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KG Berlin, Beschluss vom 10.09.2021 – 22 W 51/21

§ 74 Abs 1 gmbhg, § 51 Abs 1 ZPO, § 21 FamFG, § 381 FamFG – Löschung der FirmaBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nach § 74 Abs. 1 gmbhg kommt nicht in Betracht, wenn weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Gesellschaft noch als Beklagte Partei in einem laufenden Zivilprozess ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 29. März 2021 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte, eine GmbH, ist seit 1984 im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen.Randnummer2

Nachdem das Amtsgericht Charlottenburg – Insolvenzgericht – einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligten mangels einer die Kosten deckenden Masse rechtskräftig abgewiesen hat, ist die Auflösung der Beteiligten von Amts wegen im Mai 2018 in das Handelsregister eingetragen worden. Der Abweisung des Insolvenzgerichts lag das Gutachten des Insolvenzverwalters zugrunde, in welchem u.a. eine gegen die Beteiligte anhängige Klage vor dem Landgericht Berlin aufgeführt war. Die Beteiligte begehrt in diesem prozess im Wege der Widerklage Zahlung in Höhe von rund 750.000 EUR nebst Zinsen, deren Erfolgsaussichten durch den Insolvenzverwalter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs als nicht erfolgsversprechend eingeschätzt wurden.Randnummer3

Mit Anmeldung vom 27. Mai 2020 hat der Liquidator u.a. zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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angemeldet, dass die Liquidation beendet und die Firma der Gesellschaft erloschen sei. Zur Begründung hat der Liquidator ausgeführt, dass der noch anhängige Passivprozess vor dem Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 95 O 44/04 der Löschung der Gesellschaft nicht entgegenstehe. Unter Bezugnahme auf das Insolvenzgutachten ergebe sich zudem, dass der anhängige Widerklageantrag als nicht werthaltig bewertet worden sei.Randnummer4

Nachdem das Amtsgericht beanstandet hat, dass bereits der anhängige Passivprozess der Löschung entgegenstehe, die Beendigung des Rechtsstreits abgewartet und die Löschung zurückgestellt werden soll, hat es auf Bitten des Verfahrensbevollmächtigten mit förmlicher Zwischenverfügung vom 29. März 2021 unter Rechtsbehelfsbelehrung mitgeteilt, dass es an seiner zuvor mitgeteilten Rechtsauffassung festhalte.Randnummer5

Hiergegen richtet sich die vom Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten eingelegte Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.Randnummer7

1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 29. März 2021 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.Randnummer8

a) Die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG ist der statthafte Rechtsbehelf gegen das als Zwischenverfügung bezeichnete Schreiben vom 29. März 2021, der von der Beteiligten auch form- und fristgerecht eingelegt worden ist. Die Beschwerde ist auch dann eröffnet, wenn das Gericht den Anschein gesetzt hat, es sei von einer anfechtbaren Zwischenverfügung auszugehen (vgl. OLG München, Beschluss vom 14. Juni 2012 – 31 Wx 192/12 –, juris, Rn. 6; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 – I-3 Wx 50/18 –, juris, Rn. 1 – 3; Holzer in: Prütting/Helms, 5. Aufl. 2020, § 382 FamFG, Rn. 23; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, 3. Aufl. 2018, § 382 FamFG, Rn. 8). Davon ist ein nicht selbständig anfechtbarer „bloßer“ gerichtlicher Hinweis abzugrenzen, der eine Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig zur Folge hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 – I-3 Wx 50/18 –, juris, Rn. 1 – 3; Heinemann in Keidel, 20. Aufl. 2020, § 382 FamFG, Rn. 22).Randnummer9

Vorliegend sollte es sich nach der vorangegangenen Korrespondenz des Gerichts mit dem vertretenden Notar bei dem Schreiben vom 29. März 2021 ausdrücklich um eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung handeln. Zudem ist das Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, die auf die Beschwerde verweist, versehen und enthält, wie in § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG vorgesehen, die Benennung eines (aus Sicht des Gerichts bestehenden) Eintragungshindernisses, wenngleich ohne Fristsetzung.Randnummer10

b) Die Beteiligte ist nach § 59 Abs. 1 FamFG auch beschwerdebefugt. Zwar hat der die Beschwerde einreichende Notar nicht mitgeteilt, ob er das Rechtsmittel namens der Beteiligten oder im eigenen Namen als beurkundender Notar einlegt. Wird aber im Rahmen eines Antragsverfahrens in einem mit notariellem Schreiben eingeleiteten Beschwerdeverfahren der Name des Beschwerdeführers nicht angegeben, so gilt die Beschwerde im Zweifel als im Namen aller beschwerdebefugten Antragsberechtigten bzw. Antragsverpflichteten eingelegt, für die der Notar tätig geworden ist (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. April 2011 – 12 W 631/11 –, juris, Rn. 27; KG, Beschluss vom 25. Juli 2011 – 25 W 33/11 –, juris, Rn. 6). Das ist hier die Beteiligte.Randnummer11

Die nach § 59 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer folgt aus der Tatsache, dass der Beteiligten die Eintragung der Löschung der FirmaBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG und demnach die Eintragung ihrer Löschung in das Handelsregister verwehrt wird.Randnummer12

c) Auch der notwendige Beschwerwert gemäß § 61 Abs. 1 FamFG von mehr als 600 € wird erreicht. Die sich aus der Nichteintragung der Löschung ergebende Beschwer führt bereits aufgrund der mit der fortbestehenden Registereintragung verbundenen Pflichten zum Übersteigen des Beschwerwerts.Randnummer13

2. Die Beschwerde hat Erfolg, wobei die Aufhebung auf rein formellen Erwägungen beruht. Denn das mit Rechtsmittelbelehrung versehene Schreiben vom 29. März 2021 hat keinen bei einer Zwischenverfügung zulässigen Inhalt.Randnummer14

a) Wie sich aus § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG ergibt, darf mit einer Zwischenverfügung nur aufgegeben werden, ein dem Vollzug der vorliegenden Anmeldung entgegenstehendes Hindernis zu beheben mit der Folge, dass nach dessen Behebung die Anmeldung, so wie sie vorliegt, vollzogen wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 – I-3 Wx 50/18 –, juris, Rn. 5 – 6). Handelt es sich um kein behebbares Hindernis, sondern ein endgültiges, so darf keine Zwischenverfügung ergehen, vielmehr ist der Eintragungsantrag nach § 382 Abs. 3 FamFG abzulehnen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23. Februar 2011 – 3 W 22/11 –, juris, Rn. 6 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 06. September 2011 – 8 W 319/11 –, juris, Rn. 10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 – I-3 Wx 50/18 –, juris, Rn. 1 – 3; Heinemann in Keidel, 20. Aufl. 2020, § 382 FamFG, Rn. 22).Randnummer15

b) Nach Auffassung des Senats stellt der anhängige und gegen die Beteiligte geführte Gerichtsprozess ein nicht behebbares Hindernis dar, welches der Löschung der Beteiligten entgegensteht. Das Registergericht durfte nicht durch eine selbstständig anfechtbare Zwischenverfügung entscheiden. Vielmehr hätte eine die Anmeldung ablehnende (End-) Entscheidung ergehen müssen.Randnummer16

aa) Grundsätzlich kommt eine Löschung der FirmaBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nach § 74 GmbHG nicht in Betracht, wenn weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind (vgl. dazu etwa OLG Hamm, Beschluss vom 29. Juli 2015, 27 W 50/15 – juris, Rn. 14). Für Passivprozesse ist die Wahrnehmung der Rechtsstellung eines Verfahrensbeteiligten eine sonstige Abwicklungsmaßnahme, deren Erfordernis eine Löschung ausschließt (so ausdrücklich OLG München, Beschluss vom 20. Juni 2005 – 31 Wx 36/05 –, juris, Rn. 10; Haas in Baumbach/Hueck, 22. Aufl. 2019, § 74 gmbhg, Rn. 2 und 19; Nerlich in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, 3. Aufl. 2017, § 74 gmbhg, Rn. 5; H.-F. Müller in MüKoGmbHG, 3. Aufl. 2018, § 74 gmbhg, Rn. 3). Als Grund wird der fortwirkende Abwicklungsbedarf angeführt, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger Vermögen der Gesellschaft verlangt oder nicht (Karsten Schmidt/Scheller in: Scholz, gmbhg, 12. Aufl. 2018 ff., § 74 gmbhg, Rn. 2) bzw. weiterer organschaftlicher Handlungsbedarf besteht.Randnummer17

bb) Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beteiligte im Falle der Löschung sehenden Auges ihre Rechts- und Parteifähigkeit verlieren würde. Zwar wird eine Gesellschaft auch im Passivprozess in einer Reihe von Konstellationen als parteifähig behandelt, wenn sie wegen Vermögenslosigkeit oder nach vollzogener Liquidation im Handelsregister gelöscht worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 04. Juni 2003 – 10 AZR 448/02 –, BAGE 106, 217-224, Rn. 25; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010 – II ZR 115/09 –, juris, Rn. 22 f. m.w.N.). Daraus kann jedoch nicht der (Umkehr-)Schluss gezogen werden, eine Löschung der Beteiligten sei zulässig.Randnummer18

Entgegen der Ansicht der Beteiligten hilft auch der Verweis auf eine mögliche Nachtragsliquidation nicht weiter. Nach Ansicht des Senats ist dieses Verfahren für Fälle eröffnet, in denen sich nachträglich Vermögen oder Abwicklungsbedarf herausstellt. Bei noch bestehendem Abwicklungsbedarf darf eine Löschung der Gesellschaft unter Verweis auf eine mögliche Nachtragsliquidation nicht erfolgen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juli 2019 – 22 W 29/18 –, juris, Rn. 12 sowie Berichtigungsbeschluss vom 12. September 2019, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 29. Juli 2015 – I-27 W 50/15 –, juris, Rn. 18; so auch Karsten Schmidt/Scheller in: Scholz, gmbhg, 12. Aufl. 2018 ff., § 74 gmbhg, Rn. 2; Altmeppen, 10. Aufl. 2021, § 74 gmbhg, Rn. 27). Die Nachtragsliquidation müsste sogleich vom Gläubiger eingeleitet werden und verursacht zudem einen erheblichen Aufwand.Randnummer19

Soweit die Beteiligte sich auf anderslautende Rechtsprechung beruft, nach der insbesondere ein nicht abgeschlossenes Besteuerungsverfahren einer Löschung nicht entgegenstehen soll (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. März 2014, I-3 Wx 48/14 – juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. August 2019 – I-3 Wx 80/17 –, juris, Rn. 12), teilt der Senat diese Auffassung ausdrücklich nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juli 2019 – 22 W 29/18 –, juris, Rn. 12).Randnummer20

b) Der Senat konnte lediglich über die Zwischenverfügung, jedoch nicht über die Anmeldung entscheiden. Insoweit ist die Entscheidungskompetenz des Senats als Beschwerdegericht durch den Beschwerdegegenstand begrenzt und die Entscheidung über die Anmeldung (mangels End-Entscheidung) nicht angefallen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2017 – XII ZB 100/17 –, juris, Rn. 10; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl. 2018, § 69 FamFG, Rn. 1.2; Sternal in Keidel, 20. Aufl. 2020, § 69 FamFG, Rn. 27). Dies gilt auch, soweit die Zwischenverfügung als Aussetzungs- oder Ruhendentscheidung aufgefasst werden würde (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 02. Juli 1999 – 3Z BR 298/98 –, juris, Rn. 25; Steup in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 381 FamFG, Rn. 13).Randnummer21

3. Vorsorglich weist der Senat in der Sache – ohne Bindungswirkung – auf Folgendes hin:
Nach zutreffender Auffassung des Amtsgerichts steht der schwebende Passivprozess der Beendigung der Liquidation entgegen. Das Amtsgericht hat nach Aufhebung der Zwischenverfügung die Anmeldung zurückzuweisen oder das Anmeldeverfahren auszusetzen, wobei der Senat einer Zurückweisung der Anmeldung den Vorzug geben würde.Randnummer22

a) Jedenfalls kann das Verfahren im Hinblick auf das anhängige Gerichtsverfahren nicht ruhend gestellt werden. Selbst wenn eine Anordnung des Ruhens des Verfahren im Registerverfahren möglich wäre, kommt diese nicht in Betracht, wenn – wie hier nach Beendigung der Liquidation – eine Anmeldepflicht besteht (Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, 3. Aufl. 2018, § 381 FamFG, Rn. 2.2).Randnummer23

b) Der Senat hält auch eine Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 381, 21 FamFG nicht für vorzugswürdig. Es kann offenbleiben, ob ein der Beendigung der Liquidation entgegenstehender Passivprozess ein solch streitiges Rechtsverhältnis darstellt, was zur Aussetzung berechtigten würde (vgl. dazu generell OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. April 2015 – 20 W 226/13 –, juris, Rn. 34 als obiter dictum). Jedenfalls besteht hier kein Anlass, das Verfahren im Hinblick auf den anhängigen prozess auszusetzen. Denn die Anmeldung wäre bereits wegen des fehlenden Ablaufs des Sperrjahres zurückzuweisen, so dass es bereits an der Vorgreiflichkeit fehlt (vgl. dazu Heinemann in Keidel, 20. Aufl. 2020, § 381 FamFG, Rn. 5). Hat die Gesellschaft bei Abweisung des Insolvenzverfahrens Restvermögen, folgt das Liquidationsverfahren dem Gesellschaftsrecht (Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 60 GmbHG, Rn. 38; Geißler, GmbHR 2018, 1048, 1051; Berner in MüKoGmbHG, 3. Aufl. 2018, § 60 gmbhg, Rn. 124). Das beinhaltet grundsätzlich auch die Vorschrift über die entsprechende Bekanntmachung und den Ablauf des Sperrjahres nach § 73 GmbHG (vgl. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. Mai 2002 – 7 Wx 1/02 –, juris, Rn. 16 auch bei der masselosen GmbH). Dass im Ausnahmefall darauf verzichtet werden könnte, ist im Hinblick auf den anhängigen prozess, in dem die Beteiligte auch Widerklage erhoben hat und damit ein Vermögenszufluss nicht gänzlich ausgeschlossen ist, derzeit nicht feststellbar.Randnummer24

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Soweit die Beschwerde Erfolg hat, fallen Kosten nicht an. Eine Kostenerstattung kommt nicht in Betracht.Randnummer25

Da die Zwischenverfügung bereits aus formalen Gründen aufzuheben war, die Ausführungen unter Ziffer 3. damit vorliegend nicht entscheidungserheblich sind, kommt auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 FamFG nicht in Betracht.

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