Informationsrecht
§ 166 Abs 1 HGB vom 19.12.1985, § 166 Abs 3 HGB vom 19.12.1985, § 43a Abs 4 BRAO, § 356 StGB
1. Nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. kann neben der (Kommandit-)Gesellschaft auch deren persönlich haftender Gesellschafter in Anspruch genommen werden.
2. Ein etwaiger Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, lässt die Wirksamkeit der Verfahrensvollmacht unberührt. Dies gilt auch dann, wenn zugleich ein Verstoß gegen § 356 StGB vorliegt.
3. Ein wichtiger Grund i.S.d. § 166 Abs. 3 HGB a.F. ist anzunehmen, wenn die sofortige Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist, z.B. bei drohender Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist, bei begründetem Verdacht nicht ordnungsgemäßer Geschäfts- oder Buchführung oder bei der Verweigerung oder längeren Verzögerung der Kontrolle nach § 166 Abs. 1 HGB. Hierfür bedarf es der Darlegung konkreter Umstände, aus denen sich Erforderlichkeit und Bedeutung der beantragten Information ergeben (Anschluss OLG München, Beschluss vom 12. April 2011 – 31 Wx 189/10).
4. Die Aufnahme von Darlehen zur Verfolgung des Unternehmenszweckes stellen eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit dar, wenn sie Hilfsmaßnahmen zu gesellschaftstypischen, gewöhnlichen Geschäften sind. Etwas anderes gilt, wenn die Fremdfinanzierungsquote so hoch wird, dass Zins- und Tilgungsdienst eine riskante Geschäftsstrategie oder die Auflösung von Vermögenswerten erzwingen, die für andere Zwecke vorgehalten werden oder den bisherigen Zuschnitt des Handelsgewerbes charakterisieren. Erst recht gilt dies, wenn die Schuldenlast existenzgefährdend wird.
5. Die Interessen des Kommanditisten werden durch das Einsichtsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB dann nicht hinreichend gewahrt, wenn die Unterlagen der Gesellschaft keine ausreichenden Informationen enthalten oder die Einsicht durch die Gesellschaft verweigert wird. Die Verweigerung des Prüfungsrechts kann deshalb einen wichtigen Grund darstellen (Anschluss OLG München, Beschluss vom 9. August 2010 – 31 Wx 2/10).
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Jena vom 16.06.2023, Az. HRA […], abgeändert.
2. Es wird angeordnet, dass die Antragsgegnerin zu 1) und der Antragsgegner zu 2) der Antragstellerin gemäß § 166 Abs. 3 HGB Auskunft zu erteilen haben
a) durch Vorlage einer geordneten Zusammenstellung (insbesondere Zahlungsnachweise, Rechnungen, Kontoauszüge, Gesellschafterbeschlüsse nach § 5 (2) e) des Gesellschaftsvertrages der C. KG etc.) zur Aufklärung über den Verbleib bzw. die Verwendung der folgenden Darlehensvaluta, welche die Antragsgegnerin zu 1) in Anspruch genommen hat, und zwar:
– EUR 1.000.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der C. AG vom 24.11.2017 (Verzinsung: 3,25 % per annum),
– EUR 1.000.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der C. AG vom 21.5.2018 (Verzinsung: 4 % vierteljährlich),
– EUR 500.000,- aufgrund „rechtsgrundloser Zahlung“ der C. AG vom 9.3.2020 gemäß TOP 7 des Protokolls der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin zu 1) vom 9.3.2022,
– EUR 2.000.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der P. E. N. 7 GmbH vom 1.2.2018 (Verzinsung: 1,5 % vierteljährlich),
– EUR 1.200.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der P. E. N. 7 GmbH vom 1.2.2018 (Verzinsung: 4% vierteljährlich),
– EUR 225.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der P. E. N. 6 GmbH vom 4.1.2018 (Verzinsung: 1,5 % per annum),
– EUR 50.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der P. E. N. 9 GmbH vom 4.1.2018 (Verzinsung: 1,5 % per annum),
– EUR 400.000,- aufgrund Darlehensvertrag mit der P. I. AG vom 4.1.2018 (Verzinsung: 1,5 % vierteljährlich),
sowie über die jeweiligen Tilgungspläne der Antragsgegner für die genannten Darlehen;
b) durch Vorlage einer geordneten Zusammenstellung (insbesondere: vertragliche Grundlage der Verbindlichkeit, Zahlungsnachweise, Kontoauszüge, Rechnungen, Gesellschafterbeschlüsse nach § 5 (2) e) des Gesellschaftsvertrages der C. m. KG etc.), über
aa) die Verbindlichkeit gegenüber der D. V. OHG, welche im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.2020 und zum 31.12.2021 unter Konto […] ausgewiesen ist,
bb) über die Verbindlichkeit gegenüber der J. E. GmbH, welche im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.2020 und zum 31.12.2021 unter Konto […] ausgewiesen ist,
cc) über die Verbindlichkeit gegenüber der P. E. N. 7 GmbH, welche im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.2020 und zum 31.12.2021 unter Konto […] ausgewiesen ist,
dd) über die Verbindlichkeit gegenüber der C. AG, welche im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.2020 und zum 31.12.2021 unter Konto […] ausgewiesen ist,
ee) über die Verbindlichkeit gegenüber der P. E. N. 6 GmbH, welche im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.2020 und zum 31.12.2021 unter Konto […] ausgewiesen ist,
sowie über die jeweiligen Tilgungspläne der Antragsgegner für die genannten Darlehen;
c) durch Vorlage einer geordneten Zusammenstellung (insbesondere Verträge, Zahlungsnachweise, Rechnungen, Kontoauszüge, Gesellschafterbeschlüsse nach § 5 (2) e) des Gesellschaftsvertrages der C. m. KG etc.) zur Aufklärung über die folgenden Forderungen, die in der Bilanz zum 31.12.2021 unter „sonstige Vermögensgegenstände“ ausgewiesen sind:
– Forderung gegen e., Konto […], Betrag 2.576.346,32 Euro,
– Forderung gegen P., Konto […], Betrag 687.090,50 Euro,
– Forderung gegen S., Konto[…], Betrag 521.184,77 Euro,
– Kautionen an a., Konto […], Betrag 950.000.- Euro.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin 1/9 und haben die Antragsgegner 8/9 zu tragen.
5. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000.- Euro festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Kommanditistin der Antragsgegnerin zu 1). Der Antragsgegner zu 2) ist persönlich haftender Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag liegt vor (Blatt 54 – 58 der Akte).Randnummer2
Die Antragsgegnerin nahm im Januar und Februar 2018 Darlehen in Höhe von zusammen 3.875.000.- Euro auf (Antragsschrift vom 04.10.2022, Seite 5, 6 iVm Blatt 36 – 38 RS der Akte).Randnummer3
In der Gesellschafterversammlung am 09.03.2022 gab der Antragsgegner zu 2) zu TOP 7 zu Protokoll, dass die C. AG der Antragsgegnerin zu 1) Darlehen im Umfang von 1,5 Mio. Euro gewährte und die Antragsgegnerin zu 1) aller Voraussicht nach nicht in der Lage sein werde, die Darlehen zu bedienen, sollte die C. AG deren Rückzahlung fordern (Blatt 34, 35 der Akte). Die C. AG machte die Darlehensforderungen vor dem Landgericht Erfurt gegen den Antragsgegner zu 2) rechtshängig (Az.: 1 HK O 50/22).Randnummer4
Der Jahresabschluss zum 31.12.2020 (Blatt 74 – 82 der Akte) wies in der Gewinn- und Verlustrechnung einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 546.761,01 Euro aus. Ausweislich des Kontennachweises zu diesem Entwurf summierten sich die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (Konten […], […], […] – […]) auf 8.004.418,07 Euro.Randnummer5
Die Antragsgegnerin zu 1) veröffentlichte keine Jahresabschlüsse in dem vom Bundesanzeiger-Verlag geführten Unternehmensregister. Die Jahresabschlüsse 2017 – 2021 wurden bislang nicht festgestellt.Randnummer6
Die Antragstellerin erklärte mit Schreiben vom 15.03.2022 (Blatt 64 der Akte) die Aufrechnung gegen die Forderung der Gesellschaft auf Leistung einer Hafteinlage in Höhe von 207.043,90 Euro mit einer Forderung auf Rückzahlung eines Darlehens aus einem Darlehensvertrag des Herrn H. H..Randnummer7
Am 14.06.2023 fand eine weitere Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin zu 1) statt (Protokoll auf Blatt 128, 129 der Akte), an der die Antragstellerin teilnahm und in der sie eine Erklärung abgab (Blatt 127 der Akte). Der Antragsgegner zu 2) legte in dieser Versammlung den Jahresabschluss zum 31.12.2021 zur Feststellung vor (Blatt 131 – 145 der Akte). Dieser wies zu den Konten […], […], […], […] und […] Darlehensverbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) in Höhe von zusammen 8.351.785,22 Euro, einen Jahresfehlbetrag von 403.103,46 Euro und einen nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Fehlbetrag von 2.704.469,91 Euro aus.Randnummer8
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 04.10.2022 (Blatt 19 – 20 RS der Akte) hat die Antragstellerin die Anträge zu Ziffern 1. – 6. auf Erteilung von Aufklärungen und Informationen gemäß § 166 Abs. 3 HGB gestellt.Randnummer9
Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, die Antragstellerin mache ihr außerordentliches Informationsrecht aus § 166 Abs. 3 HGB geltend. In diesem Verfahren könne ihr Anspruch nach § 166 Abs. 1 HGB und aus § 242 BGB mitgeprüft werden. Antragsgegner des Anspruches seien die Gesellschaft und der persönlich haftende Gesellschafter. Vorsorglich mache die Antragstellerin die verfahrensgegenständlichen Informationsrechte auch als actio pro socio für die Antragsgegnerin zu 1) zu eigenen Händen geltend.Randnummer10
Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner verletzten das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen zum Nachteil der Antragsgegnerin zu 1). Es liege auf der Hand, dass die Verweigerung der Informationen und Auskünfte einzig und allein dem gesellschaftswidrigen Zweck diene, den Antragsgegner zu 2) vor der Inanspruchnahme für die in Millionenhöhe aufgehäuften Darlehen zu schützen.Randnummer11
Der Antragsgegner zu 2) habe seine Geschäftsführungspflichten schwerwiegend verletzt. Indem der Antragsgegner zu 2) es seit Bestehen der Gesellschaft unterlassen habe, Jahresabschlüsse der Antragsgegnerin zu 1) aufzustellen und feststellen zu lassen, habe er seine gesellschafterlichen Pflichten als Komplementär gröblichst verletzt. Es bestehe bereits insofern ein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB, da der Antragsgegner zu 2) von Anfang an keine ordnungsgemäße Geschäftsführung wahrgenommen und die gesellschaftsvertraglich geschuldeten Informationspflichten nicht erfüllt habe. Aufgrund der pflichtwidrigen Vernachlässigungen der Geschäftsführungs – und Informationspflichten sei das Misstrauen der Antragstellerin begründet. Es bestehe die Gefahr einer Schädigung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Schädigung der Gesellschaft
und der Antragstellerin. Die Antragstellerin sei aufgrund der unterlassenen Informationen nicht in der Lage, den Bescheid des Finanzamts über die gesonderte und einheitliche FeststellungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
gesonderte und einheitliche Feststellung
der Besteuerungsgrundlagen für 2020 (Blatt 33 der Akte) zu prüfen, der auf den Angaben des Antragsgegners zu 2 beruhe.Randnummer12
Der Entwurf des Jahresabschlusses zum 31.12.2020 sei unrichtig, da er die Darlehensverbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) gegenüber der P. I. AG in Höhe von 400.000.- Euro nebst Zinsen und gegenüber der P. E. N. 9 GmbH in Höhe von 50.000.- Euro nebst Zinsen nicht ausweise.Randnummer13
Soweit ersichtlich, habe der Antragsgegner zu 2) für den Abschluss der verfahrensgegenständlichen Darlehen die erforderlichen Einwilligungen der Gesellschafter nicht eingeholt. Da er in allen darlehensgewährenden Gesellschaften selbst die Geschäftsführung bzw. den Vorstandsvorsitz innehabe, habe er Vermögensverschiebungen in die Antragsgegnerin zu 1) in Höhe von – soweit ersichtlich – 8.004.418,07 Euro veranlasst, ohne dass die Verwendung dieser Mittel nachvollziehbar wäre. Sollte sich herausstellen, dass der Antragsgegner zu 2) diese Mittel nicht im Gesellschaftsinteresse verwandt habe, bestünde der dringende Tatverdacht der Untreue. Auch hieraus ergäbe sich ein begründetes Misstrauen, zumal bereits zwei Durchsuchungsbeschlüsse des AG Mühlhausen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung vollstreckt worden seien (Blatt 30 – 32 der Akte).Randnummer14
Die Antragstellerin habe die Kommanditeinlage in Höhe des noch ausstehenden Betrages von 207.043,90 Euro zulässigerweise durch Aufrechnung geleistet, so dass ihre im Handelsregister eingetragene Hafteinlage von 500.000.- Euro vollständig erbracht sei. Gleichwohl habe der Antragsgegner zu 2) gegenüber dem Finanzamt I. erklärt, dass die Antragstellerin lediglich eine Hafteinlage in Höhe von 292.956,10 Euro erbracht habe. Auch aufgrund dieser mutwillig falschen Angabe bestehe besonderes Misstrauen und ein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB.Randnummer15
Die Antragstellerin hat beantragt,Randnummer16
anzuordnen gemäß Ziffern 1. – 6. aus der Antragsschrift vom 04.01.2022 (Blatt 19 RS – 20 RS der Akte).Randnummer17
Die Antragsgegner haben beantragt,Randnummer18
den Antrag abzulehnen.Randnummer19
Die Antragsgegner haben ausgeführt,Randnummer20
Gegner des Anspruchs aus § 166 Abs. 3 HGB sei nur die Gesellschaft, nicht auch der Komplementär.Randnummer21
Es liege kein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB vor.Randnummer22
Der Antragsgegner zu 2) habe seine Pflichten nicht verletzt. Er habe die Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2016 – 2020 unter Beachtung der ertragssteuerlichen Regeln aufgestellt und den Gesellschaftern vorgelegt,. Mit der Erstellung der Jahresabschlüsse sei das Steuerbüro Dr. P. C. in L. beauftragt gewesen. Es bestehe keine Pflicht der Antragsgegnerin zu 1), die Jahresabschlüsse offen zu legen. Der Jahresabschluss 2020 sei nicht unrichtig. Das Darlehen gegenüber der P. I. AG (Konto […]) sei bereits im Geschäftsjahr 2019 getilgt worden. Das Darlehen der P. E. N. 9 GmbHG sei unter Konto […] verbucht worden. Da dieses Darlehen im Jahr 2020 getilgt worden sei, weise das Konto Null Euro aus.Randnummer23
Zu Recht habe der Antragsgegner zu 2) gegenüber dem Finanzamt erklärt, dass die Antragstellerin ihre Hafteinlage nicht in voller Höhe erbrachte. Die Aufrechnung sei unzulässig, denn gemäß § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages sei die Kommanditeinlage unverzüglich in Geld zu erbringen und eine andere Möglichkeit sei nicht vorgesehen. Zudem sei die Aufrechnung auch aufgrund fehlender Werthaltigkeit der Forderung ausgeschlossen. Es komme auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, den 15.03.2022, an. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Antragsgegnerin zu 1) bereits in einem Liquiditätsengpass befunden.Randnummer24
In der Gesellschafterversammlung am 09.03.2022, an der die Antragstellerin nicht teilgenommen habe, seien zu TOP 5 Zustimmungsbeschlüsse zum Abschluss der verfahrensgegenständlichen Darlehensverträge gefasst worden. Aus dem Umstand, dass gegen die Gesellschaft Darlehensverbindlichkeiten bestünden, könne kein Misstrauen gegen die Geschäftsführung begründet werden. Die Antragstellerin selbst sei in der C. AG Präsidentin des Verwaltungsrats. Zuvor sei ihr verstorbener Ehemann, Herr H. H., Präsident gewesen. Der Antragsgegner zu 2) sei zu keinem Zeitpunkt Mitglied des dortigen Verwaltungsrats gewesen.Randnummer25
Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, inwieweit die Auskunfts- und Einsichtsansprüche zur Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte als Kommanditistin erforderlich seien. Ausweislich ihres Vortrags habe sie keinerlei Kenntnis über die Verwendung der zugeflossenen Mittel, unterstelle jedoch ohne jegliche Begründung, dass sei nicht im Gesellschaftsinteresse verwendet worden seien. Der Vortrag sei nicht einlassungsfähig. Selbstverständlich seien alle Mittel im Gesellschaftsinteresse verwendet worden. Sämtliche von der Antragstellerin benannte Ermittlungsverfahren beruhten auf unberechtigten Strafanzeigen der Antragstellerin und hätten keinen Bezug zum vorliegenden Verfahren.Randnummer26
Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 16.06.2023 abgewiesen (Blatt 115 – 116 der Akte). Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, es liege kein wichtiger Grund gemäß § 166 Abs. 3 HGB vor. Die Antragsgegner hätten den Nachweis geführt, dass die Jahresabschlüsse 2016 – 2020 aufgestellt und den Gesellschaftern vorgelegt worden seien. In der verzögerten Aufstellung des Jahresabschlusses 2021 liege noch kein wichtiger Grund. Die Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 09.03.2023 zur Genehmigung der Darlehensaufnahme sei nicht ersichtlich. Die vorgebrachten Zweifel an der Richtigkeit des Jahresabschlusses 2020 seien widerlegt. Die Beteiligten stünden sich in einer großen Zahl nicht abgeschlossener Verfahren gegenüber. Erst deren Abschluss wäre geeignet, diese zur Darlegung eines wichtigen Grundes heranzuziehen. Vor dem verfahrensgegenständlichen Antrag seien keine Auskunftsersuchen an die Antragsgegner gerichtet worden. Der Antrag zu Ziffer 4 sei unsubstantiiert. Zu den Anträgen 4 – 6 mangele es an der Darlegung eines wichtigen Grundes. Die Antragstellerin sei zu keinem Zeitpunkt an der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte gehindert worden.Randnummer27
Gegen diesen, ihr am 22.06.2023 zugestellten Beschluss richtet sich die am 04.07.2023 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, mit der die Antragstellerin geltend macht,Randnummer28
Rechtsanwältin E. T. befinde sich in einem offenkundigen Interessenkonflikt, da sie sowohl die Kommanditgesellschaft als auch deren alleinigen Komplementär vertrete, deren Interessen sich diametral gegenüberstünden. Insoweit bestünden ernstliche Bedenken, inwieweit die Antragsgegner ordnungsgemäß anwaltlich vertreten seien.Randnummer29
Die Darlehensverbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) seien im Jahre 2021 gegenüber dem Vorjahr weiter angeschwollen, ohne dass ersichtlich sei, wo die Darlehensvaluta verblieben seien bzw. wofür diese Mittel verwendet worden seien und wie die Antragsgegnerin zu 1) die Tilgung dieser Verbindlichkeiten bewältigen solle. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner zu 2) am Rande der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2023 zur Rede gestellt, und dieser habe erklärt, er könne auch nicht so genau sagen, wo die Mittel verblieben seien bzw. wofür sie verwendet worden seien. Tatsächlich beliefen sich die Darlehensverbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) sogar auf 11.124.672.- Euro (Blatt 130 der Akte). Die Antragsgegner hätten nicht nachgewiesen, dass die behaupteten Tilgungen der Verbindlichkeiten gegenüber der P. W. I. AG in Höhe von 400.000.- Euro und gegenüber der P. E. N. 9 GmbH in Höhe von 50.000.- Euro tatsächlich erfolgt seien. Ausweislich der Stellungnahme der von der Klägerin beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. C. vom 25.7.2023 (ASt 21) sei es auch dieser nicht gelungen, die Verwendung bzw. den Verbleib der Darlehensvaluta zu ergründen. Angesichts des eng definierten Unternehmensgegenstands der Antragsgegnerin zu 1) („Ankauf und Verkauf sowie Vermietung von Kraftfahrzeugen aller Art“) gehe die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zudem davon aus, dass die Antragsgegnerin zu 1). – handelnd durch den Antragsgegner zu 2). – Gesellschaftsmittel in einer Größenordnung von wenigstens EUR 4.734.621,04 zu gesellschaftsfremden Zwecken an Dritte aus bzw. weitergereicht und so der Antragsgegnerin zu 1). pflichtwidrig Liquidität wenigstens in dieser Höhe entzogen habe. Die Antragsgegnerin sei ersichtlich nicht zur Tilgung der Verbindlichkeiten in der Lage. Es bestehe der dringende Tatverdacht, dass der Antragsgegner zu 2) die Darlehensvaluta zu gesellschaftsfremden Zwecken verwende.Randnummer30
Die konkrete Gefährdung bzw. drohende Schädigung der Antragsgegnerin zu 1) sowie der Antragstellerin als Kommanditistin seien evident, auch ein begründeter Verdacht nicht ordnungsmäßiger Geschäfts- oder Buchführung sei angesichts der „verschwundenen“ Darlehensvaluta bzw. „unerklärlichen“ Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von wenigstens EUR 8.351.785,22 (per 31.12.2021) mit der Hand zu greifen.Randnummer31
Die Antragstellerin beantragt,Randnummer32
anzuordnen gemäß Ziffern 2. – 8. der Beschwerdeschrift vom 08.07.2023 (Blatt 123 – 124 RS der Akte) sowie Ziffern 9. und 10. aus dem Schriftsatz vom 26.07.2023 (Blatt 5, 6 der Beschwerdeakte).Randnummer33
Die Antragsgegner beantragen,Randnummer34
die Beschwerde zurückzuweisen.Randnummer35
Die Antragsgegner tragen vor,Randnummer36
die Antragsgegner seien ordnungsgemäß anwaltlich vertreten. Es nehme die Rechtsanwaltskanzlei B. die Prozessvertretung der Antragsgegner wahr, nicht die dort tätige Rechtsanwältin E. T.. Ein Verstoß der Interessen- und ProzeßVertretung der Kanzlei B. und/oder der Rechtsanwältin T. gegen § 43a Abs. 4 BRAO oder gar eine Strafbarkeit aus § 356 StGB seien nicht im Ansatz gegeben.Randnummer37
Die Antragstellerin habe keine Umstände vortragen, welche einen wichtigen Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB begründen könnten. Sie beschränke sich darauf, unsubstantiiert zu „verschwundenen Darlehensvaluta“ auszuführen, welche vermeintlich zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet worden sein sollen. Dabei müsse bestritten werden, dass der Antragsgegner zu 2) bei der Gesellschafterversammlung erklärt habe, er könne auch nicht so genau sagen, wo diese Gelder [die Darlehensvaluta] verbleiben seien bzw. wofür die verwendet wurden. Es liege auf der Hand, dass der Antragsgegner zu 2) zur Verwendung von Kapital mehrerer Jahre nicht explizit ohne weitere Unterlagen vortragen könne. Dies bedeute aber nicht, dass er nicht wisse, wo diese Gelder verblieben seien. Gleichermaßen wild sei die Unterstellung der Antragstellerin, der Antragsgegner zu 2) habe Mittel der Gesellschaft für sich selbst in nicht unerheblichem Maße beiseite geschafft. Es erfolgten lediglich phrasenhafte Anschuldigungen ins Blaue hinein, die jeglichen Wahrheitsgehalts entbehrten. Die Antragstellerin sei weder in der Lage konkret darzustellen, dass dem Antragsteller zu 2 eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, noch gebe dieser anderweitigen Anlass, ihm als Komplementär zu misstrauen.Randnummer38
Die näher bezeichneten Darlehensvaluta seien einzig im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
im Interesse der Gesellschaft
verwendet worden. Unter anderem seien Standorte aufgebaut, eine hochwertige Fahrzeugflotte angeschafft, die Marke „n.“ eingeführt und etabliert, das Unternehmen strategisch im Markt positioniert und eine umfassende Buchungssoftware entwickelt worden. Es sei dabei nicht nachvollziehbar, inwieweit dem Antragsgegner zu 2) zu misstrauen sei, wenn er die Gesellschaft auch durch Fremdkapital finanziere. Die meisten Unternehmen deckten den größten Kapitalbedarf durch Fremdkapital. Den Kapitalbedarf beziehe die Gesellschaft zum Teil durch Darlehen von anderen Gesellschaften, an denen der Antragsgegner zu 2) beteiligt sei. Auch die Antragsgegnerin zu 1) sei an den meisten darlehensgebenden bzw. -nehmenden Gesellschaften mittel- oder unmittelbar beteiligt. Es sei einleuchtend, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anhand eines Jahresabschlusses ohne nähere Informationen oder Kenntnisse der Gesellschaft lediglich Fragen aufwerfen könne. Die Darlehensverbindlichkeiten der P. I. AG und der P. E. N. 9 GmbH seien getilgt, wie dies bereits vorgetragen worden sei, aus den Jahresabschlüssen jeweils hervorgehe und durch die angestellte Buchhalterin der P. I. AG durch eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
eidesstattliche Versicherung
Versicherung
bestätigt worden sei.Randnummer39
Aus der Gesellschafterversammlung vom 14. Juni 2023 ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, die einen wichtigen Grund begründen könnten. Es habe eine ordentliche GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafterversammlung
ordentliche Gesellschafterversammlung
stattgefunden, zu der mit satzungsmäßiger Ladungsfrist geladen worden sei, nachdem der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 aufgestellt worden sei. Aus dem als Anlage ASt 18 vorgelegten Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2018 sei zu entnehmen, dass eine positive Tendenz der Jahresergebnisse vorliege.Randnummer40
Insbesondere der Antrag zu 4. sei unsubstantiiert und komme einer umfassenden Einsicht in alle Bücher und Schriften der Gesellschaft gleich. Die neuen Anträge unter Ziffer 7. und 8. stellten bloße Wiederholungen dar. Das Darlehen ausweislich des Kontos […] sei bereits Inhalt des Antrags gemäß Ziffer 5. Das Konto […] sei bereits im Antrag zu Ziffer 2. enthalten, ebenso wie die Darlehen ausweislich der Konten […] und […]. Das Darlehen ausweislich des Kontos […] sei Inhalt des Antrags zu Ziffer 6.Randnummer41
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab (Blatt 153 der Akte).
II.
Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist überwiegend begründet. Auf die gemäß §§ 166 Abs. 3 HGB, 375 Nr. 1 FamFG im unternehmensrechtlichen Verfahren statthaften und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegten Anträge ist die Auskunft in dem aus dem hiesigen Beschlusstenor ersichtlichen Umfang anzuordnen.
1.
Die Anträge zu Ziffern 2. – 6. waren bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht. Die Anträge zu Ziffern 7. – 10. hat die Antragstellerin in zulässiger Weise im Beschwerdeverfahren gestellt.Randnummer44
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann stets nur die Entscheidung im Rahmen des Verfahrensgegenstands sein, über den im ersten Rechtszug entschieden worden ist (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2014 – XII ZB 410/12 -, Rn. 18, juris). Es können daher in der Beschwerdeinstanz keine neuen Sachanträge gestellt werden, die die Angelegenheit zu einer anderen machen als diejenige, die Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung war (KG Berlin, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 19 UF 52/10 -, Rn. 9, juris).Randnummer45
Die Darlehensverträge, die die Antragstellerin zum Gegenstand der Anträge zu Ziffern 7. und 8. gemacht hat, waren – worauf auch die Antragsgegner bereits hingewiesen haben – schon Gegenstand der Anträge zu Ziffern 2., 5. und 6. Mit den Anträgen zu Ziffern 9 und 10 hat die Antragstellerin den Gegenstand der verlangten Auskunft auf Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) erweitert, die bislang nicht Gegenstand des Auskunftsbegehrens waren. Durch diese erweiterten Sachanträge wird aber nur der Gegenstand der verlangten Auskunft betroffen und nicht die Angelegenheit zu einer anderen gemacht, weil der Lebenssachverhalt, aus dem die Antragstellerin den Informationsanspruch und den wichtigen Grund herleitet, unverändert bleiben.
2.
Neben der Gesellschaft – der Antragsgegnerin zu 1) – kann auch deren persönlich haftender Gesellschafter – der Antragsgegner zu 2) – in Anspruch genommen werden.Randnummer47
Das Antragsrecht des Kommanditisten nach § 166 Abs. 3 HGB dient ebenso wie der allgemeine Informationsanspruch eines Gesellschafters in jeder Personengesellschaft der Durchsetzung der dem Kommanditisten zustehenden mitgliedschaftlichen Informationsrechte. Ebenso wie beim allgemeinen Informationsanspruch des Gesellschafters gilt auch hier, dass sich die aus dem Informationsrecht des Kommanditisten folgenden Ansprüche neben der Gesellschaft auch gegen das geschäftsführende Organ richten, das die Auskunft unschwer erteilen kann (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 10/15 -, BGHZ 210, 363-372, Rn. 12; BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11 -, BGHZ 196, 131-150, Rn. 48).
3.
Gemäß §§ 64 Abs. 2 Satz 4, 10 Abs. 1 Satz 1, 11 FamFG können sich die Beteiligten im Verfahren wirksam durch Rechtsanwälte als Bevollmächtigte vertreten lassen. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Bevollmächtigten der Beklagten – wie die Antragstellerin meint – durch die Vertretung sowohl der Antragsgegnerin zu 1) als auch des Antragsgegners zu 2 gegen das Verbot des Vertretens widerstreitender Interessen verstoßen (§ 43a Abs. 4 BRAO) oder einen Parteiverrat begehen (§ 356 StGB), denn die Verfahrensvollmacht ist dessenungeachtet wirksam.
a)Randnummer49
Ein etwaiger Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, lässt die Wirksamkeit der Verfahrensvollmacht unberührt.Randnummer50
Ein Verstoß gegen das Verbot des § 43a Abs. 4 BRAO führt zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages. Der verbotswidrig geschlossene Vertrag ist nichtig und begründet auch dann keine Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts, wenn sich die Beratung nicht im Nachhinein als wertlos erweist und gebührenpflichtig von einem neuen Anwalt wiederholt werden muss (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – IX ZR 241/14 -, Rn. 7, 11, juris).Randnummer51
Die ProzeßVollmacht ist von dem zugrunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag unabhängig. Mögliche Mängel des Grundgeschäftes schlagen auf die ProzeßVollmacht grundsätzlich nicht durch. Die nach außen wirkende ProzeßVollmacht wird allein durch die Zivilprozeßordnung geregelt (BGH, Urteil vom 19. März 1993 – V ZR 36/92 -, Rn. 5, juris), auf die § 11 Satz 5 FamFG verweist. Es entspricht anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Wirksamkeit der einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht und der von ihm namens der Partei vorgenommenen Rechtshandlungen unabhängig vom Zustandekommen oder von der Wirksamkeit des Anwaltsvertrages ist. Die Wirksamkeit von Rechtshandlungen eines Rechtsanwalts wird nicht durch einen Verstoß gegen ein berufsrechtliches Tätigkeitsverbot berührt. Selbst bei Zuwiderhandlung gegen umfassende und generelle Tätigkeitsverbote bleiben die Handlungen des Rechtsanwalts wirksam, um die Beteiligten im Interesse der Rechtssicherheit zu schützen. Der Schutz des Mandanten gebietet keine Erstreckung der etwaigen Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages auf die Prozessvollmacht. Das Bedürfnis, die Mandanten vor ungeeigneten Rechtsvertretern zu schützen, wird nicht berührt. Bei einer Erstreckung der Nichtigkeitsfolge des Anwaltsvertrages auf die Prozessvollmacht, würde das Vertrauen der Beklagten sowie der übrigen Prozessbeteiligten, dass die Prozesshandlungen des von ihr beauftragten Anwalts wirksam sind, außer acht gelassen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 – IX ZR 60/08 -, Rn. 7 – 9, 12, juris).
b)Randnummer52
Etwas anderes ergäbe sich auch dann nicht, wenn zugleich ein Verstoß gegen § 356 StGB vorläge. Denn § 43a BRAO ist im Verhältnis zu § 356 StGB die weitergehende Regelung, da § 356 StGB nur einen Ausschnitt des weiter gefassten Verbots des § 43a Abs. 4 BRAO erfasst (Henssler – Henssler, BRAO, 4. A., § 43a BRAO, Rn. 211, 213).
4.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegner aus § 166 Abs. 3 HGB einen Anspruch auf Auskunft in dem zuerkannten Umfang.
a)Randnummer54
Der Gegenstand der Anträge ist von § 166 Abs. 3 HGB umfasst.Randnummer55
Nach § 166 Abs. 3 HGB kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, auch sonstige Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere der Gesellschaft anordnen. Im Rahmen des § 166 Abs. 3 HGB bestimmt das Gericht den Umfang der zu erteilenden Informationen bzw. Einsichten (OLG München, Beschluss vom 5. September 2008 – 31 Wx 63/07 -, Rn. 15, juris). Das in § 166 Abs. 3 HGB geregelte außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten ist nicht auf Auskünfte beschränkt, die der Prüfung des Jahresabschlusses dienen oder zum Verständnis des Jahresabschlusses erforderlich sind. Vielmehr erweitert § 166 Abs. 3 HGB das Informationsrecht des Kommanditisten bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Gesellschaft. Das außerordentliche Prüfungsrecht dient auch der Kontrolle der Geschäftsführung, steht dem Kommanditisten aber nicht zur Verfügung, um auf Maßnahmen hinzuwirken, die Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung sind (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 10/15 -, BGHZ 210, 363-372, Rn. 13 – 19, 23, juris). Das außerordentliche Informationsrecht rechtfertigt nur die Zuerkennung solcher Informations- und Aufklärungsrechte, die zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen des Kommanditisten geeignet und angemessen sind. Das außerordentliche Informationsrecht wird insoweit durch das Informationsbedürfnis des Kommanditisten begrenzt, das sich aus dem wichtigen Grund ergibt. Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der zu erteilenden Auskunft hängen von dem geltend gemachten wichtigen Grund ab. In diesem Zusammenhang muss eine Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
vorgenommen werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 10/15 -, BGHZ 210, 363-372, Rn. 23, 25). In diesem Rahmen umfasst das Informationsrecht die Mitteilung von Auskünften wie auch Vorlage von Unterlagen bzw. die Einsicht in Unterlagen (Hopt – Roth, HGB, 42. A., § 166 HGB, Rn. 10; Münchener Kommentar zum HGB/Grunewald, 5. Aufl. 2022, HGB § 166 Rn. 37). Zu den Büchern und Papieren einer KG gehören alle Geschäftsunterlagen, auch Prüfungsberichte und „Geheimbücher“ (OLG München, Beschluss vom 7. April 2009 – 31 Wx 095/08 -, Rn. 12, juris).
b)Randnummer56
Es liegt ein wichtiger Grund für die beantragte Anordnung vor.
aa)Randnummer57
Ein wichtiger Grund ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Belange des Kommanditisten durch das vertragliche oder aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung besteht. Ein wichtiger Grund ist deshalb etwa dann anzunehmen, wenn die Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist, z.B. bei drohender Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist. Der Kommanditist muss konkrete Umstände für die Erforderlichkeit und Bedeutung der begehrten Informationen darlegen, d.h. zumindest dafür, dass ein begründetes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung besteht. Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der zu erteilenden Auskunft hängen von dem geltend gemachten wichtigen Grund ab. In diesem Zusammenhang muss eine Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
vorgenommen werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 11/15 -, Rn. 20 – 21, juris).Randnummer58
Ein wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn die sofortige Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist, z.B. bei drohender Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist, bei begründetem Verdacht nicht ordnungsgemäßer Geschäfts- oder Buchführung, bei Verweigerung oder längerer Verzögerung der Kontrolle nach § 166 Abs. 1 HGB, wenn also wegen einer konkreten Gefährdung der Interessen des Kommanditisten eine Regelung getroffen werden muss (OLG München, Beschluss vom 7. April 2009 – 31 Wx 095/08 -, Rn. 13, juris), wobei ein Anlass zu aktuellem Misstrauen genügt (BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 – III ZR 65/17 -, Rn. 26, juris). Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung konkreter Umstände, aus denen sich Erforderlichkeit und Bedeutung der beantragten, über den Rahmen des § 166 Abs. 1 HGB hinausgehenden Information ergeben (OLG München, Beschluss vom 12. April 2011 – 31 Wx 189/10 -, Rn. 9, juris). Hierfür genügt ein durch Tatsachen oder konkrete Anhaltspunkte gerechtfertigter Verdacht, dass eine Schädigung der Rechte des Kommanditisten oder der Gesellschaft droht (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Juli 1991 – BReg 3 Z 151/90 -, Rn. 18, juris).
bb)Randnummer59
Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerde geltend gemacht, dass angesichts der in der Bilanz der Antragsgegnerin zu 1) ausgewiesenen Forderungen gegen andere Gesellschaften angesichts des gesellschaftsvertraglich definierten Unternehmensgegenstandes davon auszugehen sei, dass Gesellschaftsmittel in einer Größenordnung von wenigstens 4.734.621,04 Euro pflichtwidrig zu gesellschaftsfremden Zwecken ausgegeben worden seien (Blatt 4 Beschwerdeakte). Dieser Sachvortrag ist zu berücksichtigen, weil die Beschwerde gemäß § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden kann. Tatsächlich ergibt sich aus den Umständen des Falles der Verdacht des Überschreitens des Unternehmensgegenstandes durch Finanzierungsgeschäfte und daraus die Gefahr einer Schädigung der Antragstellerin.
(1)Randnummer60
Nach §§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 1, Abs. 2 HGB erstreckt sich die Befugnis der Geschäftsführung auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt und ist ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter zur Vornahme von Handlungen erforderlich, die darüber hinausgehen. Wie sich aus der Formulierung „sämtlicher Gesellschafter“ ergibt, muss der Beschluss einstimmig gefasst werden, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsklausel niedergelegt ist (Münchener Kommentar zum HGB/Jickeli, 5. Aufl. 2022, HGB § 116 Rn. 36), was hier nicht der Fall ist.
(2)Randnummer61
Für die Abgrenzung der gewöhnlichen von der außergewöhnlichen Geschäftstätigkeit ist die unternehmerische Sicht maßgeblich. In Rechnung zu stellen sind der Inhalt der Maßnahme, ihr Zweck, ihre finanziellen Folgen im Vergleich zur Geschäftstätigkeit im Übrigen, die von ihr ausgehenden Risiken und dergleichen. Entscheidend ist eine einzelfallbezogene Betrachtungsweise, die auf den Betrieb des konkreten Handelsgewerbes abstellt. Sofern gesellschaftsvertragliche Regelungen bestehen, gehen sie allen anderen Beurteilungskriterien vor. Aus dem im Vertrag niedergelegten Gesellschaftszweck ergibt sich der äußerste Kreis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Münchener Kommentar zum HGB/Jickeli, 5. Aufl. 2022, HGB § 116 Rn. 8, 10, 11). Es kommt darauf an, ob die fraglichen Geschäfte nach ihrem Inhalt und Zweck oder nach ihrer Bedeutung und den mit ihnen verbundenen Gefahren über den gewöhnlichen Rahmen des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft hinausgehen und damit Ausnahmecharakter besitzen (BGH, Urteil vom 11. Februar 1980 – II ZR 41/79 -, BGHZ 76, 160-168, Rn. 14).Randnummer62
Die Aufnahme von Darlehen und die dazugehörige Vergabe von Sicherheiten zur Verfolgung des Unternehmenszweckes sind gewöhnliche Maßnahmen, wenn sie Hilfsmaßnahmen zu gesellschaftstypischen, gewöhnlichen Geschäften sind (BeckOK HGB/Klimke, 40. Ed. 1.1.2024, HGB 2024 § 116 Rn. 25). Etwas anderes gilt, wenn die Fremdfinanzierungsquote so hoch wird, dass Zins- und Tilgungsdienst eine riskante Geschäftsstrategie oder die Auflösung von Vermögenswerten erzwingen, die für andere Zwecke vorgehalten werden oder den bisherigen Zuschnitt des Handelsgewerbes charakterisieren. Erst recht gilt das, wenn die Schuldenlast die Existenz der Gesellschaft gefährdet (Münchener Kommentar zum HGB/Jickeli, 5. Aufl. 2022, HGB § 116 Rn. 25). Die Kreditvergabe kann sich als übliche Maßnahme darstellen, wenn sie im Zusammenhang mit der gewöhnlichen eigenen Geschäftstätigkeit steht. Gewährt die Gesellschaft Kredit, spielen die Höhe und Sicherheiten für die Einordnung des Geschäfts eine zentrale Rolle (Münchener Kommentar zum HGB/Jickeli, 5. Aufl. 2022, HGB § 116 Rn. 25).
(3)Randnummer63
Der Gegenstand des Unternehmens ist in § 2 des Gesellschaftsvertrags definiert. Die Regelung lautet:Randnummer64
„Gegenstand der Gesellschaft ist der An- und Verkauf sowie die Vermietung von Kraftfahrzeugen aller Art sowie die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Elektromobilität.Randnummer65
Die Gesellschaft ist berechtigt, alle Geschäfte vorzunehmen, die den Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern geeignet sind.Randnummer66
Die Gesellschaft ist berechtigt, ihre Tätigkeit auf ähnliche oder verwandte Gegenstände auszudehnen, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen oder sie zu erwerben, Zweigniederlassungen zu errichten oder den Unternehmensgegenstand zu verpachten.“
(4)Randnummer67
Aus dem Sachverhalt ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschaft mit der Aufnahme von Darlehen wegen des Umfangs und der Risiken der Darlehensaufnahme den Bereich des Unternehmensgegenstandes verließ.Randnummer68
Die Antragsgegner haben hierzu vorgetragen, die näher bezeichneten Darlehensvaluta seien einzig im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Interesse der Gesellschaft
verwendet worden. Unter anderem seien Standorte aufgebaut, eine hochwertige Fahrzeugflotte angeschafft, die Marke „n.“ eingeführt und etabliert, das Unternehmen strategisch im Markt positioniert und eine umfassende Buchungssoftware entwickelt worden.Randnummer69
Ausweislich des von den Antragsgegnern für das Geschäftsjahr 2020 vorgelegten Jahresabschlusses hatte die Gesellschaft bei einer Bilanzsumme von 11.336.937,46 Euro Darlehensverbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 1.861.229,99 Euro und gegenüber verbundenen Unternehmen in Höhe von 8.004.418,07 Euro. Ausweislich des zur Akte gereichten Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2021 hatte die Gesellschaft bei einer Bilanzsumme vom 11.138.372,99 Euro Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 1.566.720,36 Euro und Verbindlichkeiten gegenüber den im Jahresabschluss 2020 noch als verbundene Unternehmen ausgewiesenen Gesellschaften von 8.351.785,22 Euro. In den Jahren 2020 und 2021 erwirtschaftete die Gesellschaft ausweislich der Gewinn – und Verlustrechnungen jeweils einen Fehlbetrag und wies steigende Verlustanteile der Kommanditisten aus. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung 2020 ergibt sich für das Vorjahr 2019 ebenfalls ein Jahresfehlbetrag, und zwar in Höhe von 649.735,96 Euro. In der Gesellschafterversammlung am 09.03.2022 erklärte der Antragsgegner zu 2), dass die Forderung der C. AG in Höhe von 1,5 Mio. Euro – die allerdings im Jahresabschluss 2021 mit 2.704.918,84 Euro ausgewiesen wird – aller Voraussicht nach nicht bedient werden könne.Randnummer70
Nach Allem ist die Finanzierungsquote so hoch geworden, dass die Schuldenlast den Bestand der Gesellschaft gefährdet.
(5)Randnummer71
Zugleich ergeben sich aus dem Sachverhalt Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschaft mit der Ausreichung von Mitteln an andere Unternehmen den Bereich des Unternehmensgegenstandes verließ.Randnummer72
Der Jahresabschluss 2020 weist Forderungen gegen verbundene Unternehmen – „e.“ und „P.“ in Höhe von zusammen 2.222.083,96 Euro sowie Darlehen an „O. R.“ in Höhe von 15.398,24 Euro und „S.“ in Höhe von 513.482,53 Euro aus. Der Jahresabschluss 2021 weist Forderungen gegen „e.“ in Höhe von EUR 2.576.346,32, Forderungen gegen P. in Höhe von EUR 687.090,50, Forderungen gegen S. in Höhe von EUR 521.184,77 und „K. a. a.” in Höhe von EUR 950.000,00 aus.Randnummer73
Die Antragsgegner haben diese Forderungen auf den Beschwerdevortrag hin nicht erläutert. Der Antragsgegner zu 2) erklärte in der Gesellschafterversammlung am 09.03.2022 zu TOP 5, dass die Gesellschaft der S. ein Darlehen gewährt habe, welches zur Rückzahlung fällig sei, die ausstehe.Randnummer74
Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Ausreichung von Darlehen an andere Gesellschaften von dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Unternehmensgegenstand umfasst sein könnte. Da die Antragsgegner auch keine weitere Erläuterung zu den Forderungen gegeben haben, besteht der Verdacht, dass Mittel in Überschreitung des Unternehmensgegenstandes an andere Gesellschaften ausgereicht wurden.
(6)Randnummer75
Angesichts der Lage der Gesellschaft und der Beteiligung der Antragstellerin besteht die Gefahr einer Schädigung.Randnummer76
Ausweislich des durch die Antragsgegner in Kopie vorgelegten Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2020 erwirtschaftete die Antragsgegnerin zu 1) einen Jahresfehlbetrag von 546.761,01 Euro (Blatt 76 RS der Akte). Zu Lasten der Gesellschafter wurden Verlustanteile in Höhe von 622.576,35 Euro (persönlich haftender Gesellschafter) sowie 1.251.746,20 Euro (Kommanditisten) und ausstehende Einlagen in Höhe von 427.043,90 Euro ausgewiesen (Blatt 75 RS der Akte). Zu TOP 7 der Gesellschafterversammlung vom 09.03.2022 erklärte der Antragsgegner zu 2), dass Darlehen der C. AG in Höhe von 1,5 Mio. Euro fällig seien und die Antragsgegnerin im Falle der Zahlungsforderung voraussichtlich nicht in der Lage sein werde, die Darlehen zurückzuzahlen (Blatt 35 der Akte). Auch nach dem Vortrag der Antragsgegner (Schriftsatz vom 23.12.2022, Seite 4 (Blatt 71 RS der Akte) befand sich die Antragsgegnerin zu 1) in einem Liquiditätsengpass. Ausweislich des in Kopie vorgelegten Entwurfs des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2021 – der der Gesellschafterversammlung am 14.06.2023 vorgelegt wurde – erwirtschaftete die Antragsgegnerin zu 1) einen Jahresfehlbetrag von 403.103,46 Euro (Blatt 138 der Akte). Zu Lasten der Gesellschafter wurden Verlustanteile in Höhe von 622.576,35 Euro (persönlich haftender Gesellschafter) und 2.081.893,56 Euro (Kommanditisten) ausgewiesen (Blatt 136 RS der Akte).Randnummer77
Eine Überschuldung der Gesellschaft (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 InsO) ergibt sich daraus solange nicht, solange die Verbindlichkeiten durch entsprechend werthaltige Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter auf Verlustausgleich gedeckt sind (Schmidt – Schmidt/Herchen, InsO, 20. A., § 19 InsO, Rn. 20). Die Aussage des Antragsgegners zu 2, dass fällige und nicht prolongierte Darlehensverbindlichkeiten nicht bezahlt werden können, deutet aber auf Zahlungsunfähigkeit hin (§ 17 Abs. 1, Abs. 2 InsO). Ausweislich der Anlage 4 zum Jahresabschluss 2021, Konto […], valutierte das Darlehen der C. AG weiterhin mit 2.791.950.- Euro. Bei der Prüfung der Zahlungsfähigkeit scheiden Forderungen aus, die förmlich betagt oder gestundet oder auch de facto gestundet sind (Schmidt – Schmidt/Herchen, aaO, § 17 InsO, Rn. 12). Für eine Stundung tragen die Antragsgegner aber nichts vor. Einer Stundung steht auch die Tatsache entgegen, dass die C. AG den Antragsgegner zu 2) vor dem Landgericht Erfurt auf die Rückzahlung von Darlehen in Höhe von 2,5 Mio. Euro nebst Zinsen in Anspruch nahm (Klageschrift vom 27.03.2022, Blatt 27 – 29 der Akte). Denn damit steht eine Handlung der Gläubigerin fest, aus der sich ihr Wille ergibt, die Rückzahlung der Darlehen zu verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07 -, BGHZ 173, 286-297, Rn. 18).Randnummer78
Das Interesse der Antragstellerin an der Auskunft über die Lage der Gesellschaft in Bezug auf den Bestand, die Verwendung und die Bedienung der Darlehensverbindlichkeiten ergibt sich insoweit aus ihrem wirtschaftlichen und finanziellen Engagement. Ausweislich des Kontennachweises Blatt 7 zum Jahresabschluss 2020 (Blatt 78 der Akte) wurde der Antragstellerin ein Verlustanteil von 1.317.981,46 Euro und eine ausstehende Einlage von 338.622,85 Euro zugeordnet. Ausweislich des Kontennachweises Blatt 5 zum Jahresabschluss 2021 (Blatt 141 der Akte) wurde der Antragstellerin ein Verlustanteil von 1.317.981,46 Euro und eine ausstehende Einlage von 207.043,90 Euro zugeordnet.
(7)Randnummer79
Die Interessen der Antragstellerin sind nach Lage des Falles durch das aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt.Randnummer80
Nach § 166 Abs. 1 HGB ist der Kommanditist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Zu den Büchern und Papieren gehören alle Unterlagen der Gesellschaft, unter denen der Kommanditist wählen kann (Hopt – Roth, aaO, § 166 HGB, Rn. 4). Das Einsichtsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB ist, wenn nicht ein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB vorliegt, durch Klage vor dem Prozessgericht durchzusetzen (OLG München, Beschluss vom 9. August 2010 – 31 Wx 2/10 -, Rn. 18, juris).Randnummer81
Die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft sind im jeweiligen Jahresabschluss auszuweisen und unterliegen daher der Prüfung durch die Antragstellerin nach § 166 Abs. 1 HGB. Die Interessen der Antragstellerin könnten durch die Einsicht nach § 166 Abs. 1 HGB dann nicht hinreichend gewahrt sein, wenn die Unterlagen der Gesellschaft keine ausreichenden Informationen enthalten oder die Einsicht durch die Gesellschaft verweigert wird. Die Verweigerung des Prüfungsrechts kann daher einen wichtigen Grund darstellen, etwa, wenn mehrere Jahresabschlüsse nicht geprüft werden konnten und deshalb von einer Gefährdung der Interessen des Kommanditisten ausgegangen werden muss (OLG München, Beschluss vom 9. August 2010 – 31 Wx 2/10 -, Rn. 18, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Juli 1991 – BReg 3 Z 151/90 -, Rn. 19, juris).Randnummer82
Die Antragstellerin hat jeweils hilfsweise, bereits in ihrer Antragsschrift vom 04.10.2022 sowie fortfolgend, einen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen der Antragsgegnerin zu 1) geltend gemacht, ohne dass die Antragsgegner dieser Aufforderung seitdem nachgekommen wären. Die Antragsgegnerin zu 1) hat gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages iVm den gesetzlichen Vorschriften einen Jahresabschluss aufzustellen und zur Feststellung vorzulegen. Die verfahrensgegenständlichen Forderungen und Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) sind im Jahresabschluss auszuweisen. Das Einsichtsrecht der Antragstellerin aus § 166 Abs. 1 HGB umfasst daher die Einsicht in die Unterlagen der Antragsgegnerin zu 1), um die Richtigkeit des Ansatzes dieser Verbindlichkeiten zu prüfen. Die Antragstellerin kann auf dieser Grundlage in alle Unterlagen der Gesellschaft Einsicht nehmen und die erforderlichen Unterlagen auswählen (Hopt – Roth, aaO, § 166 HGB, Rn. 4).Randnummer83
Die Antragsgegner haben zwar das Recht der Antragstellerin, gemäß § 166 Abs. 1 HGB Einsicht zu nehmen, nicht ausdrücklich in Abrede gestellt. Sie haben aber auch nicht auf die Hilfsanträge reagiert und der Antragstellerin seit nunmehr über einem Jahr die ihr zustehende Einsicht nicht angeboten.
cc)Randnummer84
Dem Informationsbedürfnis der Antragstellerin stehen keine die Anordnung der Auskunft hindernden Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Interessen der Gesellschaft
entgegen. Die entsprechenden Unterlagen muss die Gesellschaft nach § 257 HGB zur Verfügung haben. Aus dem Vortrag der Antragsgegner ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Auskunftserteilung.
5.
Die Beschwerde ist zurückzuweisen, soweit das Amtsgericht den Antrag zu Ziffer 4. auf Auskunft über etwaige weitere Darlehen durch Vorlage der Darlehensverträge und einer geordneten Zusammenstellung über den Verbleib bzw. die Verwendung der Darlehensvaluta zurückgewiesen hat, denn es ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin schon nichts dafür, dass die Gesellschaft weitere Darlehen in Anspruch nahm, die nicht in den vorgelegten Jahresabschlüssen ausgewiesen wurden.
6.
Im Umfang der Anordnung sind die Anträge hinreichend bestimmt. Im Bereich von § 166 Abs.3 HGB dürfen nur einmalige Aufklärungsmaßnahmen angeordnet werden, deren Umfang durch den gegebenen wichtigen Grund begrenzt wird (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Juli 1991 – BReg 3 Z 151/90 -, Rn. 15, juris). Es ist angesichts des Informationsbedürfnisses aber auch nicht möglich, die Einzelnen zur Kontrolle benötigten Urkunden vollumfänglich schon im Antrag zu bezeichnen (Ebenroth u.a./Weipert, HGB, 4. Aufl. 2020, HGB § 166 Rn. 37)
7.
Über die hilfsweise beantragte Einsicht ist nicht zu entscheiden, weil die Hauptanträge Erfolg haben.
8.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.Randnummer89
Auch wenn das Unterliegen eines Beteiligten nicht zwingend zu einer Kostenauferlegung führen muss, so kann ein Kriterium der Billigkeit doch das Maß des Antragserfolges sein. In echten Streitverfahren – wie es hier vorliegt – entspricht eine Orientierung am Erfolg der Beteiligten der Billigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – XII ZB 15/13 -, Rn. 16, juris). In diesen Verfahren entscheidet das Gericht verbindlich über subjektive Rechte der Beteiligten, die sich mit entgegengesetzten Interessen gegenüber stehen. Der Gegenstand des Verfahrens besteht nicht in persönlichen Beziehungen der Beteiligten zu einander oder der Fürsorge für einen Dritten, sondern ist rein vermögensrechtlicher Art. Angesichts der Nähe dieser Verfahren zu den zivilprozessualen Verfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kostenentscheidung entsprechend den in diesen Verfahren geltenden Grundsätzen an dem Obsiegen und Unterliegen zu orientieren (KG, Beschluss vom 25. März 2015 – 9 W 42 – 46/14 -, Rn. 26, juris, m.w.N.).Randnummer90
Da die Antragstellerin mit einem Antrag aus neun Anträgen unterliegt und im Übrigen obsiegt, entspricht es der Billigkeit, die Tragung der Kosten zu 1/9 auf Seite der Antragstellerin und zu 8/9 auf Seiten der Antragsgegner zu verteilen.
9.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht mangels genügender Anhaltspunkte für eine abweichende Bestimmung auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
10.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalls ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.
Schlagworte: Einsichtsverlangen des Kommanditisten, HGB § 166, Informationsrecht Kommanditist, StGB § 356