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Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 09. September 2020 – 4 U 30/20

GmbHG §§ 16, 19, 21

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 15.01.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – 51 O 13/19 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil zu Ziffer 1. sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger seines Geschäftsanteils an der Beklagten wirksam für verlustig erklärt wurde (Kaduzierung).

Der Kläger gründete mit Urkunde des Notars R… (B…) am 13.11.2014 die Beklagte mit einem Stammkapital von 25.000,00 €; er war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Nach § 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages war das Stammkapital zur Hälfte sofort und im Übrigen auf Anforderung der Geschäftsführung nach entsprechendem Beschluss der Gesellschafterversammlung einzuzahlen. Die Beklagte wurde am 01.12.2014 ins Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte schloss am 02.12.2014 vor dem Notar R… einen Kaufvertrag über zwei mit mehreren Wohnhäusern bebaute Grundstücke in der K…straße in B…- T… zu einem Kaufpreis von 20.900.000,00 €. Im Kaufvertrag ist angegeben, dass die Beklagte zu Händen des Notars bereits eine Anzahlung von 150.000,00 € geleistet hat. Vom 04.12.2014 datiert ein Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten, der Bezug auf die Anzahlung aus dem Kaufvertrag vom 02.12.2014 nimmt und dem zufolge der Kläger der Beklagten mit Wirkung vom 04.12.2014 ein bis zum 31.12.2017 zurück zu zahlendes Darlehen gewährt. Das Kassenbuch des Notars R… weist unter dem 05.12.2014 den Eingang eines Betrages in Höhe von 150.000,00 € aus.

Am 16.12.2015 erteilte die X(1) GmbH, deren Alleingeschäftsführer und -Gesellschafter der Kläger ist, der B… …Bank einen Überweisungsauftrag über einen Betrag von 25.000,00 € zugunsten der Beklagten als Empfänger mit dem Verwendungszweck „Einlage Stammkapital“. Am Folgetag ging dieser Betrag auf dem Konto der Beklagten ein. Ebenfalls vom 17.02.2015 datieren ein Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der X(1) GmbH über ein dem Kläger am selben Tag gewährtes Darlehen in Höhe von 25.000,00 € und eine Zusatzvereinbarung zum Darlehensvertrag, der zufolge der Kläger die X(1) GmbH beauftragt hat, in seinem Namen die Stammeinlage von 25.000,00 € direkt an die Beklagte zu überweisen.

Das Datum 23.02.2015 trägt eine als „Darlehensvertrag“ bezeichnete Urkunde des Inhalts, dass die Beklagte der X(1) GmbH ein bis zum 31.12.2017 zurückzuzahlendes Darlehen über 23.000,00 € gewährt. Ein vom Konto der Beklagten stammender Betrag dieser Höhe wurde dem Konto der X(1) GmbH am 24.02.2015 gutgeschrieben. Ebenfalls am 24.02.2015 erfolgte die Überweisung eines Betrages von 40.000,00 € vom Konto der X(1) GmbH auf ein Konto der X(2) GmbH, deren Alleingeschäftsführer und -Gesellschafter ebenfalls der Kläger ist. Gegen die X(2) GmbH war wegen Gewerbe- und Körperschaftssteuerschulden aus dem Jahre 2014 in Höhe von 47.988,19 € bereits am 10.02.2015 eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts (A) ergangen mit der Folge, dass deren Konten bei der …Bank in Sch… gepfändet wurden.

Da die Beklagte nicht über die zur Durchführung des Grundstückskaufvertrages vom 02.12.2014 erforderlichen Mittel (z. B. für die Bezahlung der Grunderwerbssteuer) verfügte, verkaufte der Kläger mit Anteilskauf- und Abtretungsvertrag des Notars H… in B… vom 04.09.2015 einen Geschäftsanteil in Höhe von 12.750,00 € (51 %) an die Y GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer Herr T… E… ist. Zugleich wurde der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und Herr E… zum neuen alleinigen Geschäftsführer bestellt; Herr E… blieb bis zum Frühjahr 2019 Geschäftsführer der Beklagten. Als Gegenleistung für die Anteilsübertragung war im Vertrag die Vermittlung eines Darlehens durch die Y GmbH mit Herrn E… als Darlehensgeber an die Beklagte über 1.340.292,40 € vorgesehen; dieser Betrag sollte als Grunderwerbssteuerzahlung an das Finanzamt (B) überwiesen werden. Weiter heißt es in dem Anteilskaufvertrag

in Ziffer 2.1 S. 2: „Des Weiteren übernimmt die Käuferin eine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft …“,

in Ziffer 2.4: „Die Käuferin verpflichtet sich darüber hinaus, die Gesellschaft mit weiteren liquiden Mitteln bis zu … Euro 25.000,00 auf erste Anforderung der Geschäftsführung auszustatten. Die zugeführten Geldbeträge sollen, soweit das Stammkapital noch nicht vollständig eingezahlt ist, auf das gezeichnete Kapital gebucht werden und die über das Stammkapital hinausgehenden Beträge sollen in der Kapitalrücklage erfasst werden. Die liquiden Mittel sollen die Gesellschaft … in die Lage versetzen, eine ggf. auch streitige Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Grundstückskaufvertrag gegen die Grundstückseigentümerin zu ermöglichen“,

unter „3. Garantien“ des Verkäufers zu Ziffer. 3.2: „Das Stammkapital der Gesellschaft ist vollständig eingezahlt. Rückzahlungen sind nicht erfolgt. Die Geschäftsanteile der Gesellschaft stellen das gesamte Stammkapital der Gesellschaft dar“,

und in Ziffer 3.6: „Die Gesellschaft hat keine Darlehen vergeben oder in sonstiger Form rückzahlbare Mittel zur Verfügung gestellt oder zugesagt“.

Bei Abschluss des notariellen Vertrages vom 04.09.2015 waren die Vertragsparteien nicht persönlich anwesend, sondern wurden vertreten, der Kläger – auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten – durch Herrn B… und die Y GmbH durch Herrn Rechtsanwalt W…. Der Kläger und Herr E… genehmigten die für den Kläger, die Beklagte und die Y GmbH abgegebenen Vertragserklärungen.

Auf den 12.04.2017 datiert ein von Herrn E… für die Y GmbH und vom Kläger unterzeichneter einstimmig gefasster Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten. In diesem wird festgehalten, der Kläger habe die von ihm bei Gründung übernommene Stammeinlage noch nicht gezahlt und die Geschäftsführung werde angewiesen, die ausstehenden auf die Geschäftsanteile Nr. 2 (Y GmbH) und Nr. 3 (Kläger) geschuldeten Einlagen unverzüglich von den Gesellschaftern einzufordern.

Mit Schreiben an den Kläger vom 21.04.2017 forderte Herr E… als Geschäftsführer der Beklagten den Kläger unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 12.04.2017 zur Zahlung der seinem Anteil entsprechenden Stammeinlage von 12.250,00 € bis zum 05.05.2017 auf. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 04.05.2017, er habe das Stammkapital am 17.02.2015 in voller Höhe eingezahlt. Daraufhin verlangte die Beklagte mit dem Kläger am 15.05.2017 zugegangenem Übergabe-Einschreiben vom 11.05.2017 die Zahlung der Einlage von 12.250,00 € binnen eines Monats nach Zugang des Schreibens und drohte an, der Kläger könne mit seinem Anteil ausgeschlossen werden, wenn er den Betrag nicht innerhalb der gesetzten Frist zahle. Mit E-Mail vom 18.06.2017 übersandte Herr E… als Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger die Jahresabschlüsse für die Jahre 2015 und 2016 zur Prüfung mit der Erklärung, nach Auskunft des Steuerberaters sei „das Thema Stammkapitaleinzahlung nicht vom Tisch, der Kläger habe die Stammeinlage nicht wirksam geleistet. Am 11.07.2017 zahlte die Y GmbH die auf ihren Anteil entfallende Stammeinlage von 12.750,00 € an die Beklagte.

Im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Darlehens der Beklagten bei der … AG über 20.000.000,00 € traten die Gesellschafter der Beklagten mit Sicherheitenvertrag vom 27.10.2017 zur Sicherung sämtliche ihnen gegen die Beklagte zustehenden Darlehensansprüche an die … AG ab; ausweislich der Anlage zum Sicherheitenvertrag erfasste die Abtretung auch die Darlehensansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 04.12.2014 über 150.000,00 €.

Mit E-Mail vom 08.12.2017 ermahnte Herr E… als Geschäftsführer der Y GmbH den Kläger unter Hinweis auf die im Sicherheitenvertrag abgegebene Garantie der vollständigen Einlagenzahlung, umgehend die noch fehlende Stammeinlage von 12.250,00 € einzuzahlen; er selbst habe seinen Teil der Stammeinlage schon erbracht.

Unter dem 03.07.2018 erging an den Kläger eine Einladung zur Gesellschafterversammlung der Beklagten am 26.07.2018 u. a. zu den Punkten Feststellung der Jahresabschlüsse 2015 und 2016 mit dem Hinweis, es sei weiterhin davon auszugehen, dass der Kläger die Stammeinlage nicht wirksam geleistet habe. Auf der Gesellschafterversammlung vom 26.07.2018 wurden die Jahresabschlüsse für die Jahre 2015 und 2016 mit Mehrheitsbeschluss jeweils mit der Maßgabe festgestellt, dass der Kläger seine Einlage nicht wirksam geleistet habe.

Mit dem Kläger am 12.09.2018 zugegangenem Übergabe-Einschreiben vom 03.09.2018 richtete die Beklagte eine „letzte Zahlungsaufforderung Leistung der Stammeinlage“ mit einer Nachfrist von zwei Wochen ab Zugang an den Kläger und nahm dabei Bezug auf die Forderungsschreiben vom 21.04.2017 und 11.05.2017. Der Kläger antwortete hierauf unter dem 19.09.2018, er sei „gerne bereit meinen Anteil der Stammeinlage in Höhe von 12.250,00 € nochmals einzuzahlen“.

Mit Schreiben vom 27.09.2018 erklärte die Beklagte den Kläger seines Geschäftsanteils für verlustig und begründete dies damit, dass er bis zum Ablauf der zuletzt mit Schreiben vom 03.09.2018 gesetzten Frist seine Einlage über 12.250,00 € nicht gezahlt habe. Die Übergabe dieses Schreibens erfolgte am 27.09.2018 durch eine von Herrn E… als Geschäftsführer der Beklagten beauftragte Obergerichtsvollzieherin. Am 28.09.2018 überwies die X(1) GmbH an die Beklagte 12.250,00 € mit dem Verwendungszweck „nochmalige Zahlung der Stammeinlage von W… K… – Zahlung unter Vorbehalt“.

Anschließend beantragte der Kläger vor dem Landgericht Berlin – Kammer für Handelssachen – zum Aktenzeichen 104 O 71/18 den Erlass einer gegen die Kaduzierung seines Gesellschaftsanteils gerichteten einstweiligen Verfügung. Im dortigen Verhandlungstermin vom 08.11.2018 nahm der Kläger das Original des von der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 12.04.2017 gefassten und seine Unterschrift tragenden Beschlusses in Augenschein und erklärte die Rücknahme seines Antrags.

Der Kläger ist erstinstanzlich der Auffassung gewesen, er habe mit Eingang des Betrages von 25.000,00 € auf dem Konto der Beklagten am 17.02.2015 seine Einlagepflicht erfüllt. Ein seine Einlagepflicht wieder aufleben lassendes „Hin- und Herzahlen“ des Einlagebetrages liege im Hinblick die von der Beklagten geleistete und am 24.02.2015 bei der X(1) GmbH eingegangene Zahlung von 23.000,00 € nicht vor. Der Kläger hat hierzu behauptet, mit dieser Zahlung habe die Beklagte der X(1) GmbH ein Darlehen gewährt, wie beide es mit Darlehensvertrag vom 23.02.2015 vereinbart hätten. Die für die Annahme eines Hin- und Herzahlens notwendige vorherige Absprache bzw. Absicht des Rückflusses der Einlage an ihn als Inferenten oder eine ihm nahestehende Gesellschaft habe es nicht gegeben. Die im Wege des online-Bankings vorgenommene Überweisung der 25.000,00 € auf das Konto der Beklagten sei am 16.02.2015 um 12:30 Uhr beauftragt worden. Dass der Auftrag am 16.02.2015 bis spätestens 14 Uhr erteilt worden sein müsse, ergebe sich auch aus der noch am selben Tag erfolgten Ausführung des Auftrags mit Sollstellung des Überweisungsbetrages, da nach den Bedingungen der …Bank nur bis 14 Uhr eingehende Zahlungsaufträge noch am selben Tag bearbeitet würden. Von der Kontopfändung der X(2) GmbH hingegen habe er am 16.02.2015 nicht vor 15:51 Uhr Kenntnis erlangt. Die …Bank Sch… habe mit Schreiben vom 13.02.2015 über die Kontopfändung unterrichtet, das am 15. oder 16.02.2015 bei der X(2) GmbH eingegangen sei. Um die eingehende Post kümmere sich zunächst seine Mitarbeiterin Frau L…. Diese habe die dem Schreiben der …Bank vom 13.02.2015 nicht beigefügte Pfändungsverfügung des Finanzamts angefordert, welche am 16.02.2015 per Fax um 15:51 Uhr eingegangen sei, mithin zu einem Zeitpunkt, als der Einlagebetrag zu Gunsten der Beklagten bereits angewiesen gewesen sei. Die X(1) GmbH, über die sämtliche Zahlungen zwischen den X-Gesellschaften abgewickelt würden, habe am 24.02.2015 u. a. den ihr überwiesenen Betrag von 23.000,00 € auf ein gepfändetes Konto der X(2) GmbH weitergeleitet. Der Gesellschafterbeschluss vom 12.04.2017 sei ihm bis zur Vorlage durch die Beklagte im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Berlin nicht bekannt gewesen. Die Unterschrift auf dem Beschluss sei seine, er könne sich an die Unterzeichnung nicht erinnern. Er fechte seine Erklärung zudem wegen Inhalts- und Erklärungsirrtums an; er habe kein Erklärungsbewusstsein gehabt.1

Weiter ist der Kläger der Auffassung gewesen, sollte er seine Einlagepflicht am 17.02.2015 nicht erfüllt haben, so wäre er von dieser durch Ziffer 2.4 des Anteilskaufvertrages vom 04.09.2015 befreit worden; jedenfalls sei die Kaduzierung treuwidrig und unwirksam. Die genannte Vertragsbestimmung setze die Möglichkeit voraus, dass die Stammeinlage noch nicht vollständig gezahlt ist, und verpflichte die Beklagte, (vorrangig) die Y GmbH zur Einlagenleistung heranzuziehen. Die Garantie zu Ziffer 3.2 stehe dem nicht entgegen. Der Anteilskaufvertrag habe wegen der ausstehenden Grunderwerbssteuerzahlung kurzfristig und ohne unmittelbare Beteiligung der Parteien abgeschlossen werden müssen; die handelnden Vertreter – Herr B… und Herr Rechtsanwalt W… – hätten daher die Frage der Einlagenleistung nicht näher prüfen können, die Ziffer 3.2 dennoch in den Vertrag aufgenommen und zur Absicherung – für den Fall nicht vollständiger Einzahlung der Einlage – die Regelung zu Ziffer 2.4 getroffen. Treuwidrig sei es außerdem, dass die Beklagte mit einer etwaigen Einlagenforderung nicht gegen seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens über 150.000,00 € aufgerechnet habe, sondern zum äußersten Mittel, dem Kaduzierungsverfahren, gegriffen habe. Unwirksam sei die Kaduzierung ferner, weil das Kaduzierungsverfahren gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe. So habe die Beklagte die Y GmbH nicht gleichermaßen zur Leistung der ihrem Anteil entsprechenden Stammeinlage aufgefordert. Auf die Einlagenzahlung der Y vom 11.07.2017 komme es nicht an; diese sei zudem erst nach Ablauf der ihm im Schreiben vom 11.05.2017 gesetzten Frist erfolgt. Jedenfalls habe ihm der Gleichheitsverstoß bezüglich einer etwaigen Einlageverpflichtung ein Leistungsverweigerungsrecht verschafft, das er mit dem Hinweis in seinem Schreiben vom 04.05.2017, er habe seine Einlage bereits erbracht, konkludent ausgeübt habe. Schließlich sei ein etwaiges Recht der Beklagten zur Kaduzierung seines Geschäftsanteils am 27.09.2018 verwirkt gewesen, nachdem die im Schreiben vom 11.05.2017 gesetzte Nachfrist zur Einlagenzahlung bereits am 15.06.2017 abgelaufen gewesen sei. Er habe daher nicht mehr damit rechnen müssen, dass die Beklagte die Kaduzierung am 27.09.2018 noch auf die unter dem 11.05.2017 gesetzte Nachfrist stützen würde. Die an ihn zuvor ergangenen Aufforderungen zur Einlagenzahlung hätten nicht mehr im Zusammenhang mit dem Kaduzierungsverfahren gestanden; die Beklagte habe ihn durchgehend als Gesellschafter behandelt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. gegenüber der Beklagten festzustellen, dass die Kaduzierung seines an der Beklagten gehaltenen Geschäftsanteils mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € durch das Schreiben der Beklagten vom 27.09.2018 mangels Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen unwirksam gewesen ist und er mit dem an der Beklagten gehaltenen Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € über den 27.09.2018 hinaus weiterhin Gesellschafter der Beklagten mit allen damit verbundenen Rechten geblieben ist,

2. für den Fall der Stattgabe des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen,

a. ihm unter Vorlage von Jahresabschlüssen, Lageberichten und Gewinnverwendungsbeschlüssen Auskunft darüber zu erteilen,

aa. welche Ergebnisse – insbesondere Jahresüberschüsse – die Beklagte ab dem Geschäftsjahr 2017 erzielt hat,

bb. welche Gewinnverwendungsbeschlüsse mit welchem Inhalt nach seinem Ausscheiden am 27.09.2018 gefasst worden sind,

cc. welche Gewinnanteile, die ohne seinen Ausschluss auf den Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € entfallen wären, nach seinem Ausschluss am 27.09.2018 in welchem Umfang welchen weiteren Gesellschaftern der Beklagten, insbesondere der Y GmbH und der Vermögensverwaltung Objekt K…straße …-… GmbH, zusätzlich zugewiesen und ausgeschüttet worden sind,

b. gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt zu versichern,

3. für den Fall der Stattgabe des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, beim zuständigen Handelsregister eine Gesellschafterliste einzureichen, die ihn als Inhaber des Geschäftsanteils mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € ausweist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, im Hinblick auf die Zahlungsvorgänge zwischen dem 17.02.2015 und 24.02.2015 sei von einem Hin- und Herzahlen des Einlagebetrages auszugehen; dieser habe ihr zu keinem Zeitpunkt uneingeschränkt zur freien Verfügung gestanden, so dass der Kläger seine Einlagepflicht nicht erfüllt habe. Ziffer 2.4 des Anteilskaufvertrages vom 04.09.2015 habe nicht die – ohnehin nach § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG nicht mögliche – Freistellung des Klägers von noch bestehenden Einlageverpflichtungen durch die Y GmbH bezweckt; dem stehe schon die Garantie des Klägers aus Ziffer 3.2 des Anteilskaufvertrages, das Stammkapital sei voll eingezahlt, entgegen. Die Regelung zur vorrangigen Verbuchung der von der Y GmbH einzubringenden liquiden Mittel von 25.000,00 € habe sich nur auf den von dieser erworbenen Anteil bezogen und dazu gedient, die Y GmbH vor einer Inanspruchnahme über 25.000,00 € hinaus zu schützen; denn für den Fall, dass das auf deren Anteil entfallende Stammkapital noch nicht geleistet gewesen wäre, hätte sie hierfür nach § 16 Abs. 2 GmbHG gehaftet. Es liege im Betreiben der Kaduzierung allein gegen den Kläger auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil es hierfür in Gestalt der Garantie des Klägers in Ziffer 3.2 des Anteilskaufvertrages einen sachlichen Grund gegeben habe. Nach dem Gesellschafterbeschluss vom 12.04.2017 habe ihr Geschäftsführer Herr E… davon ausgehen können, dass der Kläger entsprechend seiner Garantie die Stammeinlage vollständig – also auch soweit sie auf den Anteil der Y GmbH entfällt – leistet und (zunächst) von einer Inanspruchnahme der Y GmbH absehen dürfen.

Mit Urteil vom 15.01.2020 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Kaduzierung des klägerischen Geschäftsanteils nach § 21 Abs. 1 und 2 GmbHG sei zu Recht erfolgt. Der Kläger sei mit der Zahlung der Stammeinlage säumig gewesen. Er habe seine Stammeinlage nicht wirksam geleistet, weil der Einlagebetrag bis auf 2.000,00 € bereits wenige Tage nach Einzahlung auf das Konto der Beklagten an die X(1) GmbH zurückgezahlt worden sei. Die hierdurch begründete Vermutung, das Kapital habe der Gesellschaft vereinbarungs- oder plangemäß nicht zur freien Verfügung stehen sollen, habe der Kläger mit seinem Vorbringen nicht entkräftet. Die Darlehen seien nicht werthaltig und ohne Sicherheiten gewährt worden, was nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entspreche. Ausweislich des Restguthabens von 28.153,21 € auf dem Konto der X(1) GmbH nach Überweisung der 40.000,00 € an die X(2) GmbH hätte es des Darlehens an die X(1) GmbH zur Entpfändung der Konten der X(2) GmbH gar nicht bedurft. Die Beklagte habe ihr Recht zur Kaduzierung auch nicht verwirkt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Der Kläger beantragt,

1. gegenüber der Beklagten festzustellen, dass die Kaduzierung seines an der Beklagten gehaltenen Geschäftsanteils mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € durch das Schreiben der Beklagten vom 27.09.2018 mangels Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen unwirksam gewesen ist und er mit dem an der Beklagten gehaltenen Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € über den 27.09.2018 hinaus weiterhin Gesellschafter der Beklagten mit allen damit verbundenen Rechten geblieben ist,

2. für den Fall der Stattgabe des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen,

a. ihm unter Vorlage von Jahresabschlüssen, Lageberichten und Gewinnverwendungsbeschlüssen Auskunft darüber zu erteilen,

aa. welche Ergebnisse – insbesondere Jahresüberschüsse – die Beklagte ab dem Geschäftsjahr 2017 erzielt hat,

bb. welche Gewinnverwendungsbeschlüsse mit welchem Inhalt nach seinem Ausscheiden am 27.09.2018 gefasst worden sind,

cc. welche Gewinnanteile, die ohne seinen Ausschluss auf den Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € entfallen wären, nach seinem Ausschluss am 27.09.2018 in welchem Umfang welchen weiteren Gesellschaftern der Beklagten, insbesondere der Y GmbH und der Vermögensverwaltung Objekt K…straße …-… GmbH, zusätzlich zugewiesen und ausgeschüttet worden sind,

b. gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt zu versichern,

3. für den Fall der Stattgabe des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, beim zuständigen Handelsregister eine Gesellschafterliste einzureichen, die ihn als Inhaber des Geschäftsanteils mit der laufenden Nr. 3 im Nennbetrag von 12.250,00 € ausweist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Klage zwar zulässig (zu 1.), aber unbegründet (zu 2.) ist.

1. Die Unwirksamkeit der Kaduzierung ist mit der Feststellungsklage geltend zu machen (Emmerich, in: Scholz GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2020, § 21 Rn. 32b; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Urteil vom 25.02.2010 – 27 U 24/09 -, juris Rn. 43 zur umgekehrten Feststellungsklage der Gesellschaft). Sie ist vorliegend darauf zu richten, dass der Kläger mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 12.250,00 € weiterhin Gesellschafter der Beklagten ist. Die Feststellung eines solchen Rechtsverhältnisses begehrt der Kläger mit seinem Hauptantrag. Dass darüber hinaus auch die für das Rechtsverhältnis maßgebliche Vorfrage – die Wirksamkeit/Unwirksamkeit der Kaduzierung – Gegenstand des Feststellungsantrags ist, macht den Antrag nicht unzulässig. Anträge sind im Zweifel so auszulegen, dass sie nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig sind und der recht verstandenen Interessenlage des Antragstellers entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2018 – V ZR 203/17 -, juris Rn. 6). Der Hauptantrag des Klägers ist daher als mit seinem zulässigen Inhalt gestellt auszulegen.

2. Die Klage ist unbegründet, weil die Beklagte den Kläger wirksam nach § 21 Abs. 1 und 2 GmbHG mit seinem Geschäftsanteil ausgeschlossen hat. Nach § 21 Abs. 1 und 2 GmbHG kann die Gesellschaft dem mit der Einzahlung seiner Einlage säumigen Gesellschafter unter Androhung seines Ausschlusses eine Nachfrist zur Einzahlung von mindestens einem Monat setzen und ihn nach deren fruchtlosem Ablauf seines Gesellschaftsanteils verlustig erklären.

a. Der Kläger war mit der Zahlung seiner Einlage säumig. Die Einlage war zur Zahlung fällig. Nach § 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten vom 13.11.2014 war das 25.000,00 betragende Stammkapital in Höhe von 50 % (12.500,00 €) „sofort“ (jedenfalls vor Anmeldung zum Handelsregister, § 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG) und im Übrigen auf Anforderung der Geschäftsführung nach entsprechendem Beschluss der Gesellschafterversammlung (vgl. auch § 46 Nr. 2 GmbHG) einzuzahlen. Ein solcher Beschluss ist am 12.04.2017 gefasst worden. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass sich unter dem Beschluss seine Unterschrift befindet. Seine auf § 119 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtung im Schriftsatz vom 18.10.2019 hat keinen Erfolg. Sie ist entgegen § 121 Abs. 1 S. 1 BGB nicht unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – erklärt worden. Der Kläger hatte schon im Termin vor dem Landgericht Berlin vom 08.11.2018 – 104 O 71/18 – Kenntnis von seiner Unterschrift unter dem Beschlussoriginal erlangt. Auch ein Anfechtungsgrund – Fehlen des Erklärungsbewusstseins – ist nicht ersichtlich, nachdem der Kläger mit seinem Vorbringen, sich an die Beschlussfassung nicht erinnern zu können, keine Umstände darlegt, aus denen sich ergeben könnte, dass er zwar die Unterschrift geleistet hat, dabei jedoch dabei nicht das Bewusstsein hatte, etwas Rechtserhebliches zu erklären. Auf den Beschluss vom 12.04.2017 hat die Geschäftsführung der Beklagten – der Geschäftsführer Herr E… – mit Schreiben an den Kläger vom 21.04.2017 die Einlage in Höhe des klägerischen Geschäftsanteils von 12.250,00 € auch angefordert.

aa. An der Säumigkeit des Klägers fehlt es nicht, weil dieser seine Einlageverpflichtung bereits vollständig erfüllt hätte. Die von ihm geleistete Einlage beträgt vielmehr höchstens 2.000,00 €.

Mit der Überweisung von 25.000,00 € vom Konto der X(1) GmbH auf das Konto der Beklagten vom 17.02.2015 hat der Kläger die Einlage nicht vollständig gezahlt. Die Erfüllung der Einlagepflicht setzt voraus, dass der geleistete Einlagebetrag dem Vermögen der Gesellschaft endgültig und uneingeschränkt zu deren freier Verfügung zugeflossen ist (OLG OldenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Oldenburg
, Urteil vom 26.07.2007 – 1 U 8/07 -, juris Rn. 54; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 19 Rn. 12). Hieran fehlt es. Der Einlagebetrag von 25.000,00 € ist der Beklagten bereits sechs Tage nach Eingang im Umfang von 23.000,00 € zu Gunsten der X(1) bzw. X(2) GmbH wieder entzogen worden. Ein solches Hin- und Herzahlen begründet die Vermutung, dass bereits beim Hinzahlen das alsbaldige – an den Inferenten oder eine von ihm beherrschte Gesellschaft erfolgende – Zurückzahlen beabsichtigt war, was der Annahme eines endgültigen und vollwertigen Vermögenszuflusses entgegensteht (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2002 – II ZR 101/02 -, juris Rn. 8/9; BGH); und zwar auch dann, wenn das Herzahlen wie vorliegend als Darlehen bezeichnet wird (BGH, Urteil vom 21.11.2005 – II ZR 140/04 -, juris Rn. 7; vgl. auch BGH, Urteil vom 16.01.2006 – II ZR 76/04 – juris Rn. 26).

Der Vortrag des Klägers zur Erschütterung der Vermutung ist nicht plausibel. Das gilt zunächst für seine Behauptung, der Herzahlung der 23.000,00 € an die X(1) GmbH vom 24.02.2015 habe ein Darlehensvertrag vom 23.02.2015 zugrunde gelegen. Unstreitig befindet sich ein solcher Darlehensvertrag nicht in den Geschäftsunterlagen der Beklagten. Ferner hat der Kläger unter Ziffer 3.6 des Anteilskaufvertrages vom 04.09.2015 garantiert, die Beklagte habe keine Darlehen vergeben, und schließlich hat die X(1) GmbH unstreitig das zum 31.12.2017 zur Rückzahlung fällige Darlehen nicht zurückgezahlt. Weiter kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bei Leistung der Einlage am 16.02.2015 Kenntnis von der Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts (A) vom 10.02.2015 hatte oder nicht. Jedenfalls nämlich war ihm zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass in Kürze die behördliche Vollstreckung der teilweise seit annähernd sechs Monaten fälligen Gewerbe- und Körperschaftssteuerforderungen gegen die X(2) GmbH erfolgen wird. Die von ihm wenige Tage später veranlasste Rückbuchung fast des gesamten Einlagebetrages vom Konto der Beklagten auf das der X(1) GmbH lässt damit allein den Schluss zu, dass der Kläger sich schon bei Leistung der Einlage an die Beklagte vorbehalten hat, auf diese zur Aufhebung von gegen die X(2) GmbH ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen (Kontopfändung) zuzugreifen. Mittelbar bestätigt der Kläger dies, wenn er im Schriftsatz vom 04.08.2020 auf Seite 5 ausführt, bei Kenntnis der Kontopfändung zu Lasten der X(2) GmbH, hätte er die 25.000,00 € gar nicht als Einlage – die zu diesem Zeitpunkt im Umfang von 50 % schon mehr als zwei Monate überfällig war und deren Erbringung er gegenüber dem Registergericht mit der Anmeldung vorgetäuscht hat – an die Beklagte, sondern an die X(2) GmbH überwiesen. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, die Einlage habe mit Eingang des Betrages von 25.000,00 € auf dem Konto der Beklagten am 17.02.2015 dieser endgültig und uneingeschränkt zur freien Verfügung gestanden.

bb. Der Kläger ist durch den Anteilskaufvertrag vom 04.09.2015 nicht von seiner Einlagepflicht gegenüber der Beklagten befreit worden. Eine dahingehende Auslegung des Vertrages, insbesondere von dessen Ziffer 2.4, ist nach § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG ausgeschlossen (vgl. Bayer, a. a. O., § 19 Rn. 18).

cc. Die Säumigkeit des Klägers entfällt nicht wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch im Kaduzierungsverfahren zu beachten, wenn zwei oder mehrere Gesellschafter einlagesäumig sind. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz lässt jedoch nicht die Pflicht des betroffenen Gesellschafters entfallen, seine Einlageschuld zu erfüllen. Er verschafft ihm lediglich ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB und nur, wenn er sich auf dieses beruft, ist er im Hinblick auf seine Einlageschuld für die Dauer der Ungleichbehandlung zur Leistungsverweigerung berechtigt und nicht (mehr) säumig im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 GmbHG (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Urteil vom 25.02.2010 – 27 U 24/09 -, juris Rn. 49 ff.; Bayer, a. a. O., § 19 Rn. 6; Emmerich, a. a. a. O., § 21 Rn. 14). Vorliegend hat die Beklagte auf den Gesellschafterbeschluss vom 12.04.2017 hin zwar nur den Kläger und nicht auch die Y GmbH zur Zahlung der Einlage aufgefordert. Ob diese Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe – etwa die vom Kläger in Ziffer 3.2 des Anteilskaufvertrages vom 04.09.2015 übernommene Garantie der vollständigen Stammkapitaleinzahlung – gerechtfertigt ist (zu möglichen Rechtfertigungsgründen für ein differenziertes Vorgehen gegenüber einlagesäumigen Gesellschaftern vg. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, a. a. O., Rn. 49/50), kann jedoch dahinstehen, weil der Kläger ein auf Ungleichbehandlung gestütztes Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB vor seinem Ausschluss weder ausdrücklich noch konkludent geltend gemacht hat und daher zur Verweigerung der Einlagenzahlung nicht berechtigt war (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O. Rn. 53; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 25.03.1987, MDR 1987, 675 f). Der Kläger hat auf die Einlagenforderung vom 21.04.2017 lediglich erklärt, er habe die Stammeinlage bereits vollständig erbracht. Anders hat der Kläger meint, hat er sich damit auch nicht konkludent auf die dargestellte Ungleichbehandlung als Rechtfertigung für ein Zurückhalten der Einlagenzahlung berufen. Auf eine mögliche Unkenntnis des Klägers von der Ungleichbehandlung kommt es nicht an. Er hätte vom Geschäftsführer der Beklagten jederzeit Auskunft darüber verlangen können, welche Einlagenzahlungen zu welcher Zeit die Beklagte von der Y GmbH verlangt hat (vgl. Veil, in: Scholz, a. a. O., § 19 Rn. 25), und auch schon in dem Zeitraum bis zur Auskunftserteilung die Einlagenzahlung verweigern können, ohne säumig zu sein (vgl. Bayer, a. a. O., § 19 Rn. 7; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.).

b. Der Ausschluss des Klägers mit seinem Geschäftsanteil ist nicht unwirksam, weil das Betreiben des Kaduzierungsverfahrens gegen ihn treuwidrig gewesen wäre.

aa. Ziffer 2.4 des Anteilskaufvertrages vom 04.09.2015 entbindet den Kläger nicht von seiner Einlagepflicht gegenüber der Beklagten (s. zu a.bb.). Aber auch im Innenverhältnis zur Y GmbH stellt diese Vertragsbestimmung den Kläger nicht von seiner Einlagepflicht frei mit der vom Kläger reklamierten Folge, die Beklagte hätte die Einlage unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben insgesamt zunächst allein von der Y GmbH abfordern müssen. Eine dahingehende Auslegung der Ziffer 2.4 kommt auch dann nicht in Betracht, wenn diese Regelung in den Vertrag aufgenommen worden sein sollte, weil die verhandlungsführenden Vertreter der Vertragsparteien – Herr B… und Herr Rechtsanwalt W… – nicht sicher wussten, ob das Stammkapital entsprechend der Garantie in Ziffer 3.2 des Anteilskaufvertrags tatsächlich bereits vollständig eingezahlt war; zu dieser Behauptung des Klägers ist der von ihm als Zeuge benannte Herr B… daher nicht zu vernehmen.

Nach dem Anteilsübertragungsvertrag war die Y GmbH außer zur Vermittlung eines Darlehens zum Zwecke der Grunderwerbssteuerfinanzierung auch verpflichtet, die Beklagte mit „liquiden Mitteln“ in Höhe von bis zu 25.000,00 € auszustatten. Dieser Betrag sollte für die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Grundstückskaufvertrag vom 02.12.2014 eingesetzt werden; das ergibt sich eindeutig aus dem zweiten Absatz der „Vorbemerkung“ auf Seite 5 und Ziffer 2.4 S. 3 des Anteilsübertragungsvertrages. Dieser Zweckbestimmung liefe die klägerische Auslegung von Ziffer 2.4 S. 2 des Anteilskaufvertrages zuwider, derzufolge die dort festgelegte vorrangige Buchung der eingebrachten liquiden Mittel auf nicht vollständig eingezahltes Stammkapital auch das auf den dem Kläger verbleibenden Geschäftsanteil entfallende noch offene Stammkapital erfasst. Einer Buchung der liquiden Mittel nicht allein auf die Stammkapitalschuld der Y GmbH für den von ihr erworbenen Anteil, sondern auch auf die des Klägers für seinen Anteil widerspricht schon der Grundsatz des § 19 Abs. 1 GmbHG, wonach jeder Gesellschafter (lediglich) proportional zu seinem Geschäftsanteil auf das Stammkapital einzahlt. Dass die Parteien des Anteilskaufvertrages mit dessen Ziffer 2.4 von diesem Grundsatz abweichen wollten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie mit der Buchungsbestimmung in Ziffer 2.4 S. 2 des Anteilskaufvertrages – wie von der Beklagten dargelegt – darauf abzielten, die Belastung der Y GmbH auf den übernommenen Betrag von 25.000,00 € für den Fall zu beschränken, dass auf dem von ihr erworbenen Anteil noch eine Stammkapitalschuld lastet. Für diese haftete nach § 16 Abs. 2 GmbHG neben dem Kläger auch die Y GmbH. Der Y GmbH drohte mithin eine Inanspruchnahme über die als liquide Mittel einzubringenden 25.000,00 € hinaus, wenn das ihrem Anteil entsprechende Stammkapital noch nicht vollständig gezahlt worden sein sollte. Dieses Risiko wiederum beseitigt die Regelung in Ziffer 2.4 S. 2 des Anteilskaufvertrages, dass die 25.000,00 € zunächst auf etwaiges noch nicht gezahltes Stammkapital gebucht werden und (nur) die darüber hinausgehenden Beträge in der Kapitalrücklage als liquide Mittel erfasst werden. Im Lichte dieser Auslegung von Ziffer 2.4 des Anteilskaufvertrages ist schließlich der Begriff der von der Y GmbH übernommenen „Einlageverpflichtung“ in Ziffer 2.1 S. 2 des Anteilskaufvertrages zu interpretieren, nachdem diese Bestimmung zur Konkretisierung der „Einlageverpflichtung“ ausdrücklich auf Ziffer 2.4 verweist. Danach lässt sich auch aus der der Y GmbH in Ziffer 2.1 S. 2 des Anteilskaufvertrages zugewiesenen „Einlageverpflichtung“ kein Anspruch des Klägers gegen die Y GmbH auf Freistellung von seiner Einlageschuld ableiten.

bb. Die Beklagte war nach Treu und Glauben auch nicht gehalten, statt als ultima ratio das Kaduzierungsverfahren zu betreiben mit ihrem Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung der Einlage gegen dessen möglichen Anspruch auf Darlehensrückzahlung in Höhe von 150.000,00 € aus dem Darlehensvertrag vom 04.12.2014 aufzurechnen. Auf ein solches Unterlassen kann schon deshalb ein Treuwidrigkeitsvorwurf nicht gestützt werden, weil im umgekehrten Verhältnis eine Aufrechnung des Gesellschafters gegen den Einlageanspruch der Gesellschaft nach § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG grundsätzlich unzulässig ist; der dort geregelte Ausnahmetatbestand (Sacheinlagenregelung im Gesellschaftsvertrag nach § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG) ist nicht erfüllt. Danach kann der Kläger unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben von der Beklagten nicht das verlangen, was ihm selbst verwehrt ist – den Einlageanspruch der Beklagten durch Aufrechnung zum Erlöschen zu bringen. Darüber hinaus war der Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers erst zum Ende des Jahres 2017 fällig, so dass eine Aufrechnung der Beklagten gegen diesen mit ihrem Einlageanspruch vor diesem Zeitpunkt nicht zu dem vollwertigen und uneingeschränkten Vermögenszufluss bei der Beklagten geführt hätte, wie er für die Erfüllung der Einlageschuld erforderlich ist. Eine Aufrechnung nach Ablauf des Jahres 2017 konnte die Beklagte wiederum nicht wirksam erklären, weil der Kläger – wie der Beklagten bekannt war – infolge der Sicherungsabtretung im Sicherheitenvertrag vom 27.10.2017 zu Gunsten der … AG nicht mehr Inhaber des Anspruchs auf Darlehensrückzahlung war, so dass es an der für eine Aufrechnung notwendigen Forderungsgegenseitigkeit mangelte.

c. Die Beklagte hat die formalen und inhaltlichen Anforderungen des § 21 Abs. 1 GmbHG für einen wirksamen Ausschluss des Klägers erfüllt.

Nach dem Schreiben vom 21.04.2017 hat sie in Gestalt des Schreibens vom 11.05.2017 im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 GmbHG eine „erneute Aufforderung“ an den Kläger erlassen, hierin eine Nachfrist zur Zahlung von einem Monat (§ 21 Abs. 1 S. 3 GmbHG) ab Zugang des Schreibens gesetzt und den Ausschluss des Klägers mit seinem Geschäftsanteil angedroht. Die Androhung erfolgte mit Übergabe-Einschreiben; dies entspricht dem von § 21 Abs. 1 S. 2 GmbHG geforderten eingeschriebenen Brief (BGH, Urteil vom 27.09.2016 – II ZR 299/15 -, juris Rn 15 unter Hinweis darauf, dass es bei der Einführung von § 21 Abs. 1 S. 2 GmbHG im Jahre nur das Übergabe-Einschreiben und noch kein Einwurf-Einschreiben gab). Die Androhung des Ausschlusses ist ausreichend deutlich („… können Sie mit Ihrem Geschäftsanteil … ausgeschlossen werden“). Der Ausschluss wird damit zwar nicht als zwingende Folge des fruchtlosen Ablaufs der Nachfrist in Aussicht gestellt; das ist jedoch auch nicht erforderlich, nachdem die Gesellschaft zum Ausschluss des säumigen Gesellschafters nicht verpflichtet ist. Der Hinweis auf den Ausschluss als mögliche konkrete Folge des Nachfristablaufs führt dem Kläger jedenfalls klar vor Augen, dass ihm der Ausschluss droht; mehr ist von der Beklagten nicht zu verlangen (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
Urteil vom 16.09.1992 – 8 U 203/91 -, juris Rn. 20 zum als ausreichend erachten Hinweis darauf, „daß Ihnen der Ausschluß aus der Gesellschaft droht“). Die Zahlungsaufforderung im Schreiben vom 11.05.2017 ist genau beziffert (vgl. zu diesem Erfordernis Emmerich, a. a. O., § 21 Rn. 15); dass sie möglicherweise um 2.000,00 € zu hoch ist, führt nicht zu ihrer Unwirksamkeit. Eine Zuvielforderung schadet nicht (OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, Urteil vom 25.06.1993 – 11 U 121/92 -, ZIP 1993, S. 1388 mwN); jedenfalls dann nicht, wenn sie – wie hier – nicht weit überhöht ist (Bayer, a. a. O., § 21 Rn. 9).

d. Die Kaduzierungserklärung der Beklagten vom 27.09.2018 entspricht den Anforderungen des § 21 Abs. 2 GmbHG und hat zum Ausschluss des Klägers mit seinem Geschäftsanteil geführt.

aa. Die Erklärung ist nach Ablauf der mit Schreiben vom 11.05.2017 gesetzten Nachfrist von einem Monat – und auch nach Ablauf der zuletzt mit Schreiben vom 03.09.2018 gesetzten Frist von zwei Wochen – mit Schreiben vom 27.09.2018 erfolgt. Die Zustellung an den Kläger durch eine Obergerichtsvollzieherin statt durch eingeschriebenen Brief war wirksam (vgl. Emmerich, a. a. O., § 21 Rn. 19a). Das Schreiben erfüllt auch die inhaltlichen Voraussetzungen eines Ausschlusses, indem der Kläger hierin entsprechend § 21 Abs. 2 GmbHG seines „Gesellschaftsanteils mit der laufenden Nummer 3 und einem Nennbetrag von EUR 12.250,00 verlustig“ erklärt wird.

bb. Das Recht der Beklagten zum Ausschluss des Klägers war im Zeitpunkt der Ausschlusserklärung am 27.09.2018 nicht verwirkt. Grundsätzlich ist zu fordern, dass die Ausübung dieses Gestaltungsrechts nicht illoyal verzögert wird, sondern binnen angemessener Frist erfolgt (Emmerich, a. a. O., Rn. 22a). Im Hinblick auf das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes ist ein Abstand zwischen Nachfristablauf und Kaduzierung von über 15 Monaten möglicherweise nicht von vornherein unbeachtlich; indes ist jedenfalls das Umstandsmoment nicht gegeben. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die im Anschluss an den Nachfristablauf (15.06.2017) an ihn ergangenen zahlreichen Zahlungsaufforderungen einschließlich der „letzten Zahlungsaufforderung“ vom 03.09.2018 einen Bezug zur zuvor angedrohten Kaduzierung nicht hergestellt haben. Hierauf konnte der Kläger jedoch nicht das Vertrauen gründen, er werde nicht mehr ausgeschlossen. Die Möglichkeit seines Ausschlusses stand seit Ablauf der mit Schreiben vom 11.05.2017 gesetzten Nachfrist im Raum und wurde nicht dadurch obsolet, dass die Beklagte bei den nachfolgenden Ermahnungen zur Einlagenzahlung von weiteren (ausdrücklichen) Androhungen der Kaduzierung abgesehen hat; hieraus durfte der Kläger nicht ableiten, die Beklagte habe auf ihre Befugnis, ihn auszuschließen, verzichtet. Sollte der Kläger gleichwohl darauf vertraut haben, nicht mehr ausgeschlossen zu werden, so wäre ein solches Vertrauen mangels diesbezüglich getroffener Dispositionen des Klägers nicht schutzwürdig (vgl. OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, a. a. O.). Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich in einer – für die Beklagte erkennbaren – Weise darauf eingerichtet hat, es werde zu seinem Ausschluss nicht mehr kommen, dass ihm durch den späterhin doch erklärten Ausschluss unzumutbare Nachteile entstanden wären (vgl. Grüneberg, Palandt, 79. Aufl. 2020, § 242 Rn. 95). Die einzige nach der Ausschlussandrohung vorgenommene Vermögensdisposition, die gegenüber der Beklagten die Annahme des Klägers dokumentiert hat, Gesellschafter der Beklagten zu bleiben, ist die Sicherungsabtretung seines möglichen Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte in Höhe von 150.000,00 € an die … AG vom 27.10.2017. Diese ist jedoch lediglich vier Monate nach Ablauf der mit Schreiben vom 11.05.2017 gesetzten Nachfrist, mithin zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Kläger keinesfalls schon annehmen konnte, die Beklagte werde von ihrem Recht, ihn auszuschließen, keinen Gebrauch mehr machen.

3. Da die Klage mit dem Hauptantrag keinen Erfolg hat, ist über die für den umgekehrten Fall gestellten – unechten – Hilfsanträge nicht zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert wird auf 12.250,00 € festgesetzt, nachdem die Parteien den für dessen Bemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Wert des kaduzierten Geschäftsanteils im Verhandlungstermin vom 19.08.2020 übereinstimmend mit 12.250,00 € angegeben haben.

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Schlagworte: Ausfallhaftung des von der Kaduzierung betroffenen Gesellschafters, Inhalt und Form der Kaduzierung, Kaduzierung, Kaduzierungsberechtigter, Kaduzierungsverpflichteter, Voraussetzungen der Kaduzierung, Wirkung der Kaduzierung