9. Auflage, § 74 Rz. 22). Streitig ist hier im Verfahren über den Grundbesitzwertbescheid die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage kann über die Regelung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO im Folgebescheid berücksichtigt werden. Vorliegend kann jedoch dahinstehen, ob die Bemessungsgrundlage € … oder € … beträgt, da der Einbringungsvorgang steuerfrei ist. Dass das Grundstück einen geringeren Wert als € … hat, behauptet auch die Klägerin nicht, da es sich um den Buchwert handelt, so dass es zumindest bei einer Grunderwerbsteuer von € … bleibt.Randnummer25

Eine Änderung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO auf € 0 scheidet aus, weil sich die Ungewissheit nicht auf die Steuerpflicht, sondern auf die Höhe der Bemessungsgrundlage bezog. Diese wurde durch den Erlass des Grundbesitzwertbescheides beseitigt. Hinsichtlich der Steuerpflicht hat der Beklagte keine Vorläufigkeit angeordnet, obwohl ein das Problem betreffendes Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (Az.: II R 50/13 = II R15/19 nach Entscheidung durch den EuGH) anhängig war. Daher verbleibt es bei der ursprünglichen Festsetzung der Grunderwerbsteuer in Höhe von € … .

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 150, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.Randnummer27

Die Revision war nicht zuzulassen. Zwar ist der Sachverhalt in der Entscheidung des Bundesfinanzhofes (II R 15/19, a.a.O.) insoweit anders, als dort eine Verschmelzung einer GmbH auf eine natürliche Person erfolgt ist. Die dort aufgestellten Rechtsgrundsätze sind auf die hier vorliegende Konstellation ohne Weiteres anwendbar. In beiden Fällen liegt eine Umstrukturierung vor, die dem UmwG entspricht.

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Schlagworte: Ausgliederung, GrEStG § 6a, Grunderwerbsteuer, Grunderwerbsteuerbefreiung