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KG Berlin, Beschluss vom 23. Juli 2019 – 22 W 40/19

§ 6 Abs 2 S 2 Nr 3 Buchst e GmbHG, § 39 Abs 3 S 1 GmbHG, § 45 GmbHG, § 161 HGB, § 164 HGB, § 265c StGB, § 265d StGB, § 265e StGB

1. Ist eine KG zugleich einzige Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH (sog. Einheitsgesellschaft) wird die KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementärin mangels abweichender Regelungen gleichwohl durch deren Geschäftsführer vertreten. Einer Beteiligung der Kommanditisten bedarf es dabei nicht.

2. Die Versicherung eines Geschäftsführers nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG hat sich auch auf die Straftatbestände der §§ 265c bis 265e StGB zu beziehen (Anschluss OLG OldenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Oldenburg
, Bes. v. 8. Januar 2018 – 12 W 126/17).

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung vom 26. März 2019 des Amtsgerichts Charlottenburg aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte, eine GmbH, ist seit dem 8. März 2013 in das Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Alleiniger Gesellschafter der Beteiligten ist ausweislich der Gesellschafterliste vom 7. Juni 2013 die I… V… KG, deren persönliche haftende Gesellschafterin die Beteiligte ist.

Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 19. Dezember 2018 meldete eine Frau … M… die Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin … L… und ihre Bestellung zur alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin an. Die Erklärung enthält dabei auch die Versicherungen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG, wobei sich die Versicherung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG nicht auf die Straftatbestände nach den §§ 265c bis 265e StGB bezieht. Mit der Anmeldung wurde ein Protokoll der nunmehr unter der Bezeichnung V… H… GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
firmierenden Alleingesellschafterin vom 13. November 2018 eingereicht. Unter Top 7 war insoweit mit 3.522 von 3.572 anwesenden Stimmen die Abberufung der Frau L… und die Bestellung der Frau M… zur Geschäftsführerin beschlossen worden. In der Versammlung waren 73,18% der Gesamtstimmen der Kommanditisten vertreten.

Auf die Einreichung der Anmeldung hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 21. Januar 2019 die Einreichung des Gesellschaftsvertrages der KG aufgegeben. Nachdem der beurkundende Notar dieser Vorgabe entgegen getreten ist, hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 26. März 2019, das mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, an dieser Aufforderung mit dem Hinweis festgehalten, dass der Bundesgerichtshof zwar die Auffassung vertreten habe, dass bei einer Einheitsgesellschaft wie hier die Komplementär-GmbH die KG zwar auch in der Gesellschafterversammlung der GmbH vertrete. Dies aber nur gelte, soweit der Gesellschaftsvertrag der KG keine Abweichungen vorsehe, was hier nur durch Vorlage des Vertrages festgestellt werden könne. Es hat zur Erledigung insoweit eine Frist von sechs Wochen gesetzt.

Gegen diese dem Verfahrensbevollmächtigten am 27. März 2019 zugestellte Zwischenverfügung hat dieser mit Schreiben vom 28. März 2019, das am gleichen Tag beim Amtsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. In der Folge hat er dann auch noch den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beteiligten vom 13. November 2018 über den Geschäftsführerwechsel eingereicht. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 18. April 2019 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde vom 28. März 2019 ist nach § 382 Abs. 4 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG ist gewahrt. Insoweit ist wegen der fehlenden Eigenbeschwer des Notar davon auszugehen, dass die Beschwerde im Namen der Beteiligten eingelegt worden ist, auch wenn in der Beschwerdeschrift keine Angaben zum Beschwerdeführer gemacht werden (vgl. dazu OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Zweibrücken
, Beschluss vom 14. Juni 2000 – 3 W 92/00 –, juris Rdn. 2; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss vom 19. Juli 1978 – 20 W 406/78 –, DNotZ 1978, 750). Die Beteiligte ist durch die Nichtvollziehung der Anmeldung auch nach § 59 Abs. 1 und 2 FamFG beschwert, weil es um eine Eintragung in ihr Registerblatt geht. Der Beschwerwert von 600 EUR wird hier wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Eintragung, die die Organvertretung betrifft, erreicht.

2. Die Beschwerde hat auch Erfolg. Zum Vollzug des angemeldeten Geschäftsführerwechsels bedarf es der Vorlage des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft nicht.

Wie der Senat mit Beschluss vom 21. Dezember 2018 bereits in einer anderen Sache entschieden hat, wird auch dann, wenn eine KG einziger Gesellschafter ihrer Komplementär-GmbH ist, diese im Rahmen der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH von der GmbH und deren Organen vertreten (Senat, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 22 W 84/18 –, juris). Insoweit kann zwar durch die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft anderes vereinbart sein. Ohne ausreichende Anhaltspunkte ist dies aber nicht zu unterstellen, so dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, dass in der Gesellschafterversammlung der Gesellschafterin zwar erfolgreich über den Wechsel in der Geschäftsführung der Beteiligten abgestimmt worden ist, entgegen § 119 Abs. 1 HGB aber weder Einstimmigkeit vorlag noch alle Gesellschafter beteiligt waren. Offen bleiben kann insoweit auch, ob eine solche Regelung nicht überhaupt nur Innenwirkung hat und einer Prüfung des Registergerichts entzogen ist. Die Notwendigkeit der Vorlage eines Gesellschaftsvertrages der KG lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die bisherige Geschäftsführerin der Beteiligten, Frau L…, ihre Organstellung nicht wie in dem vom Senat mit Beschluss vom 21. Dezember 2018 entschiedenen Fall durch Niederlegung herbeigeführt hat, sondern vielmehr ihre Abberufung beschlossen hat.

Die bisherige Geschäftsführerin war insoweit von einer Vertretung auch nicht ausgeschlossen. Soweit sie die anmeldende neue Geschäftsführerin bestellt hat, käme allein ein Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG in Betracht, der aber von seinem Anwendungsbereich her nicht berührt ist. Aber auch, soweit Frau L… ihre Abberufung beschlossen hat, bestand kein Stimmverbot. Eine Anwendung des § 47 Abs. 4 GmbHG auf den Vertreter, der selbst nicht Gesellschafter ist, ist zwar nicht ausgeschlossen (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 47 Rdn. 63). Aber auch insoweit ist hier kein Stimmverbot anzunehmen. Wie die Beteiligte zu Recht geltend macht, wird ein Gesellschafter als berechtigt angesehen, seine Bestellung oder Abberufung zum Geschäftsführer zu beschließen, ohne dass er daran durch § 47 Abs. 4 GmbHG gehindert würde, die Vorschrift sei insoweit einschränkend auszulegen (vgl. BGHZ 51, 209, 215; 18, 205, 210). Dies muss jedenfalls dann auch für den Vertreter gelten, wenn es um seine Abberufung geht. Denn dieser könnte das Ende seiner Organstellung auch durch einseitige Erklärung herbeiführen. Aus diesem Grund kann ein Stimmverbot auch nicht aus § 181 BGB hergeleitet werden.

Nach alldem ist die Zwischenverfügung vom 26. März 2019 aufzuheben. Für die weitere Prüfung weist der Senat darauf hin, dass die von der neuen Geschäftsführerin abgegebene Versicherung nicht die Straftatbestände der §§ 265c bis 265e StGB erfasst. Dies ist jedenfalls, soweit die Regelungen der §§ 265c und § 265d StGB betroffen sind, zu beanstanden (vgl. dazu OLG OldenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Oldenburg
, Beschluss vom 8. Januar 2018, 12 W 126/17, juris; a.A. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Beschluss vom 27. September 2018, 27 W 93/18, juris). Denn nach dem Wortlaut der Norm sind auch diese Straftatbestände von der Versicherung erfasst. Dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Strafvorschriften nicht bedacht haben mag, dass die Fassung des § 6 Abs. 2 GmbHG nunmehr auch diese Vorschriften erfasst, ändert daran nichts. Das Gleiche gilt, soweit geltend gemacht wird, die Schutzrichtung dieser Vorschriften sei primär eine andere als bei den übrigen in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG aufgeführten Straftatbeständen. Auch insoweit steht dem der Wortlaut der Vorschrift entgegen, so dass die Annahme, es handele sich um eine statische Verweisung keine ausreichende Grundlage hat.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil das Rechtsmittel Erfolg hatte.

Schlagworte: GmbHG § 6, GmbHG § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, StGB § 265c, StGB § 265d, StGB § 265e