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OLG Stuttgart, Urteil vom 12.10.2022 – 20 U 25/22

Grundsätze der fehlerhaften Genossenschaft

§ 15b Abs 2 GenG, § 134 BGB, § 139 BGB

1. Eine im Zuge der Beitrittserklärung zu einer Genossenschaft getroffene Stundungs-/ Ratenzahlungsvereinbarung betreffend Einzahlungen auf weitere (freiwillige) Geschäftsanteile ist wegen Verstoßes gegen § 15b Abs. 2 GenG nach § 134 BGB nichtig.

2. Die Nichtigkeit dieser Stundungs-/Ratenzahlungsvereinbarung führt über § 139 BGB zwar grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Beitritts des betreffenden Mitglieds, hat jedoch regelmäßig die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte GenossenschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Genossenschaft
zur Folge, wenn der Beitritt durch seine Zulassung vollzogen ist.

3. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Genossenschaft sind die Einzahlungen auf die weiteren Geschäftsanteile mit Vollzug des fehlerhaften Beitritts in voller Höhe fällig geworden.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 07.04.2022 (Aß 2 O 190/21) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil wie auch das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Heilbronn sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 19.257,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der … Wohnbaugenossenschaft eG, welcher die Beklagte gem. Beitrittserklärung vom 25.04.2015 (Anlage K 2) als Genossin beigetreten war. In ihrer Beitrittserklärung hatte die Beklagte einen Pflichtanteil von 100,00 € und weitere 199 Geschäftsanteile zu je 100,00 € an der späteren Insolvenzschuldnerin gezeichnet, d.h. insgesamt 200 Geschäftsanteile zu je 100,00 €. Unter Ziff. 3 der ebenfalls am 25.04.2015 von ihr unterzeichneten „Tariferklärung“ (Anlage K 3) war ursprünglich ein „Stundungsbetrag“ i.H. von 18.657,00 € vorgesehen, welcher in 75 monatlichen Raten zu je 250,00 € beglichen werden sollte. Der monatliche Ratenbetrag ist handschriftlich in 100,00 € abgeändert. Als Ratenzahlungsbeginn ist in Ziff. 5 der „Tariferklärung“ der 01.08.2015 vorgesehen. Die Beklagte leistete auf ihren Beitritt hin an die Insolvenzschuldnerin einen Betrag i.H. von insgesamt 4.400,00 €, von welchem seitens der Insolvenzschuldnerin ein Teilbetrag i.H. von 100,00 € auf den – nach § 33 Abs. 2 Satz 3 ihrer Satzung in der Fassung vom 01.10.2014(Anlage K 1) sofort fälligen – Pflichtanteilsbetrag sowie weitere Teilbeträge i.H. von 3.657,00 € auf die Abschlussgebühr und i.H. von 643,00 € auf die weiteren Geschäftsanteile verrechnet wurden (vgl. S. 11 der Anspruchsbegründungsschrift des Klägers vom 30.07.2021; GA 20 i.V.m. LGU 3).Randnummer2

Mit seiner Klage macht der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf restliche Zahlung i.H. von insgesamt 19.257,00 € auf die übernommenen weiteren Anteile geltend, dessen Stundung er wegen Verstoßes gegen § 15b Abs. 2 GenG für gem. § 134 BGB nichtig erachtet. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts vom 07.04.2022 (Aß 2 O 190/21) Bezug genommen.Randnummer3

Mit diesem im schriftlichen Verfahren ergangenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 19.257,00 € zuzüglich Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.08.2021 zu bezahlen.Randnummer4

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:Randnummer5

Die zulässige Klage sei begründet. Der Kläger habe als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin (§ 80 InsO) gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in der zugesprochenen Höhe bezüglich der noch ausstehenden Beträge für die von dieser übernommenen 200 „Geschäftsanteile“ zum Nennwert von insgesamt 20.000,00 €. Dieser Anspruch ergebe sich aus §§ 12 Abs. 1b der Satzung der Insolvenzschuldnerin (Anlage K 1) i.V.m. der Beitrittserklärung vom 25.04.2015 (Anlage K 2).Randnummer6

Der Fälligkeit dieser ausstehenden Einlagezahlungen stehe auch nicht etwa die gem. Ziff. 3 der „Tariferklärung“ vom 25.04.2015 (Anlage K 3) abgeschlossene Stundungsvereinbarung entgegen, da diese gegen § 15b Abs. 2 GenG verstoße und somit gem. § 134 BGB nichtig sei. § 15b Abs. 2 GenG fordere bei freiwilliger gleichzeitiger Übernahme mehrerer Anteile, wie sie hier gegeben sei, zum Schutz der Gläubiger zwingend die Volleinzahlung aller vorhergehenden Geschäftsanteile. Hiergegen verstoße die gem. Ziff. 3 der „Tariferklärung“ vereinbarte Stundungsabrede, da danach die Beteiligung zwar sofort und unbedingt erfolge, die Zahlungspflicht jedoch gestundet sei. In der Beitrittserklärung vom 25.04.2015 (Anlage K 2) fänden sich sowohl unter Ziff. 3 und 4 als auch in dem Absatz auf Blatt 1 links oben (unterhalb des Wortes „Beitrittserklärung“) Erklärungen, die auf eine sofortige Wirksamkeit des Beitritts schließen ließen. Ein anderes ergebe sich insbesondere auch nicht aus der als Anlage B 1 vorgelegten Mitgliedsurkunde der Beklagten, da diese – ebenso wie die AGB der Insolvenzschuldnerin (Anlage B 2) – nicht maßgebend für den Umfang des Beitritts seien, sondern vielmehr lediglich die zuvor genannten Erklärungen (Anlagen K 2 und K 3), aus denen sich Gegenteiliges ergebe.Randnummer7

Die Nichtigkeit des Genossenschaftsbeitritts führe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 16.03.2009 – II ZR 138/08) zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft bzw. Genossenschaft. Eine Ausnahme hiervon sei vorliegend nicht gegeben. Weder sei der Genossenschaftszweck Sittenwidrig und verstoße gegen § 138 BGB noch gebiete der Grundsatz von Treu und Glauben oder ein sonstiger rechtlicher Gesichtspunkt hier ein anderes Ergebnis. Die Beklagte sei daher wie eine Genossin mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten zu behandeln; insbesondere sei sie zur Leistung ihrer Einlage verpflichtet, soweit diese noch nicht vollständig erbracht sei. Mangels Wirksamkeit der Stundungsabrede bestehe diesbezüglich eine sofort fällige Zahlungspflicht der Beklagten. Zwar stehe die Beklagte nunmehr tatsächlich schlechter da, als es bei wirksamer Ratenzahlungsvereinbarung der Fall gewesen wäre, und auch schlechter, als wenn sie die Beitrittserklärung gar nicht abgegeben hätte. Dem stehe jedoch das Interesse der Belange Dritter – hier insbesondere der Gläubiger der Genossenschaft – gegenüber, die im Hinblick auf das Volleinzahlungsgebot gem. § 15b GenG auf den Bestand der nach außen hin in Vollzug gesetzten, wenn auch fehlerhaften Genossenschaft vertraut hätten.Randnummer8

Auch könne die Beklagte gem. § 22 Abs. 5 GenG gegen die geschuldete Einzahlung nicht mit etwaigen Schadenersatzansprüchen aufrechnen, wie sie hier auf der Grundlage der behaupteten arglistigen Täuschung (§ 242 BGB) und der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) geltend gemacht würden. Dem stehe auch nicht etwa das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen. Denn wäre der Zahlungsanspruch des Klägers durch die ausnahmsweise Zulassung der Aufrechnung gem. § 242 BGB – entgegen § 22 Abs. 5 GenG – nicht durchsetzbar, so würden die oben dargelegten Erwägungen zum Gläubigerschutz ausgehöhlt und damit ad absurdum geführt.Randnummer9

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das vorerwähnte landgerichtliche Urteil verwiesen, gegen welches die Beklagte Berufung eingelegt hat.Randnummer10

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlich gestellten, auf Klagabweisung gerichteten Antrag (vgl. LGU 3) vollumfänglich weiter.Randnummer11

Zur Begründung ihrer Berufung rügt die Beklagte im Wesentlichen Folgendes:Randnummer12

Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass die Beklagte mit 200 Geschäftsanteilen und nicht lediglich mit 7 Geschäftsanteilen Mitglied der Insolvenzschuldnerin geworden sei. Wie sich aus Ziff. 4 der Beitrittserklärung vom 25.04.2015 (Anlage K 2) erschließe, habe die Insolvenzschuldnerin neben ihrer Satzung (Anlage K 1) auch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B 2) in den Beitritt mit einbezogen und zum Gegenstand der vertraglichen Grundlagen gemacht. Aus diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe sich i.V.m. der in Ziff. 4 der Beitrittserklärung außerdem in Bezug genommenen Mitgliedsurkunde der Beklagten (Anlage B 1), dass sich bei einer Stundungsvereinbarung die Höhe der Anteile nach den jeweiligen Einzahlungen richte. Entsprechend den Angaben des Klägers wie auch der Berechnung des Landgerichts im Tatbestand seines Urteils habe die Beklagte einen Pflichtanteil gezeichnet sowie 643,00 € auf weitere freiwillige Anteile gezahlt, so dass sie – weil der Bruchteil eines Anteils nicht möglich sei – lediglich einen Pflichtanteil und 6 weitere freiwillige Anteile, mithin 7 Anteile, gezeichnet habe. Wenn dann die Insolvenzschuldnerin in der „Tariferklärung“ vom 25.04.2015 (Anlage K 3) von „Stundung“ spreche, gehe diese fehlerhafte Wortwahl im Hinblick auf das vorher Gesagte zu Lasten des Verwenders. Indem das Landgericht die Beitrittserklärung vom 25.04.2015 (Anlage K 2) nicht unter Zugrundelegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin (Anlage B 2) und der Mitgliedsurkunde der Beklagten (Anlage B 1) ausgelegt habe, habe es materielles Recht verletzt.Randnummer13

Des Weiteren habe das Landgericht in rechtlich zu beanstandender Weise die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft/Genossenschaft angewendet, indem es die vom Bundesgerichtshof in dessen Urteil vom 21.03.2005 (II ZR 140/03) genannten Ausnahmen von einer Anwendbarkeit dieser Grundsätze – insbesondere die Unvereinbarkeit des Gesellschaftszwecks mit den guten Sitten – zu Unrecht für abschließend erachtet habe. Hierbei verkenne das Landgericht, dass vorliegend nicht der Genossenschaftszweck im Zeitpunkt der Gründung der Genossenschaft in Rede stehe, sondern vielmehr das Verhältnis der Genossenschaft (Insolvenzschuldnerin) zu der Beklagten am Tage des Beitritts, wobei die Beklagte insoweit auf den 27.05.2015 als das Datum ihrer Eintragung in die Mitgliederliste der Insolvenzschuldnerin abstellt, wie dieses in der Mitgliedsurkunde (Anlage B 1) vermerkt ist. In dem Strafverfahren gegen den vormaligen Vorstand der Insolvenzschuldnerin J. M. sei das Landgericht Stuttgart, wie die Beklagte erstinstanzlich mit – entgegen der Auffassung der hiesigen erkennenden Einzelrichterin sehr wohl nachgelassenem – Schriftsatz vom 24.03.2022 vorgetragen habe, in seinem Urteil vom 01.03.2021 (6 KLs 165 Js 11011/19; S. 15 f.) zu dem Ergebnis gelangt, dass das Geschäftsmodell der Insolvenzschuldnerin jedenfalls Ende 2014 einem „Ponzi-Schema“ – im „normalen Sprachgebrauch“ auch als „Schneeballsystem“ bezeichnet – ähnele und dass zumindest für die Neukunden ab 2015 ein realisierbarer Anspruch auf Bereitstellung der versprochenen sehr hohen Renditen systemtypisch nur noch auf dem Papier bestanden habe. Damit sei der eigentliche satzungsmäßige Zweck der Genossenschaft („Immer sicher wohnen“) nicht mehr gelebt worden. Die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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sei nicht bereits bei der Gründung der Genossenschaft/Insolvenzschuldnerin gegeben gewesen, sondern im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten eben im Mai 2015 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Zweck der Genossenschaft lediglich das Fortführen des oben beschriebenen sittenwidrigen „Ponzi-Systems“ gewesen.Randnummer14

Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht im vorliegenden Fall keine Ausnahme nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) von der in § 22 Abs. 5 GenG postulierten Regel des Ausschlusses der – beklagtenseits höchst vorsorglich erklärten (GA 31) – Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe der Klageforderung angenommen. Die Berufung auf das Aufrechnungsverbot sei als unzulässige Rechtsausübung zu würdigen, da – wie oben bereits dargestellt – die Anwerbung weiterer Mitglieder der Insolvenzschuldnerin allein dem Zweck gedient habe, das „Ponzi-System“ aufrecht zu erhalten und die Vertriebskosten zu decken. Wie seitens der Beklagten bereits im erstinstanzlichen Klageerwiderungsschriftsatz vom 06.09.2021 (S. 5; GA 33) ausgeführt worden sei, sei auch die Tatsache der Insolvenzschuldnerin zuzurechnen, dass tausendfach Stundungsvereinbarungen, die allesamt nichtig gewesen seien, durch die Insolvenzschuldnerin mit den beigetretenen Mitgliedern abgeschlossen worden seien, ohne sich über die eindeutige Gesetzeslage zu informieren. Dass die Insolvenzschuldnerin hierdurch auch noch einen Vorteil zugunsten ihrer Gläubiger erlange, wäre im höchsten Maße unbillig. Wenn sich die Insolvenzschuldnerin über die Gesetzeslage nicht informiere und zu ihrem Vorteil eine Stundungsvereinbarung – wenn es denn eine gäbe – nichtig sei, dann würde für diese dann plötzlich offenen Gesamtbeträge das Berufen auf das Aufrechnungsverbot eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Denn erst durch die Ignorierung und Nichtanwendung des Verbotsgesetzes habe die Insolvenzschuldnerin letztendlich Einlageforderungen geschaffen. Im Übrigen gebe es kein Aufrechnungsverbot bei einem Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung bzw. vorsätzlicher Vertragsverletzung (§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB).Randnummer15

Die Beklagte stellt den Berufungsantrag (BA 51 i.V.m. BA 19),Randnummer16

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 07.04.2022, Geschäftszeichen Aß 2 O 190/21, die Klage abzuweisen.Randnummer17

Der Kläger stellt den Gegenantrag (BA 51 i.V.m. BA 32),Randnummer18

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer19

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt u.a. ergänzend Folgendes aus: Entgegen der Auffassung der Beklagten könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sehr wohl eine Anwendung der Grundsätze zur fehlerhaften Genossenschaft nur dann abgelehnt werden, wenn der Genossenschaftszweck selbst gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstoße oder der Zweck selbst (grob) Sittenwidrig sei (§ 138 BGB). Der in § 2 der Satzung der Insolvenzschuldnerin (Anlage K 1) definierte Zweck der Genossenschaft sei jedoch nicht Sittenwidrig, sondern üblich. Der Zweck habe sich auch nicht durch das Fehlverhalten Einzelner geändert. Was die Aufrechnung der Beklagten mit Schadenersatzansprüchen betreffe, so verkenne die Berufung, dass ein (von den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft) unabhängiger Schadensersatzanspruch bei einer Genossenschaft ausgeschlossen sei, was dem Schutz der Mitgenossen und Genossenschaftsgläubiger diene. Das Aufrechnungsverbot des § 22 Abs. 5 GenG verstoße im vorliegenden Fall insbesondere auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Bei einem fehlerhaften Genossenschaftsbeitritt könne sich der (faktische) Genosse nicht auf den Einwand der Arglist berufen oder die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erklären, da dies gegen die Grundsätze der Kapitalerbringung/und -erhaltung verstoßen würde.Randnummer20

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Zu Recht ist das Landgericht (LGU 4 ff.) zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der … Wohnbaugenossenschaft eG der tenorierte Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Einlagezahlungen i.H. von insgesamt 19.257,00 € zusteht, welcher aus der Beitritts- und Tariferklärung der Beklagten i.V.m. §§ 15, 15b GenG i.V.m. § 33 Abs. 3 der Satzung der Insolvenzschuldnerin in der Fassung vom 01.10.2014 (Anlage K 1) i.V.m. den Grundsätzen über die fehlerhafte GenossenschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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resultiert.

1.

Die Vereinbarung, die Einzahlungen auf die freiwilligen Geschäftsanteile in Raten zahlen zu können, und damit der Beitritt der Beklagten zur Insolvenzschuldnerin sind wegen eines Verstoßes gegen § 15b Abs. 2 GenG nichtig.Randnummer24

Die Beklagte hat am 25.04.2015 sowohl eine Beitrittserklärung (Anlage K 2) unterschrieben, in welcher sie einen Pflichtanteil von 100,00 € und weitere 199 Geschäftsanteile zu je 100,00 € an der späteren Insolvenzschuldnerin gezeichnet hat, als auch zusätzlich eine „Tariferklärung“ (Anlage K 3), in deren Ziff. 3 und 5 sie sich verpflichtet hat, einen „Stundungsbetrag“ i.H. von 18.657,00 € in 75 monatlichen Raten, beginnend ab dem 01.08.2015, zu zahlen, wobei der ursprünglich vorgesehene monatliche Ratenbetrag i.H. von 250,00 € handschriftlich in 100,00 € abgeändert worden war.Randnummer25

Entgegen der Auffassung der Berufung läuft diese Stundungs-/Ratenzahlungsvereinbarung der Vorschrift des § 15b Abs. 2 GenG zuwider und ist deshalb wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB nichtig. Nach der erstgenannten Vorschrift darf die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen, außer bei einer Pflichtbeteiligung (§ 7a Abs. 2 Satz 1 GenG), nicht zugelassen werden, bevor alle Geschäftsanteile des Mitglieds bis auf den zuletzt neu übernommenen voll eingezahlt sind. Der zuletzt neu übernommene Geschäftsanteil ist dabei derjenige, auf den sich die Beteiligungserklärung bezieht. Werden – wie im vorliegenden Fall – gleichzeitig mehrere Geschäftsanteile übernommen, so müssen auch von den neuen Anteilen alle bis auf den letzten voll eingezahlt sein (Beuthien, GenG, 16. Aufl., § 15b Rn. 6; Holthaus/Lehnhoff in: Lang/Weidmüller, GenG, 40. Aufl., § 15b Rn. 9; Althanns in Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, 2. Aufl., § 15b Rn. 6; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 15b Rn. 3; a.A. noch Müller, GenG [1991], § 15b Rn. 6; vgl. Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 18.08.2021 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 43; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 23.08.2022 – 7 U 41/22, S. 2 des Umdrucks; Anlage K 50; LG Bielefeld, Urt. v. 07.04.2021 – 9 O 117/20, juris Rn. 36; vgl. auch schon RGZ 73, 402, 404 f.).

a)

Ohne Erfolg moniert die Berufung (BA 20 f.) in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Beklagte mit 200 Geschäftsanteilen und nicht lediglich mit 7 Geschäftsanteilen Mitglied der Insolvenzschuldnerin geworden sei.

aa)

Anders als der Kläger wohl meint, rügt die Berufung damit nicht eine unrichtige tatbestandliche Feststellung. Vielmehr macht die Berufung (BA 20 f.) in diesem Zusammenhang ausdrücklich eine materielle Rechtsverletzung geltend, welche darin liege, dass das Landgericht bei der Auslegung der Beitrittserklärung der Beklagten vom 25.04.2015 (Anlage K 2) die einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin (Anlage B 2) und die der Beklagten ausgestellte Mitgliedsurkunde (Anlage B 1) nicht berücksichtigt habe. Aus diesen Dokumenten ergebe sich, dass sich „bei einer Stundungsvereinbarung … die Höhe der Anteile nach den jeweiligen Einzahlungen“ – hier: 100,00 € auf den Pflichtanteil sowie 643,00 € auf weitere freiwillige Anteile – richte. Nach Auffassung der Beklagten ergibt sich speziell aus der in der Mitgliedsurkunde enthaltenen „Eingrenzung“ („*bei einer Stundungsvereinbarung richtet sich die Höhe der Anteile nach den jeweiligen Einzahlungen“), dass „hinsichtlich dieser weiteren Anteile aufgrund der vereinbarten Stundungsvereinbarung die anteilsmäßige (weitere) Mitgliedschaft sich immer nur entsprechend der Einzahlungen erhöht“. Dies stelle – so die Beklagte weiter – eine aufschiebende Bedingung, jeweils bezogen auf die Zulassung des Vorstands, dar, welche immer dann erfüllt werde, wenn für einen (weiteren) Anteil 100,00 € eingezahlt worden seien. Das bedeute letztendlich, dass die Insolvenzschuldnerin im Einklang mit § 15b Abs. 2 GenG gem. der Mitgliedsurkunde (Anlage B 1) der Beklagten nur bei jeweils eingezahltem vollem Wert eines Anteils die Mitgliedschaft habe sukzessive gewähren wollen und dass die Beklagte nur im Hinblick auf die tatsächlichen Einzahlungen (also mit 7 Anteilen) Mitglied bei der Insolvenzschuldnerin geworden sei. Damit verstoße – wie die Beklagte weiter meint – die Stundungsvereinbarung auch nicht gegen das GenG, weil die Anteile „gem. der Regelung der …-AGB nicht vor Eintritt der Bedingungen erworben werden und aufgrund des Hinweises auf der Mitgliedsurkunde nur jeweils bei Einzahlung der vollen 100,00 € ‚aktiviert‘ worden wären“ (vgl. zum Ganzen S. 2 f. der Klageerwiderung der Beklagten vom 06.09.2021: GA 30 f.).Randnummer28

Dieser sich maßgeblich auf die Anlagen B 1 und B 2 stützenden Argumentation der Beklagten kann jedoch nicht gefolgt werden.

(1)

Vielmehr erschließt sich aus der Mitgliedsurkunde (Anlage B 1), welche die Eintragung der Beklagten in die Mitgliederliste mit 200 Genossenschaftsanteilen am 27.05.2015 bestätigt, dass die Insolvenzschuldnerin (bzw. deren Vorstand) die Übernahme auch der weiteren 199 Geschäftsanteile konkludent zuließ (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 4 des Umdrucks; Anlage K 46).Randnummer30

Ein anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus der in der Mitgliedsurkunde enthaltenen Fußnote „*bei einer Stundungsvereinbarung richtet sich die Höhe der Anteile nach den jeweiligen Einzahlungen“. Denn das eingangs der Fußnote angebrachte Sternchen findet im Haupttext der Urkunde keine Entsprechung, so dass der Bezugspunkt nicht gekennzeichnet ist. Es bleibt daher unklar, was mit „Höhe der Anteile“ gemeint ist. Dies kann sich sowohl auf die Anzahl der Genossenschaftsanteile bzw. die Beteiligungshöhe als auch auf den Gesamtwert beziehen. Der objektive Adressat einer solchen Mitgliedsurkunde musste daher ungeachtet der unklaren Fußnote den Inhalt der Mitgliedsurkunde dahin verstehen, zur Übernahme aller 200 Geschäftsanteilen zugelassen zu sein und diese damit wirksam erworben zu haben. Eine Einschränkung, dass die Zulassung unter der Bedingung der Einzahlung der Geschäftsanteile stehe, enthält die Mitgliedsurkunde nach dem Empfängerhorizont nicht (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022, aaO).

(2)

Nicht zuletzt stellt sich die Mitgliedsurkunde auch deswegen als Zulassung des Beitritts hinsichtlich aller 200 übernommenen Geschäftsanteile dar, weil der Beklagten eine Ablehnung der Zulassung mit den nicht eingezahlten Anteilen nach § 15b Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 2 GenG unverzüglich mitzuteilen gewesen wäre. Eine solche Mitteilung ist indes nicht ersichtlich und ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Fußnote auf der Mitgliedsurkunde (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022, aaO).

(3)

Auch aus den beklagtenseits vorgelegten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Bundesrepublik Deutschland – Fassung für Altfälle vor dem 01.05.2012 – Stand: 17.08.2012“ der „G.. eG Wohnbaugenossenschaft“ (Anlage B 2) ergibt sich nicht, dass, wie die Beklagte behauptet, auf deren Grundlage Anteile „nicht vor Eintritt der Bedingungen“ erworben werden dürften. Es ist schon nicht schlüssig vorgetragen, dass diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen worden sind, denn die Beklagte hat ihren Beitritt erst 2015 erklärt, und es liegt kein sogenannter „Altfall vor dem 01.05.2012“ vor, für den dieses Regelwerk Geltung beansprucht. Aber selbst wenn in den Beitritt der Beklagten gleichlautende Bedingungen einbezogen worden wären, würde sich daraus nichts für den Standpunkt der Beklagten ergeben. Es heißt dort unter „B: Mitgliedschaft und Beteiligung“:Randnummer33

„1. …

2. Die Mitgliedschaft in der G.. wird durch die Zulassung, Eintragung in die Mitgliederliste und Zusendung der Mitgliedsurkunde begründet, wozu es der Erfüllung aller Voraussetzungen und eines Beschlusses des Vorstands bedarf. …Randnummer35

3. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist ein ordnungsgemäß und in geeigneter Form gestellter Antrag auf Mitgliedschaft, die Entrichtung des Pflichtanteils von EUR 100,00 sowie der allfälligen Abschlussgebühr an die die Mitgliedschaft vermittelnde Organisation. …Randnummer36

4. Ein Genossenschaftsanteil beträgt EUR 100,00. Der erste Anteil ist der Pflichtanteil. Jedes Mitglied kann über den Pflichtanteil hinaus bis zu 3999 weitere Genossenschaftsanteile übernehmen.Randnummer37

5. …“

Für einen sukzessiven Beitritt mit diesen weiteren Anteilen je nach Stand der Einzahlung ergibt sich daraus kein Anhaltspunkt.

bb)

Dass für die Würdigung einer sukzessiven Anteilsübernahme kein Raum ist, erschließt sich zum einen aus der zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten getroffenen Stundungsabrede, die als solche das Bestehen eines Anspruchs zwingend voraussetzt. D.h. die Parteien sind ersichtlich vom Bestehen der Schuld in voller Höhe und folglich von einer einmaligen und sofortigen Anteilsübernahme ausgegangen, wie diese sich letztendlich in der angenommenen Beitrittserklärung der Beklagten manifestiert hat (vgl. OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
, Hinweisbeschl. v. 24.02.2022 – 9 U 144/21, S. 4 des Umdrucks; Anlage K 44; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 2 f. des Umdrucks; Anlage K 46; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 03.05.2022 – 9 U 8/22, S. 5 des Umdrucks; Anlage K 47).Randnummer40

Die Beitrittserklärung kann auch deswegen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie hinsichtlich der weiteren Geschäftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung der Einzahlung des jeweils vorherigen Geschäftsanteils stünde, da eine solche Erklärung unwirksam wäre, nachdem die Beitrittserklärung nach § 15b Abs. 1 Satz 1 GenG unbedingt sein muss (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 3 f. des Umdrucks; Anlage K 46; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 03.05.2022 – 9 U 8/22, S. 6 des Umdrucks; Anlage K 47). Dementsprechend bezieht sich auch die konkludente Zulassungsentscheidung hinsichtlich der unbedingten, sofortigen, auf alle weiteren Geschäftsanteile bezogenen Beitrittserklärung ebenso wie diese auf alle weiteren Geschäftsanteile.

b)

Die im Zuge der Beitrittserklärung in der „Tariferklärung“ getroffene Vereinbarung der Stundung von insgesamt 18.657,00 € wie auch der Zahlung von 75 Raten zu ursprünglich je 250,00 € (handschriftlich abgeändert in 100,00 €) verstößt gegen § 15b Abs. 2 GenG und ist gem. § 134 BGB nichtig (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 19.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks, sowie Urt. v. 26.05.2021 – 1 U 85/20, S. 6 des Umdrucks; jeweils Anlagenkonvolut K 42; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 18.08.2021 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 43; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 23.08.2022 – 7 U 41/22, S. 2 des Umdrucks; Anlage K 50; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 4 f. des Umdrucks; Anlage K 46; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 03.05.2022 – 9 U 8/22, S. 4 des Umdrucks; Anlage K 47; LG Bielefeld, Urt. v. 07.04.2021 – 9 O 117/20, juris Rn. 35 ff.; vgl. auch die weiteren Nachweise landgerichtlicher Entscheidungen bei Blazek/Scheffler, ZIP 2021, 2170, 2171 Fn. 21).Randnummer42

Für die Eigenschaft als Verbotsgesetz nach § 134 BGB spricht zunächst der Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG, der mit der Formulierung „darf nicht“ eine unabdingbare Anordnung ausspricht, den Beitritt mit weiteren Anteilen vor Volleinzahlung der vorigen Anteile nicht zuzulassen. Damit ist aber auch eine auf eine solche Zulassung gerichtete Beitrittserklärung ebenso wenig zulässig wie eine Satzungsregelung, die § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG widerspricht. Der Gesetzgeber nimmt in der Gesetzesbegründung zu § 15b Abs. 2 GenG konkret Bezug auf das neu eingeführte Kreditgewährungsverbot, indem dort ausgeführt wird, dass im Hinblick auf § 15b Abs. 2 GenG „auch zu berücksichtigen“ sei, dass „der neue § 22 Abs. 4 Satz 2 … die vielfach gebräuchliche Kreditgewährung zur Beschaffung fälliger Einzahlungen“ verbiete (vgl. BT-Drucks 7/97, S. 19). Durch diese Bezugnahme wird ersichtlich, dass sowohl § 15b Abs. 2 GenG als auch § 22 Abs. 4 Satz 2 GenG denselben Zweck verfolgen, nämlich sicherzustellen, dass der Genossenschaft freiwillig versprochene Einlagen auch sofort und dauerhaft effektiv zur Verfügung stehen, was nicht zuletzt auch in der identischen Wortwahl („darf … nicht“) zum Ausdruck kommt. Die Vorschrift des § 22 Abs. 4 GenG hat der Bundesgerichtshof als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB gewürdigt und dies zu Recht damit begründet, dass bei einer Kreditgewährung zur Erfüllung der Einzahlungspflicht das Eigenkapital der Genossenschaft hierdurch „zumindest zeitweise verkürzt“ würde (vgl. BGH, Urt. v. 02.12.1982 – III ZR 90/81, juris Rn. 10). Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung weiter klargestellt, dass er mit § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG an der inhaltlich übereinstimmenden bisherigen Regelung in § 136 GenG festhält, für die anerkannt war, dass sie dem Schutz der Gläubiger dienen sollte, die nicht über die seinerzeit vom Registergericht geführte und für die Entstehung der Anteile konstitutive Mitgliederliste über den Umfang der Kapitalausstattung irregeführt oder im Unklaren gelassen werden sollten (s. schon RGZ 73, 402, 404 f.; RGZ 115, 148, 150 mit Verweisen auf die ursprüngliche Gesetzesbegründung). Inwieweit dieser Gedanke noch trägt, nachdem die Mitgliederliste mit nur noch deklaratorischen Eintragungen nicht mehr vom Registergericht, sondern von der Genossenschaft geführt wird (vgl. dazu Hanseatisches OLG Hamburg, Urt. v. 04.04.2008 – 11 U 208/06, juris Rn. 70), kann dahingestellt bleiben, nachdem der Gesetzgeber ungeachtet dessen an der Untersagung einer Beteiligung mit mehreren Anteilen vor Volleinzahlung der übrigen Anteile festgehalten und sie im Einklang mit der weiteren Verbotsnorm des § 22 Abs. 4 Satz 2 GenG gesehen hat.

c)

Entgegen der Auffassung der Beklagten (GA 31) steht dem Rekurs des Klägers auf die Nichtigkeit nach § 134 BGB auch nicht deswegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen, weil es sich vorliegend um einen in „einem Zeitraum von immerhin 6 Jahren“ „beanstandungsfrei durchgeführten Vertrag“ handele. Denn die seitens der Beklagten hierzu zitierte Fundstelle (Ellenberger in: Palandt, BGB, 75. Aufl., § 134 Rn. 13) zieht in diesem Zusammenhang zu Unrecht das in einem Ausnahmefall ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 01.02.2007 (III ZR 126/06, juris Rn. 11 ff.) heran, welches zu der Frage ergangen ist, ob einem Bereicherungsanspruch auf Rückerstattung von ärztlichen Honoraren für Wahlleistungen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengesetzt werden kann, wenn die zugrunde liegenden Wahlleistungsvereinbarungen zwar wegen Verstoßes gegen die Unterrichtungspflicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV unwirksam gewesen waren, diese Leistungen jedoch über einen langen Zeitraum abgerufen, beanstandungsfrei erbracht und honoriert worden sind. Diese Erwägungen sind auf die vorliegende Fragestellung nicht übertragbar.

d)

Die Nichtigkeit der Ratenzahlungsvereinbarung führt über § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Beitritts der Beklagten (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 19.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks, sowie Urt. v. 26.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks; jeweils Anlagenkonvolut K 42; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
, Hinweisbeschl. v. 24.02.2022 – 9 U 144/21, S. 5 f. des Umdrucks; Anlage K 44; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 03.05.2022 – 9 U 8/22, S. 5 des Umdrucks; Anlage K 47; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 18.08.2021 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 43; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 23.08.2022 – 7 U 41/22, S. 2 des Umdrucks; Anlage K 50; LG Hamburg, Urt. v. 16.10.2020 – 322 O 162/20, juris Rn. 17).Randnummer45

Was den für die Anwendbarkeit des § 139 BGB erforderlichen Einheitlichkeitswillen anbetrifft, so ist dieser ist nicht nur dann anzunehmen, wenn die Beitrittserklärung und die Vereinbarung über die Ratenzahlung – anders als hier – in einem Formular zusammengefasst sind (vgl. BGH, Beschl. v. 16.03.2009 – II ZR 138/08, juris Rn. 9; LG Aachen, Urt. v. 01.09.2020 – 10 O 172/20, juris Rn. 42). Maßgeblich für die Annahme der Gesamtnichtigkeit ist vielmehr in allgemeiner Hinsicht, dass in dem konkret zu entscheidenden Fall nicht anzunehmen ist, dass das in Rede stehende – teilbare – Rechtsgeschäft auch ohne den unwirksamen Teil vorgenommen sein würde. Hier sind keine Tatsachen vorgetragen, die dafür sprechen würden, dass die Beklagte der Insolvenzschuldnerin auch ohne Vereinbarung einer Ratenzahlung bzw. Stundung beigetreten wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 16.03.2009, aaO; LG Aachen, Urt. v. 01.09.2020, aaO).

2.

Die Nichtigkeit des Beitritts hat allerdings nicht zur Folge, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten entfällt, sondern sie führt zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
, welche auch auf einen fehlerhaften Beitritt zu einer Genossenschaft anwendbar sind (vgl. BGH, Beschl. v. 16.03.2009 – II ZR 138/08, juris Rn. 10; Blazek/Scheffler, ZIP 2021, 2170, 2171; jeweils m.w.N.), wenn – wie vorliegend – der Beitritt der Beklagten bereits in Vollzug gesetzt wurde (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 19.05.2021 – 1 U 85/20, S. 5 f. und 7, S. 7 des Umdrucks, sowie Urt. v. 26.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks; jeweils Anlagenkonvolut K 42; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
, Hinweisbeschl. v. 24.02.2022 – 9 U 144/21, S. 5 des Umdrucks; Anlage K 44; OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Koblenz
, Hinweisbeschl. v. 02.03.2022 – 6 W 53/22, S. 2 des Umdrucks; Anlage K 45; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 4 des Umdrucks; Anlage K 46; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 17.05.2022 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 48; LG Aachen, Urt. v. 01.09.2020 – 10 O 172/20, juris Rn. 43; LG Bielefeld, Urt. v. 07.04.2021 – 9 O 117/20, juris Rn. 39; Geibel in: Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 15b GenG Rn. 1; Wiese in: Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 15b GenG Rn. 7 [bei beck-online]; Beuthien in Beuthien/Wolff/Schöpflin, GenG, 16. Aufl., § 15 Rn. 23; Blazek/Scheffler, ZIP 2021, 2170, 2172; vgl. auch Fandrich in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 15b Rn. 3).

a)

Insbesondere ist der Beitritt der Beklagten von einem tatsächlichen – wenn auch rechtlich fehlerhaften – Willen der Vertragschließenden getragen, wobei die nach § 15 Abs. 1 GenG erforderliche Zulassung des Beitritts auch konkludent erfolgen kann (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 19.05.2021 – 1 U 85/20, S. 6 des Umdrucks, sowie Urt. v. 26.05.2021 – 1 U 85/20, S. 6 des Umdrucks; jeweils Anlagenkonvolut K 42 m.w.N.; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 18.08.2021 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 43; OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Koblenz
, Hinweisbeschl. v. 02.03.2022 – 6 W 53/22, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 45; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 4 des Umdrucks; Anlage K 46; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 03.05.2022 – 9 U 8/22, S. 4 und 6 des Umdrucks; Anlage K 47 m.w.N.; LG Hamburg, Urt. v. 16.10.2020 – 322 O 162/20, juris Rn. 19; Beuthien in Beuthien/Wolff/Schöpflin, GenG, 16. Aufl., § 15 Rn. 28). Diese Zulassung liegt hier in der Übersendung der Mitgliedsurkunde mit der Bestätigung der Eintragung der 200 Anteile in die Mitgliederliste (s.o.).

b)

Zu Unrecht moniert die Berufung (BA 21 ff.), dass das Landgericht in rechtlich zu beanstandender Weise die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft/Genossenschaft angewendet habe, indem es die vom Bundesgerichtshof in dessen Urteil vom 21.03.2005 (II ZR 140/03) genannten Ausnahmen von einer Anwendbarkeit dieser Grundsätze für abschließend erachtet und in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt habe, dass das Geschäftsmodell der Insolvenzschuldnerin seit Ende 2014 – und damit jedenfalls zum Zeitpunkt des Beitritts der Beklagten – einem „Ponzi-Schema“ geähnelt habe.

aa)

Mit Ausnahme des Beitritts Minderjähriger oder Geschäftsunfähiger sowie des Verstoßes des Zwecks der Genossenschaft oder der Beteiligung speziell des betreffenden Genossen gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 21.03.2005 – II ZR 140/03, juris Rn. 17; vgl. hierzu auch Urt. v. 19.11. 2013 – II ZR 383/12, juris Rn. 12 sowie EuGH-Vorlage v. 05.05.2008 – II ZR 292/06, juris Rn. 12) stets davon aus, dass der Vollzug der Gesellschaft bzw. des fehlerhaften Beitritts zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts führt, welches nur für die Zukunft durch Kündigung aufgelöst werden kann (zustimmend OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 4 f. des Umdrucks; Anlage K 46; vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 01.09.2020 – 10 O 172/20, juris Rn. 43; Wiese in: Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 15b GenG Rn. 7 [bei beck-online]). In den genannten Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
bzw. den fehlerhaften Beitritt deshalb abgelehnt, weil die Nichtanwendung der allgemeinen Regeln über Anfechtung und Nichtigkeit zu Ergebnissen führen würde, die mit höherrangigen rechtlich geschützten Interessen der Allgemeinheit nicht vereinbar sind bzw. den nach der Rechtsordnung gebotenen Schutz bestimmter Personengruppen verfehlen (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 05.05.2008, aaO, m.w.N.). Keiner dieser Ausnahmefälle ist hier gegeben.

bb)

Ob – wie die Berufung (BA 23) meint – der Vortrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 24.03.2022 (GA 156 ff.) betreffend das „Ponzi-Schema“ noch von dem ihr gewährten Schriftsatznachlass gedeckt war, kann dahingestellt bleiben.Randnummer51

Denn eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
ist jedenfalls nicht dann gegeben, wenn ein Beitritt zu einer Genossenschaft durch eine arglistige Täuschung bewirkt worden ist (BGH, Urt. v. 16.03.2009 – II ZR 138/08, juris Rn. 14). Wie der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (Urt. v. 19.11.2013, aaO) nochmals betont hat, findet die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft nur da ihre Grenze, wo – anders als hier – gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzbedürftiger Personen entgegenstehen.

3.Randnummer52

Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Genossenschaft hat zur Folge, dass die Beklagte wie eine Genossin mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten behandelt wird; insbesondere ist sie zur Leistung ihrer Einlage verpflichtet, soweit sie diese noch nicht vollständig erbracht hat (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 5 des Umdrucks; Anlage K 46 m.w.N.; LG Aachen, Urt. v. 01.09.2020 – 10 O 172/20, juris Rn. 43; LG Bielefeld, Urt. v. 07.04.2021 – 9 O 117/20, juris Rn. 39; Wiese in: Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 15b GenG Rn. 7 [bei beck-online]).

a)

Die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche wurden bereits mit dem Invollzugsetzen des fehlerhaften Beitritts in voller Höhe fällig (vgl. Saarländisches OLG, Urt. v. 19.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks, sowie Urt. v. 26.05.2021 – 1 U 85/20, S. 7 des Umdrucks; jeweils Anlagenkonvolut K 42; Brandenburgisches OLG, Hinweisbeschl. v. 18.08.2021 – 7 U 68/21, S. 3 des Umdrucks; Anlage K 43; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Hinweisbeschl. v. 10.03.2022 – 13 U 2405/21, S. 5 und 6 des Umdrucks; Anlage K 46; Fandrich in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 15b Rn. 3). Gegenteiliges ergibt sich insoweit insbesondere auch nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.04.2007 (II ZR 190/06, juris Rn. 4), da diese Entscheidung laufende Mitgliedsbeiträge von Vereinsmitgliedern zum Gegenstand hat, die nach Insolvenz des in Rede stehenden Vereins aus dem Grunde nicht mehr geschuldet werden, weil die Beiträge dem Verein die finanziellen Mittel zur Verwirklichung seines Zwecks verschaffen sollen, den er nach Insolvenzeröffnung rechtlich nicht mehr dauerhaft zu verwirklichen vermag und die Mitglieder darum nicht mehr an den Vorteilen der Vereinstätigkeit teilhaben. Dies ist auf die Genossenschaft gerade nicht übertragbar, vielmehr ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, rückständige fällige Einlagen einzufordern (s. sogleich unter c)).

b)

Im Übrigen wäre die Einlagenverpflichtung auch dann sofort fällig geworden, wenn nicht anzunehmen wäre, dass § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG ein Verbotsgesetz enthält, das zur Nichtigkeit der Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung und in der Folge der auf die Begründung der Anteile der Beklagten gerichteten Beitritts- und Zulassungserklärung führt, denn es würde dann jedenfalls an einer Satzungsgrundlage hierfür fehlen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es für die Zulässigkeit einer ratenweisen Zahlung von Einlagen selbst dann einer wirksamen Satzungsgrundlage, wenn es um die Zahlung auf die Pflichteinlage geht, bei der nach § 15b Abs. 2 Satz 2 GenG eine Ratenzahlung möglich ist (BGH, Urt. v. 16.03.2009, aaO, juris Rn. 7). Ohne Satzungsgrundlage hätte eine Ratenzahlung erst recht nicht für die Zahlungen auf die freiwilligen Anteile ermöglicht werden können. Die Satzung in der für die streitgegenständliche Beteiligung geltenden Fassung mit Stand vom 01.10.2014 (Anlage K 1) enthält keine wirksame Regelung einer Ratenzahlung. Sie ist schon in sich widersprüchlich und deshalb unanwendbar, wenn sie in § 33 Abs. 3 Satz 1 zunächst in Übereinstimmung mit § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG bestimmt, dass die Mitglieder über den Pflichtanteil hinaus weitere Anteile übernehmen können, wenn die vorhergehenden Anteile bis auf den zuletzt übernommenen voll eingezahlt sind und der Vorstand die Übernahme zugelassen hat, und wenn sie dann in den folgenden beiden Sätzen im Gegensatz dazu eine Ratenzahlung vorsieht. Unabhängig davon ist eine Satzungsregelung, die eine Ratenzahlung bei freiwilligen Anteilen vorsieht, jedenfalls gesetzwidrig und deshalb nichtig, wie der Kläger zu Recht vorbringt, weil sie mit § 15b Abs. 2 Satz 1 GenG nicht vereinbar ist.

c)

Zur Geltendmachung der noch offenen Zahlungsansprüche ist der Kläger nach § 80 InsO berechtigt, da diese Ansprüche in die Insolvenzmasse fallen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.03.2009 – II ZR 138/08, juris Rn. 17).

4.

Entgegen der Auffassung der Berufung (BA 24 f.) ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht (LGU 7) im Hinblick auf die beklagtenseits hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche keine Ausnahme nach § 242 BGB von der Regel des Ausschlusses der Aufrechnung nach § 22 Abs. 5 GenG angenommen hat.Randnummer57

Wie das Landgericht (aaO) zutreffend ausgeführt hat, würde durch eine Zulassung der Aufrechnung über § 242 BGB das Volleinzahlungsgebot nach § 15b GenG ausgehöhlt und damit ad absurdum geführt. In der Tat dient das Aufrechnungsverbot des § 22 Abs. 5 GenG, welches im Wesentlichen denjenigen in § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG wie auch in § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG entspricht (vgl. Beuthien in Beuthien/Wolff/Schöpflin, GenG, 16. Aufl., § 22 Rn. 20), der Kapitalaufbringung (vgl. Geibel in: Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 22 GenG Rn. 11; Pöhlmann in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 22 Rn. 13). Das Aufrechnungsverbot gilt während der gesamten Dauer der Mitgliedschaft, auch nach Kündigung, im Liquidationsstadium und im Insolvenzverfahren über das Vermögen der eG (vgl. Pöhlmann, aaO; Holthaus/Lehnhoff in: Lang/Weidmüller, GenG, aaO, § 22 Rn. 18; Beuthien, aaO). Insbesondere ist in diesem Zusammenhang – entgegen der Auffassung der Berufung – auch unbeachtlich, auf welchem Rechtsgrund die Forderung des Mitglieds beruht (vgl. Holthaus/Lehnhoff, aaO; Beuthien, aaO).

5.

Nach alledem steht dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der … Wohnbaugenossenschaft eG der seitens des Landgerichts tenorierte Anspruch auf Einzahlung der noch ausstehenden Einlagen der Beklagten i.H. von insgesamt 19.257,00 € zu.

II.

Gegen die bezüglich dieses Betrages i.H. von 19.257,00 € erfolgte – rechtlich nicht zu beanstandende – Tenorierung von (Rechtshängigkeits-) Zinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.08.2021 wird in der Berufungsbegründung vom 06.07.2022 (BA 19 ff.) nichts erinnert.

C.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Insbesondere weicht der Senat vorliegend weder von einer höchstrichterlichen noch einer obergerichtlichen Entscheidung ab.

D.

I.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 713 ZPO, nachdem die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil stattfindet, mangels Erreichens der für die Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von 20.000,00 € unzweifelhaft nicht vorliegen.Randnummer63

Insbesondere ist hier keine den Berufungsstreitwert von 19.257,00 € erhöhende Hilfsaufrechnung gegeben, da sich der Streitwert nur insoweit um den Wert einer hilfsweise zur Aufrechnung gestellten bestrittenen Forderung erhöht, als eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über diese Gegenforderung ergeht (§ 45 Abs. 3 GKG). Da die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit Schadensersatzforderungen wegen des Aufrechnungsverbots des § 22 Abs. 5 GenG unzulässig ist, wurde über diese Gegenforderungen der Beklagten seitens des Senats jedoch nicht rechtskraftfähig entschieden, so dass die Beklagte hierdurch nicht zusätzlich beschwert ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 31.07.2001 – XI ZR 217/01, NJW 2001, 3616 m.w.N.).

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