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Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 14. Oktober 2016 – 11 U 23/16

§ 169 Abs 1 HGB

Zum Anspruch einer Publikums-KG gegen einen Kommanditisten auf Rückgewähr gewinnunabhängiger Ausschüttungen.

Satzungstext:

„§ 9 – Vertretung und Geschäftsführung

(…)

4. Für die folgenden Geschäfte bedarf die persönlich haftende Gesellschafterin der Einwilligung:

(…)

4.2 des Beirates für:

(…)

c) Gewährung von Darlehen im Gesamtbetrag von mehr als DM 100.000,00;

(…)

i) Verwendung von Liquiditätsüberschüssen gem. § 12 Abs. 4.

(…)

 § 12 – Gewinn- und Verlustverteilung, Ausschüttungen

(…)

4. Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter – auch im Wege einer Darlehens-gewährung – dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn keine Kapitaldienst-leistungsrückstände hinsichtlich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie der Kapitaldienstraten auf die Schiffshypothekendarlehen für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind und bankseitig diesen Zahlungen zugestimmt worden ist.

Über die Verwendung von Liquiditätsüberschüssen entscheidet auf Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beirat, sofern nicht die Gesellschafterversammlung entsprechende Beschlüsse faßt. Liquiditätsausschüttungen erfolgen im Verhältnis der Festeinlagen der Gesellschafter untereinander. Solange Verlustsonderkonten (II) bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar.

(…)

§ 14 – Gesellschafterversammlung

(…)

7. Die Gesellschafterversammlung hat, soweit ihr nicht durch Gesetz oder Gesellschafts- vertrag oder Gesellschafterbeschluß sonstige Gegenstände zur Beschlußfassung überwiesen sind, zu beschließen über:

(…)

d) Verwendung des Jahresergebnisses und Liquiditätsausschüttungen;

 § 15 – Jahresabschluß, Konten der Gesellschaft

(…)

3. Für jeden Gesellschafter werden ein festes Kapitalkonto (I) und ein Ergebnissonderkonto (II) geführt.

a) Auf dem Kapitalkonto (I) werden die Kommanditeinlagen gebucht. Das Kapitalkonto ist fest und unveränderlich. Es ist maßgebend für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (siehe § 14 Abs. 13), die Ergebnisverteilung sowie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.

b) Auf dem Ergebnissonderkonto (II) werden die Verluste gebucht, auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) übersteigen. Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschußverpflichtung der Kommanditisten.

Liquiditätsausschüttungen sind auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschafter zu erfassen.“

 

Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht schon dann entsteht, wenn an einen Kommanditisten auf der Grundlage der gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Ausschüttungsbeschlüsse von § 169 Abs. 1 HGB nicht gedeckte Auszahlungen zu Lasten seines Kapitalanteils geleistet werden. Der Kommanditist ist zur Rückzahlung vielmehr nur dann verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht.

Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie hier in § 12 Ziffer 4. Satz 2 als Ausschüttung von Liquiditätsüberschüssen als Alternative zur Ausschüttung von Gewinnen vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einverständnis aller Gesellschafter
Gesellschafter
gedeckt ist (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016 – II ZR 63/15 -, juris Rn. 16; Urt. v. 16. Februar 2016 – II ZR 348/14 -, ZIP 2016, 518 ff., juris Rn. 9; Urt. v. 12. März 2013 – II ZR 73/11 -, ZIP 2013, 1222 ff., juris Rn. 9; Urt. v. 5. April 1979 – II ZR 98/76 -, WM 1979, 803 f.; Urt. v. 7. November 1977 – II ZR 43/76 -, WM 1977, 1446 ff., juris Rn. 21).

Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen § 169 Abs. 1 HGB auf der Grundlage einer Ermächtigung im GesellschaftsvertragBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ermächtigung
Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag
Gesellschaftsvertrag
geleistet, führt dies selbst dann nicht zu einer Rückzahlungspflicht, wenn die Auszahlung dessen Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bereits bestehende Belastung vertieft. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (vgl. BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 10; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 10; Versäumnisurt. v. 20. Juni 2005 – II ZR 252/03 -, ZIP 2005, 1552 f., juris Rn. 10; Urt. v. 3. Juli 1978 – II ZR 110/77 -, WM 1978, 1228 ff.; Urt. v. 7. November 1977, a.a.O.).

Der Kommanditist ist im Innenverhältnis zur Kommanditgesellschaft verpflichtet, die vereinbarte Einlage zu erbringen. Im Außenverhältnis haftet er den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB). Erbringt der Kommanditist seine Einlage, erlischt im Innenverhältnis seine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Seine Haftung im Außenverhältnis entfällt gemäß § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB, wenn er einen der eingetragenen Haftsumme entsprechenden Wert in das Gesellschaftsvermögen geleistet und ihn auch dort belassen hat. Wird dem Kommanditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückbezahlt, gilt sie gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber insoweit als nicht geleistet, d.h. die Außenhaftung entsteht wieder. Das gleiche gilt nach § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Die in § 172 Abs. 4 HGB beschriebene Wirkung tritt aber nur gegenüber den Gläubigern ein, d.h. das Innenverhältnis zur Gesellschaft ist davon nicht berührt. Ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft entsteht bei einer Rückzahlung der Einlage somit nicht automatisch, sondern kann sich nur aus anderen Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Abrede (BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 11; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 11; Versäumnisurt. v. 20. Juni 2005, a.a.O. Rn. 9).

 

Dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin lässt sich bei der gebotenen objektiven Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die Liquiditätsüberschüsse, die auf der Grundlage der gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Gesellschafterbeschlüsse ausgeschüttet wurden, den Kommanditisten als Darlehen zur Verfügung gestellt worden sind. Der von der Klägerin geltend gemachte Darlehensrückzahlungsanspruch besteht daher nicht.

Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind nach ihrem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrags auszulegen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 7; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 13; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 13; Urt. v. 18. September 2012 – II ZR 201/10 -, ZIP 2012, 2291 ff., juris Rn. 18). Die Vorstellungen und der Wille der Gründungsgesellschafter, die in dem Gesellschaftsvertrag keinen Niederschlag gefunden haben, sind nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 30. April 1979 – II ZR 57/78 -, NJW 1979, 2102 f., juris Rn. 10).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 8; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 14; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 14; Urt. v. 23. April 2012 – II ZR 75/10 -, ZIP 2012, 1342 ff., juris Rn. 32 f.; Beschl. v. 13. Dezember 2011 – II ZB 6/09 -, ZIP 2012, 117 ff., juris Rn. 50; Urt. v. 27. November 2000 – II ZR 218/00 -, ZIP 2001, 243 ff., juris Rn. 6). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der AuslegungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auslegung
Zweifel bei der Auslegung
zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O.).

Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 9; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 15; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O.). Denn die erst nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beitretenden Kommanditisten müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 30. April 1979, a.a.O.).

Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin führt hinsichtlich der Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen zu keinem klaren und unmissverständlichen Ergebnis. Insbesondere lässt sich der Bestimmung des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit den übrigen die Beschlussfassung und die Kontenführung in der Gesellschaft regelnden Bestimmungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen aus Liquiditätsüberschüssen vorgenommene Ausschüttungen den Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt werden. Aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters ist die gemäß dem Wortlaut des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags allein durch die dortige Bezugnahme auf das Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ vorgegebene Qualifizierung von Liquiditätsausschüttungen als Darlehen an die Gesellschafter weder klar noch eindeutig.

Das mit § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags etablierte Modell der Kontenführung in der Gesellschaft, das sich mit einem für jeden Kommanditisten geführten (festen) Kapitalkonto (I) und einem Ergebnissonderkonto (II) als sog. Zweikontenmodell entpuppt, greift den zuvor in § 12 Ziffer 4. Satz 2 des Gesellschaftsvertrags eingeführten, aber an keiner Stelle im Gesellschaftsvertrag inhaltlich erläuterten Begriff der „Verlustsonderkonten (II)“ nämlich schon sprachlich nicht auf und verweist hierauf auch systematisch nicht zurück. Dem verständigen Publikumspersonengesellschafter muss danach weder klar sein noch kann es sich ihm eindeutig erschließen, dass das Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ nach der Vorstellung der Klägerin damit identisch ist, dass sein persönliches Ergebnissonderkonto sich im Soll befindet. Dieser Schlussfolgerung eines verständigen Publikumspersonengesellschafters steht es bereits entgegen, dass in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags von einer Mehrzahl von „Verlustsonderkonten (II)“ die Rede ist, während es nach Maßgabe von § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags für jeden Gesellschafter aber lediglich ein Ergebnissonderkonto gibt; den Zusammenhang zwischen seinem eigenen im Soll befindlichen Ergebnissonderkonto und dem Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ als Bedingung für die nur darlehenshalber erfolgende Gewährung von Liquiditätsausschüttungen muss ein verständiger Publikumspersonengesellschafter hiernach schon deshalb nicht herstellen, weil mit seinem Ergebnissonderkonto lediglich ein Konto im Soll sein kann, während nach der Formulierung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags mehrere – also mindestens zwei – „Verlustsonderkonten (II)“ bestehen müssen, um den Schluss auf die Gewährung von Liquiditätsausschüttungen als Darlehensgewährung zu rechtfertigen. Darüber hinaus legt die Einführung des Begriffs der „Verlustsonderkonten (II)“ ausschließlich im Regelungszusammenhang des § 12 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin und stattdessen nicht im Zusammenhang mit der Erläuterung des Systems der Gesellschafterkonten in § 15 Ziffer 3. aber ohnehin nahe, dass mit „Verlustsonderkonten (II)“ ein lediglich auf der Ebene der Gesellschaft – und nicht der Gesellschafter – bilanziell abzubildender Vorgang angesprochen werden soll.

Die mangelnde Klarheit und fehlende Eindeutigkeit der Regelung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags wird zudem noch dadurch verstärkt, dass ein verständiger Publikumspersonengesellschafter der Regelung in § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 3 des Gesellschaftsvertrags, wonach ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto keine Nachschussverpflichtung der Kommanditisten begründet, entnimmt, dass mit dem von der Klägerin mit dem Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ gleichgesetzten Befund seines im Soll befindlichen Ergebnissonderkontos gerade keine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin verbunden sein sollen. Sofern die Klägerin an das Bestehen eines Sollsaldos auf dem Ergebnissonderkonto demgegenüber für den Fall von Liquiditätsausschüttungen, mit denen im Übrigen schon begrifflich nicht auf einen Vorbehalt der Rückforderung hingewiesen wird (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 17), sehr wohl eine im Sinne der Darlehensrückzahlung zukünftige Zahlungsverpflichtung des Kommanditisten hätte anknüpfen wollen, hätte im Regelungszusammenhang des § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 3 des Gesellschaftsvertrags eine entsprechende Klarstellung nahegelegen (vgl. insoweit OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Urt. v. 9. Februar 2015 – 8 U 103/14 -, juris Rn. 11, 75).

Die Regelung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags gewinnt die für die Anerkennung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs zu Gunsten der Klägerin aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters erforderliche Klarheit und Eindeutigkeit auch nicht in der Zusammenschau mit der Bestimmung gemäß § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, der zufolge Liquiditätsausschüttungen auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschafter zu erfassen sind. Dieser unterschiedslos für sämtliche Liquiditätsausschüttungen maßgeblichen Bestimmung, die mithin auch für den in § 12 Ziffer 4. Satz 1 des Gesellschaftsvertrags angelegten Fall von Liquiditätsausschüttungen bei Nichtbestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ zur Anwendung gelangt, in dem auch nach der Auffassung der Klägerin eine Darlehensverbindlichkeit der Kommanditisten nicht begründet wird, lässt sich als bloße Buchungsanweisung nichts zu der Frage der möglichen Rückforderbarkeit von Liquiditätsausschüttungen entnehmen (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn 18, 20 f.). Dem entspricht es, dass die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung (dort S. 4 f., Bl. 198 f. d. A.) selbst geltend macht, die im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über Ausschüttungen stehenden Aus- und Rückzahlungsansprüche würden ausnahmslos über gesonderte schuldrechtliche Darlehenskonten abgebildet, die sämtliche möglichen Fälle und insofern ausdrücklich auch die vorliegend nicht streitgegenständliche Ausschüttung von Gewinnen erfassten.

Lässt sich somit durch Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen schon nicht mit der gebotenen Klarheit feststellen, dass den Kommanditisten Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen (nur) als Darlehen gewährt werden, so fehlt es außerdem an einer Regelung der Voraussetzungen, unter denen ein gegebenenfalls nur als Darlehen ausgezahlter Ausschüttungsbetrag vom Kommanditisten zurückgezahlt werden muss. Das Fehlen einer Regelung der Rückzahlungsvoraussetzungen verstärkt noch zusätzlich die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Unklarheit, ob von der Gesellschafterversammlung beschlossene Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen als Darlehen gewährt werden.

Wenn auf der Grundlage von gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Ausschüttungsbeschlüssen entnommene Beträge Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt sein sollten, wie die Berufung meint, dann wäre es naheliegend gewesen, im Gesellschaftsvertrag der Klägerin die Voraussetzungen zu regeln, unter denen die Kommanditisten zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet sein sollten. Das Recht der Personenhandelsgesellschaften gewährt keinen gesetzlichen Anspruch auf Rückzahlung von (vertraglich ermöglichten) Ausschüttungen, auf den mangels vertraglicher Regelungen zurückgegriffen werden könnte. Ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen des bürgerlich-rechtlichen Darlehensrechts (§ 488 Abs. 3 BGB) würde dem im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter nicht gerecht. Es wäre in sich nicht schlüssig, wenn die Gesellschafter, wie dies § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags vorsieht, die Möglichkeit hätten, regelmäßig aus Liquiditätsüberschüssen Auszahlungen zu ihren Gunsten zu beschließen, ihnen diese – möglicherweise über erhebliche Zeiträume hinweg geleisteten – Zahlungen aber binnen einer Frist von drei Monaten wieder entzogen werden könnten (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 17 f.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 37; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 23).

Es wäre zudem ein gewisser Gleichlauf der Regelungsdichte zu erwarten, der hier fehlt. Die Ausschüttung als solche bedarf einer Mehrheitsentscheidung des Beirats bzw. der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Gesellschafter. Zwar kann das Erfordernis einer Beschlussfassung für die Ausschüttungen aus der Liquidität im Hinblick auf § 169 Abs. 1 HGB der Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Ausschüttung oder Entnahme dienen (vgl. BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 38; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 9). Es wäre gleichwohl naheliegend gewesen, eine Rückforderung ebenfalls dem Votum der Gesellschafter oder zumindest des Beirats zu unterstellen. Weiter macht der Gesellschaftsvertrag die Auszahlung von exakt definierten Liquiditätsvoraussetzungen abhängig. Für eine Rückforderung enthält der Gesellschaftsvertrag demgegenüber keine Voraussetzungen, wie etwa das Vorliegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft und einen daraus resultierenden Liquiditätsbedarf. Der Gesellschaftsvertrag stellte, das von der Klägerin angestrebte Auslegungsergebnis zugrunde gelegt, eine Rückforderung in das Belieben der Komplementärin der Klägerin. Abweichend von der den Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 1. März 2016 (II ZR 66/15 und II ZR 67/15) zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung macht der Gesellschaftsvertrag der Klägerin die Rückforderung auch noch nicht einmal von der Liquiditätslage der Gesellschaft abhängig (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, a.a.O. Rn. 9, 74; s.a. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Urt. v. 18. Juli 2016 – 8 U 174/15 -, juris Rn. 58 ff.).

 

Selbst wenn § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags – entgegen dem zuvor festgestellten Befund – für ausreichend erachtet werden könnte, um eine Darlehensgewährung zu begründen, dürfte die Klägerin einen Rückzahlungsanspruch hierauf nicht stützen, denn die Klausel wäre entsprechend § 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Danach werden Bestimmungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags vor, denn die Kommanditisten mussten nicht damit rechnen, dass sie die Ausschüttungen gegebenenfalls zu erstatten haben. Weder aus den sonstigen Regelungen des Gesellschaftsvertrags noch aus dem Emissionsprospekt lassen sich Anhaltspunkte für den Willen der Klägerin entnehmen, die aus Liquidität erfolgten Ausschüttungen unter den Vorbehalt der Rückforderung zu stellen.

Der Beklagte hat hierzu – und zwar ohne dass die Klägerin dem substanziiert entgegengetreten wäre – bereits erstinstanzlich geltend gemacht, dass der mit der Beitrittserklärung der Nebenintervenientin vom 22. Dezember 1995 ausdrücklich in Bezug genommene Emissionsprospekt, der dementsprechend auch im Rahmen der Auslegung des Gesellschaftsvertrags zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 8. Oktober 2013 – II ZR 272/12 -, juris Rn. 20), keine Anhaltspunkte für den Vorbehalt einer Rückforderung von Liquiditätsausschüttungen aufgewiesen habe, vielmehr seien die Ausschüttungen dort gerade werbewirksam herausgestellt worden. Angesichts einer derartigen werbewirksamen Herausstellung eines wirtschaftlichen Anreizes für die Beteiligungsentscheidung erscheint es aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters aber als überraschend, dass die Liquiditätsausschüttungen nach der Vorstellung der Klägerin tatsächlich der jederzeitigen Rückforderbarkeit durch deren Komplementärin unterliegen und den Kommanditisten als wirtschaftlicher Vorteil mithin nur unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung einer entsprechenden Willensrichtung der Komplementärin dauerhaft erhalten bleiben sollten.

Überraschend wäre die Klausel auch deshalb, weil bei wortlautgetreuem Verständnis des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags ein Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft auch dann fortbestehen würde, wenn nach der in Rede stehenden Ausschüttung im späteren Verlauf im Umfang des Ausschüttungsbetrags Gewinnanteile zu Gunsten des Kommanditisten zu buchen wären, die zu einem Guthaben auf dem gemäß § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags geführten Ergebnissonderkonto führen. In dieser Lage würden zwar spätere Ausschüttungen auch nach Auffassung der Klägerin keinen weiteren Darlehensrückzahlungsanspruch begründen, gleichwohl bestünde die Verpflichtung zur Rückzahlung früherer Ausschüttungen aber auf Dauer unverändert fort. Soweit hiernach eine Verrechnung der Ausschüttungen mit späteren Gewinnen nicht vorgesehen ist, hat der Bundesgerichtshof diesen Umstand ausdrücklich als Indiz gegen eine Rückzahlungsverpflichtung des Kommanditisten gewürdigt (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 17).

 

 

Schlagworte: gewinnunabhängige Ausschüttungen