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LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 17.09.2019 – 21 O 83/18

§ 16 Abs 1 GmbHG, § 43 Abs 1 GmbHG, § 47 Abs 4 GmbHG, § 51 Abs 4 GmbHG, § 246 Abs 1 AktG, § 66 Abs 1 ZPO, § 167 ZPO

1. Ein Gesellschafter ist bei einem Beschluss über seine eigene Entlastung von der Stimmabgabe gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG ausgeschlossen. Diese Regelung gilt auch bei (Gesellschafter-)Liquidatoren.

2. Ob bei einem Gesellschafter eine positive Stimmpflicht – gerichtet auf die Entlastung eines Nebenintervenienten für seine Tätigkeit als Liquidator – bestanden hat, ist bei einer von dem Gesellschafter erhobenen Anfechtungsklage ohne Belang.

3. Das von einem Gesellschafter gewünschte Beschlussergebnis der nicht erteilten Entlastung kann nicht unter Aufhebung eines angefochtenen Entlastungsbeschlusses positiv festgestellt werden, wenn dieser festzustellende Beschluss ebenfalls der Anfechtbarkeit unterliegen würde.

Tenor

Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.08.2018 getroffene Beschluss, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten die „Entlastung des Liquidators“ beschlossen hat, wird für nichtig erklärt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 5/6 zu tragen, die Beklagte trägt diese zu 1/6.

Der Kläger hat die Kosten der Nebenintervention zu 5/6 zu tragen, zu 1/6 werden diese vom Nebenintervenienten getragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt u. a. die Feststellung, dass seine in der Gesellschafterversammlung vom 09.08.2019 nicht zur Abstimmung gelangten Beschlussanträge gleichwohl gefasst wurden, ferner dass der Beschluss, mit dem der Nebenintervenienten am gleichen Tag als Liquidator der Beklagten entlastet worden war, für nichtig erklärt wird und dass stattdessen festgestellt wird, dass die Entlastung nicht erteilt wurde.

Die am 31.07.1990 vom Nebenintervenienten gegründete und inzwischen in Liquidation befindliche Beklagte befasste sich mit der Produktion und Handel, der Werkzeugherstellung und Metallverarbeitung, der Erbringung von Dienstleistungen sowie der Vermögensverwaltung. Auf die Satzung vom 31.07.1990 (K1 = Bl. 35 ff. GA) sowie die Eintragung vom gleichen Tag (vgl. K3 = 43 f GA) wird wegen der Einzelheiten der Gründung Bezug genommen.

Der Kläger hält einen Kapitalanteil in Höhe von 10.240,00 EUR, der Nebenintervenient zwei Kapitalanteile in Höhe von insgesamt 15.360,00 EUR. Auf die Gesellschafterliste (K4= Bl. 45 GA) wird verwiesen. Bis zum 03.01.2013 waren sowohl der Kläger als auch der Nebenintervenient Geschäftsführer der Beklagten, danach nur noch der Nebenintervenient.

Der Kläger und der Nebenintervenient veräußerten ihre Anteile an der (von der Beklagten zu unterscheidenden) S GmbH, die das operative Geschäft durchführte, an Herrn H2. E GmbH mietete (befristet) von der Beklagten ein mit einer Halle bebautes Betriebsgrundstück, gelegen H-Straße, XXX. Dieses Grundstück wies keine Altlastenfreigabe auf, weil es 2001 von der Beklagten aus einer Insolvenz erworben worden war und vorher von Bergbaubetrieben genutzt worden war.

Der Kläger bot der Beklagten am 15.03.2013 für den Erwerb dieser Betriebsimmobilie einen Kaufpreis von 500.000,00 EUR an, wobei die Einzelheiten streitig sind.

Der Kläger erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 04.12.2013 (K5 = Bl. 48 GA), zugegangen bei der Beklagten am 09.12.2013, die Kündigung des Gesellschaftsvertrages zum 30.06.2014.

Der Kläger und der Nebenintervenient besprachen weiter das Betriebsgrundstück in XXX zu veräußern, damit dem Kläger seine Anteile vergütet werden konnten.

Am 06.03.2014 fand eine Gesellschafterversammlung statt. Dabei wurde einstimmig beschlossen, dass die Immobilie innerhalb eines Verkaufszeitraums von 12- 15 Monaten zu den bestmöglichen Konditionen, ermittelt durch Interessentengebote und unter Zuhilfenahme von Maklern bzw. Vermittlern veräußert werden sollte mit einem Mindestangebot des Klägers in Höhe von 500.000,00 EUR.

Im Folgenden wurde kein Verkehrswertgutachten zu dieser Immobilie eingeholt. Der Nebenintervenient schaltete einen Makler ein, dessen Qualifikation für Grundstücksveräußerungen streitig ist.

Am 17.09.2014 fand eine weitere Gesellschafterversammlung statt, in der die zwischenzeitlichen Verkaufsbemühungen und die bislang eingegangen Angebote besprochen wurden, wobei Herr H2 mit 750.000,00 EUR den bis dahin höchsten Kaufpreis geboten hatte. Mit den Stimmen des Nebenintervenienten und gegen die Stimmen des Klägers wurde beschlossen, dass die Immobilie zu den bestmöglichen Konditionen belegt durch Interessentengebote am Unternehmenssitz der Beklagten eingehend bis zum 31.10.2014, 24 Uhr verkauft werden sollte. Auf das Protokoll (B4 = Bl. 168 f GA) wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Zum Ablauf der Frist hatte der Nebenintervenient – unter streitigen Umständen – mit 751.000,00 EUR das höchste Kaufpreisangebot abgegeben.

Mit notariell beurkundeten Vertrag vom 06.11.2014 verkaufte und übertrug die Beklagte ein Betriebsgrundstück samt Gebäude an den Nebenintervenienten. Der Kaufpreis betrug 751.000,00 EUR, wobei wegen durchzuführender Reparaturen ein Abschlag von 50.000,00 EUR vorgenommen wurde.

Dem Nebenintervenienten erteilte die Gesellschafterversammlung im Jahr 2015 für das Jahr 2014 Entlastung.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.09.2015 (K6 = Bl. 50 ff. GA; Punkt 4 des Protokolls) wurde die Beklagte aufgelöst und der Nebenintervenient zum Liquidator bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 03.11.2015 (K7 = Bl. 53 GA) wurde der Nebenintervenient zu alleinigen Vertretung der Beklagten ermächtigt, solange er alleiniger Liquidator bleibt. Die Liquidation wurde am 11.11.2015 im Handelsregister eingetragen (K2 = Bl. 41 f. GA).

Im Jahr 2018 führte das für die Beklagte zuständige Finanzamt eine Betriebsprüfung durch. Den Einheitswert des an den Nebenintervenienten veräußerten Grundstücksvermögens taxierte das Finanzamt sachverständig beraten  auf 1.338.850,18 EUR. Dabei nahm das Finanzamt an, dass ein längerer Angebotszeitraum zu einem höheren Kaufpreis geführt hätte. Als Einigungsbasis schlug das Finanzamt vor, den Wert des Grundstücks einvernehmlich mit 900.000,00 EUR anzusetzen. Auf den Bericht des Steuerberaters XXX gegenüber dem Nebenintervenienten, in dem er der Beklagten riet, das Einigungsangebot des Finanzamts anzunehmen, wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen (Bl. 56 ff. GA).

Mit Schreiben vom 21.07.2018 (K9 = Bl. 60 GA) lud der Nebenintervenient den Kläger zur Gesellschafterversammlung am 09.08.2018 (an Stelle des 26.07.2018) mit folgenden Tagesordnungspunkten:

1.  Feststellung JahresabschlussBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung Jahresabschluss
Jahresabschluss
30.09.2017

2.  Ergebnisverwendungsbeschluss 30.09.2017

3.  Entlastung des Liquidators

4.  Infos Steuerprüfung, Diskussion des vorläufigen Ergebnisses der Steuerprüfung und Konsequenzen, Herbeiführung eines Beschlusses zur Verständigung mit dem Finanzamt bzw. zur Beendigung der Steuerprüfung

5.  Beschluss zur Auskehrung des Vermögens unter Berücksichtigung der noch anfallenden Kosten.

In der Gesellschafterversammlung vom 09.08.2018, an der u. a. der Kläger und der Nebenintervenient teilnahmen, beantragte der Kläger im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 4, über folgende weiteren Tagesordnungspunkte abzustimmen:

1. Herr W2, XXX, geboren am XXX, wird wegen grober Pflichtverletzung mit sofortiger Wirkung als Liquidator der Gesellschaft abberufen.

2. Der Anstellungsvertrag der Gesellschaft mit Herrn S wird aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, nur hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt, gekündigt.

3. Die Gesellschaft wird gegen Herrn S geltend machen, gerichtet zum einen auf Ersatz des Schadens, der durch eine Veräußerung weit unter Wert an den personenidentischen Mehrheitsgesellschafter entstanden ist, aus § 43 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GmbHG, sowie auf Ersatz der in den vergangenen Jahren zu Unrecht unverändert hoch belassenen Vergütung trotz deutlich geringerem Arbeitsaufwandes.

Der Nebenintervenient lehnte die Behandlung der Anträge wegen der Kurzfristigkeit der Antragstellung ab. Stattdessen wurden die Tagesordnungspunkte aus dem Ladungsschreiben behandelt. Hinsichtlich der Entlastung des Nebenintervenienten stimmte dieser für seine Entlastung und der Kläger dagegen. Im Protokoll wurde aufgeführt, dass der Antrag, Entastung zu erteilen, damit mehrheitlich angenommen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gesellschafterversammlung wird auf das vom Nebenintervenienten erstellte Protokoll vom 10.08.2018 (Bl. 61 ff. GA) verwiesen.

Die Klageschrift ist als Faxschreiben beim Landgericht Hagen am 10.09.2018 eingegangen, im Original am 13.09.2018. Unter dem 21.09.2018 wurde eine Vorschussrechnung erstellt (Bl. I b GA), am 01.10.2018 der Vorschuss vom Kläger geleistet (Bl. II GA). Die Klage ist der Beklagten, nachdem der Vorsitzende mit Verfügung vom 04.10.2018 einen frühen ersten Termin bestimmt hat, am 11.10.2018 (Bl. 98 GA) zugestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, trotz erklärter Kündigung klage- bzw. anfechtungsbefugt zu sein, da seine Gesellschafteranteile – unstreitig – noch nicht übertragen worden seien. Bei dem Klageantrag zu 5 sei die Anfechtungsfrist eingehalten, da das Fristende unstreitig auf einen Sonntag gefallen sei und die Klage demnächst zugestellt worden sei.

Die Klageanträge zu 1), 3) und 4) seien auch als isolierte Beschlussfeststellungsklage zulässig. Wegen Stimmrechtsausschlüssen bzw. unter dem Gesichtspunkt von Treuepflichten komme dabei jeweils nur das beantragte Beschlussergebnis in Betracht. Eine Ladung zu einer erneuten Gesellschafterversammlung zu fordern, stelle eine überflüssige Formalität dar, zumal die sofortige Entscheidung unabdingbar gewesen sei und einer Vertagung entgegengestünden hätten. Der Klageantrag zu 2) sei erforderlich, weil nach Abberufung des Beklagten die Gefahr bestünde, dass dieser einen Liquidator seiner Wahl einsetzen würde.

Der Klageantrag zu 5) sei auf jeden Fall begründet, weil der Nebenintervenient von der Abstimmung über seine Entlastung ausgeschlossen gewesen sei und mit der allein maßgeblichen Stimme des Klägers die Entlastung in berechtigter Weise nicht erteilt worden sei.

Der Nebenintervenient habe nämlich bei der Veräußerung der Betriebsimmobilie pflichtwidrig gehandelt, da er diese – so die Behauptung des Klägers – weit unter dem objektiven Wert erworben habe. Dabei habe die Wertschätzung des Finanzamts, nämlich 1.338.850,18 EUR zugetroffen, zumindest aber der Vergleichsbetrag in Höhe von 900.000,00 EUR. Dies folge schon daraus, dass sich die mit Herrn H2 vereinbarten Mietzahlungen – unstreitig – jährlich auf 150.000,00 EUR belaufen habe. Er, der Kläger, habe zunächst 600.000,00 EUR geboten, wobei dies allein dem Anteil des Nebenintervenienten entsprochen habe und eine Teilfinanzierung durch die ihm zustehende Anteilsvergütung habe erfolgen sollen. Er habe anschließend nur deshalb 500.000,00 EUR geboten, da er – ohne eine solche Verrechnungsmöglichkeit – keinen höheren Betrag habe fremdfinanzieren können.

In Vorjahren – unstreitig – erteilte Entlastungen seien nach Ansicht des Klägers nicht beachtlich. Der Nebenintervenient habe jedes Jahr eine Berichtspflicht gehabt und habe dabei fortdauernd seine Untreue verschwiegen. Auch habe er, der Kläger, nach seiner Behauptung erst aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes im Jahr 2018 von den die Pflichtwidrigkeit begründenden Umständen erfahren.

Eine weitere der Entlastung entgegenstehende Pflichtwidrigkeit stelle es dar, dass sich der Beklagte als Liquidator gemessen an der Finanzlage der Beklagten ein zu hohes Gehalt ausgezahlt habe. Dabei habe der Nebenintervenient von sich aus eine Gehaltsreduzierung anbieten müssen, auch wenn es unstreitig kein Herabsetzungsverlangen durch die Gesellschafterversammlung gegeben habe.

Diese Umstände führten gleichzeitig zur Begründetheit des Klageantrags zu 6).

Der Kläger beantragt,

1.

festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9. August 2018 der folgende Beschluss gefasst worden ist:

„Herr W2, XXX, geboren am XXX, wird wegen grober Pflichtverletzung mit sofortiger Wirkung als Liquidator der Gesellschaft abberufen“.

2.

der Beklagten bis zur Löschung der Gesellschaft zu untersagen, im Wege eines Gesellschafterbeschlusses mit den Stimmen des Liquidators einen neuen Liquidator zu bestellen,

3.

festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9. August 2018 der folgende Beschluss gefasst worden ist:

„Der Anstellungsvertrag der Gesellschaft mit Herrn S wird aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, nur hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt, gekündigt“.

4.

festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9. August 2018 der folgende Beschluss gefasst worden ist:

„Die Gesellschaft wird gegen Herrn S geltend machen, gerichtet zum einen auf Ersatz des Schadens, der durch eine Veräußerung weit unter Wert an den personenidentischen Mehrheitsgesellschafter entstanden ist, aus § 43 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GmbHG, sowie auf Ersatz der in den vergangenen Jahren zu Unrecht unverändert hoch belassenen Vergütung trotz deutlich geringerem Arbeitsaufwandes.

5. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9. August 2018, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten die „Entlastung des Liquidators“ beschlossen hat, für nichtig zu erklären.

6. festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9. August 2018 folgender Beschluss gefasst worden ist:

„Dem Liquidator wird keine Entlastung erteilt“,

und hilfsweise für den Fall, dass die Kammer die Klage- bzw. Anfechtungsbefugnis des Klägers verneinen sollte,

1.

festzustellen, dass der Kläger zum 30. Juni 2014 aus der Beklagten ausgeschieden ist.

2.

die  Beklagte unter Androhung angemessener Zwangsmittel zu verurteilen, einen Gesellschafterbeschluss darüber zu fassen, ob der Geschäftsanteil des Klägers von der Gesellschaft gemäß § 34 GmbHG eingezogen wird oder auf welche Person oder Personen der Geschäftsanteil des Klägers von ihm zu übertragen ist,

3.

die Beklagte Zug um Zug gegen Einziehung bzw. Abtretung des Geschäftsanteils des Klägers zur Zahlung einer Vergütung in Höhe von EUR #.###.,- zu verurteilen,

ferner hilfsweise für den Fall, dass die die Anträge zu 1, 3, 4 unzulässig seien,  festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung mit folgender Tagesordnung einzuberufen und diese innerhalb angemessener Frist durchzuführen:

„1. Abberufung des Liquidators Herrn Dipl.-Kaufmann W2:

a) Abberufung aus wichtigem GrundBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung aus wichtigem Grund
;

b) hilfsweise: ordentliche AbberufungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
ordentliche Abberufung
gern. § 38 Abs. 1 GmbHG.

2. Bestellung eines Notliquidators gemäß § 66 Abs. 2 GmbHG bzw. §§ 29, 48 BGB

3. Kündigung des Anstellungsvertrags der Beklagten mit Herrn S aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt.

4. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen den Liquidator S.R

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 04.06.2019 (Bl. 266 ff. GA) beigetretene Nebenintervenient beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und der Nebenintervenient sind der Ansicht, die Anfechtungsfrist sei nicht gewahrt worden, zumal die Klage nicht demnächst zugestellt worden sei. Die Klageanträge seien unzulässig von Bedingungen abhängig gemacht.

Die Klageanträge 1), 3) und 4) seien unzulässig, weil sie – unstreitig – nicht zur Abstimmung gestellte Anträge erfassen würden. Die Tagesordnung habe bei nicht rechtzeitiger Ankündigung nur einstimmig erweitert werden können, was unstreitig nicht erfolgt sei.

Der Klageantrag zu 5) sei nicht begründet. Ihm, dem Nebenintervenienten, seien keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen. Unabhängig von der Frage, dass die Entlastung in 2018 nur das vorangegangene Geschäftsjahr beträfe, sei der in 2014 vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 751.000,00 EUR marktgerecht gewesen. Dies belegten das – unstreitige – Kaufpreisangebot des Klägers über 500.000,00 EUR, von Opel zur gleichen Zeit freiwerdende Betriebsflächen, die Verkaufssituation in XXX, hohe Investitionskosten für eine Nutzungsänderung und die fehlende Altlastenfreigabe,  wobei wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 10.12.2018, Bl. 147 ff. GA) verwiesen wird.

Auch die Vergütung für den Liquidator sei hervorgegangen aus der vorherigen Geschäftsführervergütungsabrede angemessen gewesen, zumal es keine Krise der Gesellschaft und keine Pflicht zur eigenverantwortlichen Herabsetzung gegeben habe, wobei wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 04.06.1019 (Bl. 266 ff. GA) nebst Anlagen verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.R

Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden alleine in der Sitzung vom 29.01.2019 (Bl. 177 GA) erklärt. Die Kammer hat den Kläger und den Liquidator der Beklagten zugleich als Nebenintervenienten angehört. Wegen des Ergebnisses der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 16.07.2019 (Bl. 277 ff. GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist bei den Anträgen zu 1), 3), 4) und den hierzu gestellten Hilfsanträgen unzulässig und im Übrigen nur hinsichtlich des Klageantrags zu 5) begründet.

Klageanträge zu 1), 3) und 4):

Diese auf eine (isolierte) positive Beschlussfeststellung gerichteten Anträge sind unzulässig, worauf die Kammer den Kläger bereits mehrmals hingewiesen hatte.

Das angerufene Gericht darf im Rahmen einer positiven Feststellungsklage grundsätzlich lediglich das Ergebnis einer tatsächlich erfolgten Willensbildung der Gesellschafterversammlung feststellen. Es darf nicht an Stelle der Gesellschafterversammlung entscheiden (vgl. BGH, NZG 2009, 1307 Tz. 6; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
, Urteil v. 14.06.2018, 18 U 36/17 = BeckRS 2018, 17085; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Anh. nach § 47 Rn. 189). Denn ohne die Beseitigung eines fehlerhaften Beschlusses würde das System der (hier entsprechend anzuwendenden) §§ 241 ff. AktG verletzt werden (vgl. Hees, ZIP 2012, 803, 808). Ob Ausnahmsweise wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes eine andere Beurteilung geboten ist, wenn der Versammlungsleiter pflichtwidrig einen zur Abstimmung gestellten Antrag zurückgewiesen hat und die Mehrheitsverhältnisse eindeutig und leicht feststellbar sind (so Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 246 AktG Rn 12a), braucht die Kammer nicht zu entscheiden. Denn die Voraussetzungen dieser Fallgruppe liegen gerade nicht vor, wenn die Nichtberücksichtigung berechtigt erfolgt, weil nicht einmal die Mindestfristen des § 51 Abs. 4 GmbHG eingehalten worden sind (vgl. BGH, NZG 2009, 1307 Tz. 7f).

So liegen die Dinge auch hier. Der Nebenintervenient hat am 09.08.2018 die Abstimmung allein über solche Anträge pflichtgemäß zurückgewiesen, die der Kläger weder in der nach § 10 Letzter Absatz des Gesellschaftsvertrages (K1) bestimmten 4-Wochenfrist noch in der Mindestfrist von 3 Tagen des § 51 Abs. 4 GmbHG eingebracht hatte. Zu deren Nichtberücksichtigung war der Nebenintervenient als Versammlungsleiter gerade mangels Zustimmung sämtlicher Gesellschafter berechtigt (vgl. BGH, NZG 2003, 127, 129; BGH, NZG 2009, 1307 Tz. 9).

Aber auch die für den Fall der Unzulässigkeit gestellten Hilfsanträge, wonach festgestellt werden soll, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine Gesellschafterversammlung mit bestimmten Tagesordnungspunkten einzuberufen, sind unzulässig, da ein diesbezügliches Feststellungsinteresse fehlt.

Dieses setzt eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit voraus (vgl. BGH NJW 2010, 1877 (1878)). Einer Rechtsposition droht dabei insbesondere eine Unsicherheit, wenn der Beklagte sie verletzt oder ernstlich bestreitet (BGH, NJW 2018, 2472 Tz. 18).

Daran fehlt es vorliegend. Die Beklagte, vertreten durch den Liquidator, ist nach § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages nur auf Verlangen eines Gesellschafters gehalten, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Der Kläger hat ein entsprechendes Verlangen aber noch gar nicht an die Beklagte bzw. den Nebenintervenienten gerichtet, wie sich aus der Anhörung der Parteien am 16.07.2019 ergeben hat. Im Übrigen sieht § 10 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages vor, dass der eine Anberaumung begehrende Gesellschafter nach einem (erfolglosen) Ablauf von 4 Wochen selbst berechtigt ist, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Von daher bedarf es auch aus diesem Grund keiner Verpflichtung der Beklagten.

Klageantrag zu 2):

Der Klageantrag zu 2) ist schon vor dem Hintergrund, dass die vorstehend behandelten Anträge nicht zum Erfolg führen, unbegründet. Im Übrigen läuft der Antrag auf ein vorbeugendes und generelles Stimmrechtsverbot des Nebenintervenienten bei einer bestimmten Abstimmungssache in der Gesellschafterversammlung hinaus. Das widerspricht der Satzung, die in § 10 Abs. 1 und 2 die Abstimmung nach Kapitalanteilen vorsieht.

Klageanträge zu 5) und 6):

1.  Die Klageanträge zu 5) und 6) sind zulässig.

a) Die Klageanträge zu 5) und 6) sind als kombinierte Beschlussanfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklage statthaft und richtigerweise gegen die Beklagte als Gesellschaft gerichtet (vgl. st. Rechtspr., etwa. BGH, NJW 1986, 2051).

b) Der Kläger ist schon deshalb anfechtungs- und klagebefugt, da er nach wie vor in der Gesellschafterliste eingetragen ist und der (noch eingetragene) Altgesellschafter gegenüber der Gesellschaft wegen der Vermutung aus § 16 Abs. 1 GmbHG als Inhaber aller Mitgliedschaftsrechte gilt (statt vieler Wicke, in: Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 16 Rn. 3 m.z.N.).

c) Die Anfechtungsklage ist rechtzeitig gemäß § 246 Abs. 1 AktG analog binnen Monatsfrist erhoben worden. Die Frist begann am 09.08.2018 zu laufen und endete wegen § 222 Abs. 2 ZPO am Montag, den 10.09.2018. Der Eingang der Klageschrift vom 10.09.2018 per Fax beim Landgericht Hagen am gleichen Tag hat die Frist gewahrt, da die Zustellung der Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist.

Die Einreichung der Klage per Telefax war fristwahrend möglich (etwa  BGH, NJW 2004, 2228  Saenger, ZPO, 8. Aufl., § 253 m.z.N.).

Eine dem Fristablauf nachfolgende Zustellung ist als demnächst im Sinn des § 167 ZPO und damit fristwahrend anzusehen, wenn eine Verzögerung einem Kläger nicht angelastet werden kann (BGH, NZG 2011, 506 Tz. 13).

So liegen die Dinge auch hier. Dass die Klage hier der Beklagten (erst) am 11.10.2018 zugestellt worden ist, lag nicht in der Sphäre des Klägers. Der Kläger durfte die Gerichtskostenanforderung abwarten (BGH, NJW 2015, 3101 Tz. 19). Die Vorschussrechnung wurde am 21.09.2018 erstellt und der Vorschuss unterhalb von 14 Tagen am 01.10.2018 eingezahlt. Daraufhin hat der Vorsitzende  am 04.10.2018 einen frühen ersten Termin bestimmt und hat die Klage der Beklagten zustellen lassen, die hier auch am 11.10.2018 zeitnah erfolgt ist.

2.  Der Klageantrag zu 5 ist begründet, der Klageantrag zu 6 unbegründet.

Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der gefasste Beschluss gesetzes- oder satzungswidrig ist; der an seiner Stelle festzustellende Beschluss muss seinerseits gesetzes- und satzungskonform sein (BGH, NZG 2011, 902 Tz. 9).

a)  Der vom Nebenintervenienten als Versammlungsleiter festgestellte Beschluss vom 09.08.2018, mit der ihm mit seinen Stimmen und gegen die Stimmen des Klägers Entlastung erteilt wurde, war satzungs- und gesetzeswidrig und daher auf die Anfechtung hin für nicht zu erklären.

Der Nebenintervenient war als Gesellschafter bei dem Beschluss über seine eigene Entlastung von der Stimmabgabe nach § 47 Abs. 4 GmbHG ausgeschlossen. Denn diese Regelung gilt nicht nur bei Gesellschaftergeschäftsführern sondern auch bei (Gesellschafter-)Liquidatoren (etwa Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 47 Rn. 117). Die Stimmen des Nebenintervenienten hätten daher bei der Beschlussfassung nicht mitgezählt werden dürfen und die Stimmzählung hat sich dabei auch auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt. Denn ohne die Stimmen des Nebenintervenienten hätte es keine im Sinne von § 10 der Satzung mehrheitsfähigen Stimmen gegeben, die seine Entlastung getragen hätten, sondern nur die gegen die Entlastung erfolgten Stimmen des Klägers.Randnummer90

Ob der Kläger dabei die Entlastung treuwidrig verweigert hat, ist jedenfalls im Rahmen der streitgegenständlichen Anfechtungsklage ohne Belang.

Denn Prüfungsmaßstab der Anfechtungsklage ist allein die Frage, ob bei der angegriffenen Beschlussabstimmung vom 08.09.2018 Anfechtungsgründe (ggf. auch Nichtigkeitsgründe) bestanden haben. Selbst wenn man die ggf. treuwidrigen Stimmen des Klägers – wobei die Kammer diese Beurteilung zunächst dahingestellt sein lassen kann – ebenfalls nicht mitzählen wollte, würde die Abstimmung immer noch nicht den Entlastungsbeschluss vom 09.08.2018 tragen. Ob aber bei dem Kläger eine positive Stimmpflicht – gerichtet auf Entlastung des Nebenintervenienten für seine Tätigkeit als Liquidator – bestanden hat, ist bei einer vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage ohne Belang. Dabei ist zu würdigen, dass sich der Nebenintervenient eigenmächtig und außerhalb der legalen Handlungsmöglichkeiten (vgl. Drescher, in: MünchKomm GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 262) gegen eine aus seiner Sicht zu Unrecht verweigerte Entlastung zur Wehr gesetzt hat.

b) Gleichwohl kann nicht unter Aufhebung des angefochtenen Entlastungsbeschlusses das von dem Kläger gewünschte Beschlussergebnis der nicht erteilten Entlastung positiv festgestellt werden.

Denn der festzustellende Beschluss, wonach dem Nebenintervenienten die Entlastung nicht erteilt wurde, würde ebenfalls der Anfechtbarkeit unterliegen.

Dabei können Mängel, die allein zur Anfechtbarkeit des festzustellenden Beschlusses führen, nur dann einer positiven Beschlussfeststellung durch das Gericht entgegenstehen, wenn sie von einer zur Anfechtung berechtigten Person im Wege einer streitgenössischen Nebenintervention geltend gemacht werden (BGH, NJW 1980, 1465 (1468); OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
,,Urteil vom 14.06.2018, Az. 18 U 36/17 = BeckRS 2018, 17085 Tz. 45; Wertenbruch, in: MünchKomm GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 47 Rn. 378).

Der Nebenintervenienten ist hier auch wirksam mit Schriftsatz vom 04.06.2019 (Bl. 266 ff. GA) dem Rechtsstreit beigetreten. Das nach § 66 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse liegt darin begründet, dass der Nebenintervenient jedenfalls in seiner Eigenschaft als Gesellschafter befugt ist, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten, die ihn andernfalls binden würden (vgl. Altmeppen, in:  Roth/Altmeppen, GmbHG, § 46 Rn. 79; Puszkajler, in: Saenger, GmbHG, 3. Aufl., § 46 Rn. 89). Die vom Kläger aufgeworfene (streitige) Rechtsfrage, ob der Geschäftsführer einen Anspruch auf Entlastung hat, wird beim (Fremd-) Geschäftsführer diskutiert, der nach allgemeiner Auffassung allein aus seiner Stellung als Geschäftsführer heraus nicht anfechtungsberechtigt ist (vgl. Zöllner/Noack, in:  Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 46 Rn. 46; Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, § 46 Rn. 162). Diese Konstellation ist hier beim Nebenintervenienten, der nicht nur Vertretungsorgan sondern zugleich anfechtungsberechtigter Gesellschafter ist, nicht gegeben.

Der Nebenintervenient hat zu Recht eingewendet, dass ein die Entlastung verweigernder Beschluss pflichtwidrig und daher für ihn anfechtbar wäre.

Die Gesellschafterversammlung hat über die Entlastung nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. Dabei besteht für die Entscheidung, ob Entlastung erteilt oder verweigert wird, ein relativ breites Ermessen, jedoch nicht freies, sondern gebundenes. Die Gesellschafterversammlung ist weder gegenüber der Gesellschaft in ihrer Entscheidung frei noch gegenüber den zu entlastenden Personen, sie hat vielmehr sachgerecht zu entscheiden. Das gilt sowohl für Beurteilung der Zweckmäßigkeit als auch der Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung (Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 21. Aufl., § 46 Rn. 43; vgl. Ziemons  in: Michalski/Heidinger/ Leible/J. Schmidt, GmbH-Gesetz, 3. Auflage 2017, § 43 Rn. 547). Eine Entlastung darf nicht beliebig verweigert werden. Gibt die Amtsführung des Geschäftsführers bzw. Liquidators keinen Anlass zu nennenswerten Beanstandungen, muss die Gesellschafterversammlung Entlastung erteilen. Sind relevante Pflichtverletzungen im Sinne von § 43 Abs. 2 GmbHG nicht erkennbar, ist die Verweigerung der Entlastung fehlerhaft (Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 21. Aufl., § 46 Rn. 45).

Nach dieser Maßgabe kann der Kläger als stimmberechtigter Teil der Gesellschafterversammlung dem Beklagten keine der Entlastung (für das vorangegangene Geschäftsjahr) entgegenstehende Pflichtverletzungen vorhalten.

aa)  Ob der Nebenintervenient eine unangemessen hohe Vergütung als Liquidator erhalten hat, ist vorliegend ohne Belang, weil es bereits an einer Pflichtverletzung fehlt. Der Nebenintervenient war nicht gehalten, seine Vergütung, die sich aus der vorherigen Geschäftsführervergütung ableitete,  von sich aus herabzusetzen.

Denn die Gesellschafterversammlung als Anstellungsorgan muss zunächst ein Herabsetzungsverlangen an den Liquidator / Geschäftsführer richten (vgl. Lunk/Stolz, NZA 2010, 121, 125) und erst danach stellt sich der Frage, ob der Liquidator / Geschäftsführer einer Herabsetzung seiner Bezüge zustimmen muss (vgl. BGH, NJW 1992, 2894; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 35 Rn. 187).

Nach dieser Maßgabe fehlt es vorliegend bereits an einem Herabsetzungsverlangen, dass die Gesellschafterversammlung an den Nebenintervenienten herangetragen haben müsste. Dies war auch Gegenstand der Parteianhörung am 16.07.2019 (Bl. 277 R GA).

bb) Dem Nebenintervenienten kann auch im Zusammenhang mit dem Eigenerwerb der Gewerbeimmobilie im Jahr 2014 keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, die seiner aktuellen Entlastung entgegensteht.

Die Entlastung im Jahr 2018 betraf schon eine andere Entlastungsperiode, im Zweifel und ohne genauere Bestimmung nämlich nur das vorangegangene Geschäftsjahr (vgl. Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, 3. Aufl., § 46 Rn. 146; vgl. Wicke, in: Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 36 Rn. 16).

Selbst wenn man das hier anders sehen würde, fehlt es an einem pflichtwidrigen Verhalten des Nebenintervenienten.

Da der Kläger hierbei dargelegt hat, dass der Eigenerwerb unter dem objektiven Verkehrswert als schadenstiftende Pflichtverletzung in Betracht kommt, oblag es dem Beklagten darzutun und ggf. zu beweisen, dass er gleichwohl den Sorgfaltspflichten aus § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist (vgl. BGH, DStR 2003, 124).

Dabei ist ein Eigengeschäft mit der Gesellschaft nicht per se pflichtwidrig, wenn der vereinbarte Preis nicht dem Marktpreis entsprochen hat. Geschäfte eines Organs mit seiner Gesellschaft müssen allerdings fair und angemessen sein. Maßgeblich ist, ob die Gesellschaft das gleiche Geschäft auch mit einem Dritten abgeschlossen hätte (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil v. 02.06.2018, 25 U 107/13 = GmbHR 2017, 974, 976;  Fleischer, in: MünchKomm GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 174; Schneider, in: Scholz, GmbHG 12. Aufl., § 43 Rn. 217; Ziemons, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn, 254; Haas/Ziemons, BeckOK GmbHG, § 43 Rn. 174).

Dass der vereinbarte Kaufpreis von 751.000,00 EUR einem Drittvergleich standhält, hat bereits die Anhörung der des Klägers und des Nebenintervenienten am 16.07.2019 ergeben. Demnach hätten beide auch der Veräußerung des Grundstücks für 750.000,00 EUR an Herrn H2 zugestimmt, wenn dies eben dessen letztes Angebot gewesen wäre und kein anderer Interessent bereit gewesen wäre, einen höheren Preis zu zahlen. Dann überstiegen die 751.000,00 EUR aber knapp denjenigen Preis, dem man bereit war, mit einem Dritten zu vereinbaren.

Soweit der Kläger weiter anführt, der Beklagte habe einen fachlich ungeeigneten Makler beauftragt, das Ausschreibungsverfahren unangemessen verkürzt und zudem verhindert, dass Herr H2 noch einmal sein letztes Angebot überdenkt, steht dem die in 2015 für das vorherige Geschäftsjahr wirksam erteilte Entlastung entgegen.

Im Recht der GmbH hat die Entlastung zur Folge, dass die GmbH mit Ersatzansprüchen und Kündigungsgründen ausgeschlossen ist, die der Gesellschafterversammlung bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte erkennbar sind oder von denen alle Gesellschafter privat Kenntnis haben (BGH, NZG 2003, 528; BGH, NJW 1998, 2694; vgl. Wicke, in: Wicke, GmbHG, § 46 Rn. 16).

Die vom Kläger angeführten Punkte waren ihm dabei bereits zu dem Zeitpunkt bekannt, als er dem Nebenintervenienten im Jahr 2015 für das vorangegangene Geschäftsjahr Entlastung erteilt hatte, wie sich aus seiner Anhörung am 16.07.2019 ergeben hat. Dass der eingeschaltete Makler nicht auf Grundstücksverkäufe spezialisiert war, wusste der Kläger nach eigenem Bekunden von Anfang an. Auch hatte er an der Gesellschafterversammlung teilgenommen, in der die Verkürzung des Angebotszeitraums gegen seinen Willen beschlossen worden war. Auch wusste er, nach eigenem Bekunden, dass Herr H2 nicht vom Nebenintervenienten über das Schließen des Bieterfensters informiert worden war. Auch geht aus der Anhörung des Klägers hervor, dass er bereits frühzeitig wusste, dass das Grundstück einen deutlich höheren Wert als 600.000,00 EUR hatte. So bezog er die gebotenen 600.000,00 EUR allein auf den „Anteil“ des mit 60% an der Beklagten beteiligten Nebenintervenienten unter gleichzeitiger Verrechnung mit dem ihm, dem Kläger, Abfindungsbetrag, so dass er gedanklich sogar einen Wert in Höhe von rund 1.000.000,00 EUR ansetzte. Die Veräußerung in Höhe von 751.000,00 EUR, die dem Kläger bekannt war, lag damit deutlich unter diesem selbst geschätzten Wert. Wenn aber der Kläger in Kenntnis all dieser Umstände dem Nebenintervenienten Entlastung erteilt hatte, kann er dem Nebenintervenienten daraus im Jahr 2018 keine Pflichtverletzung mehr vorhalten.

Die spätere Wertschätzung des Finanzamtes steht der in 2015 erteilten Entlastung nicht entgegen. Denn dem Nebenintervenienten kann nicht vorgehalten werden, dem Kläger in 2015 wesentliche Informationen vorenthalten zu haben. Auch hat der Nebenintervenient kein Dauerdelikt verletzt, bei dem ggf. eine Entlastung jährlich wiederholt werden müsste.

cc) Als Konsequenz ist dem Nebenintervenienten Entlastung zu erteilen. Weitere der Entlastung entgegenstehende Umstände hat der Kläger nicht konkret bezogen auf den Nebenintervenienten vorgetragen.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 101, 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

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