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OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.10.2022 – 20 W 16/22

§ 53 Abs 1 Nr 5 Halbs 2 GKG, § 148 AktG

Für die Bemessung des Streitwerts eines Klagezulassungsverfahrens gem. § 148 AktG ist – innerhalb der von § 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 2 GKG vorgegebenen Obergrenzen – grundsätzlich der volle Wert der beabsichtigten Ersatzanspruchsklage maßgeblich.

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen – Commercial Court – des Landgerichts Stuttgart vom 15.10.2021 (31 O 73/20 KfH) wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Antragsteller hat als Aktionär der … AG (im Folgenden: Streithelferin) die Zulassung gem. § 148 AktG zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Antragsgegner zu 1 (einem Aufsichtsratsmitglied der Streithelferin) und dem Antragsgegner zu 2 (dem Vorstand der Streithelferin) im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung von Beratungsverträgen begehrt.Randnummer2

In seiner ursprünglich gegen die jetzige Streithelferin als Antragsgegnerin gerichteten Antragsschrift vom 28.10.2020 (S. 2; GA 2) hatte der Antragsteller zunächst beantragt, zuzulassen, dass er folgende Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen geltend mache: Zahlungsansprüche gegen den jetzigen Antragsgegner zu 1 i.H. von bis zu 488.000,00 €, zumindest aber 180.000,00 €, sowie gegen den jetzigen Antragsgegner zu 2 in noch festzustellender Höhe. Nachdem das Landgericht mit Beschluss vom 25.11.2020 (GA 12 ff.) den Streitwert vorläufig auf 480.000,00 € festgesetzt hatte, hatte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.12.2020 (GA 17 f.) seine Antragstellung dahingehend „präzisiert“, dass Antragsgegner nunmehr H.-Jo. H. und H.-Jü. D. sowie „Beigeladene“ die Streithelferin seien. Zuletzt hatte der Antragsteller mit weiterem Schriftsatz vom 10.05.2021 (S. 1 f.; GA 113 f.) beantragt zuzulassen, dass er Zahlungsansprüche der Streithelferin gegen die Antragsgegner zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner i.H. von 452.059,00 € zuzüglich Zinsen geltend mache, hilfsweise festzustellen, dass die an den Antragsgegner zu 1 geleisteten Zahlungen i.H. von 452.059,00 € für erbrachte Beratungsleistungen rückforderbar seien sowie dass der Antragsgegner zu 1 diese an ihn geleisteten Zahlungen i.H. von 452.059,00 € zurückzuerstatten habe.Randnummer3

Hinsichtlich des Streitwerts hatte der Antragsteller sodann mit weiterem Schriftsatz vom 20.08.2021 (S. 7 f.; GA 173 f.) maßgeblich darauf abgestellt, dass er mit rund 10 % an der Streithelferin beteiligt sei, weswegen der Streitwert auf 10 % der zuletzt „maximal einzuklagenden beantragten“ Summe von 452.059,00 €, mithin auf 45.205,90 €, festzusetzen sei, hilfsweise – bei Zugrundelegung der Auffassung von Jäckel (in: BeckOK Kostenrecht, Stand: 01.07.2022, § 53 GKG Rn. 18) – höchstens auf die Hälfte jener Summe, d.h. auf 222.029,50 €.Randnummer4

Das Landgericht hat die (Klagezulassungs-) Anträge des Antragstellers mit – diesem am 07.12.2021 zugestellten – Beschluss vom 15.10.2021 (31 O 73/20 KfH; GA 179 ff.) als unzulässig zurückgewiesen und den Streitwert des Verfahrens auf 488.000,00 € festgesetzt.Randnummer5

Zur Begründung seiner Streitwertfestsetzung hat das Landgericht in diesem Beschluss im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Wie sich aus der Verweisung in § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG auf § 3 ZPO ergebe, richte sich die Streitwertfestsetzung im Klagezulassungsverfahren im Ausgangspunkt nach dem mit dem Antrag verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers, welches sich an dem angekündigten Streitwert der beabsichtigten Klage – hier: 488.000,00 € – orientiere. Soweit die beabsichtigte Klage in ihrer ursprünglichen Fassung bezüglich der Inanspruchnahme des Vorstands unbeziffert gewesen sei, ergäben sich aus der Antragsbegründung keine Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber dem Vorstand Beträge über 488.000,00 € hinaus im Raum stehen könnten. Die spätere Reduzierung des Betrages der Hauptforderung auf 452.059,00 € habe wegen § 40 GKG nicht zu einer Ermäßigung des Streitwerts geführt. Ein Abschlag von dem Betrag i.H. von 480.000,00 € sei auch nicht im Hinblick auf den „Vorschaltcharakter“ des Klagezulassungsverfahrens geboten. Denn der „summarische Charakter“ des Klagezulassungsverfahrens beziehe sich lediglich maßgeblich darauf, dass ein auf Tatsachen gestützter Verdacht ausreiche und noch keine Gewissheit über das Bestehen der Ansprüche gefordert werde. Vielmehr habe der Gesetzgeber eine bewusste Entscheidung gegen weitere Erleichterungen für die Minderheitsaktionäre getroffen, um „Fehlanreize“ zu vermeiden, welche darin lägen, dass die Erfolgsaussichten einer Klage für den jeweiligen Antragsteller ohne Kostenrisiken „ausgetestet“ werden könnten (BT-Drucks. 15/5092, S. 23). Anders als bei anderen dem aktienrechtlichen Minderheitenschutz dienenden Verfahren (vgl. etwa § 15 SpruchG) gebe es beim Klagezulassungsverfahren in Bezug auf die potentielle Belastung mit Kosten der Antragsgegnerseite keine den betreffenden Antragsteller begünstigende Sonderregelung. Für eine Analogie sei mangels Regelungslücke kein Raum. Soweit vorgeschlagen worden sei, für die Streitwertfestsetzung im Klagezulassungsverfahren entweder auf einen dem prozentualen Anteil des Antragstellers am Grundkapital entsprechenden Prozentsatz an der geltend gemachten Schadenssumme abzustellen oder aber einen nahezu willkürlich festgelegten Bruchteil anzusetzen, überzeugten beide Ansätze nicht. Insbesondere spreche gegen eine Bewertung des Klagezulassungsantrags entsprechend der individuellen Beteiligungsquote des jeweiligen Antragstellers bereits der Umstand, dass sich dann bei mehreren Zulassungsanträgen verschiedener Antragsteller trotz wirtschaftlicher Identität des verfolgten Anspruchs und trotz erforderlicher Verfahrensverbindung (analog § 148 Abs. 4 Satz 4 AktG) unterschiedliche Streitwerte ergeben würden. Nach alledem entspreche der Streitwert im Klagezulassungsverfahren grundsätzlich dem Streitwert der Klage, um deren Zulassung es gehe, also regelmäßig dem geltend gemachten Anspruch, wobei in einem zweiten Schritt zu berücksichtigen sei, dass der Streitwert gem. § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG grundsätzlich 1/10 des Grundkapitals, höchstens jedoch 500.000 EUR, nicht übersteigen dürfe, sofern nicht die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten sei. Das im Handelsregister eingetragene Grundkapital der Streithelferin belaufe sich seit der Kapitalherabsetzung von 2012 auf 41.700.000,00 €; 10 % hieraus wären 4,17 Mio. €. Mit dem nun endgültig auf 488.000,00 € festgesetzten Streitwert werde insbesondere auch die Obergrenze von 500.000,00 € nicht über-, sondern unterschritten. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den landgerichtlichen Beschluss vom 15.10.2021 Bezug genommen.Randnummer6

Der Antragsteller hatte mit Schriftsatz vom 21.12.2021 (GA 183) sofortige Beschwerde „gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart zum Aktenzeichen 31 0 73/20 KfH vom 15.10.2021“ eingelegt, welche beim Oberlandesgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 20 W 15/22 geführt wurde. In weiterer Folge hatte der Antragsteller sein Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 21.02.2022 (GA 196 ff.) begründet und im Zuge dessen auf S. 17 f. jenes Schriftsatzes (GA 212 f.) unter „III. Kostenentscheidung“ ausgeführt, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts ebenfalls zur Überprüfung gestellt werde; insbesondere sei es sachgerecht, der „verminderten Anforderung des Klagezulassungsverfahrens“ dadurch Rechnung zu tragen, dass der Wert der Sache reduziert werde.Randnummer7

Mit Beschluss vom 24.05.2022 (GA 215 ff.) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen seinen Beschluss vom 15.10.2021 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt, ohne in den Gründen auf die Streitwertfrage speziell einzugehen. In weiterer Folge hat der Antragsteller dem Senat mit Schriftsatz vom 08.06.2022 (BA 1) mitgeteilt, dass seine Ausführungen im obenerwähnten Schriftsatz vom 21.02.2022 auf S. 17 f. als Beschwerde über den Streitwert zu verstehen seien, welcher entsprechend der dortigen Argumentation herabgesetzt werden solle.Randnummer8

Mit Schriftsatz vom 13.09.2022 (BA 8 ff.) zum Aktenzeichen 20 W 15/22 hat der Antragsteller schließlich seine sofortige Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 15.10.2021 zurückgenommen, die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts nach § 68 GKG hingegen ausdrücklich aufrechterhalten und – soweit diese unter anderem Aktenzeichen geführt werde – um „entsprechende Zuordnung“ gebeten. Hinsichtlich seiner Streitwertbeschwerde hat der Antragsteller in jenem Schriftsatz vom 13.09.2022 ergänzend Folgendes ausgeführt: Da es sich bei der Norm des § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG u.a. deswegen um einen offensichtlichen Fehler des Gesetzgebers handele, weil es bei § 148 AktG um einen „übertragenden oder formwechselnden Rechtsträger“ nicht gehe, sei vorliegend allenfalls der Rechtsgedanke jener erstgenannten Norm anwendbar. Dieser gehe dahin, das Kostenrisiko des Antragstellers zu begrenzen und das Interesse der Parteien auch in die Bemessung des Streitwerts einzubeziehen. Nicht zu überzeugen vermöge das Argument des Landgerichts, dass eine Ausrichtung des Streitwerts am individuellen Interesse dazu führen würde, dass es bei mehreren Antragstellern zu unterschiedlichen Streitwerten kommen würde, da dies weder der Rechtsordnung noch dem Aktienrecht fremd sei. So komme es in aktienrechtlichen Spruchverfahren regelmäßig für alle Antragsteller zu unterschiedlicher Wertfestsetzung. Auch die Norm des § 247 Abs. 2 AktG kenne eine divergierende Streitwertfestsetzung, die an individuellen Kriterien ausgerichtet sei.Randnummer9

Wegen weiterer Einzelheiten des Beteiligtenvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 25.08.2022 (BA 16 f.) der Streitwertbeschwerde – unter Verweis auf seine Begründung der Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 15.10.2021 – nicht abgeholfen.

II.

Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen – Commercial Court – des Landgerichts Stuttgart vom 15.10.2021 (31 O 73/20 KfH; GA 179 ff.) hat in der Sache keinen Erfolg.Randnummer11

Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat das Landgericht zu Recht den Streitwert auf 488.000,00 € festgesetzt.

1.

Hinsichtlich des Klagezulassungsverfahrens bestimmt sich der Streitwert gem. § 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 1 GKG grundsätzlich nach § 3 ZPO, dem zufolge das Gericht den Wert nach freiem Ermessen festsetzt, wobei der Streitwert allerdings 1/10 des Grundkapitals der Gesellschaft, höchstens jedoch 500.000,00 €, nur insoweit übersteigen darf, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist (§ 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 2 GKG). Soweit in § 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 2 GKG auf das Grundkapital „des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers“ abgestellt wird, handelt es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers (vgl. T. Bezzenberger/Schmolke in: Großkomm.z.AktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 366 Fn. 932; vgl. auch Rieckers/Vetter in: Kölner Komm.z.AktG, 3. Aufl., § 148 Rn. 630 f. zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG a.F.).

2.

Was der zutreffende Maßstab zur Bestimmung des Streitwerts innerhalb des Rahmens des § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG ist, ist umstritten.

a)

Nach einer Auffassung entspricht der Streitwert des Klagezulassungsverfahrens deswegen nicht ohne Weiteres der Höhe des in Rede stehenden Anspruchs der Gesellschaft i.S. von § 147 Abs. 1 AktG, da dieses Verfahren nur eine Vorstufe zur eigentlichen Haftungsklage darstelle (Jäckel in: BeckOK Kostenrecht, 38. Edition, Stand: 01.07.2022, § 53 GKG Rn. 18; Dörndorfer in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl., § 53 GKG Rn. 6b). Vielmehr komme es auf das Interesse der antragstellenden Aktionäre an, welches sich zunächst auf die Zulassung der Haftungsklage beschränke. Daher sei es gerechtfertigt, nur einen Bruchteil der behaupteten Schadenssumme zugrunde zu legen, wobei als angemessene Größe 1/2 (so Jäckel in: BeckOK Kostenrecht, 38. Edition, Stand: 01.07.2022, § 53 GKG Rn. 18) bzw. 1/10 (so Rieckers/Vetter in: Kölner Komm.z.AktG, 3. Aufl., § 148 AktG Rn. 634 f.) erscheine.Randnummer15

Allerdings erscheinen die genannten Bruchteile von 1/2 bzw. 1/10 gegriffen. So wird der Ansatz von 1/2 von Jäckel (aaO) nicht näher begründet, sondern lediglich als „angemessene Größe“ bezeichnet. Der Ansatz von 1/10 wird von Rieckers/Vetter (aaO) ebenso wenig nachvollziehbar damit gerechtfertigt, dass „als gesetzlicher Anhaltspunkt … die 10 %-Grenze des § 53 GKG herangezogen“ werden könne, die sich „dort allerdings systematisch unzutreffend … auf die Grundkapitalziffer“ beziehe.

b)

Nach einer weiteren Auffassung kann jedenfalls in Fällen, in denen die Bedeutung der Sache für beide Parteien (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbs. GKG) besonders hoch ist, eine „angemessene“ Vervielfachung des sich nach der Beschränkung des Wertes auf 10 % des Grundkapitals ergebenden Wertes gerechtfertigt sein (OLG Köln, Beschl. v. 27.02.2019 – 18 W 53/17, juris Rn. 14).Randnummer17

Ob dieser Auffassung in derartigen Fällen zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn im vorliegenden Fall liegt der Streitwert der intendierten Klage jedenfalls weit unterhalb von 10 % des im Handelsregister eingetragenen Grundkapitals der Streithelferin (4,17 Mio. €).

c)

Nach einer dritten Auffassung entspricht das zugrunde zu legende Antragstellerinteresse einem der Beteiligung des betreffenden Antragstellers am Grundkapital korrespondierenden Bruchteil der Höhe des in Rede stehenden Ersatzanspruchs, welcher nach § 53 Abs. 1 S. 2 GKG auf 500.000,00 € begrenzt sei (Tretter in: Schüppen/Staub, Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, 3. Aufl., § 41 Rn. 67; Mock in: BeckOGK AktG, Stand: 01.07.2022, § 148 Rn. 121; Lochner in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 148 AktG Rn. 33; Schmolke, ZGR 2011, 398, 408; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1482).Randnummer19

Hiergegen spricht jedoch, dass das Antragsziel, die Verfolgung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft in voller Höhe im eigenen Namen zu ermöglichen, und die Belastung des Antragstellers durch das Verfahren von dessen Beteiligungsquote unabhängig sind (Rieckers/Vetter in: Kölner Komm.z.AktG, 3. Aufl., § 148 Rn. 632; T. Bezzenberger/Schmolke in: Großkomm.z.AktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 367; Arnold in: MünchKommAktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 111; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088).

d)

Diesen letztgenannten Gedanken greift eine vierte Auffassung auf, welche maßgeblich darauf abstellt, dass gegenüber dem auf eine Geltendmachung zugunsten der Gesellschaft gerichteten Interesse des Antragstellers dessen gegebenenfalls geringeres Eigeninteresse – wie auch sonst im Falle der Prozessstandschaft – unberücksichtigt zu bleiben habe. Maßgebend sei vielmehr der nach dem Vortrag des Klägers denkbare Schaden der Gesellschaft, wobei der so ermittelte Wert des Hauptprozesses zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Kostenrisikos für den Antragsteller gem. § 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 2 GKG begrenzt sei auf 10 % des Grundkapitals, höchstens jedoch 500.000,00 €, soweit nicht ausnahmsweise die Bedeutung der Sache für die Parteien einen höheren Wertansatz rechtfertige. Der Umstand, dass mit dem Klagezulassungsverfahren eine gerichtliche Geltendmachung der Ersatzansprüche überhaupt erst ermöglicht werden solle, rechtfertige keinen Abschlag (Fölsch/Hofmann-Hoeppel/Kreutz/Kurpat/Luber/Schäfer in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 53 GKG Rn. 41; Schneider/Volpert/Fölsch in: Schneider/Volpert/Fölsch, aaO, § 3 ZPO Rn. 117; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 148 Rn. 54; Grigoleit/Rachlitz in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl., § 148 Rn. 31; Arnold in: MünchKommAktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 111; G. Bezzenberger/T. Bezzenberger in: Großkomm.z.AktG, 4. Aufl. [Vorauflage], § 148 Rn. 264; Holzborn/Jänig in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 21; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088; vgl. auch LG München I, Beschl. v. 29.03.2007 – 5 HK O 12931/06, juris Rn. 37).

3.

Der Senat schließt sich dieser letztgenannten Auffassung an. Der hiergegen erhobene Einwand, dass nur ein erheblicher Abschlag vom Wert des Ersatzanspruchs dem Anliegen des Gesetzes entspreche, Kostenhürden für die Antragstellung im Klagezulassungsverfahren abzubauen (so T. Bezzenberger/Schmolke in: Großkomm.z.AktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 367; Rieckers/Vetter in: Kölner Komm.z.AktG, 3. Aufl., § 148 AktG Rn. 633), erweist sich als nicht tragfähig. So hat der Gesetzgeber zwar darauf abgestellt, dass das Klagezulassungsverfahren der Minderheit die Möglichkeit verschaffen solle, einen ex ante aussichtsreichen prozess in die Wege zu leiten, ohne das Risiko tragen zu müssen, im (späteren) Rechtsstreit mit dessen Kosten belastet zu werden; andererseits hat der Gesetzgeber allerdings zugleich darauf rekurriert, dass aussichtslose oder zu missbräuchlichen Zwecken betriebene Klagen von vornherein ausgeschaltet werden sollten. § 148 Abs. 1 Satz 1 AktG sehe „dementsprechend vor, dass die Geltendmachung der Ersatzansprüche von Aktionären beantragt werden“ könne, „deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100 000 Euro“ erreichten (BT-Drucks. 15/5092, S. 20). Abgesehen davon führt die Streitwertbegrenzung des § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG auf den Betrag von 500.000,00 € – wie Rieckers/Vetter (aaO) einräumen – „in vielen Fällen zu einer akzeptablen Begrenzung des Kostenrisikos“. Wie die Parallele zum Streitwert bei Erlass eines Grundurteils zeigt, gebietet der Umstand, dass das Klagezulassungsverfahren nur eine Vorstufe zur Haftungsklage darstellt und auf seiner Grundlage allein noch kein Schadensersatz gefordert werden kann, nicht die Vornahme eines Abschlags beim Streitwert (Arnold in: MünchKommAktG, 5.Aufl., § 148 Rn. 111; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088). Da bereits das Klagezulassungsverfahren regelmäßig unter vollem Einsatz aller Beteiligten betrieben wird, drängt sich auch unter dem Gesichtspunkt des tatsächlich anfallenden Aufwands keine – ohnehin nicht rational bemessbare – Reduzierung des Streitwerts auf (Arnold in: MünchKommAktG, 5. Aufl., § 148 Rn. 111; Schröer ZIP 2005, 2081, 2088; G. Bezzenberger/T. Bezzenberger in: Großkomm.z.AktG, 4. Aufl. [Vorauflage], § 148 Rn. 264).

4.

Mithin ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Streitwert des vorliegenden Klagezulassungsverfahrens demjenigen der beabsichtigten Klage – hier: 488.000,00 € – entspricht. Soweit die beabsichtigte Klage in ihrer ursprünglichen Fassung bezüglich der Inanspruchnahme des Vorstands unbeziffert gewesen ist, hat das Landgericht (LGB 38) zu Recht angenommen, dass sich aus der Antragsbegründung vom 28.10.2020 (GA 1 ff.) keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass gegenüber dem Vorstand Beträge über 488.000,00 € hinaus im Raum stehen könnten. Des Weiteren ist das Landgericht (LGB 38 i.V.m. LGB 42) zu dem rechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt, dass im Hinblick auf § 40 GKG die spätere Reduzierung des Betrages der Hauptforderung auf 452.059,00 € nicht zu einer Ermäßigung des Streitwerts geführt hat und dass mit dem auf 488.000,00 € festgesetzten Streitwert die in § 53 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbs. GKG festgelegten Obergrenzen nicht überschritten werden.Randnummer23

Nach alledem war die Streitwertbeschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

III.

Die Entscheidung ergeht gem. § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).Randnummer25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 2 Satz 7, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Schlagworte: Klagezulassungsverfahren