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LG Dortmund, Urteil vom 13.03.2014 – 18 O 65/13

1. Der Hauptversammlungsbeschluss ist nicht wegen Verstoßes gegen § 241 Abs. 1 Nr. 1 AktG nichtig. Soweit §§ 241 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Verbindung mit § 121 Abs. 3 Satz 1 AktG Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses anzunehmen ist, wenn für den Zeitpunkt der Hauptversammlung keine Einladung erfolgt ist – was hier der Fall ist, da die Einladung zur Hauptversammlung auf den 29.05.2013 lautete -, ist § 121 Abs. 1 Satz 3 AktG hier aber im Hinblick auf § 121 Abs. 6 AktG nicht anwendbar. Hiernach ist der Verstoß gegen § 121 Abs. 3 AktG unschädlich, wenn alle Aktionäre an der Hauptversammlung teilgenommen haben und kein Aktionär der Beschlussfassung widersprochen hat. So liegt der Fall hier. Vollständige Präsens im Sinne von § 121 Abs. 6 AktG liegt auch dann vor, wenn die Aktionäre durch Bevollmächtigte vertreten sind (Hüffer, AktG 10. Aufl., 2012, § 121 Rn. 20). Hier ist davon auszugehen, dass die vier Namensaktionäre am 28.05.2013 anwesend waren, da sie durch P als Bevollmächtigten vertreten worden sind. Gemäß Anlage zur Niederschrift zur Hauptversammlung lagen entsprechende Vollmachten vor. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2014 bestritten, dass entsprechende Vollmachten vorlagen. Der Beklagten ist daraufhin im Termin aufgegeben worden, die Vollmachten vorzulegen. Dies ist mit dem Schriftsatz vom 17. Januar 2014 geschehen; da eine entsprechende Auflage gemacht worden ist, handelt es sich um einen nachgelassenen Schriftsatz, das Vorbringen aus diesem Schriftsatz kann mithin der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Vorgelegt wurden die Vollmachten des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig Holstein vom 24. Mai 2013, des Ostdeutschen Sparkassenverbandes vom 23. Mai 2013, des Sparkassenverbandes Westfalen Lippe vom 27. Mai 2013 und der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH vom 22.05.2013. Im Hinblick auf die nunmehr vorliegenden Vollmachten ist das Bestreiten des Vorliegens von Vollmachten als Bestreiten unsubstantiiert. Nach dem Vorliegen der Vollmachten hätten die Kläger konkret dartun müssen, ob und wieso sie die vorgelegten Vollmachten für unzureichend halten. Hierzu hatten sie Gelegenheit. In dem Schriftsatz vom 29.01.2014 haben sie eine Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme beschränkt sich aber darauf, dass das Erstaunen zum Ausdruck gebracht wird, dass die Vollmacht der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH vom 22.05.2013 herrührt. Konkrete rechtliche und tatsächliche Einwendungen gegen die verschiedenen Vollmachten werden indes nicht vorgebracht.

2. Sonstige Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe liegen ebenfalls nicht vor. Der Gewinnverwendungsbeschluss ist nicht inhaltlich unrechtmäßig. Insbesondere gibt es keine Norm und keinen Rechtsgrundsatz, der die Ausschüttung an die Anteilseigner auf eine angemessene Verzinsung des Stammkapitals beschränkt. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung ist insoweit § 58 Abs. 4 AktG, wonach die Aktionäre einen Anspruch auf den Bilanzgewinn haben, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist. Die Satzung der Beklagten enthält insoweit keine Regelungen. Auch aus Gesetz ergeben sich keine Einschränkungen. Soweit die Kläger auf das WPVG verweisen, gilt, dass dieses Gesetz zur Höhe der Verzinsung des Stammkapitals keine Regelung enthält. In § 5 Abs. 2 WPVG ist lediglich bestimmt, dass die Höhe des Stammkapitals und die Höhe der Verzinsung von der Satzung geregelt werden. Unabhängig hiervon findet das WPVG bereits keine Anwendung mehr. Zum einen ist es dadurch, dass die seinerzeitige Anstalt öffentlichen Rechts durch Umwandlung gemäß § 8 Abs. 3 WPVG in Verbindung mit §§ 301 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist, gegenstandslos geworden ist. Etwaige Mängel des Formwechsels lassen die Wirkungen der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister unberührt, § 304 Satz 2 UmwG. § 1 Abs. 2 WPVG bestimmte, dass sich die Rechtsverhältnisse der Anstalten nach diesem Gesetz und nach ihrer Satzungen bestimmen. Nach Umwandlung handelt es sich indes nicht mehr um eine Anstalt, sondern um eine Kapitalgesellschaft, so dass schon aus diesem Grunde die Vorschriften des WPVG für die Beklagte gegenstandslos geworden sind. Im Übrigen wäre es dem Landesgesetzgeber auch im Hinblick auf Artikel 31 GG verwehrt, Gesetze zu erlassen, die Bundesgesetze (hier das Aktiengesetz) modifizieren und einschränken.

Eine Gewinnausschüttungssperre ergibt sich auch nicht mittelbar daraus, dass es der Beklagten untersagt wäre, Gewinne zu erwirtschaften. Zwar kann die Beklagte aufgrund ihrer Aktionärsstruktur als auch aufgrund des in § 2 der Satzung niedergelegten Unternehmenszweckes – Ziel der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Versicherungsschutz und der Aufrechterhaltung eines kundenorientierten, regionaldezentralisierten ausgewogenen Marktes für Versicherungsprodukte – als öffentliches Unternehmen angesehen werden. Insoweit werden Normen des Privatrechts durch Bestimmung des öffentlichen Rechtes ergänzt, überlagert und modifiziert. Insbesondere besteht insoweit eine Bindung an die Grundrechte, den Gleichheitssatz und das folgende Willkürverbot (BGH NJW 2003, 2451 ff.). Indes gibt es keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es öffentlichen Unternehmen verbietet, Gewinne zu erwirtschaften. Insbesondere sind das Kostendeckungsprinzip und ähnliche gebührenrechtliche Prinzipien keine Grundsätze mit verfassungsrechtlichem Rang (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.03.1998, 1 BvR 178/97 zitiert nach Juris, Rn. 65). Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 3 WPVG die Erzielung von Gewinn zwar nicht Hauptzweck der seinerzeitigen Anstalt war, gleichwohl war die Gewinnerzielung auch nicht verboten. Auch ist auf § 109 der Gemeindeordnung NW zu verweisen, wonach kommunale Unternehmen so zu führen sind, dass der öffentliche Zweck nachhaltig erfüllt wird, zudem sollen die Unternehmen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, nach § 109 Abs. 2 Gemeindeordnung NW soll der Jahresgewinn des Unternehmens mindestens eine marktübliche  Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaften. Aus all dem läßt sich entnehmen,  dass es jedenfalls keinen Grundsatz gibt, dass öffentliche Unternehmen Gewinne nicht erwirtschaften dürfen.

Schlagworte: Gewinnausschüttung, Heilung von Einberufungsmängeln, Heilung von Einberufungsmängeln durch Genehmigung, Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen nach § 241 AktG analog und nach GmbHG, Nichtigkeitsgründe, Nichtladung eines Gesellschafters, Vollversammlung, Widerspruchslose Teilnahme an der Beschlussfassung, Widerspruchslose Teilnahme an der Gesellschafterversammlung