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LG Aachen, Urteil vom 22.12.2009 – 10 O 277/09

BGB §§ 249, 280, 286; ZPO § 91

Der mit dem Klageantrag zu 1 hauptsächlich geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Kosten des Prozessfinanzierers als Schaden besteht nicht. Zwar kommt als Anspruchsgrundlage für den hier geltend gemachten materiellen Kostenerstattungsanspruch (vgl. dazu Herget, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., Vor § 91 Rn. 11) entweder Verzug gemäß § 286, § 280 Abs. 1 BGB oder eine Verletzung der der Beklagte als kontoführende Bank obliegenden Pflichten aus den betreffenden Geschäftsbesorgungsverträgen gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Kosten eines Prozessfinanzierers gehören jedoch nicht zu den ersatzfähigen Schäden im Sinne der §§ 249 ff. BGB.

In den Kosten eines Prozessfinanzierers liegt keine unmittelbar eintretende Minderung des Vermögens des Geschädigten. Vielmehr beruht die Vermögensminderung gegebenenfalls auf einem seitens des Geschädigten freiwillig erbrachten Vermögensopfer, also auf einer Aufwendung (vgl. dazu Sprau in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 670 Rn. 3). Im Hinblick auf den bloß mittelbaren Ursachsachenzusammenhang können Aufwendungen dem Schädiger allgemein nur unter weiteren, einschränkenden Voraussetzungen zugerechnet werden: § 249 BGB erstreckt sich zwar auf Aufwendungen des Geschädigten, aber nur auf solche, die der Geschädigte nach den Umständen des Einzelfalles als notwendig ansehen durfte (vgl. BGH, NJW 1976, S. 1198 sowie 1990, S. 206). Für Aufwendungen, die der Rechtsverfolgung dienen, bedeutet das, dass sie nur dann zu ersetzen sind, wenn sie aus Sicht des Geschädigten erforderlich und zweckmäßig gewesen sind (vgl. BGH, NJW 2006, S. 1065 zu Rechtsanwaltskosten). Für die Ersatzfähigkeit der Kosten eines Prozessfinanzierers als Kosten, die ebenfalls der Rechtsverfolgung dienen, kommt es demnach darauf an, ob die entsprechenden Aufwendungen aus Sicht des Geschädigten erforderlich und zweckmäßig gewesen sind. Dabei ist die Zweckmäßigkeit zweifellos gegeben; problematisch ist ausschließlich die Erforderlichkeit. In diesem Zusammenhang bedarf es eines Vergleichs mit den dem Schädiger im konkreten Fall eröffneten anderweitigen Möglichkeiten der Prozessfinanzierung, also 1. dem Bestreiten der Prozesskosten aus eigenen Mitteln, 2. der Finanzierung derselben im Wege eines Kredits und 3. der Beantragung von Prozesskostenhilfe. Es ist jeweils die Höhe der tatsächlich gezahlten Erfolgsbeteiligung dem Betrag der Zinsen und Kosten eines fiktiven Darlehens in der erforderlichen Höhe oder – bei Bestreiten der Prozesskosten aus eigenen Mitteln – der entgangenen Zinsen einer fiktiven Anlage in der betreffenden Höhe gegenüberzustellen. Ein Ersatz der Kosten des Prozessfinanzierers kommt nur dann in Betracht, wenn der Betrag der Erfolgsbeteiligung der Höhe nach die Kreditkosten oder die entgangenen Anlagezinsen jedenfalls nicht wesentlich übersteigt. Da die Erforderlichkeit eine anspruchsbegründende Voraussetzung ist, obliegt dem Anspruchsteller die Darlegung der entsprechenden Umstände. Trägt der Anspruchsteller demgegenüber vor, ihm sei es mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht möglich gewesen, die Prozesskosten aus eigenen Mitteln zu Bestreiten oder hierfür einen Kredit aufzunehmen, steht einem Ersatz der Kosten des Prozessfinanzierers entgegen, dass der Anspruchsteller Prozesskostenhilfe hätte beantragen können.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine Umstände dargetan, aus denen sich die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Prozessfinanzierers … und der diesbezügliche Aufwendungen im Sinne der vorstehenden Ausführungen ergibt.

Zwar trifft es zu, dass die Hinzuziehung eines Prozessfinanzierers gegenüber der Kreditfinanzierung oder der Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verschiedene Vorteile bietet: So übernimmt ein Prozessfinanzierer nicht nur die Vorfinanzierung der zu erwartenden Prozesskosten, sondern er nimmt der betreffenden Partei darüber hinaus das mit dem Unterliegen verbundene Kostenrisiko ab. Ferner gewährt er in rechtlicher Hinsicht Hilfestellung. Diese Vorteile mögen zwar aus der nach den obigen Ausführungen maßgebenden Sicht des Geschädigten von Bedeutung sein, sie können jedoch an dem dargelegten Ergebnis für die Ersatzfähigkeit der Kosten eines Prozessfinanzierers nichts ändern.

So steht der Schutzzweck des Schadenersatzrechts der Berücksichtigung des mit der Übernahme des Kostenrisikos für den Fall des Unterliegens verbundenen Vorteils entgegen. Denn bereits aus den §§ 91 ff. ZPO und dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Veranlasserprinzip folgt, dass der Gesetzgeber jedem Rechtsuchenden das mit einem Unterliegen verbundene Kostenrisiko sogar unabhängig von einem Verschulden zumutet. Nicht einmal bedürftigen Parteien wird dieses Risiko im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ganz abgenommen. Das zeigen die §§ 122, 123 ZPO. In der Übernahme dieses Risikos durch den Prozessfinanzierer liegt dementsprechend kein Schadenersatz, sondern die Zusage einer Erfolgsbeteiligung und die späteren Aufwendungen zur Erfüllung der Zusage dienen der Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils, der über den bloßen Ersatz eines entstandenen Vermögensschadens hinausgeht. Der Geschädigte unternimmt hier den Erwerb eines Vermögenszuwachses und nicht lediglich Kompensation einer erlittenen Einbuße.

Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass die Inanspruchnahme eines Prozessfinanzierers oftmals mit der Hinzuziehung weiteren juristischen Sachverstandes einhergeht. Die Einholung einer weiteren fachlich mehr oder weniger fundierten Meinung ist in der Regel neben der rechtskundigen Beratung durch den beauftragten Rechtsanwalt nicht erforderlich. Hinzu kommt, dass die Begutachtung gewöhnlich nicht in erster Linie im Interesse des Geschädigten erfolgt, sondern dem Interesse des Prozessfinanzierers zu dienen bestimmt ist und von diesem zur Abschätzung des Prozessrisikos in Auftrag gegeben wird.

Dem gefundenen Ergebnis lässt sich auch nicht entgegen halten, dass nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006 (vgl. BVerfGE 117, 163 ff.), der Änderung des § 49 b Abs. 2 BRAO sowie der Einführung des § 4 a RVG mit dem Gesetz zur Neuregelung des Verbots von Erfolgshonoraren vom 12. Juni 2008 (BGBl. I, S. 1000) mit Wirkung zum 1. Juli 2008 Erfolgshonorare in gewissem Umfang zulässig und vom Gesetzgeber geduldet sind. Denn zum einen ist die Frage der Rechtsanwaltsvergütung von der Frage der Vergütung der Prozessfinanzierer zu unterscheiden. Zum anderen kann die Frage der Zulässigkeit eines Erfolgshonorars nicht mit der Frage der Erstattungsfähigkeit desselben nach den §§ 249 ff. BGB gleichgesetzt werden.

Für das gefundene Ergebnis spricht im Übrigen ein Blick auf die aus § 254 Abs. 1 BGB folgende Schadensminderungspflicht: Ergäbe sich das die Ersatzfähigkeit von Aufwendungen zur Rechtsverfolgung beschränkende Kriterium der Erforderlichkeit nicht schon aus § 249 BGB selbst und hier unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung psychisch vermittelter Schäden, so stünde die den Geschädigten treffende Schadensminderungspflicht einer Erstreckung des Schadenersatzes über die notwendigen Aufwendungen des Geschädigten hinaus entgegen.

Schließlich führte eine Berücksichtigung der Kosten eines Prozessfinanzierers als ersatzfähiger Schaden dazu, dass nicht nur der Vor-, sondern auch der Folgeprozess auf diese Weise finanziert werden könnte. Dies ließe sich nahezu beliebig fortsetzen und diente dann dem Schadenersatzrecht fremden Zwecken.

Einen Ersatz fiktiver Kreditfinanzierungskosten bzw. entgangener Zinsen einer fiktiven Anlage macht die Klägerin nicht geltend. Ihm stünde gegebenenfalls entgegen, dass eine fiktive Abrechnung nur auf der Grundlage des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Betracht kommt, es im Vorprozess aber nicht um Ausgleich wegen Personen- oder Sachschäden ging.

Schlagworte: Folgeprozess, Freiwillig erbrachtes Vermögensopfer, Kosten des Prozessfinanzierers, Prozessfinanzierer, Prozessfinanzierungen, Prozessfinanzierungskosten als Schaden