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KG Berlin, Beschluss vom 17. Oktober 2016 – 22 W 70/16 

§ 60 Abs 1 Nr 5 GmbHG, § 274 Abs 1 S 1 AktG

Eine GmbH, die durch die Rechtskraft eines die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abweisenden Beschlusses aufgelöst ist, kann nicht fortgesetzt werden.

Die Beteiligte zu 1) ist seit dem 23.2.2001 in das Handelsregister eingetragen. Mit Beschl. des AmtsG Charlottenburg – Insolvenzgericht – v. 21.10.2011 … ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurückgewiesen worden. Die Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
aufgrund der Rechtskraft dieses Beschlusses ist von Amts wegen am 1.12.2011 eingetragen worden. Der Eintrag der Übernahme der Liquidatorenstellung des bisherigen Geschäftsführers (Beteiligter zu 2]) in das Handelsregister erfolgte am 10.2.2012.

Mit einer notariell beglaubigten und in elektronischer Form eingereichten Anmeldung v. 4.12.2015 meldete der Liquidator die Änderung des Gesellschaftsvertrags, die Beendigung der Liquidation und das Ausscheiden des bisherigen Liquidators sowie seine Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Bestellung zum Geschäftsführer
Geschäftsführer
zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in das Handelsregister
Handelsregister
an.

Diese Anmeldung hat das AmtsG … zurückgewiesen [AmtsG Charlottenburg v. 21.3.2016 – 81 HRB 79139 B]. Es hat insoweit ausgeführt, dass die Gesellschaft nicht fortsetzungsfähig sei. Eine wirtschaftliche Neugründung, wie sie von der Gesellschaft geltend gemacht werde, ohne gleichzeitige Fortsetzung der Gesellschaft sei nicht möglich. …

1. … 2. Die Beschwerden sind, soweit sie zulässig sind, aber erfolglos. Das AmtsG hat die Eintragung der Fortsetzung der Gesellschaft und die Eintragung der damit verbundenen weiteren Gegenstände zu Recht abgelehnt, weil die Gesellschaft nicht fortsetzungsfähig ist.

Nach § 274 Abs. 1 S. 1 AktG kann eine durch Zeitablauf oder durch einen Beschluss der Hauptversammlung aufgelöste AG die Fortsetzung beschließen, solange nicht mit der Verteilung des Vermögens unter den Gesellschaftern begonnen worden ist. Eine entsprechende Regelung fehlt im GmbHG. Dort ist nur in § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG geregelt, dass eine Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, fortgesetzt werden kann, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners bzw. seines gesetzlichen Vertreters eingestellt wird oder ein die Fortsetzung vorsehender Insolvenzplan bestätigt wird. Aus dieser Vorschrift ist aber zu schließen, dass eine Fortsetzung ausscheidet, wenn das Insolvenzverfahren durch die Schlussverteilung beendet worden ist und das Insolvenzverfahren aus diesem Grund nach § 200 Abs. 1 InsO aufgehoben wird (vgl. BGH v. 28.4.2015 – II ZB 13/14 , Rz. 7 – juris = GmbHR 2015, 814; zur AG BGH v. 25.10.2002 – V ZR 243/01 , juris). Dies folgt daraus, dass nach einer Schlussverteilung regelmäßig kein fortsetzungsfähiges Unternehmen mehr besteht; die Auflösungsfolge nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG dient zudem dem Gläubigerschutz (vgl. BGH v. 28.4.2015 – II ZB 13/14 , Rz. 12 = GmbHR 2015, 814). Dass es dann auch nicht darauf ankommt, ob die Gesellschaft nach der Schlussverteilung (wieder) über ein das Stammkapital übersteigendes Vermögen ankommt, beruht darauf, dass es die Beteiligten versäumt haben, die Einstellung des Insolvenzverfahrens nach den §§ 212 , 213 InsO herbeizuführen und – was in den Augen des Senats noch wichtiger ist – keine Prüfung durch das Insolvenzgericht nach § 212 Abs. 2 InsO darüber stattgefunden hat, ob die Insolvenzreife überwunden ist (vgl. BGH v. 28.4.2015 – II ZB 13/14 , Rz. 15 = GmbHR 2015, 814). Gerade dieser Gesichtspunkt spricht aber auch gegen die Möglichkeit, eine Fortsetzung bei einer Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG einzuräumen. Denn hier bestand schon mangels ausreichendem Vermögen keine Möglichkeit, ein geordnetes Insolvenzverfahren durchzuführen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten kommt es nicht darauf an, ob die nach der Rspr. erforderlichen Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Neugründung vorliegen (vgl. dazu BGH v. 9.12.2002 – II ZB 12/02 , juris, BGHZ 153, 158 = GmbHR 2003, 227 m. Komm. Peetz; v. 7.7.2003 – II ZB 4/02 , juris, BGHZ 155, 318 = GmbHR 2003, 1125 m. Komm. Peetz; v. 6.3.2012 – II ZR 56/10 , juris, BGHZ 192, 341 = GmbHR 2012, 630 m. Komm. Giedinghagen/Ruf; v. 18.1.2010 – II ZR 61/09 , juris = GmbHR 2010, 474 m. Komm. Ulrich). Zunächst müssen die Voraussetzungen für die Fortsetzung gegeben sein, die u.a. das Vorliegen einer Fortsetzungsfähigkeit erfordern. Zusätzlich sind dann gegebenenfalls die Voraussetzungen zu erfüllen, die an eine wirtschaftliche Neugründung zu stellen sind (vgl. BGH v. 10.12.2013 – II ZR 53/12 , Rz. 10, juris = GmbHR 2014, 317). Soweit die Beteiligten das Schreiben des Vorsitzenden des Senats v. 9.9.2015 in dem Verfahren zum Az. 22 W 97/15 anders verstanden haben, handelt es sich um ein Missverständnis. Nach alldem kann offen bleiben, ob die Beteiligte zu 1) nach Abzug der Verbindlichkeiten tatsächlich über ein Reinvermögen von 25.000 € verfügt, woran nach wie vor Zweifel bestehen, weil sie schon nach ihrem eigenen Vortrag geschäftsführende Gesellschafterin oder Komplementärin an anderen Personenhandelsgesellschaften gewesen ist, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren durch Schlussverteilung beendet worden ist. Denn hierdurch ist die Haftung der Beteiligten zu 1), die bisher noch nicht einmal ausreichende Masse für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens hatte, nicht von ihrer Haftung befreit worden, so dass etwa eine Nachtragsverteilung nach § 203 InsO in Betracht käme.

Schlagworte: Fortsetzung werbende Tätigkeit