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KG Berlin, Beschluss vom 09.09.2019 – 22 W 93/17

§ 273 Abs 4 AktG, § 12 Abs 1 HGB, § 157 Abs 1 HGB, § 161 Abs 2 HGB

Ist die Beendigung einer Kommanditgesellschaft nach den §§ 157 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB in das Handelsregister eingetragen, ist die Gesellschaft auf eine Anmeldung hin wieder einzutragen, wenn die Wiedereintragung im Rahmen der Nachtragsliquidation zur vollständigen Beendigung notwendig ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 15. September 2017 aufgehoben und das Registergericht nach Maßgabe dieser Entscheidung angewiesen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1), eine Kommanditgesellschaft, ist seit dem 19. Mai 1994 im Handelsregister eingetragen. Der Beteiligte zu 2), der der einzige Kommanditist der Beteiligten zu 1) ist und der Liquidator der Komplemtär-GmbH, der Beteiligten zu 3), meldete mit einer notariell beglaubigten elektronischen Anmeldung vom 15. Juli 2016 an, dass die Gesellschaft aufgelöst und die Firma erloschen ist. Die Eintragung erfolgte am 12. September 2016. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Beteiligte zu 1) noch Eigentümerin von zwei Wohnungseigentumsrechten ist, beantragte der Beteiligte zu 2) zunächst seine Bestellung zum Nachtragsliquidator. Dies lehnte das Amtsgericht mit einem Beschluss vom 16. März 2017 ab.

Mit notariell beglaubigter und elektronisch eingereichter Erklärung vom 8. August 2017 hat der Beteiligte zu 2) als Liquidator der Beteiligten zu 3), und zugleich auch als Kommanditist beantragt, die zu Unrecht eingetragene Löschung der Gesellschaft zu berichtigen und zugleich angemeldet, dass die Beteiligte zu 3) aufgrund Gesellschafterbeschluss die von § 181 BGB befreite alleinige Liquidatorin sei. Die Beteiligten machen geltend, dass das Wohnungseigentum mit notariellem Kaufvertrag vom 29. November 2016 an Dritte veräußert worden sei. Das Grundbuchamt habe die Eintragung der Eigentumsübertragung aber abgelehnt. Der notwendige Nachweis über die Vertretungsberechtigung sei wegen § 29 GBO nur dadurch zu führen, dass die Löschung der Beteiligten im Handelsregister berichtigt werde.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat den Antrag mit Beschluss vom 15. September 2017 (Bl. 25 f.) zurückgewiesen. Eine Wiedereintragung der Beteiligten zu 1) komme nicht in Betracht, weil hier keine umfangreichere und längere Abwicklung, sondern lediglich einzelne Rechtshandlungen zur Abwicklung von Grundeigentum erforderlich seien.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 2) und 3) mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 (Bl. 28 ff.) Beschwerde eingelegt und zur Begründung ihre Rechtsansicht zur Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit des von ihr beantragten Vorgehens wiederholt.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2017 (Bl. 44 f.) hat das Amtsgericht Charlottenburg der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) hat Erfolg.

1. Der Antrag vom 8. August 2017 ist als Anmeldung der Fortsetzung der Liquidation anzusehen und als solcher auch eintragungsreif. Dem steht nicht entgegen, dass die Anmelder davon ausgehen, dass die Eintragung der Löschung zu Unrecht erfolgt und die Eintragung zu berichtigen sei. Denn dann wäre die Erklärung lediglich als Anregung auf eine Berichtigung nach § 395 FamFG anzusehen. Diese hätte aber erfolglos bleiben müssen, weil die Voraussetzung für die Eintragung vom 16. September 2016, nämlich eine entsprechende Anmeldung durch alle Gesellschafter, vorlag und das spätere Auffinden von Vermögensgegenständen, ebenso wie bei den Kapitalgesellschaften, nicht zu einer Unrichtigkeit der Eintragung führt, sondern nur die Notwendigkeit weiterer Liquidationsmaßnahmen auslöst (vgl. zu den Kapitalgesellschaften: Senat, Beschluss vom 31. Juli 2015 – 22 W 43/15 –, juris Rdn. 5; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 01. März 2016 – I-3 Wx 191/15 –, juris Rdn. 11; OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Zweibrücken
, Beschluss vom 01. März 2002 – 3 W 38/02 –, juris Rdn. 9; Henssler/Strohn/Klöhn, Gesellschaftsrecht, § 157 Rdn. 9; Münchener Kommentar zum HGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 157 Rdn. 13). Die Erklärung vom 8. August 2017 erfüllt dabei nicht nur die formellen Anforderungen nach § 12 Abs. 1 HGB, sondern sie ist auch entsprechend auslegungsfähig (vgl. Senat, Beschluss vom 05. September 2018 – 22 W 53/18 –, juris Rdn. 8). Eine entsprechende Auslegung ist auch geboten, weil dies dem Begehren der Beteiligten entspricht.

Ist die Erklärung vom 8. August 2017 als Anmeldung anzusehen, ist die gegen die Zurückweisung dieser Anmeldung mit dem Beschluss vom 15. September 2017 gerichtete Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil die Beschwerdefrist von einem Monat gewahrt und die Beteiligten zu 2) und 3) in ihrem Recht auf Vollzug der Anmeldung beeinträchtigt sind, so dass auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 und 2 FamFG erfüllt sind. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Eintragung für die Beteiligten ist auch von einem Beschwerwert von über 600 EUR auszugehen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

a) Es ist streitig, ob und auf welche Weise eine Personenhandelsgesellschaft nach ihrer Löschung wieder eine Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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bewirken kann. Soweit nicht von vornherein angenommen wird, die Eintragung des Erlöschens der Firma sei im Falle des Auffindens von Vermögenswerten unrichtig und die Löschung nach § 395 FamFG ihrerseits zu löschen (so Henssler/Strohn/Klöhn, Gesellschaftsrecht, § 157 Rdn. 9; Münchener Kommentar zum HGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 157 Rdn. 13), wird teilweise die Auffassung vertreten, eine Eintragung erfolge nur dann, wenn umfangreicher und länger andauernder Abwicklungsbedarf besteht (vgl. Gustavus/Böhringer/Melchior, Handelsregisteranmeldungen, 9. Aufl., A 56; Ries/Rudolph, Praxis- und Formularbuch zum Registerrecht, 3. Aufl., Rdn. 2.110; Schmidt/Sikora/Tiedke, Praxis des Handelsregister- und Kostenrechts, 7. Aufl., Rdn. 678). Dies ist vertretbar, weil die Eintragung des Erlöschens nach allgemeiner Meinung nur rechtsbekundend wirkt (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 157 Rdn. 3; Ebenroth/Boujong/Hillmann, HGB, 3. Aufl., § 157 Rdn. 7; Münchener Kommentar zum HGB/K. Schmidt, aaO, § 157 Rdn. 13; im Ergebnis ebenso: BGH, Urteil vom 21. Juni 1979 – IX ZR 69/75 –, juris) und die Gesellschaft weiter durch alle Gesellschafter vertreten wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Juni 1979 – IX ZR 69/75 –, juris Rdn. 24; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 28. Januar 2016 – I-3 Wx 21/15 –, juris Rdn. 19). Ob insoweit für die Wiedereintragung eine Anmeldung erforderlich ist, bleibt offen. Nach anderer Ansicht ist eine Fortsetzung mit dem Hinweis anzumelden, dass die Liquidation nicht beendet sei (so Fleischhauer/Wochner/Kallrath, Handelsregisterrecht, 4. Aufl., Muster 25, S. 227).

b) Nach Auffassung des Senats hat unter Anlehnung an die letzte Auffassung eine Wiedereintragung jedenfalls dann zu erfolgen, wenn eine entsprechende Anmeldung auf Fortsetzung der Liquidation erfolgt und die Beteiligten gelten machen können, dass die Wiedereintragung zur Abwicklung erforderlich ist. Die Notwendigkeit des Vorliegens einer Anmeldung ist aus dem System des Handelsregisterverfahrens abzuleiten, das eine Eintragung von Amts wegen nur im Ausnahmefall kennt (vgl. Baumbach/Hopt,aaO, § 8 Rdn. 6; Koller/Kindler/Roth, HGB, 9. Aufl., § 8 Rdn. 21; Münchener Kommentar zum HGB/Krafka, aaO, § 8 Rdn. 15; Schmidt-Kessel/Müther, Handelsregisterrecht, § 8 HGB Rdn. 84). Die Frage der Eintragung kann darüber hinaus auch dann nicht allein in das Ermessen des Registergerichts gestellt werden, wenn die Beteiligten gelten machen können, dass die Wiedereintragung zu einer erleichterten Abwicklung führt.

c) So liegt der Fall hier. Die Beteiligten haben unter Vorlage einer Zwischenverfügung des Grundbuchamtes Schöneberg vom 5. April 2017 geltend gemacht, dass ihre Wiedereintragung zum Zwecke des Nachweises der Vertretungsberechtigung erforderlich ist. Dass das Grundbuchamt auch andere Wege aufgezeigt hat, die notwendigen Nachweise in der Form des § 29 GBO zu erbringen, ändert an der Verpflichtung des Registergerichts zur Wiedereintragung auf Anmeldung hin nichts. Denn die Entscheidung, auf welche Weise die Beanstandung des Grundbuchamtes beseitigt wird, obliegt den Beteiligten und nicht dem Registergericht. Darüber hinaus kommt es auch nicht auf die Frage an, ob die Beteiligten ihre Vertretungsbefugnis nicht auch durch einen beglaubigten Registerausdruck erbringen können, aus dem sich das Erlöschen der Firma ergibt. Dies kommt entgegen der Auffassung der Beteiligten in Betracht, weil der Ausdruck zugleich die letzten Gesellschafter, die gemeinsam zur Vertretung berufen sind, ausweist. Eine derartige Rechtsauffassung bindet das Grundbuchamt aber nicht. Von den Beteiligten eine Entscheidung im Rechtszug zu verlangen, steht dem Abwicklungszweck entgegen.

d) Nach alldem ist der Zurückweisungsbeschluss auf die Beschwerde hin aufzuheben und das Registergericht anzuweisen, die Beteiligten wieder in das Register einzutragen sowie die weitere Anmeldung der geänderten Vertretungsbefugnis zu vollziehen. Denn die Eintragungsvoraussetzungen liegen vor. Die Anmeldung ist durch die Beteiligten zu 2) und 3) erfolgt, die die beiden Gesellschafter der Beteiligten zu 1) sind. Die weiteren formellen Voraussetzungen sind gegeben und die Notwendigkeit der Wiedereintragung ausreichend dargetan. Dass die Anmeldung nicht den genauen Eintragungstext enthält, der der Sache nach dahin geht, dass die Liquidation fortzusetzen ist, steht der Eintragungsfähigkeit nicht entgegen, denn der Inhalt ergibt sich ohne Zweifel aus den weiteren Angaben in dem Antrag vom 8. August 2017. Auf die vorherige Einzahlung eines Kostenvorschusses ist hier wegen des erheblichen Zeitablaufs seit der Anmeldung zu verzichten.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten fallen wegen des Erfolgs des Rechtsmittels nicht an. Eine Entscheidung über die Erstattung aussergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet mangels Beschwer aus.

Schlagworte: Nachtragsliquidation