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KG Berlin, Beschluss vom 20.08.2019 – 22 W 1/18

§ 16 Abs 1 S 1 GmbHG, § 40 GmbHG

Für die notwendige Prüfung, ob der satzungsändernde Beschluss einer GmbH-Gesellschafterversammlung von aktuellen Gesellschaftern gefasst worden ist, ist durch das Registergericht auf die letzte in den Registerordner aufgenommene Gesellschafterliste auch dann abzustellen, wenn diese bereits vor dem Inkrafttreten des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG am 1. November 2008 zur Registerakte eingereicht worden ist.

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligte, eine GmbH, wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 28. August 2003 mit einem Stammkapital von 25.000,- Euro gegründet und im Jahr 2004 in das Handelsregister eingetragen. Bei Gründung wurde eine Gesellschafterliste vom 28. August 2003 zum Handelsregister eingereicht, welche am 02.12.2010 in die elektronische Registerakte, dort in den Registerordner, aufgenommen wurde und welche als Gesellschafter aufführte:

D… C… GmbH Unternehmensberatung 24.750,- Euro Stammkapital
M… F… 250,- Euro Stammkapital

Mit Vertrag vom 30. Dezember 2004 trat der Gesellschafter M… F… seinen Geschäftsanteil in Höhe von 250,- Euro mit Zustimmung der Gesellschafter an die “P… -D…… GmbH” ab. Mit Anmeldeschreiben des Notars … K…, Berlin (nachfolgend auch: der Notar) vom 19. August 2016 begehrt die Beteiligte die Eintragung einer Änderung des Firmennamens der Beteiligten des Gegenstands und der Satzung der Beteiligten aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 19. August 2016, an dem die “P… -D…… GmbH” mitwirkte, nicht aber Herr M… F….

Der Registerrichter beim Amtsgericht Charlottenburg hat den Notar mit Schreiben vom 07. September 2016 (und erneut mit Schreiben vom 28. November 2016) unter anderem darauf hingewiesen, dass der Beschluss, dessen Inhalt zur Eintragung angemeldet worden sei, von einer Person gefasst worden sei, welche nach der zuletzt in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste nicht als Gesellschafter gelte.

Der Notar hat hierauf mit Schreiben vom 07. Dezember 2016 eine Gesellschafterliste vom 30. November 2016 eingereicht, welche als Gesellschafter aufführt:

D… C… GmbH Unternehmensberatung 24.750,- Euro Stammkapital
P… -D… … GmbH 250,- Euro Stammkapital

und ergänzend ausgeführt, die Abtretung des Gesellschaftsanteils des Manfred Freitag sei der Beteiligten am 30. Dezember 2004 entsprechend § 16 Abs. 1 GmbHG a.F. angezeigt worden, weshalb seiner Ansicht nach der Gesellschafterstatus der “P… -D…… GmbH” auch nicht durch die Gesetzesänderung zum 01. November 2008 (MoMiG vom 23. Oktober 2008) habe rückwirkend entfallen können.

Der Registerrichter beim Amtsgericht Charlottenburg hat mit Schreiben vom 08. Dezember 2016 unter anderem darauf hingewiesen, dass der zur Eintragung angemeldete Gesellschafterbeschluss schwebend unwirksam sei. Die Anmeldung müsse entweder zurückgenommen und der Beschluss vom 19. August 2016 neu gefasst werden oder der Beschluss müsse durch Herrn M… F… genehmigt werden. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2016 hat der Registerrichter beim Amtsgericht Charlottenburg das Schreiben des Notars vom 07. Dezember 2016 als Beschwerde ausgelegt und dieser nicht abgeholfen. Wegen der Gründe wird auf den genannten Beschluss Bezug genommen. Mit Schreiben vom 16. September 2017 hat der Notar “das Rechtsmittel zurückgenommen”.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2017 (dem Notar zugestellt am 14. Dezember 2017) hat das Amtsgericht Charlottenburg die Anmeldung vom 19. August 2016 auf Eintragung von Änderungen des Gesellschaftsvertrages kostenpflichtig zurückgewiesen. Dagegen hat der Notar namens und im Auftrag der Beteiligten am 17. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 27. Dezember 2017). Zur Begründung hat es ausgeführt, der zur Eintragung angemeldete Beschluss sei nicht wirksam gefasst worden, da weder alle Gesellschafter gemäß der im Registerordner zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hinterlegten Gesellschafterliste vom 28. August 2003 zur Gesellschafterversammlung geladen worden seien, noch alle diese Gesellschafter den zur Eintragung angemeldeten Beschluss gefasst hätten.

II.

Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist formgerecht (§ 64 FamFG) und fristgerecht (§ 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 FamFG) eingelegt worden. Die Beteiligte ist als durch den angefochtenen Beschluss unmittelbar in eigenen Rechten Betroffene beschwerdeberechtigt, § 59 Abs. 1 FamFG.
Der Senat ist gemäß § 68 Abs. 2 FamFG, § 119 Abs. 1 Nr. 1b), § 122 Abs. 1 GVG zur Entscheidung berufen.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Anmeldung auf Eintragung von Änderungen des Gesellschaftsvertrages vom 19. August 2016 zu Recht zurückgewiesen.

1. Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der zur Eintragung angemeldete Beschluss nicht wirksam gefasst worden ist. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in der seit dem 01. November 2008 gültigen Fassung (nachfolgend auch: “GmbHG n.F.”) gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige als Inhaber eines Geschäftsanteils, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG eingetragen ist. Den zur Eintragung angemeldeten Gesellschafterbeschluss vom 19. August 2016 haben die Gesellschafter “P… -D…… GmbH” und “D… C… GmbH Unternehmensberatung” gefasst. Die letzte, dem Registergericht zu diesem Zeitpunkt vorliegende Gesellschafterliste vom 28. August 2003 wies als Gesellschafter die “D… C… GmbH Unternehmensberatung” und den “Kaufmann M… F…” aus. Damit ist der hier zur Eintragung angemeldete Beschluss nicht von den in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste bezeichneten Personen gefasst worden.

a) Es ist anerkannt, dass sich die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. auch auf vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 01. November 2008 in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterlisten – insbesondere auf die Gründergesellschafterliste – auch unabhängig von einer “Veränderung” im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG n.F. erstreckt und auch diese Gesellschafterlisten die Rechtsscheinwirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. erzeugen (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 04. November 2016 – 20 W 269/16 -, juris Rdn. 32; Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band. 1, 3. Auflage 2018, § 16 Rdn. 30; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 21. Auflage 2017, § 16 Rdn. 9; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Auflage 2016, § 16 Rdn. 10).

b) Umstritten ist aber, ob Veränderungen in den Gesellschafterverhältnissen vor dem 31. Oktober 2008, die nach altem Recht lediglich der Anzeige an die Gesellschaft bedurften (§ 16 Abs. 1 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 gültigen Fassung, nachfolgend auch: “GmbHG a.F.”), nach neuem Recht auch dann beachtlich sind, wenn zwischenzeitlich keine dem § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. entsprechende angepasste Gesellschafterliste in das Handelsregister aufgenommen worden ist.

aa) Nach einer Ansicht soll sich die Gesellschafterlegitimation in diesen Fällen nach § 16 Abs. 1 GmbHG a.F. richten (vgl. etwa Pfisterer in Saenger/Inhester, GmbHG, 3. Auflage 2016, § 16 Rdn. 7; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1040; Zirngibl in Zirngibl/Bunnemann, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Praxis, 2. Auflage 2011, § 4 Rdn. 20). Insoweit wird vertreten, dass ausschließlich auf die materielle Rechtslage abzustellen sei, da eine einmal wirksam begründete Gesellschafterstellung nicht ohne Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot durch Gesetzesänderung nachträglich entzogen werden könne (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Beschluss vom 01. Juni 2016 – 17 W 289/16 -, juris Rdn. 35 f. und LG München I, Beschluss vom 24. September 2009 – 17 HKT 15914/09 -, juris Rdn. 6).

bb) Nach anderer Meinung soll sich die Legitimation der Gesellschafter ausschließlich nach § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. richten, was vorrangig mit dem Gesetzesziel des MoMiG, nämlich mit einem Systemwechsel hin zu einem transparenten Gesellschafterbestand, begründet wird (vgl. Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage, 2018, § 16 Rdn. 123 m.w.N.; Saenger/Sandhaus DNotZ 2012, 346; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Auflage 2016, § 16 Rdn. 107f; Horstkotte ZInsO 2009, 209, 214).

2. Der Senat hält die letztgenannte Auffassung – anders als das OLG Dresden (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, a.a.O., juris Rdn. 28) – jedenfalls, soweit – wie hier – das Registerverfahren betroffen ist, für zutreffend.

a) Dabei folgt der Senat der Auffassung, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 1 n.F. mangels Eindeutigkeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Auslegung dahingehend, dass diese Regelung nur für nach oder auch für vor Inkrafttreten des MoMiG am 01. November 2008 eingereichte Gesellschafterlisten gelten soll, bietet (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, a.a.O., juris Rdn. 29).

Auch aus dem Umstand, dass – anders als zu § 16 Abs. 3 GmbHG n.F. – keine Überleitungsvor-schrift zu § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. wie § 3 Abs. 3 EGGmbHG zur Behandlung derartiger Über-gangsfälle existiert, kann – abweichend von der Auffassung des OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
(a.a.O., juris Rdn. 32) – nicht darauf geschlossen werden, der Gesetzgeber habe eine Anwendung des alten Rechts auf vor dem 01. November 2008 eingereichte Gesellschafterlisten gewollt. Das Fehlen einer Über-leitungsvorschrift ließe nämlich auch den Schluss zu, dass die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. eben anders als § 16 Abs. 3 GmbHG n.F. (mit der Überleitungsvorschrift § 3 Abs. 3 EGGmbHG) zeitlich uneingeschränkt Geltung erlangen sollte (Saenger/Sandhaus, DNotZ 2012, 346, 352; Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage 2018 § 16 Rdn. 112, 112a).

b) Das Registergericht hat aber nach dem Sinn und Zweck des MoMiG § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG n.F. als registerrechtliche Verfahrensvorschrift auch auf Altfälle anzuwenden.

Für die Behandlung von Veränderungen in den Personen der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Veränderungen in den Personen der Gesellschafter
vor Inkrafttreten des MoMiG ist für das Registerverfahren – unabhängig von der materiellen Rechtslage, über die hier nicht zu entscheiden war – davon auszugehen, dass sich nach der Zielsetzung der Neuregelung unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zum MoMiG die Legitimation der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft ab dem 01. November 2008 allein nach der jeweiligen in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste bestimmt, auch wenn diese Gesellschafterliste in der Zeit bis zum 30. Oktober 2008 Änderungen unterlegen haben sollte (so auch Saenger/Sandhaus a.a.O.). Mit § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. sollte in Anlehnung an § 67 Abs. 2 AktG Transparenz über die Anteilseignerstrukturen der GmbH geschaffen werden, indem nur der in der im (insoweit einsehbaren) Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragene Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft als solcher gelten soll (Gesetzentwurf, BT-Drucksache 16/6140,

S. 37/38). Der Gesellschafterbestand sollte durch die Neuregelung aktuell, lückenlos und unproblematisch nachvollziehbar werden (Gesetzentwurf, BT-Drucksache 16/6140, S. 38). Dieses Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. auch auf vor Inkrafttreten des MoMiG eingereichte Gesellschafterlisten Anwendung findet. Andernfalls wäre ein Zustand erheblicher und dauerhafter Rechtsunsicherheit dadurch zu befürchten, dass auf veraltete Gesellschafterlisten weiterhin das alte Recht mit der Folge anzuwenden wäre, dass auf diese Listen – anders als auf nach dem 01. November 2008 zum Handelsregister aufgenommene Listen – nicht der (einsehbare) Inhalt der jeweiligen Liste maßgeblich wäre, sondern die tatsächliche materielle Rechtslage. Eine derartige unterschiedliche Behandlung der beim Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterlisten widerspräche dem Zweck der Änderung des § 16 Abs. 1 GmbHG. Ziel der Gesetzesänderung war es neben der neuen Transparenz, mit welcher der gesamte Rechts- und Wirtschaftsverkehr geschützt werden sollte (Saenger/Sandhaus a.a.O, S. 353) auch, die Legitimationsprüfung ausschließlich anhand des Listeninhalts in einfacher und praktikabler Form vornehmen zu können.

Insoweit berücksichtigen die bisher hierzu ergangenen Entscheidungen (OLG Dresden a.a.O., juris Rdn. 24 ff., Rdn. 26 und LG München I a.a.O.) nicht hinreichend, dass es gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. nach der nunmehr streng an den Inhalt der beim Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste geknüpften Vermutung der relativen Gesellschafterstellung auf ein Abweichen von der materiellen Rechtslage nicht ankommt (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 04. November 2016 – 20 W 269/16 -, juris Rdn. 33). Dies kommt auch durch die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n.F. zum Ausdruck, die einen bestimmten solchen Fall des Auseinanderfallens der materiellen Rechtslage und der Registerrechtslage – anders als das alte Recht – regelnd erfasst.

c) Die verfassungsrechtlichen – und dort letztlich entscheidenden (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
a.a.O., juris Rdn. 37) – Bedenken des OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
(OLG Dresden, a.a.O., juris Rdn. 35f.) teilt der Senat insoweit nicht.

Zwar wäre von einer verfassungsrechtlich unzulässigen, weil gegen das im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG enthaltene Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßenden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1971 – 2 BvL 17/69 -, juris Rdn. 29) Rückwirkung auszugehen, wenn durch ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen würde (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1960 – 2 BvL 4/59 -, juris Rdn. 29; BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44/92 -, juris Rdn. 110).

Davon kann aber hier nicht ausgegangen werden. Im vorliegenden Fall wird durch die hier vorgenommene Auslegung des § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. nicht in abgewickelte Tatbestände der Vergangenheit eingegriffen, sondern nur auf gegenwärtige Sachverhalte für die Zukunft eingewirkt und die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Damit ist nur von einer grundsätzlich unbedenklichen (BVerfG, Beschluss vom 23. März 1971 – 2 BvL 17/69 -, juris Rdn. 32) unechten Rückwirkung auszugehen, die nur ausnahmsweise bei Verstößen insbesondere gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder den Vertrauensschutz unzulässig ist (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 06. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 -, juris Rdn. 372 und BVerfG, Urteil vom 04. Mai 2011 – 2 BvR 2333/08 -, juris Rdn. 134ff.).

Hier wird die materielle Rechtsposition der Gesellschafter durch das Erfordernis, vor der weiteren Ausübung der Gesellschafterrechte eine Aufnahme einer aktualisierten Gesellschafterliste in das Handelsregister zu bewirken, nicht berührt.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen hier nicht entgegen, weil gemäß § 40 Abs. 1 GmbHG auch nach altem Recht die Pflicht (des Geschäftsführers) bestand, nach jeder Veränderung des Gesellschafterbestandes eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Ein schutzwürdiges berechtigtes Vertrauen dahingehend, dass Gesellschafterrechte unabhängig von der Voraussetzung der Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste ausgeübt werden können, konnte damit auch nach alter Rechtslage nicht entstehen (vgl. dazu Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage 2018, § 16 Rdn. 124).

3. Dem steht nicht entgegen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG n.F. auf vor dem 01. November 2008 erworbene Ansprüche (genauer: Ansprüche des Insolvenzverwalters nach § 24 GmbHG gegen Gesellschafter, die ihre Beteiligung vor dem 01. November 2008 erworben haben) mangels Rückwirkungsanordnung betreffend § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG n.F. keine Anwendung findet (BGH, Urteil vom 18. September 2018 – II ZR 312/16 -, juris Rdn. 20). Dies betrifft ebenso wie die Entscheidung vom 19. April 2010 (BGH, Beschluss vom 19. April 2010 – II ZR 150/09 -, juris Rdn. 2) nur die hier – wie dargelegt – nicht zu entscheidende Frage des materiellen Rechts, nicht aber das Registerverfahren.

Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02. Juli 2019, in der eine Durchbrechung des dargestellten strengen Listenprinzips gesehen werden könnte, und die ausführt, dass eine einstweilige Verfügung die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister untersagt (BGH, Urteil vom 02. Juli 2019 – II ZR 406/17 -, juris Rdn. 36), steht hier nicht entgegen. Die Entscheidung betrifft einen Sonderfall eines ansonsten rechtsschutzlosen Gesellschafters (BGH a.a.O., juris Rdn. 40) und verdeutlicht, dass sich eine Gesellschaft nur unter den Einschränkungen des § 242 BGB auf die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG n.F. berufen darf. Eine dahingehende materiellrechtliche Prüfungspflicht durch das Registergericht wird aber in dieser Entscheidung – anders als für den handelnden Notar (vgl. BGH, a.a.O., juris Rdn. 46) – gerade nicht angenommen.

4. Damit war hier aufgrund des Umstands, dass die “P… -D… … GmbH” am 19. August 2016 auf der in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste vom 28. August 2003 nicht, dafür aber der “Kaufmann M… F… ” als Gesellschafter der Beteiligten aufgeführt war, vom Amtsgericht Charlottenburg zu Recht angenommen worden, dass der unter Mitwirkung der “P… -D… … GmbH” und ohne Mitwirkung des “Kaufmann M… F…” zustande gekommene Gesellschafterbeschluss vom 19. August 2016 nach § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n.F. zunächst schwebend unwirksam war (vgl. Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage 2018, § 16 Rdn. 161) und auch nicht durch Einreichung der aktualisierten Gesellschafterliste vom 30. November 2016 zum Handelsregister nachträglich wirksam wurde. Die aktualisierte Liste wurde entgegen § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n.F. nicht unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung (hier: Gesellschafterbeschluss vom 19. August 2016) in das Handelsregister aufgenommen. Unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), ist die Aufnahme der Liste – unabhängig von Frage der Behandlung vom Registergericht verschuldeter Verzögerungen – jedenfalls nicht mehr nach Ablauf von – wie hier – mehr als drei Monaten (in der Literatur werden Höchstfristen zwischen 2 und 4 Wochen diskutiert, vgl. Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage 2018, § 16 Rdn. 163 m.w.N.) Erfolgt die Aufnahme der Liste – wie hier – nicht unverzüglich, wird die Rechtshandlung – hier der Gesellschafter-Beschluss vom 19. August 2016 endgültig unwirksam (Saenger/Sandhaus, a.a.O., S. 348; Gesetzentwurf, BT-Drucksache 16/6140, S. 38, Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger a.a.O.), so dass die Anmeldung der durch ihn bewirkten Änderungen durch Beschluss nach § 382 Abs. 3 FamFG zurückzuweisen war.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zuzulassen.

Der Senat weicht von der Auffassung des OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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a.a.O.) – jedenfalls soweit das Registerverfahren betroffen ist – ab. Auch im Übrigen hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil sie die entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, ob § 16 GmbHG auch uneingeschränkt für Gesellschafterlisten gilt, die bereits vor Inkrafttreten des MoMiG im Handelsregister aufgenommen wurden, aufwirft (BGH, Beschluss vom 15. August 2018 – XII ZB 32/18 -, juris Rdn. 3). Die Rechtsfrage ist insbesondere deshalb klärungsbedürftig, weil sie bisher vom Bundesgerichtshof hinsichtlich des Registerverfahrens nicht beantwortet wird und in der Literatur (vgl. dazu Münchener Kommentar zum GmbHG/Heidinger, Band 1, 3. Auflage 2018, § 16 Rdn. 119ff.) sowie durch Oberlandesgerichte (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
a.a.O., OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
a.a.O.) unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. BGH a.a.O.).

IV.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich. Die Kostentragungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1 GNotKG).

Schlagworte: Angaben in der Gesellschafterliste, Bei inhaltlichen Fehlern der Gesellschafterliste, Einreichung durch Notar nach § 40 Abs. 2 GmbHG, Einreichung einer neuen Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister, Einreichungspflicht einer geänderten Gesellschafterliste durch Geschäftsführer, Einstweiliger Rechtsschutz und Gesellschafterliste, Gesellschafterliste, Gesellschafterliste bei Übertragungsvorgängen, Gesellschafterlisten, GmbhG § 16, GmbhG § 16 Abs. 1, GmbHG § 40 Abs. 1, GmbHG § 40 Abs. 2, Legitimationswirkung der Gesellschafterliste, Liste der Gesellschafter, Listenkorrektur durch Geschäftsführer, Listenkorrektur durch Notar, Listenkorrektur durch Notar Einreichung durch Notar nach § 40 Abs. 2 GmbHG, Nach Einreichung aber vor Veröffentlichung der geänderten Gesellschafterliste im Handelsregister, Nach Veröffentlichung der geänderten Gesellschafterliste im Handelsregister – Listenkorrektur, Sämtliche Gesellschafter im Sinne des § 16 Abs. 1 GmbHG, Vor Einreichung der geänderten Gesellschafterliste im Handelsregister