Einträge nach Montat filtern

KG, Beschluss vom 08.08.2012 – 12 W 23/12

FamFG §§ 21, 395, 398; ZPO §§ 567 ff.

1. Bei der Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss unterliegt nur dieser der Nachprüfung des Beschwerdegerichts, also insbesondere die Frage, ob die Aussetzungsvoraussetzungen des § 21 FamFG vorliegen, nicht hingegen die Anmeldung selbst (BayObLG NJW-RR 2000, 181, 182; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
a.a.O., juris Rn. 4; MK-ZPO/Krafka, FamFG, 2010, § 381 Rn. 10; Bumiller/Winkler, FamFG, 10. Aufl. 2010, § 381 Rn. 14). Die Sachentscheidung über den ursprünglich gestellten Antrag ist weiterhin beim Registergericht anhängig und von diesem zu entscheiden, nachdem über die Beschwerde gegen die Aussetzung, die allein beim Beschwerdegericht anhängig ist, entschieden worden ist.

2. Das Registergericht kann gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 FamFG aus wichtigem Grund das Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches den Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet. Ein solches Rechtsverhältnis bildet auch die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen (vgl. Keidel/Heinemann, a.a.O., § 381 Rn. 7 m. w. N.).

3. Das Registergericht darf das Verfahren gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 FamFG nur dann aussetzen, wenn ein wichtiger Grund hierfür besteht. Die Entscheidung steht in seinem Ermessen (Bork/Jakoby/Schwab/Müther, FamFG, 2009, § 21 Rn. 11). Bei der Ermessensentscheidung ist zum einen der Zweck der Aussetzungsvorschriften zu berücksichtigen, nämlich die Vermeidung einer doppelten Prüfung von identischen Fragen (vgl. Bork/Jacoby/Schwab/Elzer, a.a.O., § 21 Rn. 1). Des weiteren sind die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen; bedarf es z. B. wegen einer Haftungsregelung (§ 176 HGB) einer sofortigen Eintragung, so spricht dies gegen eine Aussetzung des Verfahrens (vgl. Keidel/Heinemann, a.a.O., § 381 Rn. 10 m. w. N.). In jedem Fall hat jedoch eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Fallgestaltungen, die per se eine Aussetzung ver- oder gebieten, gibt es nicht (vgl. Bork/Jacoby/Schwab/ Müther, a. a. O. § 381 Rn. 6). Wird beispielsweise einer gegen einen Beschluss erhobenen Anfechtungsklage zweifelsfrei keine Erfolgsaussicht beigemessen, so ist das Registergericht nicht an der Eintragung gehindert; sind die Erfolgsaussichten nicht sicher zu beurteilen, so spricht dies für eine Aussetzung (vgl. BGH NJW 1990, 2747 für den Fall einer Anfechtungsklage gegen einen Verschmelzungsbeschluss).

4. Beschwerdeberechtigt gegen Beschlüsse gemäß § 21 FamFG ist jeder Beteiligte (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 21 Rn. 32), damit also auch jeder Mitgesellschafterin der Gesellschaft.

5. Nach § 398 FamFG kann ein in das Handelsregister eingetragener Beschluss der Gesellschafterversammlung einer GmbH gemäß § 395 FamFG als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse liegt. Zu solchen Beschlüssen gehören auch die über Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers (BayObLG, DB 1995, 2517, juris Rn. 13; Keidel/Heinemann, a.a.O., § 398 Rn. 11).

6. Daraus folgt ein gegenüber einer Anmeldung zur Eintragung stark eingeschränktes Prüfungsrecht des Registergerichts (BayObLG, a. a. O.). Das Löschungsverfahren ist nämlich ein gegenüber dem Anmeldeverfahren selbständig ausgestaltetes Verfahren und dient nicht dazu, etwaige Fehler des ersteren zu korrigieren. Die Löschung soll nicht bewirken, das Register von unwirksamen und unrichtigen Eintragungen zu befreien; sie hat vielmehr den Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften durchzusetzen (BayObLG, a.a.O., juris Rn. 14; Keidel/Heinemann, a.a.O., § 395 Rn. 1). Nach dem Wortlaut des § 398 FamFG muss der als nichtig zu löschende Beschluss seinem Inhalt nach und nicht durch die Art seines Zustandekommens zwingende gesetzliche Vorschriften verletzen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind nicht gegeben, wenn der Beschluss unter Verletzung der Vorschriften über die Berufung der Versammlung oder über die Abstimmung zustande gekommen ist oder weil der Inhalt des Beschlusses gegen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages verstößt (vgl. BayObLG a. a. O. m. w. N.). Der Registerrichter darf nach § 398 FamFG nur solche Beschlüsse löschen, die wegen gesetzwidrigen Inhalts, nicht aber wegen anderer Mängel nichtig sind.

7. Für die Geltendmachung der NichtigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geltendmachung der Nichtigkeit
Nichtigkeit
von Beschlüssen allgemein steht den Gesellschaftern das Anfechtungsverfahren zur Verfügung (BayObLG, a. a. O.). Damit hat es der Gesetzgeber grundsätzlich den Beteiligten überlassen, eine etwaige Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen wegen Verletzung ihrer Interessen selbst geltend zu machen (BayObLG, a. a. O.; Keidel/Heinemann, a.a.O., § 398 Rn. 16).

8. § 398 FamFG schafft nur die Möglichkeit, solche Beschlüsse, die Interessen verletzen, deren Wahrnehmung nicht den Beteiligten selbst überlassen bleiben darf, aus dem Register zu löschen und so den Schein dauernder öffentlicher Anerkennung zu zerstören (BayObLG, a. a. O. m. w. N.).

9. Als öffentliches Interesse i. S. d. § 398 FamFG kommt nicht das der Gesellschafter, wohl aber das der Gesellschaftsgläubiger in Betracht (Keidel/Heinmann, a.a.O., Rn. 16).

10. Darüber hinaus muss die Eintragung auch sachlich unrichtig sein (KG, Rpfleger 1966, 181; Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl. 2010, Rn. 441); dies gilt auch für Löschungen (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, GmbHR 2001, 820, juris Rn. 14 m. w. N.).

11. Dem Handelsregister kommt bei der Löschung gegenüber der Anmeldung nur stark eingeschränktes Prüfungsrecht zu (vgl. dazu Keidel/Heinemann, a.a.O., § 398 Rn. 3). Das führt dazu, dass die Löschung einer Eintragung nur dann erfolgen darf, wenn die Unzulässigkeit der Eintragung nach Überprüfung aller hierfür maßgebenden Umstände ohne vernünftigen Zweifel zu bejahen ist (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, GmbHR 2010, 527, juris Rn. 10).

Schlagworte: Anfechtungsgründe, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Beschlussmängel, Beschwerdebefugnis, Ermessensspielraum, Gesamtwürdigung, Gesellschafter, Gesellschafterbeschluss, Handelsregister, Interessenabwägung, Löschung, Nichtigkeitsfeststellungsklage/Nichtigkeitsklage, Nichtigkeitsgründe, Prüfungspflicht, überprüfbares Ermessen, Wichtiger Grund