Einträge nach Montat filtern

OLG Frankfurt, Urteil vom 02.06.2021 – 17 U 90/20

§ 25 Abs 1 HGB, § 27 Abs 1 HGB, § 53 Abs 1 ZPO, § 53 Abs 2 ZPO, § 308 Abs 1 ZPO, § 780 Abs 1 ZPO

Der nach Ausscheiden des Komplementärs aus einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft verbliebene Kommanditist kann sich entsprechend § 780 Abs. 1 ZPO darauf beschränken, im Erkenntnisverfahren lediglich den Ausspruch des Vorbehalts einer auf das angewachsene Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung geltend zu machen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1), 2) und 3) wird, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main dahingehend abgeändert, dass den Beklagten zu 1) und 2) die Beschränkung der Haftung auf das der Beklagten zu 1) angewachsene Gesellschaftsvermögen der A Siebte Vermögensverwaltung KG (vormals B-Stift GmbH) und der X Immobilien Management KG (vormals X Immobilien Management GmbH) als Sondervermögen und der Beklagten zu 3) die Beschränkung der Haftung auf das der Beklagten zu 3) angewachsene Gesellschaftsvermögen der A Dritte Vermögensverwaltung KG (vormals Y Partners GmbH) und der A Fünfte Vermögensverwaltung KG (vormals D GmbH) als Sondervermögen vorbehalten wird, wobei die Vorbehalte der Haftungsbeschränkung nicht die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten betreffen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Hinsichtlich der in erster Instanz entstandenen Kosten bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung mit der Maßgabe vorbehalten, dass von den in erster Instanz entstandenen Kosten im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1) bis 3) die Klägerin 1/3 und die gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten 2/3 zu tragen haben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) bis 3) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagten zu 1), 2) und 3) (nachfolgend: „Beklagte“) wenden sich mit der Berufung gegen die ohne Vorbehalt der Beschränkung der Haftung erfolgte Stattgabe der Klage, mit der die Klägerin sie aus einem Mietkaufvertrag in Anspruch nimmt. Randnummer2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Straße1 in Stadt1, welches mit einem als Alten- und Pflegeheim genutzten Gebäude bebaut ist. Mit Mietkaufvertrag vom 22. November 2007 überließ die Klägerin die Immobilie im Wege des „sale and lease back“ der X Immobilien Management GmbH zur Nutzung. Die X Immobilien Management GmbH vermietete das Gebäude ihrerseits an die B-Stift Einrichtungs- und Pflegemanagement GmbH, welche später in die B-Stift GmbH umfirmiert wurde. Randnummer3

Nachdem die Klägerin erstinstanzlich behauptet hatte, dass „die X Immobilien Management GmbH und ihre Rechtsnachfolgerin sowie die Y Siebte und ihre Rechtsnachfolgerin das Objekt bis November 2019 betrieben bzw. untermietet hätten“, ist im Berufungsrechtszug unstreitig geworden, dass das Alten- und Pflegeheim bis Mai 2019 durch die B-Stift Einrichtungs- und Pflegemanagement GmbH bzw. die B-Stift GmbH betrieben wurde und der Betrieb sodann auf die B Pflege & Betrieb GmbH als neue Betreiberin überführt wurde. Randnummer4

Mit der Klägerin auf der einen und der B-Stift GmbH sowie den Rechtsvorgängerinnen der Y Partners GmbH und der D GmbH auf der anderen Seite wurden in Bezug auf den Mietkaufvertrag Mitverpflichtungsvereinbarungen getroffen. Randnummer5

Aus dem zwischen der Klägerin und der X Immobilien Management GmbH abgeschlossenem Mietkaufvertrag sind Mietforderungen in Höhe von EUR 1.374.932,50 offen. Randnummer6

Im Mai bzw. Juni 2019 wurde die X Immobilien Management GmbH in die X Immobilien Management KG, die Y Partners GmbH in die A Dritte Vermögensverwaltung KG, die D GmbH in die A Fünfte Vermögensverwaltung KG und die B-Stift GmbH in die A Siebte Vermögensverwaltung KG umgewandelt. Gleichzeitig wurde der Gesellschaftszweck aller vier Kommanditgesellschaften in „Verwaltung eigenen Vermögens“ geändert. Randnummer7

Nach dem Austritt des Beklagten zu 4) als Komplementär der X Immobilien Management KG am 08. August 2019 war die Beklagte zu 1) als Kommanditistin die einzig verbliebene Gesellschafterin. Randnummer8

Nach dem Austritt des Beklagten zu 4) aus der A Siebte Vermögensverwaltung KG am 08. August 2019 war die X Immobilien Management KG als Kommanditistin die einzig verbliebene Gesellschafterin. Randnummer9

Die Beklagte zu 2) ist persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1). Randnummer10

Nach dem Austritt des Beklagten zu 4) als Komplementär der A Dritte Vermögensverwaltung KG am 08. August 2019 war der Beklagte zu 3) als Kommanditist der einzig verbliebene Gesellschafter. Randnummer11

Nach dem Austritt des Beklagten zu 4) als Komplementär der A Fünfte Vermögensverwaltung KG war die A Dritte Vermögensverwaltung KG als Kommanditistin die einzig verbliebene Gesellschafterin. Randnummer12

Im Juli/August 2019 stellte die Klägerin Insolvenzanträge hinsichtlich aller vier Kommanditgesellschaften. Zudem wurde mit auf den 05. August 2019 bzw. 15. August 2019 datierenden Schreiben, die als Absender den Beklagten zu 4) ausweisen, Insolvenzantrag für die X Immobilien Management KG und für die A Siebte Vermögensverwaltung KG gestellt. Randnummer13

In Anträgen an das Registergericht vom 15. August 2019 auf Löschung der X Immobilien Management KG und der A Dritte Vermögensverwaltung KG war durch den Beklagten zu 3) angegeben, dass der Kommanditist den Betrieb der Kommanditgesellschaft nicht fortführe. Die Löschung der vier Kommanditgesellschaften aus dem Handelsregister erfolgte sodann zwischen dem 11. September 2019 und dem 18. Oktober 2019. Randnummer14

In einem an die B-Stift Pflege & Betrieb GmbH gerichteten Schreiben vom 08. November 2019 machte der vormalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten Ausführungen zur mietvertragsrechtlichen Situation hinsichtlich des streitgegenständlichen Objekts. Hinsichtlich der Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage BB2 (Bl. 383 ff. der Akte) Bezug genommen. Randnummer15

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass „die X Immobilien Management GmbH und ihre Rechtsnachfolgerin sowie die Y Siebte und ihre Rechtsnachfolgerin das Objekt bis November 2019 betrieben bzw. untervermietet hätten“. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagten zu 1) und 3) mit dem gesamten Vermögen aufgrund einer analogen Anwendung der §§ 27, 25 HGB haften, da eine relevante Geschäftsfortführung im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB durch die Beklagten zu 1) und zu 3) gegeben sei. Die Fortführung des Geschäfts durch die Beklagten zu 1) und 3) sei auch nicht eingestellt im Sinne des § 27 Abs. 2 HGB worden. Randnummer16

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagten zur Zahlung von EUR 1.374.932,50 nebst Verzugszinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 9.076,35 nebst Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen. Randnummer17

Die Beklagten zu 1) bis 3) haben beantragt, die Klage abzuweisen. Randnummer18

Die Beklagten haben erstinstanzlich behauptet, die gelöschten Kommanditgesellschaften hätten zum Zeitpunkt des Austritts des Beklagten zu 4) keinerlei Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt. Entsprechend sei ein Handelsgeschäft der Kommanditgesellschaften durch die Beklagten zu 1) und zu 3) nicht fortgeführt worden. Auch die erforderliche Firmenfortführung sei nicht erfolgt. Randnummer19

Die Beklagten haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Beklagten für etwaige Verbindlichkeiten der erloschenen Kommanditgesellschaft nur mit dem ihnen zugefallenen Gesellschafts- bzw. Sondervermögen haften würden. Sie könnten daher nur zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Vermögen verurteilt werden, das ihnen aufgrund der Anwachsung zugefallen sei. Randnummer20

Das Landgericht hat der gegen den Beklagten zu 4) gerichteten Klage durch Versäumnisurteil stattgegeben. Eine vom Landgericht angeordnete Zustellung des Versäumnisurteils an den Beklagten ist am 11. August 2020 fehlgeschlagen. Über eine von der Klägerin beauftragte Gerichtsvollzieherin ist dem Beklagten am 08. Oktober 2020 eine beglaubigte Kopie des Versäumnisurteils zugestellt worden. Randnummer21

Der gegen die Beklagten zu 1) bis 3) gerichteten Klage hat das Landgericht durch Endurteil stattgegeben. Randnummer22

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten zu 1) und 3) ein Anspruch auf Zahlung von EUR 1.374.932,50 aus § 535 BGB i.V.m. dem Vertrag vom 22. November 2007 zu, §§ 27, 25 HGB. Die Beklagte zu 2) hafte für die Ansprüche der Klägerin als deren persönlich haftende Gesellschafterin nach §§ 128, 161 Abs. 2 HGB. Randnummer23

Die Forderungen der Klägerin gegen die X Immobilien Management KG sowie die Mithaftung der A Dritte Vermögensverwaltung KG seien dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Nach Erlöschen der X Immobilien Management KG und der A Dritte Vermögensverwaltung KG würden die Beklagten zu 1) und 3) für die gegen die Kommanditgesellschaften gerichteten Forderungen haften. Mit Ausscheiden des Komplementärs aus einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft sei das gesamte Vermögen der Kommanditgesellschaften dem verbliebenen Kommanditisten zugefallen. Die Kommanditgesellschaften seien ohne Liquidationsverfahren vollbeendet worden. Für die Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft – vorbehaltlich der §§ 171f. HGB – hafte der verbliebene Kommanditist aber zunächst nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen; er sei nur zur Duldung der Zwangsvollstreckung in jenes Vermögen zu verurteilen. Da der Kommanditist das Handelsgeschäft jedoch zwangsläufig nicht von einem Tag auf den anderen durch bloße Untätigkeit verschwinden lassen könne, führe er es zwangsläufig zunächst fort. Die Fortführung im Sinne des § 27 HGB bedürfe dabei keiner bewussten (Fortführungs-)Entscheidung. analog § 27 Abs. 2 HGB stehe ihm sodann für drei Monate die Entscheidung offen, das Unternehmen abzuwickeln oder unter Inkaufnahme der persönlichen Haftung fortzuführen. Randnummer24

Um die Haftung nach § 27 HGB durch eine Einstellung des Geschäfts auszuschließen, sei ein nach außen tretendes Verhalten erforderlich, aus dem sich objektiv die Entscheidung zur Einstellung des Geschäftes entnehmen lasse. Dieses liege etwa in der Weiterveräußerung oder dem Beginn der Liquidation. Daran fehle es hier. Die bloße Erklärung in den Löschungsanträgen gegenüber dem Handelsregister sei nicht ausreichend gewesen; hierin habe es sich nicht um eine objektivierbare Handlung zur Einstellung des Geschäftsbetriebes gehandelt. Die Erklärung bewirke die Einstellung nicht, sondern könne auch unzutreffend sein. Die Einstellung erfordere tatsächlich die endgültige Trennung von Geschäft und darin verkörpertem wirtschaftlichen Wert. Dies könne auch durch Beantragung des Insolvenzverfahrens erfolgen, da hiermit ein Wille zur Haftungsbeschränkung zu erkennen gegeben werde. Ausweislich Anlage B10 habe der Beklagten zu 4) einen solchen Antrag noch vor seinem Ausscheiden als Komplementär aus der X Immobilien Management KG gestellt. Ein Antrag der Beklagten zu 1) sei nicht erfolgt und es sei nicht auch ersichtlich, dass diese hiervon in Kenntnis des gestellten Antrages abgesehen hätte. Auch ein Insolvenzantrag des Beklagten zu 3) für die A Dritte Vermögensverwaltung KG sei nicht ersichtlich; die Anlage B11 betreffe die A Siebte Vermögensverwaltung KG. Randnummer25

Weder bei der X Immobilien Management KG noch bei der A Dritte Vermögensverwaltung KG könne davon ausgegangen werden, dass es eine aktive Einstellung des Geschäftsbetriebes etwa durch Veräußerung, Liquidation oder sonstige Maßnahmen schon vor dem Übergang gegeben hätte. Der als Anlage B10 vorgelegte Insolvenzantrag des Beklagten zu 4) reiche nicht aus. Zunächst sei dieser kaum als ernst gemeinter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu werten. Außerdem habe die X Immobilien Management KG – wie seitens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen – im August 2019 das Pflegeheim noch geführt. Dieser Vortrag sei zwar als verspätet gerügt, jedoch nicht bestritten worden. Auch sei diesbezüglich kein Schriftsatznachlass beantragt worden. Randnummer26

Die Nichtfortführung der Firma der erloschenen Kommanditgesellschaft sei unerheblich. Hierauf könne es für die vom Bundesgerichtshof anerkannte entsprechende Anwendung des § 27 HGB auf Anwachsungsfälle bei Personengesellschaften nicht ankommen, da anderenfalls von vornherein kein Anwendungsbereich für eine Analogie bestünde. Randnummer27

Die Beklagte zu 2) hafte für die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) als deren persönlich haftende Gesellschafterin nach §§ 128, 161 Abs. 2 HGB. Randnummer28

Der Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 31. Juli 2020 sei nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Klägerin vom 02. Juli 2020 sei nicht zu gewähren gewesen, da dieser keinen neuen erheblichen Vortrag enthalten habe. Randnummer29

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Randnummer30

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese begehren, dass ihnen bezüglich Haupt-, Nebenforderung und Kosten die Beschränkung der Haftung gemäß § 780 ZPO analog vorbehalten wird. Randnummer31

Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten zustande gekommen. Die Forderungen der Klägerin seien bereits keineswegs unstreitig gewesen. Der Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2020 hätte Berücksichtigung finden müssen. Den Beklagten sei Schriftsatznachlass zu gewähren gewesen, nachdem der erst drei Tage vor der mündlichen Verhandlung zugegangene Klägerschriftsatz neue Angriffsmittel wie den Vorwurf der Insolvenzverschleppung enthalten habe. Dies gelte insbesondere auch für die unsubstantiierte, unzutreffende und verspätete Behauptung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die X Immobilien Management GmbH und ihre Rechtsnachfolgerin sowie die „Y Siebte“ und ihre Rechtsnachfolgerin hätten das Objekt bis November 2019 betrieben bzw. untervermietet und es sei erst danach vom C übernommen worden. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe eindeutig zum Ausdruck gebracht, sich noch umfassend zu dem Klägervorbringen äußern zu wollen. Dies sei der Rüge des verspäteten Vorbringens immanent; eines ausdrücklichen Bestreitens habe es nicht bedurft. Das Landgericht hätte zudem bereits aus den vorliegenden Unterlagen erkennen müssen, dass die verspätete Behauptung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unzutreffend gewesen sei, da die X Immobilien Management KG niemals die Betreiberin des Heims gewesen sei. Die Beklagten hätten immer wieder vorgetragen, die Handelsgeschäfte der Kommanditgesellschaften nicht fortgeführt zu haben; dies habe auch für die Zeit nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 4) am 08. August 2019 gegolten. Randnummer32

Im Zeitpunkt des Erlöschens der Kommanditgesellschaften hätten diese schon kein Handelsgeschäft mehr geführt, sondern bereits vor längerer Zeit eingestellt. Bereits im Mai 2019 habe die A Siebte Vermögensverwaltung KG ihre Position als heimrechtliche Betreiberin an die mit dem Konzern nicht verbundene B-Stift Pflege & Betrieb GmbH als Auffanggesellschaft übertragen. Randnummer33

Folglich habe die X Immobilien Management KG, die das Heim selbst nie betrieben habe, auch keine Pachtzahlungen weiterleiten können. Die A Dritte Vermögensverwaltung KG und A Fünfte Vermögensverwaltung KG hätten bereits zuvor ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, nachdem aufgrund der Pfändungsmaßnahmen der Klägerin kein Vermögenswert mehr bestanden habe. Randnummer34

Das Landgericht habe die vorstehenden Umstände nicht berücksichtigt und die §§ 25, 27 HGB rechtsfehlerhaft angewandt. Randnummer35

Eine unbeschränkte persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
des Kommanditisten erfordere dessen aktives Zutun. Ein solches habe es nicht gegeben, weshalb es vom Landgericht daher auch nicht festgestellt worden sei. Es habe keinen Geschäftsbetrieb gegeben, den die Beklagten hätten fortführen können. Selbst wenn ein solcher Geschäftsbetrieb zum Zeitpunkt des Austritts des Beklagten zu 4) noch bestanden haben sollte, so wäre dieser nicht von den Beklagten fortgeführt worden. Randnummer36

Jedenfalls sei eine – unterstellte – Fortführung des Geschäftsbetriebs durch die Beklagten innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB aufgeben worden. Die Beklagten hätten weder Grund noch Absicht gehabt, das Geschäft in irgendeiner Form fortzuführen. Dies sei der Klägerin – unstreitig – u.a. bereits am 08. August 2019 und auch in der Folge mitgeteilt worden. Randnummer37

Einer Haftung der Beklagten stehe auch § 25 Abs. 2 HGB (analog) entgegen, da die Beklagten der Klägerin mehrfach angezeigt hätten, den Geschäftsbetrieb nicht weiterzuführen und somit für Verbindlichkeiten der erloschenen Gesellschaften nicht zu haften. Randnummer38

Die Beklagten beantragen, Randnummer39

das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, dass den Beklagten zu 1), 2) und 3) die Haftungsbeschränkung als Kommanditisten bezüglich Haupt-, Nebenforderung und Kosten gemäß § 780 Abs. 1 ZPO analog vorbehalten wird. Randnummer40

Die Klägerin beantragt, Randnummer41

die Berufung zurückzuweisen. Randnummer42

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Randnummer43

Die Berufung sei bereits unzulässig, da die Geltendmachung eines Haftungsvorbehalts analog § 780 Abs. 1 ZPO nicht statthaft sei. Randnummer44

Darüber hinaus sei die Berufung auch unbegründet, da die Haftung der Beklagten nicht nach § 27 Abs. 2 HGB beschränkt sei. Die X Immobilien Management GmbH sei seit 2007 gewerbliche Zwischenmieterin gewesen, habe diese geschäftliche Tätigkeit nicht eingestellt und sei noch im November 2019 als solche aufgetreten. Dies sei dem Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 08. November 2019 zu entnehmen, durch welches „die auf Beklagtenseite beteiligten Personen“ versuchten, gegenüber der Heimaufsichtsbehörde eine Verschiebung des Heimbetriebs auf die B-Stift Pflege & Betrieb GmbH zu rechtfertigen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. Insbesondere steht der Statthaftigkeit der Berufung nicht entgegen, dass alleiniges Ziel des Rechtsmittels die Aufnahme eines Haftungsvorbehalts ist (BGH, Urteil vom 02. Februar 2010 – VI ZR 82/09 -, Rn. 5, juris; MüKoZPO/Karsten Schmidt/Brinkmann, 6. Aufl. 2020 Rn. 19, ZPO § 780 Rn. 19). Randnummer46

Die Berufung ist auch begründet. Das Landgericht hat zu Unrecht der Klage vollständig – ohne Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung und ohne Ausspruch des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung – stattgegeben. Aufgrund der von den Beklagten erhobenen Einrede der beschränkten Haftung wäre die Haftung der Beklagten entweder auf das der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 3) angewachsene Gesellschaftsvermögen zu beschränken oder den Beklagten die Geltendmachung der Haftungsbeschränkung vorzubehalten gewesen (zum Wahlrecht des Prozessgerichts: BGH Urteil vom 21. Oktober 2020 – VIII ZR 261/18, BeckRS 2020, 32221 Rn. 19; BGH, Beschluss vom 25. Januar 2018, III ZR 561/16, Rn. 5 mwN., BeckRS 2018, 1443; BGH, Urteil vom 17. Februar 2017, V ZR 147/16, Rn. 12, BeckRS 2017, 113217), da es sich bei den streitgegenständlichen Hauptforderungen in Höhe von zusammen 1.374.932,50 € um Verbindlichkeiten der X Immobilien Management KG und – aufgrund der Mithaftung – der A Dritte Vermögensverwaltung KG, der A Fünfte Vermögensverwaltung KG und der A Siebte Vermögensverwaltung KG handelt, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte zu 1) und zu 3) übergegangen sind und hinsichtlich derer die Haftung der Beklagten auf das ihnen jeweils angewachsene Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Randnummer47

Mit dem Landgericht ist zunächst von einem grundsätzlichen Bestehen der streitgegenständlichen mietvertraglichen „Primäransprüche“ der Klägerin gegen die X Immobilien Management KG auszugehen. Soweit die Beklagtenseite mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 31. Juli 2020 sowie in der Berufung einwendet, das Mietobjekt sei im maßgeblichen Zeitraum aufgrund seines „maroden“ Zustandes mit nur „rund 60 von 195 zugelassenen Plätzen“ belegbar gewesen, weshalb die Miete um 70 Prozent gemindert gewesen sei, hat das Landgericht den Vortrag zu Recht unberücksichtigt gelassen, § 296a ZPO. Der den streitgegenständlichen mietvertraglichen Ansprüchen zugrundliegende Sachverhalt wurde bereits in der den Beklagten im Januar 2020 zugestellten Klageschrift dargelegt, weshalb die Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung im Juli 2020 ausreichend Gelegenheit zur Erwiderung blieb. Die Voraussetzungen einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO lagen daher nicht vor, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob der Beklagtenvertreter – konkludent – einen Schriftsatznachlass beantragte. Einer Berücksichtigung des Vortrags in der Berufungsinstanz steht § 531 Abs. 2 ZPO entgegen. Unabhängig davon blieb der Vortrag der Beklagtenseite bis zuletzt aber auch ohne jedwede Substanz und ist mangels Angaben über die konkreten, die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigenden Umständen nicht einlassungsfähig (zur Darlegungs- und Beweislast: MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, BGB § 536 Rn. 54). Letztlich wäre aber auch – wie selbst die Beklagtenseite im Schriftsatz vom 08. April 2021 ausdrücklich klarstellt – der Einwand, das Landgericht sei fehlerhaft von einem unstreitigen Primäranspruch ausgegangen, nicht vom Berufungsantrag erfasst, da mit der Berufung, anders als in erster Instanz, nicht Klageabweisung, sondern (lediglich) die Aufnahme eines Haftungsvorbehalts in den Tenor begehrt wird. Randnummer48

Die Beklagten zu 1) und zu 3) haften als Gesamtrechtsnachfolger der aufgelösten Kommanditgesellschaften. Die Haftung der Beklagten zu 1) und zu 3) ist dabei jedoch auf das ihnen jeweils angewachsene Gesellschaftsvermögen beschränkt, da nicht erkennbar ist, dass die Handelsgeschäfte der Kommanditgesellschaften im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB fortgeführt wurden. Randnummer49

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass nach Ausscheiden des Komplementärs aus einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft das Gesellschaftsvermögen durch liquidationslose Vollbeendigung auf den verbliebenen Kommanditisten übergeht, dieser allerdings für die Altverbindlichkeiten der früheren Gesellschaft grundsätzlich nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen haftet (BGH Beschluss vom 05. Mai 2008 – II ZR 150/07, BeckRS 2008, 11777; BGH, Beschluss vom 05. Juli 2018, V ZB 10/18, Rn. 10, BeckRS 2018, 21470; BGH, Urteil vom 15. März 2004, II ZR 247/01, unter I., BeckRS 2004, 4949; BeckOK, HGB, 2020, § 131, Rn. 30; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2020, § 131, Rn. 42, § 140, Rn. 39ff.; Münchener Kommentar/Schmidt, HGB, 2016, § 131, Rn. 7, § 145, Rn. 34; Henssler/Strohn/Klöhn, HGB, 2019, § 131, Rn. 63). Die Haftungsbeschränkung beruht dabei auf einer Analogie zu § 27 HGB (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1990, II ZR 256/89, Rn. 7ff). Der Kommanditist haftet danach nur dann nach § 25 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen, wenn er das Handelsgeschäft fortführt, § 27 Abs. 1 HGB (BGH, Beschluss vom 05. Mai 2008 – II ZR 150/07; BeckOK HGB/Lehmann-Richter, 31. Ed. 15.1.2021, HGB § 131 Rn. 32; Henssler/Strohn/Klöhn, HGB, 2019, § 131, Rn. 66ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2020, § 131, Rn. 42, § 140, Rn. 41). Randnummer50

Die Klägerin hat vorliegend weder hinreichend darlegen noch beweisen können, dass die Handelsgeschäfte der X Immobilien Management KG, der A Siebte Vermögensverwaltung KG, der A Dritte Vermögensverwaltung oder der KG A Fünfte Vermögensverwaltung KG nach dem am 08. August 2019 im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB fortgeführt wurden. Dass der Gläubiger der Kommanditgesellschaft, hier also die Klägerin, darlegen und beweisen muss, dass eine Fortführung des Handelsgeschäfts erfolgte, ergibt sich schon aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Gläubiger für alle anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. auch BeckOK, HGB, 2020, § 27, Rn. 38; Oetker/Vossler, HGB, 2019, § 27, Rn. 39, § 25, Rn. 60) und fügt sich auch in die Systematik des § 27 HGB, nach der eine unbeschränkte Haftung nach § 27 Abs. 1 HGB zunächst die Fortführung des Handelsgeschäfts voraussetzt, welche im Falle einer Einstellung innerhalb von drei Monaten nach § 27 Abs. 2 HGB wieder rückwirkend entfallen kann. Randnummer51

Nach allgemeiner Auffassung erfordert die Fortführung des Handelsgeschäfts wie in § 25 Abs. 1 HGB, dass der Geschäftsbetrieb in seinem wesentlichen Bestand unverändert weitergeführt wird, der Tätigkeitsbereich, die innere Organisation und die Räumlichkeiten ebenso wie Kunden- und Lieferantenbeziehungen jedenfalls im Kern beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen werden. Unbeachtlich ist, wenn einzelne Vermögensbestandteile oder Betätigungsfelder von der Übernahme ausgenommen sind, solange nur der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern desselben übernommen wird, so dass sich der nach außen für die beteiligten Verkehrskreise in Erscheinung tretende Tatbestand als Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt (BGH, Urteil vom 04. November 1991 – II ZR 85/91 -, Rn. 11, juris; BGH, Versäumnisurteil vom 28. November 2005 – II ZR 355/03 -, Rn. 9, juris; BGH, Urteil vom 16. September 2009 – VIII ZR 321/08 -, Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 05. Juli 2012 – III ZR 116/11 -, Rn. 18, juris; BeckOK/Bömeke, HGB, 15. Oktober 2020, § 27, Rn. 9; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, 2020, § 27, Rn. 10). Randnummer52

Dass nach dem 08. August 2019 für den beteiligten Verkehrskreis ein Tatbestand nach außen trat, der sich als Weiterführung des Geschäftsbetriebs der streitgegenständlichen Kommanditgesellschaften darstellte, ist nicht ersichtlich. Randnummer53

Während die Klägerin zum Geschäftsbetrieb der A Dritte Vermögensverwaltung KG und der A Fünfte Vermögensverwaltung KG überhaupt nicht vortrug, erschöpfte sich der Vortrag zum vormals ausgeübten und sodann ab dem 08. August 2019 – angeblich – fortgeführten Handelsgeschäften der X Immobilien Management KG und der A Siebte Vermögensverwaltung KG letztendlich darin, dass diese das Objekt bis November 2019 untervermietet hätten. Ein für die Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlicher für den maßgeblichen Verkehrskreis erkennbarer tatsächlicher Vorgang wurde durch diese pauschale Behauptung nicht schlüssig dargelegt. Während die Beklagten vortrugen, dass die X Immobilien Management KG und die A Siebte Vermögensverwaltung KG seit der Überführung des Betriebs des Alten- und Pflegeheims zum 01. Mai 2019 auf die B Pflege & Betrieb GmbH keinen Geschäftstätigkeiten mehr nachgegangen seien, welche hätten fortgeführt werden können, konnte die Klägerseite weder für die Zeit bis zum 08. August 2019 noch für den sich anschließenden Zeitraum Einzelheiten der behaupteten Untervermietung, insbesondere ob und von wem Mietzahlungen entgegengenommen und möglicherweise weitergeleitet wurden, darlegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich eine nach außen in Erscheinung tretende Betätigung des bisherigen Geschäftsbetriebs der X Immobilien Management KG oder der A Siebte Vermögensverwaltung KG auch der Stellungnahme des ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 08. November 2019 nicht entnehmen, da diese lediglich in der Vergangenheit abgeschlossene Miet- und Untermietverträge auflistet und diese zueinander in Beziehung setzt. Nachdem nicht ersichtlich ist, dass der ehemalige Beklagtenvertreter die Stellungnahme im Auftrag der Beklagten abgab, kann auch in dem Schreiben selbst keine nach außen gerichtete Fortführungshandlung gesehen werden. Ist somit schon nicht erkennbar, dass die Kommanditgesellschaften am 08. August ein Handelsgeschäft betrieben, kann auch nicht festgestellt werden, dass ein solches Geschäft im Sinne des § 27 Abs. 1 BGB fortgeführt wurde. Randnummer54

Soweit das Landgericht eine Fortführung des Handelsgeschäfts bejaht hat, da ein Kommanditist das Handelsgeschäft nicht einfach von einem Tag auf den anderen etwa durch bloße Untätigkeit verschwinden lassen könne und er es daher zwangsweise zunächst fortführen werde, mag dies für den Regelfall, in dem unstreitig von der Kommanditgesellschaft ein Handelsgeschäft bis zuletzt geführt worden war, zutreffen. Vorliegend ist jedoch das Vorhandensein eines solchen Handelsgeschäfts zum Zeitpunkt des Anwachsens bereits umstritten, weshalb der Gläubiger der Kommanditgesellschaft darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass ein „aktives“ Handelsgeschäft vorlag, welches der Kommanditist zwangsläufig zunächst hätten fortführen müssen. Randnummer55

Nachdem nicht festgestellt werden kann, dass die Handelsgeschäfte der Kommanditgesellschaften im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB fortgeführt wurden, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob und wie die Beklagten die (nicht) fortgeführten Handelsgeschäfte gemäß § 27 Abs. 2 HGB eingestellt haben könnten. Randnummer56

Die Haftung der Beklagten zu 1) und zu 3) ist somit auf das ihnen jeweils angewachsene Gesellschaftsvermögen beschränkt. Die Beklagte zu 2) haftet daneben als Komplementärin der Beklagten zu 1) in diesem Umfange nach §§ 161 Abs. 2, 128 S. 1 HGB. Randnummer57

Da die Beklagten sich mit der Berufung nicht gegen die Verurteilung dem Grunde nach wenden und ausdrücklich nicht die Beschränkung ihrer Haftung auf das den Beklagten zu 1) und zu 3) angewachsenen Vermögens, sondern – lediglich – den Ausspruch des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung begehren, war den Beklagten in entsprechender Anwendung des § 780 ZPO (lediglich) die Beschränkung ihrer Haftung hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderungen in Höhe von zusammen 1.374.932,50 € vorzubehalten, § 308 Abs. 1 ZPO. Insoweit ist es den Beklagten nicht verwehrt, im Erkenntnisverfahren lediglich den Ausspruch des Haftungsvorbehalts entsprechend § 780 Abs. 1 ZPO geltend zu machen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1990 – II ZR 256/89Rn. 15, juris). Entgegen der Auffassung der Klägerin, stehen dem insbesondere prozessökonomische Erwägungen nicht entgegen. So wird der Vorbehalt der Haftungsbeschränkung im Erkenntnisverfahren gerade nicht allein aufgrund der bloßen Einrede des Beklagten ausgesprochen und stellt sich damit nicht als bloßer Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten dar. Vielmehr setzt der Ausspruch eine inhaltliche Prüfung der Art der Verbindlichkeit voraus. Während der Vorbehalt im Rahmen der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 ZPO die Feststellung enthält, dass das Gericht vom Vorliegen einer reinen Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB ausgeht (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2020 – VIII ZR 261/18, BeckRS 2020, 32221 Rn. 15, beck-online) ist der Vorbehalt im hier zu entscheidenden Fall der Gesamtrechtsnachfolge nach liquidationsloser Vollbeendigung einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft durch das Ausscheiden des Komplementärs mit der Feststellung verbunden, dass das Gericht vom Vorliegen von Altverbindlichkeiten der aufgelösten Kommanditgesellschaften ausgeht, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte zu 1) bzw. zu 3) übergegangen sind. An dieser Feststellung wäre ein nachfolgendes Gericht bei Erhebung einer – auf diesen Vorbehalt gestützten – Vollstreckungsabwehrklage der Beklagten gebunden und die Klägerin mit etwaigen Einwänden gegen diese Einordnung ausgeschlossen (vgl. BGH a.a.O., Rn. 38, beck-online). Randnummer58

Zurückzuweisen ist die Berufung, soweit die Beklagten begehren, dass ihnen die Haftungsbeschränkung auch bezüglich Nebenforderung und Kosten vorbehalten wird. Bei den angefallenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie bei den durch den Rechtsstreit verursachten Kosten handelt es sich nicht um Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaften, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte zu 1) bzw. zu 3) übergangen sind, da sie nicht auf der Rechtsverfolgung gegen die Kommanditgesellschaften beruhen. Insbesondere datieren die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen gegenüber den Beklagten zu 1) bis 3) auf den 11. November 2019. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kommanditgesellschaften bereits erloschen. Randnummer59

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Eine einheitliche Kostenentscheidung über die Kosten der ersten Instanz steht entgegen, dass das Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 4) noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Dem Beklagten zu 4) wurde das gegen ihn ergangene Versäumnisurteil nicht mittels von Amts wegen bewirkter Zustellung zugestellt, weshalb die Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO noch nicht zu laufen begann. Weder konnte die nach § 166 Abs. 2 ZPO erforderliche Amtszustellung nach § 189 ZPO durch die am 08. Oktober 2020 erfolgte Zustellung im Wege des Parteibetriebs ersetzt werden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – IV ZR 14/08 -, Rn. 11, juris), noch ist die Regelung des § 517 ZPO, wonach Rechtsmittelfristen spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Urteilsverkündung beginnen, auf die Einspruchsfrist anwendbar (BGH, NJW 1963, 154; BeckOK ZPO/Toussaint, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 339 Rn. 4). Randnummer60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Randnummer61

Die Zulassung der Revision ist nicht geboten, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I GmbHRecht I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: