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KG Berlin, Beschluss vom 25. September 2018 – 22 W 94/16

GmbHG §§ 21, 40

Das Registergericht darf die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner verweigern, wenn diese bei einem Geschäftsanteil lediglich ausweist, dass der Geschäftsanteil kaduziert worden ist.

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten vom 21. Juni 2016 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 3. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte wurde am 12. Januar 2006 gegründet und am 2. März 2006 im Handelsregister B eingetragen.

Am 28. April 2016 meldete Frau M… H… in öffentlich beglaubigter Form ihre Bestellung zur Geschäftsführerin der Gesellschaft sowie die Abberufung der beiden bislang im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer an. Der Anmeldung beigefügt war eine von der Anmelderin unterzeichnete Liste der Gesellschafter (nachfolgend auch nur: “Liste”) vom 28. April 2016. Hinsichtlich des Geschäftsanteils Nr. 3 ist dort vermerkt:

Nr. 3; im Nennbetrag in Höhe von 40.000,00 Euro.

Kaduziert durch Verlustigerklärung vom 04.03.2014 an die hierdurch als Gesellschafterin ausgeschiedene G… GmbH, noch keine Übertragung an neuen Gesellschafter erfolgt

Bereits mit Zwischenverfügung vom 28. Dezember 2015 hatte das Amtsgericht die Beteiligte darauf hingewiesen, dass eine Liste, welche einen Geschäftsanteil ohne Gesellschafter ausweist, nicht in Betracht käme. Hinsichtlich des Geschäftsanteils Nr. 3 müsse die Gesellschaft als treuhänderischer Inhaber des Geschäftsanteils in die Liste aufgenommen werden; es werde um umgehende Einreichung einer berichtigten Liste gebeten. Mit Verfügung vom 3. Juni 2016 hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung vom 28. Dezember nochmals darauf hingewiesen, dass die Liste die Gesellschafter anzugeben habe. Es sei nicht Aufgabe des Registergerichts, eine Klärung herbeizuführen, von wem der Anteil gehalten werde. Dies obliege dem Geschäftsführer. Die Aufnahme der Liste vom 28. April 2016 in den Registerordner sei deshalb nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 21. Juni 2016 eingelegte Beschwerde der Beteiligten. Die Beteiligte ist der Ansicht, das Amtsgericht habe seine Prüfungskompetenz, die sich auf formelle Fragen beschränke, überschritten. Zudem sei umstritten, wer Inhaber eines kaduzierten Geschäftsanteils sei. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und mit Beschluss vom 5. September 2016 die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die form- und fristgerecht (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegte Beschwerde der gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigten Gesellschaft (vgl. nur OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 22. November 2010 – 20 W 333/10 –, Rn. 25, juris; Heilmeier in: BeckOK GmbHG, Stand 01.11.2017, § 40 Rn. 187.1) ist zulässig, insbesondere gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft: Nach dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in “Angelegenheiten nach diesem Gesetz” statt, also in Angelegenheiten nach dem FamFG. Zu diesen Angelegenheiten gehört auch die in § 9 Abs. 1 HRV geregelte Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner; die in der Handelsregisterverordnung ergänzend geregelten Verfahrensvorschriften beruhen auf der Verordnungsermächtigung des § 387 Abs. 2 FamFG (BGH, Beschluss vom 20. September 2011 – II ZB 17/10 –, Rn. 7, juris; Beschluss vom 01. März 2011 – II ZB 6/10 –, Rn. 8, juris). Bei der Verfügung des Amtsgerichts vom 3. Juni 2016 handelt es sich hinsichtlich der Beanstandungen der Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Liste der Gesellschafter
um eine Zwischenverfügung i.S.d. § 382 Abs. 4 FamFG, wie aus dem Verweis des Amtsgerichts auf seine Zwischenverfügung vom 28. Dezember 2015 deutlich wird. Das Amtsgericht konnte auch im Wege der Zwischenverfügung entscheiden, denn über seinen Wortlaut hinaus erfasst § 382 Abs. 4 FamFG auch die Aufnahme einer bei dem Handelsregister zur Aufnahme in den Registerordner eingereichten Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Beschluss vom 18. Mai 2016 – 27 W 144/15 –, Rn. 2, juris; Kammergericht, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 25 W 25/11 –, Rn. 7, juris; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss vom 22. November 2010 – 20 W 333/10 –, Rn. 22, juris; Holzer in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 382Rn. 19; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl., § 382 Rn. 11).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Aufnahme der Liste in den Registerordner verweigert.

a) Die Geschäftsführer haben unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zum Handelsregister einzureichen, aus welcher u. a. Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort derselben zu entnehmen sind (§ 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Ist ein Gesellschafter selbst eine Gesellschaft, so sind die in Satz 2 der Vorschrift genannten Angaben in die Liste aufzunehmen.

Dabei nimmt das Registergericht die Gesellschafterliste lediglich entgegen und verwahrt sie, ohne selbst eine inhaltliche Prüfpflicht zu haben (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – II ZB 6/13 –, Rn. 7, juris). Das Registergericht ist nämlich vom Gesetzgeber nur als verwahrende und eine die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende Stelle eingerichtet worden (vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 38, 44). Das Registergericht darf aber prüfen, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht und im Falle von Beanstandungen die Entgegennahme verweigern (BGH, a.a.O., Rn. 8).

b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe durfte das Amtsgericht die Aufnahme der Liste verweigern, selbst wenn die Auffassung der Beteiligten zutreffend wäre, dass ein kaduzierter Geschäftsanteil “trägerlos” sei.

Wenn der Geschäftsanteil Nr. 3 wirklich trägerlos sein sollte, müsste dies auch so in der Liste vermerkt werden. In der Liste vom 28. April 2016 ist hinsichtlich dieses Geschäftsanteils aber lediglich ein Sachverhalt geschildert, es werden aber keine Angaben zur Inhaberschaft gemacht. Mit der Aufwertung der Gesellschafterliste durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) verfolgte der Gesetzgeber aber u. a. das Ziel, dass der Gesellschafterbestand stets unproblematisch aus der Liste nachvollziehbar sein sollte (BT-Drs. 16/6140, S. 38). Dies ist aber nicht der Fall, wenn in der Liste lediglich ein Sachverhalt geschildert wird und der Inhaber des Geschäftsanteils – wenn überhaupt – erst nach einer rechtlichen Prüfung des Sachverhaltes ersichtlich ist. Damit geht vorliegend aus der Liste nicht hervor, wer Inhaber des Geschäftsanteils ist oder ob es keinen Inhaber gibt. Die Frage, ob die Liste Angaben zu allen in § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GmbHG genannten Punkten enthält, unterfällt auch unzweifelhaft einem formalen Prüfungsrecht des Registergerichts.

Am Rande sei bemerkt, dass die Auffassung, aufgrund der Kaduzierung werde der Geschäftsanteil trägerlos, heute einhellig abgelehnt wird. Subjektlose, also herrenlose Rechte sind ein Widerspruch in sich. Insbesondere im Falle einer Ein-Mann-GmbH (wo ebenfalls die Kaduzierung möglich ist) würde diese künstliche Konstruktion zu absurden Ergebnissen führen. Auch in dem von der Beteiligten zitierten Urteil des BGH (wohl BGH, Urteil vom 13. Juli 1964 – II ZR 110/62 –, Rn. 15, juris) wird lediglich beiläufig die Auffassung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1920 (RGZ 98, 276, 278) erwähnt, wonach aufgrund der Kaduzierung “der Anteil seinen Rechtsträger verloren” habe. Die von der Beteiligten zitierte Entscheidung des BayObLG (wohl BayObLGZ 1914, 730, 734 f.) ist bereits im Jahr 1914 ergangen. Nach der heute herrschenden Meinung dagegen ist nach der Kaduzierung die Gesellschaft als Inhaberin in die Liste aufzunehmen (Schütz in MüKoGmbHG, 3. Auflage, § 21 Rn. 100; Emmerich in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 21 Rn. 30; Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Auflage, § 21 Rn. 12; Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage, § 21 Rn. 19; Ebbing in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Auflage, § 21 Rn. 116; Pentz in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Auflage, § 21 Rn. 43; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 21 Rn. 15; H. Jaeger in: BeckOK GmbHG, Stand 01.02.2018, § 21 Rn. 46; Wicke, GmbHG, 3. Auflage, § 21 Rn. 12,; Saenger in: Saenger/Inhester, GmbHG, 3. Auflage, § 21 Rn. 24; Gummert in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band III, 5. Auflage, § 50 Rn. 197; Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, § 21 GmbHG Rn. 31). Dabei dürfte es sich anbieten, dass in der Veränderungsspalte (vgl. § 2 GesLV) ein Vermerk über die Kaduzierung eingetragen wird (vgl. hierzu Verse in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, § 21 GmbHG Rn. 31).

III.

Der Festsetzung eines Verfahrenswertes bedurfte es im Hinblick auf die Festgebühr (GV zu § 1 Satz 1 HRegGebVO i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1, KV Nr. 19112 zu § 3 Abs. 2 GNotKG) nicht.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 70 Abs. 2 FamFG).

Schlagworte: Ausfallhaftung des von der Kaduzierung betroffenen Gesellschafters, Gesellschafterliste, Inhalt und Form der Kaduzierung, Kaduzierung, Kaduzierungsberechtigter, Kaduzierungsverpflichteter, Voraussetzungen der Kaduzierung, Wirkung der Kaduzierung