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LG Frankfurt, Urteil vom 26.01.2018 – 3-03 O 8/17

§ 119 HGB, § 43 Abs 2 GmbHG, § 46 Nr 6 GmbHG

Allein die Tatsache einer von einem Gesellschafter angestrengten actio pro socio gegen den Geschäftsführer der Komplementärin schließt die Entlastung der Komplementärin, wodurch der actio pro socio letztlich der Boden entzogen wird, nicht aus. Die Gesellschafter haben ein weites Ermessen bei der Entscheidung über die Entlastung der Geschäftsführung. Dieses Ermessen ist durch die Treuepflicht eingeschränkt. Ein Entlastungsbeschluss ist dann treuwidrig, wenn keine andere Entscheidung als die Versagung denkbar ist und die Entlastung missbräuchlich ist (BGH, 4. Mai 2009, II ZR 169/07, NZG 2009, 1307, 1308).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweilig zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger und die vier Beklagten hatten zum Zwecke des Erwerbs einer Immobilie in Berlin 1993 eine GmbH & Co KG gegründet. Der Kläger und die Beklagten zu 1) und zu 4) halten 18% des Gesellschaftskapitals, die beiden anderen Beklagten jeweils 23%. Geschäftsführer der Komplementärin waren bis 2008 der Kläger und der Beklagte zu 1), danach nur der Beklagte zu 1). Die Finanzbuchhaltung und die Erstellung der Jahresabschlüsse wurden von dem Beklagten zu 3) vorgenommen.

In 2016 wurde die Immobilie verkauft.

Die von der Gesellschaft gehaltene Immobilie wurde seit Januar 1999 von einem Herrn … verwaltet. Ab 2006 machte Herrn … auch die Finanzbuchhaltung für die Immobilie, so dass er Vollmacht für das Hauskonto hatte. Herr … meldete die monatlichen Umsätze und Vorsteuerbeträge mittels einer Excel-Liste dem Steuerbüro des Beklagten zu 3), auf deren Grundlage dann die Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt wurden. Für die Erstellung der Jahresabschlüsse der Gesellschaft wurden die von Herrn … übermittelten Daten bzw. Buchungssätze verarbeitet. Während des Verkaufsprozess im Jahr 2015 stellte sich heraus, dass Herr … jedenfalls seit 2007 erhebliche Gelder der Gesellschaft unterschlagen hatte, indem er Handwerkerrechnungen fingiert, Verwaltervergütungen doppelt angewiesen und ihm bar übergebene Kautionen in sein Privatvermögen einverleibt hatte. Er gab am 21.10.2015 gegenüber der Gesellschaft ein notarielles Schuldanerkenntnis über € 526.315,00 ab, die eigentliche Hauptforderung belief sich auf € 448.286,22. Gelder hieraus konnte die Gesellschaft bislang nicht erzielen.

Der Kläger erhob am 30.5.2016 eine Klage vor der erkennenden Kammer, mit der er im Wege der actio pro socio gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch in Höhe von € 486.735,02 geltend macht. Das Verfahren ist im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ausgesetzt. Der Beklagte zu 1) hat sich in dem Schadensersatzprozess dahingehend eingelassen, dass er von der Gesellschafterversammlung entlastet worden sei.

Am 25.11.2016 fand eine Gesellschafterversammlung statt, in der der Beklagte zu 1) gegen die Stimme des Klägers für die Jahre 2014 und 2015 entlastet wurde. Am gleichen Tage fand eine Gesellschafterversammlung der Komplementärin statt, in der ebenfalls dem Beklagten zu 1) Entlastung für die Jahre 2014 und 2015 erteilt wurde. Der Kläger hat hinsichtlich dieses Beschlusses Klage beim Landgericht Gießen eingereicht.

Am 8.3.2017 fand eine Gesellschafterversammlung statt. In dieser hat die Mehrheit der Gesellschafter beschlossen, die Geschäftsleitung vorsorglich für die Jahre 2000 bis 2013 zu entlasten (Anlage K 12).

Der Kläger behauptet,

dass der Beklagte zu 1) als alleiniger Geschäftsführer der Komplementärin der Gesellschaft seine Pflicht zur Überwachung des Verwalters verletzt habe. Hierbei handle es sich um einen erheblichen Verstoß, so dass eine Entlastung nicht hätte erteilt werden dürfen. Auch liege ein erheblicher Schaden vor. Es sei davon auszugehen, dass Herr …schon ab 1999 Unterschlagungen begangen habe und daher der Schaden wesentlich höher sei. Er ist der Auffassung, dass die Beschlüsse treuwidrig und damit nichtig seien, da sie in Kenntnis der laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung gefasst worden seien. Mit den Entlastungsbeschlüssen hätten die Beklagten in den Gewinnanspruch des Klägers eingegriffen. Außerdem sei die Entlastung rechtsmissbräuchlich.

Der Kläger hat zunächst Klage gegen den Beschluss der Gesellschaft vom 25.11.2016 eingereicht und beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der …vom 25.11.2016 zum Tagesordnungspunkt 4, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist.

Mit Klage vom 15.5.2017 hat der Kläger bei der 5. Kammer für Handelssachen am Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen die Beklagten eingereicht hinsichtlich des Beschlusses der Gesellschaft vom 8.3.2017 Tagesordnungspunkt 3. Die erkennende Kammer hat den Rechtsstreit mit dem vorliegenden gem. Beschluss vom 12.6.2017 (Bl. 111 f. d. A.) verbunden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der ….vom 25.11.2016 zum Tagesordnungspunkt 4, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist

2. festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der …vom 8.3.2017 zum Tagesordnungspunkt 3., erster Teil, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2000 bis 2008 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist;

3. festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der … vom 8.3.2017 zum Tagesordnungspunkt 3., zweiter Teil, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2009 bis 2013 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten,

dass die Gesellschafter überein gekommen seien, dass jeder Gesellschafter anlässlich etwaiger Besuche in Berlin auch Herrn … aufsuchen solle und sich über den Stand der Verwaltung bzw. des Projekts zu erkundigen. Auffälligkeiten hätten sich nicht ergeben, auch nicht bei der stichprobenartigen Überprüfung der Belege durch den Beklagten zu 3). Der Beklagte zu 1) habe mehrfach eine Abschlussprüfung gefordert, womit die anderen Gesellschafter aber aus Kostengründen nicht einverstanden gewesen seien. Der Beklagte zu 1) habe im Einverständnis der Gesellschafter keine besondere Überwachung des Herrn … vorgenommen. Daher fehle es schon an einer Pflichtverletzung. Bei der Übertragung der Buchhaltungsaufgaben auf Herrn … sei allen Gesellschaftern das potentielle Risiko bekannt gewesen und sei von ihnen gebilligt worden. Im übrigen stehe den Gesellschaftern bei der Frage, ob gegen einen Geschäftsführer Ersatzansprüche geltend gemacht würden, ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Der Beklagte zu 1) habe sich auf die Vornahme von Belegprüfungen durch das Steuerbüro des Beklagten zu 3) verlassen können. Ein Verzicht auf angebliche Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) habe keine Auswirkung auf die Gewinnverwendung, sondern nur auf die Gewinnentstehung, so dass daran schon ein Eingriff in die Gewinnverwendung ausgeschlossen sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, deren Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.

Wendet sich der Gesellschafter einer Personengesellschaft gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, ist die Feststellungklage die richtige Klageart (KG vom 19.10.1990, 14 U 7875/89, JURIS). Die noch herrschende Meinung lehnt die entsprechende Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften auf Klage gegen Gesellschafterbeschlüsse im Bereich des Personengesellschaftsrechts ab (BGH NJW 1999, S. 3113; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Goette, § 119 Rz. 75). Hiergegen wird vermehrt vorgebracht, dass weniger gravierende Mängel wie nicht kausale oder nicht erhebliche Verfahrensmängel und erst recht Verstöße gegen bloße Ordnungsvorschriften keine Nichtigkeit begründeten und daher lediglich im Wege der Anfechtung geltend gemacht werden sollten (vgl. Casper in: Staub, HGB, 5. Aufl., § 163 HGB Rz. 21.). Dies kann hier aber offen bleiben, da der Kläger Mängel geltend macht, die auch nach der in der Literatur vertretenen Meinung zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB führen und dann mittels Feststellungsklage angreifbar wären.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

a)

Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass die Entlastung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Entlastung des Geschäftsführers
während der Dauer eines Organstreitverfahrens, das ein Gesellschafter im Wege der actio pro socio eingeleitet hat, grundsätzlich nicht zulässig ist, folgt die Kammer dem nicht. Die actio pro socio ermöglicht es einem Gesellschafter einen Sozialanspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter gerichtlich geltend zu machen, wenn das eigentlich zuständige Vertretungsorgan der Gesellschaft den Anspruch nicht geltend macht. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Gesellschaft daran gehindert wäre, über den Anspruch zu verfügen, insbesondere auf ihn zu verzichten (BGH NJW 1985, S. 2830, 2831) oder dem betroffenen Gesellschaftsorgan Entlastung zu erteilen (OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJOZ 2001, S. 1018, 1019) mit der Folge, dass der actio pro socio der Boden entzogen wird (BGH vom 27.6.1957 II ZR 15/56, JURIS Rz. 19). Hier ist zwischen der Willensbildung innerhalb der Gesellschaft und der Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft zu differenzieren. Sicherlich dient die actio pro socio auch dem Schutz von Minderheiten, dem wird aber über das Element der Treuepflicht der Gesellschafter Rechnung getragen (KG vom 19.10.1990, 14 U 7875/89, JURIS).

Dem Kläger ist auch zuzugeben, dass bei einer actio pro socio jedenfalls zunächst weder für die anderen Gesellschafter noch für die Gesellschaft Kosten entstehen und sie so „risikolos“ die Frage eines Sozialanspruchs klären lassen können, allerdings enthebt das nicht die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter von der Möglichkeit ihren Willen in eine andere Richtung – allerdings unter Berücksichtigung ihrer Treuepflicht – zu lenken.

b)

Die streitgegenständliche Beschlüsse der Gesellschafter verstoßen auch nicht gegen die Treuepflicht, so dass die Nichtigkeit auch insoweit ausscheidet.

Nach der Rechtsprechung und Literatur, denen sich die Kammer anschließt, haben die Gesellschafter bei der Frage, ob sie dem Komplementär Entlastung erteilen grundsätzlich ein weites, aber durch die Treuepflicht gebundenes Ermessen (Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 46 GmbHG Rz. 27). Bei schweren Gesetzes- oder Satzungsverstößen und bei gravierenden Pflichtverletzungen des Geschäftsführers ist der Entlastungsbeschluss treuwidrig und damit anfechtbar (K. Schmidt in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 46 GmbHG Rz. 99; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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BeckRS 2015, 12951). Gleiches gilt wenn ein Missbrauch der Mehrheitsherrschaft – wie etwa bei einer Kollusion zwischen der Mehrheit und dem Geschäftsführer vorliegt (BGH, GmbHR 1977, S. 129 ). Ein Entlastungsbeschluss ist mithin dann mit Erfolg angreifbar, wenn keine andere Entscheidung als die Versagung denkbar ist und die Entlastung missbräuchlich ist (BGH NZG 2009, S. 1307, 1308 ; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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BeckRS 2015, 12951; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 1999, S. 1228, 1229 ; NJOZ 2001, S. 1018). Zwar ist dies für die Entlastung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Entlastung
Entlastung des Geschäftsführers
einer GmbH entwickelt worden, gilt aber jedenfalls auch für die Personengesellschaft, wenn – wie vorliegend – die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär GmbH in der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft besteht (Gaul, DStR 2009, S. 804; Drescher in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 114 HGB Rz. 46)

(i)

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagten zu 2-4) keine informierte Entscheidungen getroffen hätten und sie daher gegen ihre Treuepflicht verstoßen hätten bzw. die Beschlüsse unwirksam seien, folgt die Kammer dem nicht. Richtig ist, dass eine derartige Entscheidung die Informiertheit der Gesellschafter über die Pflichtverletzung als auch über den Schaden erfordert (BGH NJW 2010, S. 49, 51 ). Diese lag hier aber anders als in dem, dem Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vorliegenden Sachverhalt vor. Dort hatte ausweislich der Entscheidungsgründe der Gesellschafter erst unmittelbar vor der Gesellschafterversammlung von dem zum Schadensersatzanspruch führenden Ereignis erfahren, eine Information zur Höhe des Schadens lag noch nicht vor. In dem hier vorliegenden Sachverhalt jedoch war schon am 25.11.2016 allen Parteien klar, dass der Kläger eine Organhaftungsklage gegen den Beklagten zu 1) erhoben hatte, welchen Umfang der Schaden hatte und die Auffassung des Klägers, dass er das Ausmaß des Schadens als nicht abgeschlossen sah. Auch waren den Beklagten zu 2) bis 4) die Möglichkeit, dass sich der Schaden noch erhöhen würde, klar, hatte der Kläger dies doch mit der Organhaftungsklage kund getan. Auch bei der Wiederholung der jeweiligen Entlastungsbeschlüsse für die Jahre 2000 bis 2013 am 8.3.2017 lagen den Beklagten zu 2) bis 4) die entsprechenden Informationen vor. Dass die Beklagten zu 2) bis 4) nicht ausreichend informiert gewesen wären, kann daher nicht angenommen werden.

(ii)

Die Kammer geht weder von einer schweren Pflichtverletzung seitens des Beklagten zu 1) aus noch von einem erheblichen Schaden der Gesellschaft. Eine schwere Pflichtverletzung liegt insbesondere bei Gesetzes- oder Satzungsverstößen vor (Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 46 GmbHG Rz. 44; Haas/Ziemons in: BeckOK, GmbHG, 33. Ed., § 43 Rz. 378). Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände, wobei von erheblicher Bedeutung ebenso die Höhe des Schadens ist. Dabei muss auch berücksichtigt werden, wie bedeutend ein solcher Schaden für die betroffene Gesellschaft ist und die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft. Ein Unternehmen, das finanziell am Rande des Untergangs steht, kann sich kaum eines Ersatzanspruchs gegen einen Geschäftsführer begeben. Anders kann dies aussehen, wenn das Unternehmen gesund ist (OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, NZG 1999, S. 1228, 1229 ).

Der Kläger wirft dem Beklagten zu 1) vor, dass dieser als Geschäftsführer der Komplementärin der KG die geschäftlichen Tätigkeiten des Hausverwalters … nicht kontrolliert habe. Selbst wenn man hiervon ausgeht und den seitens des Klägers bestrittenen Vortrags der Beklagten, dass stichprobenartige Überprüfungen seitens des Steuerbüros des Beklagten zu 3) stattgefunden hätten und die Verfehlungen des Hausverwalters angesichts ihrer Handhabung nur schwer zu entdecken gewesen wären wie auch den Vortrag des Beklagten zu 1), er habe mehrfach eine Abschlussprüfung gefordert, die allerdings von den Mitgesellschaftern aus Kostengründen abgelehnt worden sei, beiseite lässt, stellt dies keine zur Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses führende schwere Pflichtwidrigkeit in diesem Sinne dar. Hierbei sind die Umstände, die zu der Möglichkeit des Hausverwalters, derartige Unterschlagungen zu begehen, führten zu berücksichtigen. Unstreitig war der Hausverwalter seit 1999 für die Gesellschaft tätig und es waren sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1), die mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter, dem Hausverwalter mit dem Zugriff auf die Konten und Finanzbuchhaltung ab 2006 deutlich mehr Freiheiten und Zuständigkeiten eingeräumt haben. Dass die Parteien ein gewisses Risiko diesbezüglich in Kauf genommen haben, lässt sich auch der Gesellschafterversammlung vom 29.6.2015 entnehmen. Darin hatte der Kläger als Protokollführer festgehalten, dass die interne Betriebsauswertung von Herrn … vorbereitet und vom Beklagten zu 3) finalisiert und auch auf Plausibilität geprüft werden sollte. Für eine Inspizierung des Zahlenwerks und der Zahlungsströme durch einen Dritten hatten die Gesellschafter keinen Anlass gesehen, potentielle Risiken dessen erörtert und diese für gering befunden. Selbst wenn dies im Zusammenhang mit dem Verkaufsprozess zu sehen sein sollte, zeigt es dennoch, dass die Parteien auch während dieses Prozesses sich eines Risikos, was die seitens des Hausverwalters gelieferten Zahlen anbetraf, bewusst waren, das Risiko aber auf Grund ihrer Einschätzung in Kauf genommen haben. Der Kläger hat ebenfalls nicht vorgetragen, dass in den Jahren zwischen 1999 und 2006 und auch bis zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der Komplementärin es zu Auffälligkeiten bei dem Hausverwalter gekommen wäre. Es bestand mithin kein daraus resultierender Bedarf für eine erhöhte Aufmerksamkeit seitens des Beklagten zu 1), sondern lediglich eine übliche Überwachungspflicht – wenngleich sicherlich korrespondierend mit den eingeräumten Befugnissen für den Hausverwalter. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementärin Kontrollmaßnahmen eingerichtet, denen der Beklagte zu 1) dann im weiteren Verlauf nicht nachgekommen wäre, oder solche gefordert hätte. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, dass die seitens des Verwalters gelieferten Zahlen in den zurückliegenden Jahren auffällig gewesen wären, das schon an Hand einer Plausibilitätsüberprüfung etwas hätte auffallen müssen. Unstreitig war auch zwischen den Parteien vereinbart gewesen, dass das Steuerbüro des Beklagten zu 3) die Zahlen des Hausverwalters entgegen nehmen und verarbeiten sollte. Dann aber kann von einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) keine Rede sein.

Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass sich die Schwere des Pflichtenverstoß aus der Tatsache ergibt, dass auf Seiten des Beklagten zu 1) sich ein seit dem Jahre 2000 andauerndes Fehlverhalten vorliege, muss sich der Kläger fragen lassen, welche Maßnahmen er bis zum Jahre 2008 getroffen hat, um mögliche Manipulationen seitens des Hausverwalters aufzudecken bzw. dessen Tätigkeit zu überprüfen. Der Kläger kann sich nicht auf der einen Seite auf ein Fehlverhalten des Beklagten zu 1) berufen, er selbst hat aber in dem Zeitraum von immerhin 8 Jahren ebenso nichts unternommen. Dies lässt vielmehr möglicherweise den Rückschluss zu, dass jedenfalls der Kläger und der Beklagte zu 1) in diesem Zeitraum einverständlich davon ausgegangen sind, dass keine ausdrücklichen Kontrollmaßnahmen gegenüber dem Hausverwalter durchgeführt werden, dies auch nach 2006, als die Finanzbuchhaltung dem Hausverwalter übertragen und so die Möglichkeit, Manipulationen vorzunehmen, deutlich einfacher war.

Zu berücksichtigen war hierbei auch – wenngleich dies auf den Sorgfaltsmaßstab keine unmittelbare Auswirkung hat -, dass der Beklagte zu 1) seine Tätigkeit wie auch die anderen Gesellschafter ohne Entgelt ausgeübt hat.

Maßgeblich sind, wie oben ausgeführt, die Gesamtumstände. Unter Berücksichtigung all dessen, liegt jedenfalls keine schwere Pflichtverletzung seitens des Beklagten zu 1) vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch kein – die Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses begründender – Schaden entstanden. Wenngleich die Summe, die derzeit unstreitig als Schaden feststeht, nicht unerheblich ist – und dies, entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) bis 4) nicht nur für einen Richter – , ist diese in Relation zu der Gesellschaft zu setzen. Unstreitig war die Gesellschaft durch die Schädigungen nie in ihrer Existenz bedroht, selbst wenn, wie der Kläger vorgetragen hat, die Gesellschaft durchaus Verluste erwirtschaftet hatte, was allerdings bei den Gesellschaftern wohl steuerlich gegenüber den anderen Einnahmen der jeweiligen Gesellschaftern zu berücksichtigen gewesen und damit die Steuerlast gesenkt haben dürfte, führt dies nicht zu der Annahme eines die Ermessenentscheidung der Beklagten zu 2) bis 4) einschränkenden Willensentscheidung. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Gesellschaft eine Immobilie mit erheblichem Wert als Vermögensgegenstand hatte, der immerhin zu einem Veräußerungserlös von über Mio. 17,0 € führte, ist der Schaden gemessen daran nicht so hoch, dass eine Entlastungsentscheidung pflichtwidrig wäre. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich hier um einen über die Jahre kumulierten Schaden handelt.

(iii)

Es liegt auch kein Missbrauch der Mehrheitsmacht vor. Der Kläger entnimmt der Tatsache, dass der Entlastungsbeschluss vom 25.11.2016 gefasst wurde als der Organhaftungsrechtsstreit gegen den Beklagten zu 1) schon rechtshängig war, und der Tatsache, dass die Entlastungsbeschlüsse vom 8.3.2017, die die Entlastung für die Jahre 2000 bis 2013 wiederholten, dass ein Missbrauch der Mehrheitsmacht gegenüber ihm – als Minderheit – vorliegt. Dafür sind aber keine Anhaltspunkte vorhanden. Die Gesellschafterversammlung vom 25.11.2016 (Anlage K8) hatte nicht etwa nur die Entlastung des Beklagten zu 1) zum Gegenstand, sondern auch die Feststellung der Jahresabschlüsse 2014 und 2015, Fragen der Liquidation und des Falls …. Damit lassen sich hieraus keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Beklagten zu 2) bis 4) kollusiv zugunsten des Beklagten zu 1) und gegen den Kläger gehandelt hätten, herleiten. Auch aus der Tatsache, dass die Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 8.3.2017 die Jahresabschlüsse und Entlastungsbeschlüsse für die Jahre 2000 bis 2013 erneut feststellten, lässt keinen Rückschluss auf ein kollusives Verhalten zu. Der Kläger hatte diese Beschlüsse u. a. wegen formeller Mängel angegriffen. Dann aber war es an den Gesellschaften, diese zu prüfen und ggfs. die Beschlüsse erneut zu fassen, um ordnungsgemäße Beschlüsse für die zurückliegenden Jahre zu haben. Ob die Beklagten zu 2) bis 4) auf Grund einer moralischen Verpflichtung gegenüber dem Beklagten zu 1) für seine jahrelange unentgeltliche und wirtschaftlich erfolgreiche Tätigkeit und der Übernahme des persönlichen Risikos dem Beklagten zu 1) Entlastung erteilten, wie der Beklagte zu 1) im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.11.2017 und die Beklagten zu 2) bis 4) im ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.11.2017 vorgetragen haben, kann letztlich dahin stehen. Es ist immerhin zu berücksichtigen, dass die Beklagten zu 2) bis 4) auf einen Anspruch verzichten, der wäre er gegeben – einen Betrag für jeden von über € 100.000,00 ausmacht. Dass sie dies kollusiv gegenüber dem Kläger gemacht haben, um seiner Organhaftungsklage den Boden zu entziehen, scheint insbesondere nach dem Eindruck, den die Beklagten zu 2) bis 4) bei Gericht hinterlassen haben, fernliegend. Auch die Tatsache, dass die Beklagten nach wie vor freundschaftlich verbunden sind wie ursprünglich auch mit dem Kläger, lässt einen solchen Rückschluss nicht zu.

c)

Der Entlastungsbeschluss musste auch nicht einstimmig gefasst werden.

(i)

Zwar gilt grundsätzlich für den Entlastungsbeschluss gem. § 119 Abs. 1 HGB das Einstimmigkeitsgebot (BGH NJW 1985, S. 2830, 2831) mit der Besonderheit, dass der zu entlastende Geschäftsführer kein Stimmrecht hat. Der Gesellschaftsvertrag kann aber mehrheitliche Beschlussfassung vorsehen (KG vom 19.9.1990 14 U 7875/89, JURIS Rz. 44), wobei dem auch die etwaige Verzichtswirkung des Beschlusses in Bezug auf Ansprüche gegen die Geschäftsführer im Zusammenhang mit ihrer Geschäftsführung nicht entgegen steht (Schäfer in: Staub HGB, 5. Aufl., § 114 Rz. 70). So liegt es hier. Gem. § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags werden die Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich mit der Mehrheit der stimmberechtigten Stimmen gefasst. Etwas anderes gilt bei zwingenden gesetzlichen Bestimmungen oder wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt ist. Gem. Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags hat ein Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung entlastet wird, kein Stimmrecht. Damit gilt für diese Beschlüsse das Mehrheitsprinzip.

(ii)

Soweit sich der Kläger auf das Erfordernis der Einstimmigkeit beruft, da gem. §§ 8 Abs. 2, 10 des Gesellschaftsvertrags bei Änderung der Gewinnverteilung Einstimmigkeit erforderlich sei, folgt dem die Kammer nicht. Durch den Entlastungsbeschluss wird nicht die Gewinnverteilung geändert und auch nicht das Recht auf Gewinnteilhabe, sondern die Gesellschaft verzichtet damit lediglich implizit auf die Geltendmachung eines vom Kläger behaupteten Schadensersatzanspruch, der keine Auswirkung auf die Gewinnverteilung, sondern lediglich auf die Höhe der Beteiligung für alle ohne Auswirkung auf die inhaltliche Beteiligung daran hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die der Vollstreckbarkeit aus § 91 ZPO.

Schlagworte: Beseitigung schädlicher Folgen trotz Entlastung, Entlastung, Entlastung der Geschäftsführer, Entlastung des Geschäftsführers, Erkennbarkeit von Ersatzansprüchen und Kündigungsgründen zur Zeit der Entlastung, Ermessen bei Entlastung, Geschäftsführer Entlastung, Gesellschafterbeschluss erforderlich, Haftungsbeschränkung und Entlastung, Kein Rechtsanspruch auf Entlastung, Nach sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte und späterer Entlastung sind Ersatzansprüche grundsätzlich ausgeschlossen, Treuwidrigkeit der Entlastung bei schweren Pflichtverletzungen