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KG Berlin, Urteil vom 8. September 2022 – 2 U 115/21

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Einberufungsverlangen
Missachtung Einberufungsverlangen

§ 37 Abs 2 S 1 GmbHG, § 50 Abs 1 GmbHG, § 50 Abs 3 S 1 GmbHG, § 15 Abs 1 HGB, § 125 BGB, § 139 BGB, § 311b Abs 1 S 1 BGB, § 256 Abs 2 ZPO, § 524 Abs 2 S 2 ZPO

Der mit Sperrminorität ausgestattete Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH missachtet die Verbandssouveränität der Gesellschaft und verletzt die ihm als Gesellschafter obliegende Treuepflicht, wenn er in seiner Geschäftsführung die Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit der Begründung übergeht, die Gesellschafterversammlung könne ihm stimmrechtsbedingt ohnehin keine gegenteiligen Weisungen erteilen.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 21. Juli 2014 – 3 HK O 34/13 – geändert: Es wird gemäß Antrag zu 5. festgestellt, dass die in der am 3. Juni 2013 in den unter der Adresse L. belegenen Räumen der A. L. GmbH abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Beklagten gefassten Beschlüsse zu TOP 2 und TOP 4 bis 7 (Protokoll vom 3. Juni 2013, 15.30 h [I 104/105]) nichtig sind. Im Übrigen wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Urteils leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger wehrt sich in erster Linie gegen seine sofortige Abberufung als Geschäftsführer, die fristlose Kündigung seines Anstellungsverhältnisses und die Einziehung seiner Geschäftsanteile, die die Beklagte am 3. Juni 2013 in einer ersten Gesellschafterversammlung (14.00 Uhr) beschlossen hat. Daneben ficht der Kläger Beschlüsse an, die die Beklagte unmittelbar nach der Einziehung seiner Geschäftsanteile in einer zweiten Gesellschafterversammlung (3. Juni 2013, 15.30 Uhr) gefasst hat, und weitere Maßnahmen, die die Beklagte – nachdem der Kläger in der am 29. August 2013 zum Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste nicht mehr aufgeführt wurde – in ihren Gesellschafterversammlungen vom 6. September 2013, 24. September 2018 und 12. November 2019 beschlossen hat.Randnummer2

Am 3. Juni 2013 war der Kläger Anteilseigner an der Beklagten, der von ihr beherrschten A.e L. GmbH (im Folgenden: A.e) und der Landwirtschaftsgesellschaft B. mbH (im Folgenden: LWG B.), die ihrerseits von der Beklagten und der A.e dominiert wurde. Die wechselseitigen Beteiligungen der einander verflochtenen Gesellschaften sind im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben (LGU 3-5). Geschäftsführer der Beklagten war der Kläger bis zu seiner Abberufung am 3. Juni 2013; in der LWG B. war er Geschäftsführer bis zum Widerruf seiner Bestellung am 20. Mai 2013 (K 19 [I 80]).Randnummer3

Bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages am 12. November 2019 (BK 3 [VII 48]) sah die Satzung der Beklagten in § 7 Abs. 2 vor, dass Gesellschafterbeschlüsse mit qualifizierter Mehrheit von mindestens 75% der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Bei Einführung des qualifizierten Mehrheitserfordernisses im Oktober 2007 (BK 4 [VII 76]) war der Kläger an der Beklagten mit 28,07% direkt beteiligt. Am 3. Juni 2013 hielt er an der Beklagten Anteile in Höhe von insgesamt 21,2%; wegen ruhender Stimmen der A.e verfügte er jedoch über 28,19% der stimmberechtigten Geschäftsanteile, mithin über eine Sperrminorität.Randnummer4

Die Ausübung dieser Sperrminorität durch den Kläger traf bei der Beklagten Anfang 2013 auf zunehmenden Widerstand der Mehrheitsgesellschafter, führte am 3. Juni 2013 zur restlosen Trennung vom Kläger (Abberufung/Kündigung/Einziehung) und bildet den Kern dieses Rechtsstreits. Die vom Kläger angefochtenen „Trennungs-“Beschlüsse vom 3. Juni 2013 rechtfertigt die Beklagte im Wesentlichen mit vorausgegangenen – in den nachstehenden Gründen im Einzelnen beschriebenen – Maßnahmen, die der Kläger entgegen dem Willen der Gesellschaftermehrheit und ohne eine deshalb gebotene Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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getroffen habe, und im Übrigen mit einer im Mai 2011 zu ihrem Nachteil vom Kläger für sich selbst ausgenutzten Geschäftschance – dem lukrativen Erwerb von weiteren Anteilen an der LWG B.Randnummer5

Letzteren Grund hält der Kläger für verwirkt, weil die Mitgesellschafter bereits am 31. Januar 2012 von seinem Anteilserwerb erfahren hätten. Zudem habe die Beklagte nicht bewiesen, dass der Verkaufsinteressent Be.seine Anteile überhaupt an sie veräußert hätte. Seine von der Beklagten beanstandeten Maßnahmen habe er als Geschäftsführer treffen dürfen, ohne zuvor eine Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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herbeizuführen. Sie zählten – unstreitig – nicht zu den unter gemäß § 5 Abs. 5 der Satzung benannten Handlungen und stünden deshalb nicht unter dem Zustimmungsvorbehalt. Die Einberufung und Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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habe ihm auch keine Treuepflicht geboten, weil die betreibenden Gesellschafter der Beklagten ihm im Jahr 2007 bewusst die Sperrminorität eingeräumt hätten und sie ihm deshalb ohnehin keine Weisung gegen seinen Willen hätten erteilen können.Randnummer6

Für die eingangs sinngemäß wiedergegebenen erstinstanzlichen Anträge zu 1. bis 7. verweist der Senat auf LGU 16 bis 18.Randnummer7

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat im Verhalten des Klägers wichtige Gründe für die Beschlüsse der Beklagten zur Abberufung, Kündigung und Anteilseinziehung gesehen und demgemäß auch deren Folgebeschlüsse für wirksam erachtet.Randnummer8

Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die Entscheidungsgründe (§ 540 Abs. 1 ZPO).Randnummer9

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung beantragt der Kläger unter Aufrechterhaltung und Erweiterung seiner KlageRandnummer10

die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 3. Juni 2013 (erste Gesellschafterversammlung) über seine Abberufung als Geschäftsführer (Antrag zu 1. [V 42]), die Kündigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages (Antrag zu 2. [V 42/43]), die Einziehung seiner Geschäftsanteile (Antrag zu 3. [V 43]) und die Bestellung der Frau Th. zur (neuen) Geschäftsführerin (Antrag zu 4. [V 43]);Randnummer11

die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 3. Juni 2013 (zweite Gesellschafterversammlung) zu TOP 2 bis 7 (Antrag zu 5. [ 43]), vom 6. September 2013 über Satzungsänderungen (Antrag zu 6. [V 43]), vom 24. September 2018 über die Bestellung des Herrn H. zum Geschäftsführer (Antrag zu 9. [VII 46]) und des Herrn Dr. K. zum Prokuristen (Antrag zu 10. [VII 46]) sowie aller Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 12. November 2019 (Antrag zu 8. [VII 45] undRandnummer12

die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Geschäftsführervergütung für die Zeit vom Januar 2014 bis Februar 2020 in Höhe von monatlich 4.107,92 € brutto (Antrag zu 7. [VII 44]).Randnummer13

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.Randnummer14

Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien – bei im Wesentlichen unstreitig gebliebenem Sachverhalt – ihre jeweiligen rechtlichen Standpunkte. Die Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den nachstehenden Gründen. Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze.

II.

Die Berufung des Klägers hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.Randnummer16

Mit Verfügung vom 12. Januar 2021 hat der vorbereitende Einzelrichter die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wie folgt mitgeteilt:Randnummer17

Die mit den Anträgen zu 8. bis 10., teilweise auch zu 7., klagerweiternd geführte Berufung verspricht nur mit dem Antrag zu 5. – insoweit überwiegend – Erfolg.Randnummer18

I. Anträge zu 1. (Abberufung als Geschäftsführer) und 2. (Kündigung des Anstellungsverhältnisses):Randnummer19

Die von der Beklagten in der ersten Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2013 (14.00 Uhr) gefassten Beschlüsse, mit sofortiger Wirkung den Kläger von der Geschäftsführung auszuschließen und seinen Anstellungsvertrag zu kündigen (Protokoll, S. 2 und 4, in: 3 HKO 33/13 [e.V.], Bl. 180 und 182 d.A.), sind wirksam. Für beide Maßnahmen hatte die Gesellschaft einen wichtigen Grund (§ 5 Abs. 4 der Satzung, K 1 [I 17/18], i.V.m. § 38 Abs. 2 GmbHG; § 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrags, K 1 zum SS v 1. Oktober 2013 [III 11], i.V.m. § 626 BGB).Randnummer20

Sowohl für die Abberufung als auch für die Kündigung liegt ein wichtiger Grund vor, wenn die weitere Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft, insbesondere aufgrund grober Pflichtverletzungen, unzumutbar geworden ist. Eine solche Feststellung erfordert eine Abwägung der betroffenen interessen aufgrund aller Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 4. April 2017 – II ZR 77/16, Rn. 17 m.w.N.).Randnummer21

Für die Beklagte war am 3. Juni 2013 die Unzumutbarkeit erreicht. Sie wirft dem Kläger zurecht vor, unter Ausnutzung seiner Sperrminorität in erheblicher Weise seine Pflichten als Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter verletzt zu haben.Randnummer22

1. Wiederholt hat der Kläger die Gesellschafterversammlung übergangen und hierbei den Mehrheitswillen der Beklagten missachtet. Die Beklagte hatte ihrem Geschäftsführer nicht gestattet, mit Schreiben vom 3. Mai 2013 (K 15 [I 69]) eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der von ihr beherrschten A.e L. GmbH (im Folgenden: A.e) zum 22. Mai 2013 mit dem Ziel einzuberufen, dort eine weitere Geschäftsführerin bestellen und eine neue Satzung beschließen zu lassen (a.). Ohne vorherige Beschlussfassung der Beklagten war dem Kläger auch der mit Schreiben vom 14. Mai 2013 (K 17 [I 78]) unternommene Versuch versagt, im Namen der Beklagten eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der A.e zu dem Zweck einzuberufen, deren Geschäftsführerin U. Th. die Weisung zu erteilen, in einer Gesellschafterversammlung der Landwirtschaftsgesellschaft mbH B. (im Folgenden: LWG B.) mit den Stimmen der A.e gegen die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und gegen ihre eigene Bestellung zur Geschäftsführerin zu stimmen (b.). Bei sämtlichen Maßnahmen musste der Kläger davon ausgehen, gegen den Willen der Gesellschafter-Mehrheit der Beklagten zu handeln (c.). Das Fehlverhalten des Klägers bedeutete zugleich einen Verstoß gegen seine mitgliedschaftliche Treuepflicht (d.) und rechtfertigt (allemal) seine Abberufung und Kündigung (e.).Randnummer23

a. Mit seiner eigenmächtigen Einberufung vom 3. Mai 2013 verstieß der Kläger zum einen gegen seine Pflichten als Geschäftsführer.Randnummer24

aa. In der hierarchisch geprägten Struktur der GmbH-Verfassung ist die Gesellschafterversammlung das zentrale Entscheidungsorgan. Dem Geschäftsführer einer GmbH kommt – vorbehaltlich gesetzlicher PflichtenGeschäftsführungsbefugnis nur dann und insoweit zu, als die Gesellschafterversammlung von ihrer Geschäftsführungskompetenz weder durch Regelung im Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlussweisung an den Geschäftsführer Gebrauch gemacht hat. Auch bei deren Fehlen ist der Geschäftsführer gehalten, bei besonders bedeutsamen Geschäften eine Willensbildung der Gesellschafterversammlung herbeizuführen (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 364/18, Rn. 33 und 37 f.). Er muss den wirklichen (soweit bekannt) oder mutmaßlichen (Mehrheits-)Willen der Gesellschafter beachten und eine Angelegenheit zur Entscheidung vorlegen, wenn Anlass besteht, mit dem Widerspruch einer Gesellschafter-Mehrheit zu rechnen (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 37 Rn. 8). Lediglich der Einpersonen-Gesellschafter-Geschäftsführer darf auf die Abhaltung förmlicher Gesellschafterversammlungen verzichten (Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 46 Rn. 7), aber schon nicht mehr der Geschäftsführer, der – anders als der Kläger – über die absolute Mehrheit der Stimmen verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 1988 – II ZR 211/87, Rn. 13).Randnummer25

bb. Die vom Kläger als Geschäftsführer der Beklagten initiierten Beschlussgegenstände – Bestellung eines weiteren Geschäftsführers (1); Neufassung der Satzung (2) – und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung der A.e zum Zwecke ihrer Beschließung bedurften der Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Beklagten schon deshalb, weil die Mehrheit der Gesellschafter ihren entgegenstehenden Willen zuvor ausdrücklich bekundet hatte. Der Kläger hat selbst vorgetragen, „dass die betreibenden Gesellschafter aus unerfindlichen Gründen im Vorfeld der Gesellschafterversammlung der A.e L. GmbH vom 22.05.2013 versuchten, den Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten „anzuweisen“, die von der Beklagten einberufene Gesellschafterversammlung der A.e L. wieder abzuberufen“ (Klageschrift, S. 13 [I 13]). Hiervon abgesehen bestand für den Kläger eine Vorlagepflicht, weil die von ihm beabsichtigen Beschlussfassungen mittelbar – über die maßgebliche Beteiligung der Beklagten an der A.e – Bedeutung auch für die Beklagte und ihre Gesellschafter hatte.
Randnummer26

(1) Die vom Kläger bezweckte und in der Gesellschafterversammlung der A.e vom 22. Mai 2013 beschlossene Berufung der Frau D. K. zur weiteren Geschäftsführerin mag ihm – wie der Kläger geltend macht (SS v 17. Februar 2014, S. 6 [III 123]) – „zweckmäßig“ erschienen sein, „um eine Einarbeitungsphase zu gewährleisten„. Nicht übersehen werden kann jedoch auch, dass mit ihrer Bestellung zugleich die Einwirkungsmöglichkeiten des Klägers auf die Geschicke der A.e erhöht wurden. Denn die bisher alleinige Geschäftsführerin U. Th. war fortan nur noch gesamtvertretungsberechtigt neben der auf Vorschlag des Kläger bestellten Frau K.. Bei Frau K. handelte es sich allerdings um eine damals 22jährige (vgl. Protokoll der Gesellschafterversammlung der A.e v 22. Mai 2013, S. 5, K 16 [I 76]) Büroangestellte der Beklagten, die arbeitsrechtlich den Weisungen des Geschäftsführers – des Klägers – unterworfen war und nach nicht abwegig erscheinenden Befürchtungen der betreibenden Gesellschafter der Beklagten deshalb zum „Werkzeug“ des Klägers zu werden drohte (vgl. Anwaltschreiben der betreibenden Gesellschafter vom 29. Mai 2013, S. 4, K 6 [I 52]). Dies beschwor für die Mehrheit der Gesellschafter die Gefahr einer weiter zunehmenden – von ihnen höchst unerwünschten – Einflussnahme des Klägers auf eine beherrschafte Gesellschaft, deren mittelbare Gesellschafter sie zwar waren, deren Geschäftsführung jedoch wegen der Besonderheit der Stimmenverhältnisse in der Beklagten (Sperrminorität) ihrer mittelbaren Kontrolle nur noch eingeschränkt unterlag. Deshalb hatte der Kläger die Gesellschafter der Beklagten in einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines weiteres Geschäftsführers zu fragen.Randnummer27

(2) Dass die vom Kläger beabsichtigte Neufassung der Satzung für die A.e letztlich nicht beschlossen wurde, weil kein Notar anwesend war (vgl. K 16, S. 5 [I 76]), ändert nichts daran, dass der Kläger mit ihrer Initiative die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung ein weiteres Mal verletzt hat. Auch insoweit durfte er nicht ohne die Zustimmung der Gesellschafter handeln. Denn auch diese vom Kläger verfolgte Maßnahme erscheint zweischneidig. Es kann unterstellt werden, dass der Beirat der A.e, dessen Abschaffung die geplante Satzungsänderung vorsah, angesichts der stark reduzierten Anzahl an Gesellschaftern dem Kläger „unnötig“ erschienen ist (SS des Klägers vom 9. September 2013, S. 8 [I 137]). Dass es dem „Gesellschaftsinteresse der Beklagten“ entsprochen habe, „dass die von ihr dominierte Gesellschafterversammlung der A.e L. GmbH ohne Umwege Befugnisse ausüben kann“, konnte von der Mehrheit ihrer Gesellschafter jedoch gerade anders gesehen werden. Denn die Abschaffung des Beirats mit seinen weitreichenden Kontrollrechten (§ 9 der Satzung der A.e, K 2 [I 25/28]) stärkte nicht nur in der A.e deren Geschäftsführung (unter Mitwirkung von Frau K.), sondern erweiterte zugleich den Handlungsspielraum der sie beherrschenden Beklagten und zuletzt – wiederum wegen der bestehenden Sperrminorität – auch die des Klägers. Über eine Satzungsänderung der A.e hatte deshalb die Gesellschafterversammlung der Beklagten mitzubefinden.Randnummer28

b. Das Einberufungsverlangen des Klägers vom 14. Mai 2013 mit dem Ziel, in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der A.e auch mithilfe der Stimmen der sie dominierenden Beklagten an die Geschäftsführerin der A.e, U. Th., die Weisung zu erteilen, gegen seine Abberufung als Geschäftsführer der LWG B. und gegen ihre Bestellung zur neuen Geschäftsführerin zu stimmen, war ebenfalls pflichtwidrig. Die Gesellschafter der Beklagten hatten über ihre Beteiligung an der A.e und der LWG B. ein mitgliedschaftliches Interesse, über die Leitungsmacht in der LWG B. mitzuentscheiden. Der hinter § 47 Abs. 4 GmbHG stehende Gedanke, dass niemand Richter in eigener Sache sein dürfe, gebot dem Kläger ohnehin Zurückhaltung bei dem Versuch, durch mittelbare Einflussnahme der Beklagten auf die A.e und letztlich die LWG B. seine eigene Abberufung aus wichtigem GrundBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu verhindern.
Randnummer29

c. Mit dem zu a. und b. beschriebenen Vorgehen setzte sich der Kläger bewusst über den Mehrheitswillen der Beklagten hinweg. Über ihren Versuch hinaus, die vom Kläger eigenmächtig einberufene Gesellschafterversammlung der A.e vom 22. Mai 2013 zu verhindern (a.), hatten die Mehrheitsgesellschafter der Beklagten bereits im Januar 2013 eine Satzungsänderung ihrer Gesellschaft initiiert, die anstelle der bis dahin für jedwede Beschlussfassung notwendigen 3/4-Mehrheit (§ 7 Abs. 2 [I 19]) künftig grundsätzlich die einfache Mehrheit der Stimmen genügen ließ (Antragsschrift des Klägers, S. 22/23 [22/23], in BA 31 HKO 33/13 [e.V.]; eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Klägers vom 3. Juni 2013, ASt 10 [64/65]; Einberufungsverlangen des Gesellschafters K.-J. F. vom [richtig: vgl. I 22] 18. Januar 2013, ASt 30 [108] nebst Anlage zu Ziffer 3. [109]). Mit dem nur am Widerstand des Klägers gescheiterten (ASt 10 [64/65]) Bestreben, das qualifizierte Mehrheitserfordernis durch einfache Mehrheit zu ersetzen, haben die Gesellschafter dem Kläger bewusst gemacht, seine Sperrminorität überwinden und jede Behauptung seiner bevorrechtigten mitgliedschaftlichen Stellung gerade nicht unterstützen zu wollen. Jede Maßnahme, die der Kläger unter der ihm rechtlich möglichen Nutzung seiner Sperrminorität traf, widersprach damit dem erklärten Mehrheitswillen der übrigen Gesellschafter.
Randnummer30

d. Dass der Kläger seine nicht ohne, vielmehr gegen den Willen der Mitgesellschafter getroffenen Maßnahmen unter Ausnutzung seiner Sperrminorität traf und damit nicht nur seine Geschäftsführerpflichten verletzte, sondern vielmehr zugleich gegen seine mitgliedschaftliche Treuepflicht verstieß, ergibt sich zwanglos aus dem Versuch des Klägers, das eigene Vorgehen zu rechtfertigen. Er argumentiert sinngemäß dahin, dass er für eine Handlung als Geschäftsführer einen zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung schon grundsätzlich nicht benötigt habe, weil die übrigen Gesellschafter mangels der erforderlichen 3/4-Mehrheit sein Vorgehen ohnehin nicht durch eine entgegenstehende Weisung – gegen seinen Willen – hätten verhindern können (siehe Klageschrift, S. 12/14 [I 12/14]). Daran richtig ist, dass der Kläger, obwohl mit nur 21,2% am Stammkapital der Beklagten beteiligt (10.600 € ./. 50.000 €), wegen der ruhenden Stimmrechte der A.e an den stimmberechtigten Geschäftsanteilen der Beklagten mit 28,19% beteiligt war, mithin wegen des 3/4-Mehrheitserfordernisses (§ 7 Abs. 2 der Satzung) formal über eine Sperrminorität verfügte. Der hieraus von ihm gezogene Schluss negiert jedoch die ihn als Gesellschafter treffende Treuepflicht und trifft im Ergebnis auch nicht zu. Die Gesellschafterversammlung konnte dem Kläger grundsätzlich auch gegen seinen Willen wirksam Weisungen erteilen. Das für jedwede Beschlussfassung bestimmte qualifizierte Mehrheitserfordernis schließt eine mit einfacher Mehrheit beschlossene Weisung der Gesellschafterversammlung an den mit einer Sperrminorität versehenen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht aus. Fraglich kann nur der rechtliche Ansatz sein.Randnummer31

aa. Mit einer Literaturmeinung kann man – unbeschadet eines qualifizierten Mehrheitserfordernisses in der Satzung – für eine Weisungserteilung an den Geschäftsführer einen Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit genügen lassen (Stephan/Tieves, in: Münchener Kommentar, GmbHG, 4. Aufl., § 37 Rn. 109; Buck/Heeb, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 4. Aufl., § 37 Rn. 13; Schneider, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 37 Rn. 31). Dies kann sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben und damit begründet werden, dass der Satzungsgeber nicht an die Gefahr gedacht hat, dem Geschäftsführer mit privilegierter Minderheitsbeteiligung keine Weisung gegen seinen Willen erteilen zu können. Vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsführer bei der Beschlussfassung über eine Weisung an ihn immer auch in eigener Sache entscheidet, kann auch sein Stimmrechtsausschluss analog § 47 Abs. 4 GmbHG erwogen werden (Wolff, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, GmbH [Band 3], 5. Aufl., § 37 Rn. 31 für Gesellschafter-Geschäftsführer; vgl. auch Altmeppen, a.a.O., § 46 Rn. 70 für Kontrollmaßnahmen im Vorbereitungsstadium einer Entscheidung im Sinne von § 47 GmbHG). Weitergehend wäre eine Übertragung der Grundsätze möglich, die der Bundesgerichtshof zur Stimmrechtsregelung bei einer Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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aus wichtigem Grund aufgestellt hat. Danach ist jedenfalls beim Nur-Geschäftsführer eine satzungsmäßige Bestimmung unwirksam, die seinen Widerruf aus wichtigem GrundBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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an eine höhere als die in § 47 Abs. 1 GmbHG bestimmte einfache Mehrheit bindet (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1982 – II ZR 110/82, Rn. 9; Urteil vom 17. Oktober 1983 – II ZR 31/83, Rn. 5; Urteil vom 9. November 1987 – II ZR 110/87: für die Publikumsgesellschaft).
Randnummer32

bb. Der Kläger konnte sich einer mehrheitlich beschlossenen Weisung der Gesellschafterversammlung jedenfalls deshalb nicht von vornherein verweigern, weil seine mit der Sperrminorität begründete Weigerung den Grundsatz der Verbandssouveränität verletzte und er damit gegen seine mitgliedschaftliche Treuepflicht verstieß.Randnummer33

(1) Aus dem der GmbH immanenten Grundsatz der Verbandssouveränität folgt, dass die Gesellschafterversammlung ihre Kompetenz als oberstes Organ nicht aufgeben darf; anderenfalls würde sie sich entmündigen. Die Gesellschafterversammlung ist nach § 46 Nr. 6 GmbHG dafür zuständig, die Geschäftsführer zu überwachen. Diese Aufgabe kann zwar an ein anderes Organ delegiert werden. Die Delegation an die zu überwachenden Geschäftsführer scheidet jedoch im Ansatz aus, weil insoweit Inkompatibilität besteht (Altmeppen, aaO, § 45 Rn. 22). Entsprechendes gilt für das Weisungsrecht. Zur Ausübung befugt sind grundsätzlich die Gesellschafter. Der Geschäftsführer kann nicht völlig von Weisungen der Gesellschafterversammlung freigestellt werden (Schmidt, in: Ensthaler/Füller/Schmidt, GmbHG, 2. Aufl., § 45 Rn. 3). Klauseln, die das Weisungsrecht ausschließen und die Geschäfte damit auf Dauer ihrem Einfluss entziehen, verstoßen gegen den Grundsatz der Verbandssouveränität (Kleindieck, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 37 Rn. 19).Randnummer34

(2) Genau hierauf läuft die Satzungsregelung in § 7 Abs. 2 wegen der Sperrminorität des Klägers jedoch hinaus: ohne seine Zustimmung war rechnerisch eine Weisung an den Kläger nicht möglich. Ob hieraus eine Teilnichtigkeit der Bestimmung folgt, muss nicht entschieden werden. Auch ist es unerheblich, ob der Kläger bei seinen unter a. und b. bezeichneten Handlungen die rechtliche Problematik seiner Sperrminorität als solche bedacht hat. Entscheidend ist allein, dass er diese Maßnahmen – allesamt für ihn nützlich – ohne Rücksicht auf den entgegenstehenden Willen der Mehrheit der Gesellschafter und ohne eine Beschlussfassung in der Generalversammlung getroffen hat. Damit verstieß er gegen die ihm als Gesellschafter obliegende Treuepflicht. Im Kapitalgesellschaftsrecht besteht der Kern des Treuepflichtgedankens darin, dass die Möglichkeit, durch Einflussnahme die gesellschaftsbezogenen interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht verlangt, auf diese interessen Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1975 – II ZR 23/74, Rn. 11 [GmbH]; Urteil vom 1. Februar 1988 – II ZR 75/87, Rn. 18 [Aktiengesellschaft]; instruktiv: BGH, Urteil vom 14. Februar 2019 – IX 149/16, Rn. 16-19). Dieser Gedanke trifft nicht nur auf das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters, sondern auch auf das des Minderheitsgesellschafters zu; wenn dieser eine Beteiligung erreicht, die es ihm ermöglicht, die Durchsetzung bestimmter Rechte zu erzwingen oder – wie der Kläger – die Fassung wirksamer Beschlüsse zu verhindern, kann er die aus dieser Position folgenden Rechte nur in den Grenzen der ihm obliegenden Treuepflicht geltend machen (BGH, Urteil vom 20. März 1995 – II ZR 205/94, Rn. 19: für den Kleinaktionär). Dem Kläger gebot diese Treuepflicht, vor dem Ergreifen von Maßnahmen in einer Gesellschafterversammlung eine Willensbildung aller Gesellschafter zu ermöglichen und sich nicht über sachlich begründete Einwendungen der Mitgesellschafter hinwegzusetzen. Schon weil er ersteres unterließ, verletzte er diese Treuepflicht (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1988 – II ZR 211/87, Rn. 14: für den Mehrheitsgesellschafter, der von einer Beschlussfassung absieht und sich damit über mögliche Einwendungen der Minderheit hinwegsetzt). Im Übrigen war das Anliegen der betreibenden Gesellschafter, den dem Kläger durch Sperrminorität und Geschäftsführerbefugnis eingeräumten Einfluss des Klägers in der Beklagten und mittelbar in ihren beteiligten Gesellschaften nicht weiter zu verfestigen oder gar zu stärken, sachlich begründet, weil sich der Kläger unter den bestehenden Stimmverhältnissen dem Mehrheitswillen der Gesellschaft nicht verpflichtet sah.Randnummer35

e. Dass der Kläger – wie das Landgericht festgestellt hat (LGU 30) – bis zu seiner Abberufung und Kündigung für die Beklagte 10 Jahre als Geschäftsführer erfolgreich tätig war, ist kein sozialer Gesichtspunkt, der ausreicht, um der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit mit ihm zumutbar erscheinen lassen zu können. Die Verletzung der Vorlagepflicht und der darin liegende Verstoß gegen die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung kann allein für sich betrachtet als ein noch nicht zur Abberufung/Kündigung ausreichender Grund in dem Fall angesehen werden, dass sich der Geschäftsführer in einer Angelegenheit, in der die Gesellschafterversammlung hätte eingeschaltet werden müssen, mit dem Einverständnis des Mehrheitsgesellschafters begnügt (BGH, Urteil vom 25. Februar 1991 – II ZR 76/90, Rn. 10). Dem Kläger ist weit mehr vorzuwerfen, nämlich die Gesellschafterversammlung wiederholt übergangen zu haben, obwohl er die Mehrheit nicht hinter, sondern gerade gegen sich wusste, und dies in einer mit der Treuepflicht nicht zu vereinbarenden Vorstellung, alles tun zu dürfen, was ihm seine Sperrminorität formalrechtlich ermöglichte.Randnummer36

II. Antrag zu 3. (Einziehung der Geschäftsanteile):Randnummer37

Der Beschluss, mit dem die Beklagte in der ersten Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2013 (14.00 Uhr) die Geschäftsanteile des Klägers eingezogen hat, ist ebenfalls wirksam.Randnummer38

§ 14 Abs. 2 der Satzung der Beklagten knüpft die Zwangseinziehung nach § 34 Abs. 2 GmbHG in zulässiger Weise an das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Gesellschafters, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1977 – II ZR 11/76, Rn. 18). Ein wichtiger Grund kann insbesondere bei einer nachhaltigen und groben Verletzung von Gesellschafterpflichten (BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 – II ZR 46/94, Rn. 13) oder bei einem tiefgreifenden, ein sinnvolles Zusammenarbeiten der Gesellschafter nicht mehr erwarten lassendes Zerwürfnis der Gesellschafter gegeben sein, sofern das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person des oder der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft
rechtfertigen (BGH, Urteil vom 24. September 2013 – II ZR 216/11, Rn. 16 f.). Die Einziehung eines Geschäftsanteils bedarf ebenso wie die Ausschließung eines Gesellschafters einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter (BGH, a.a.O., Rn. 15).
Randnummer39

Hiernach war die Beklagte aus beiden Gründen zur Einziehung der Geschäftsanteile berechtigt.Randnummer40

1. Das Zerwürfnis zwischen dem Kläger und den übrigen Gesellschaftern war am 3. Juni 2013 irreparabel, und dies aus allein vom Kläger verursachten Gründen.Randnummer41

a. Sein Verhalten ließ in den Monaten zuvor jede Bereitschaft zu einer ersprießlichen Zusammenarbeit in der Gesellschaft vermissen und am 3. Juni 2013 auch künftig nicht mehr erwarten. Dass das qualifizierte Mehrheitserfordernis in § 7 Abs. 2 der Satzung der Beklagten – 3/4-Mehrheit für jegliche Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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– in Verbindung mit der numerischen Sperrminorität eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers zu erheblichen Problemen in der Gesellschaft führen und bei Uneinigkeit der Gesellschafter die Geschäftsführung der Gesellschaft blockieren kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1985 – II ZR 274/83, Rn. 9), wurde vom Satzungsgeber wohl nicht gesehen und ist auch dem Kläger nicht vorzuhalten. Vorwerfbar ist dem Kläger jedoch sein in den ersten Monaten des Jahres 2013 offensichtlich abhandengekommener Wille, den sich aus der besonderen Konstellation ergebenden Schwierigkeiten mit Rücksicht auf die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Interessen der Gesellschaft
und übrigen Gesellschafter Rechnung zu tragen. Sein unter I. gewürdigtes Verhalten lässt keine Rücksichten auf die anderen Gesellschafter erkennen, die zwar über eine deutliche Mehrheit der Stimmen verfügten, nur eben nicht über die qualifizierte. Dass ihm aus seiner bevorrechtigten Stellung eines Minderheitsgesellschafters eine besondere – auch „horizontale“ Treuepflicht erwuchs, hat der Kläger – bis heute – nicht anerkannt. Sein Stimmprivileg und seine sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten hat er über die Generalkompetenz der Gesellschafterversammlung gestellt und den körperschaftsimmanenten Grundsatz der Verbandssouveränität missachtet. Weisungen seitens der Gesellschafterversammlung, die seinen Vorstellungen zuwiderliefen, wollte er sich grundsätzlich nicht unterwerfen. Folgerichtig sah er sein Handeln als Geschäftsführer jeder Kontrolle durch die Gesellschafter entzogen. In dem Bewusstsein seiner Sperrminorität hat er sich – obwohl nur Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 21,2% des Stammkapitals – über den geäußerten Willen der Gesellschafter-Mehrheit mehrfach hinweggesetzt und damit letztlich zum Ausdruck gebracht, die Beklagte ähnlich einer Einpersonen-Gesellschaft führen zu wollen. „Etwaige entgegengesetzte Vorstellungen einer nicht das Quorum des § 7 Abs. 2 der Satzung der Beklagten erreichenden Gesellschaftermehrheit“ hat er für „unbeachtlich“ erklärt. All dies hielt und hält der Kläger für richtig. Mit dieser befremdlichen – in seinem Geschäftsführer-Handeln tatsächlich gelebten und insoweit vorwerfbaren – Vorstellung des Klägers vom Funktionieren einer personalistisch ausgestalteten GmbH war eine ersprießliche Zusammenarbeit mit den übrigen Gesellschaftern nicht mehr zu erwarten; der Verbleib des Klägers in der Gesellschaft widersprach deshalb dem essentiellen Interesse der Beklagten.
Randnummer42

b. Bei keinem der betreibenden Gesellschaftern lag ein die Ausschließung rechtfertigender Umstand vor. Ihr im Januar 2013 unternommener Versuch, die Sperrminorität des Klägers durch eine Satzungsänderung zu brechen (Ersetzen des 3/4-Mehrheits-Erfordernisses durch einfache Mehrheit), lag im legitimen Interesse der Beklagten, die Kontrolle über das Geschäftsführer-Handeln des Klägers (wieder) zu gewinnen; der Widerstand der Beklagten gegen das mit ihrer Gesellschaftermehrheit nicht abgesprochene und nicht im Gesellschaftsinteresse liegende Handeln war ihr gutes Recht. Ein vom Kläger in diesem Zusammenhang kritisch bewertetes Verhalten der Frau U. Th., die ihrerseits den Kläger abzusetzen versuchte, ist bedeutungslos, weil sie nicht Gesellschafterin der Beklagten war (vgl. Gesellschafterliste vom 3. Juni 2013, Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 24. März 2014 [IV 62]). Dass U. Th. – neben dem Kläger (dazu unten zu 2. b.) – im Mai 2011 Anteile an der LWG erworben hat, begründete in ihrer Person keinen Ausschließungsgrund, weil sie zu dieser Zeit weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin der Beklagten war.Randnummer43

2. Nach den vorstehenden Ausführungen sind die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen als Geschäftsführer und Gesellschafter als grob und nachhaltig zu bewerten.Randnummer44

a. In ihrer Gesamtheit genügen sie für die Zwangseinziehung der Geschäftsanteile. Die Verdienste des Klägers, die er sich in 10-jähriger Tätigkeit als Geschäftsführer der Beklagten erworben hat, wiegen nicht annähernd seine Pflichtverletzungen auf, die eine bei ihm im Jahr 2013 deutlich zutage getretene Ausnutzung seiner Gesellschafter-Geschäftsführer-Stellung wie auch Missachtung der Rechte der Gesellschaft und ihrer Mitglieder belegen.Randnummer45

b. Gleichwohl bezieht der Senat in seine Gesamtüberlegungen eine weitere Pflichtverletzung ein, durch die der Kläger – anders als durch seine vorstehend erörterten Verfehlungen – der Beklagten einen unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden zugefügt hat. Zu Recht hat die Beklagte – neben Abberufung und Kündigung – auch die Einziehung der Geschäftsanteile mit dem Vorwurf begründet, dass der für sie als Geschäftsführer tätige Kläger (unstreitig) im Mai 2011 Geschäftsanteile an der LWG B. nicht für sie, sondern für sich selbst erworben habe. Mit dem Ausnutzen einer Geschäftschance zum eigenen Vorteil hat der Kläger nicht nur gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung verstoßen, sondern als geschäftsführender Gesellschafter auch seine gesellschaftliche Treuepflicht verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 257/84, Rn. 17).Randnummer46

aa. Das Verbot, im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene Rechnung Geschäfte zu machen, gilt für den Geschäftsführer einer GmbH ebenso wie für den geschäftsführenden Gesellschafter einer Personengesellschaft (BGH, Urteil vom 23. September 1985, a.a.O.) oder einer Erwerbs-BGB-Gesellschaft (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, Rn. 20). Die auf ihn anzuwendende Geschäftschancenlehre besagt – zusammengefasst im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2017 – IX ZR 253/15, Rn. 20) – Folgendes: Der Geschäftsführer oder geschäftsführende Gesellschafter muss in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, deren Wohl und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Blick haben. Bei der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis dürfen die (anderen) Gesellschafter darauf vertrauen, der Geschäftsführer oder geschäftsführende Gesellschafter werde getreu seinem Versprechen seine Tätigkeit dem Gesellschaftszweck widmen und sich uneigennützig für das gemeinsame Ziel einsetzen; dieser darf sich deshalb bei der Geschäftsführung nur vom Gesellschaftsinteresse leiten lassen und muss seine eigenen interessen hintansetzen (BGH, Urteil vom 23. September 1985, a.a.O.). Aus dieser Treuepflicht des Geschäftsführers wird hergeleitet, dass es ihm ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht gestattet ist, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Der Geschäftsführer darf Geschäftschancen nicht für sich, sondern nur für die Gesellschaft ausnutzen und hat ihr, wenn er hiergegen verstößt, einen dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Er darf keine Geschäfte an sich ziehen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind (BGH, Urteil vom 4. Dezember, a.a.O., Rn. 21).Randnummer47

bb. Gegen diese Grundsätze hat der Kläger im Mai 2011 verstoßen, als er zur Veräußerung anstehende Geschäftsanteile der LWG B. für sich erwarb.Randnummer48

(1) Der Erwerb von Geschäftsanteilen dieser Gesellschaft fällt unter den Gesellschaftszweck der Beklagten (§ 2 Ziffer 2 der Satzung).Randnummer49

(2) Die Geschäftschance war der Beklagten bereits zugeordnet.Randnummer50

(a) Grundsätzlich ist ein Geschäft dann der Gesellschaft zugeordnet, wenn die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen ist und der Geschäftsführer auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingeschaltet wird (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 26).Randnummer51

(b) Dies war hier der Fall.Randnummer52

Zwar erscheint es nach Aktenlage möglich, dass die Beklagte erstmals durch den Kläger von einer latenten Verkaufsbereitschaft der Anteilseigener (Be. und Landwirtschaftsgesellschaft L. mbH) erfahren hat. Der Kläger war es, auf dessen Antrag die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung vom 14. April 2011 (K 8 [I 55]) um den Punkt „Kauf von Geschäftsanteilen der LWG B. und der Rinderzucht GmbH B.“ erweitert wurde. Konkret in Berührung mit dem Geschäft ist jedoch die Beklagte als erste gekommen, indem sie in Kenntnis der möglichen Kaufgelegenheit den Kläger sofort mit Beschluss zu 12. [I58] zum Ankauf ermächtigte und diesen damit möglich machte. Mit seiner Ermächtigung zum Anteilsankauf für die Beklagte war der Kläger zugleich in mögliche Vertragsverhandlungen mit den Verkäufern eingeschaltet. Dass der Kläger schon zuvor in eigenen Vertragsverhandlungen zu den Verkaufsinteressenten stand, behauptet er selbst nicht. Der Umstand, dass er selbst die Initiative zu seiner Ankaufermächtigung durch die Beklagte ergriff, spricht dagegen.Randnummer53

(3) Somit war es dem Kläger nicht erlaubt, die Anteile der LWG B. selbst zu erwerben. Vielmehr musste er alles für einen Ankauf durch die Beklagte tun und zu diesem Zweck mit den Anteilseignern in Kaufverhandlungen eintreten. Dies hat er unterlassen. Dass ein Ankauf seitens der Beklagten nicht möglich war, hat der Kläger nicht dargelegt. Was er zu seiner Rechtfertigung vorgetragen hat – er sei von der Beklagten nur ermächtigt, nicht angewiesen worden; die Verkäufer hätten ihre Anteile nur ihm und Frau U. Th. angeboten; er habe den Willen der Verkäufer nicht in Frage gestellt; die Beklagte habe bereits über eine Anteilsmehrheit in der LWG verfügt; der Eigenerwerb sei seine freie unternehmerische Entscheidung als Geschäftsführer gewesen – ist rechtlich unbeachtlich. Insbesondere kommt es nach den unter b.aa. genannten Grundsätzen auch nicht darauf an, dass der Kläger von der Beklagten zum Anteilskauf nur „ermächtigt“ und nicht ausdrücklich „angewiesen“ wurde.Randnummer54

c. Der Pflichtenverstoß erhält für den Beschluss über die Zwangseinziehung zusätzliches Gewicht.Randnummer55

aa. Missbraucht der Geschäftsführer seine Stellung, um hinter dem Rücken der Gesellschaft für eigene Rechnung und zum eigenen Vorteil Geschäfte zu machen, liegt in der Regel ein schwerer Vertrauensbruch vor; inwieweit das Geschäft selbst die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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beeinträchtigt, spielt keine wesentliche Rolle (BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 – II ZR 126/65, Rn. 10). Indem der Kläger den Anteilskauf für die Beklagte unterließ, ist dieser tatsächlich ein Schaden entstanden. Auch wenn die konkrete Berechnung seiner Höhe durch die Beklagte (Klageerwiderung, S. 3 [I 97]; Anwaltsschreiben vom 29. Mai 2013, K 6 [I 49]) vom Kläger bestritten worden ist (SS v 9. September 2013, S. 6 [I 135]), war die – für die Beklagte verpasste – Kaufgelegenheit unstreitig wirtschaftlich günstig gewesen. Zum anderen bedeutete es einen schweren Vertrauensbruch gegenüber der Beklagten, wenn sich der Kläger von deren Gesellschafterversammlung vom 14. April 2011 eine Ankaufsermächtigung erteilen ließ und damit eine Erwerbsabsicht für die Beklagte signalisierte, dann aber einen Monat später das Kaufgeschäft heimlich für sich selbst abschloss.
Randnummer56

bb. Der zur Begründung der Zwangseinziehung herangezogene Vorwurf des eigennützigen Anteilserwerbs verliert allerdings an Schwere, weil der Ankauf durch den Kläger im Mai 2011 erfolgt ist, mithin zwei Jahre zurücklag, als er von den Gesellschaftern der Beklagten mit Einberufungsverlangen vom 3. Mai 2013 (K 5 [I 46]) aufgegriffen und gegen den Kläger verwandt wurde.Randnummer57

(1) Zwar bestehen Zweifel daran, dass alle Gesellschafter der Beklagten vom Anteilskauf des Klägers bereits am 31. Januar 2012 Kenntnis erlangt hatten – so der Kläger (SS v 9. September 2013, S. 4 [I 133]) – und nicht, wie die Gesellschafter im Einberufungsschreiben vom 3. Mai 2013 geltend gemacht haben, erst wenige Wochen zuvor. Die vorgerichtliche Rechtfertigung des Klägers versteht sich nicht vor seiner prozessualen Behauptung, die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 31. Januar 2012 über den Erwerb von Geschäftsanteilen der LWG B. durch ihn und Frau Th. informiert zu haben (das Protokoll, K 27 [II 217], gibt eine entsprechende Erklärung des Klägers nicht wieder). Der Kläger wurde mit seinem Eigenerwerb der Anteile der LWG B. in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14. März 2013 konfrontiert (Protokoll: 3 HKO 33/13 [e.V.], ASt 33 [144]). Dort hat er zu Protokoll erklärt: „Herr Be. hat seine Geschäftsanteile mir angeboten. Die Geschäftsanteile der Landwirtschaftsgesellschaft L. sind Frau Th. und Herrn R. angeboten worden. Weitere Aussagen hierzu werde ich heute nicht machen.“ [a.a.O.,147] In einem an alle Gesellschafter der Beklagten gerichteten Schreiben vom 28. März 2013 (3 HKO 33/13, ASt 16 [79]) hat er sodann näher erläutert, weshalb er gemeint habe, die Anteile nicht für die Beklagte habe ankaufen müssen, sondern sie selbst habe erwerben dürfen. Seine Gründe hierfür hat er mit eidesstattlicher Versicherung vom 3. Juni 2013 (3 HKO 33/13, ASt 10 [64]) weiter vertiefend dargelegt. In keinem seiner Erklärungen und Schreiben findet sich – was nahegelegen hätte – der Hinweis darauf, dass er die Gesellschafter der Beklagten bereits in der Generalversammlung vom 31. Januar 2012 von seinem Kaufgeschäft informiert habe und diese ihn daraufhin mehrfach als Geschäftsführer entlastet hätten. Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren (3 HKO 33/13) hat der Kläger keinen Bezug auf die Gesellschafterversammlung vom 31. Januar 2012 Bezug genommen. In der Antragsschrift (S. 15 [15]) hat er lediglich den „drängenden Verdacht“ geäußert, dass die Gesellschafter der Beklagten bereits im Juli 2011 über die Verbindung zu Frau Th. vom Anteilskauf erfahren hätten. In der eidesstattlichen Versicherung vom 3. Juni 2013 hat er sich zum Kenntniserwerb der Gesellschafter wie folgt geäußert: „… wobei mein damaliger Anteilserwerb kein Geheimnis war, allein durch die Kenntnis von Frau Th. waren auch alle anderen Gesellschafter informiert.“ (ASt 10 [64/66]). Die damit vom Kläger geäußerte Mutmaßung, die Gesellschafter der Beklagten seien von Frau Th. (weitere Anteilskäuferin) über den Kauf der LWG-B.-Anteile informiert worden, lässt sich noch weniger mit seiner Behauptung vereinbaren, er selbst habe alle Gesellschafter informiert, u.z. in der Versammlung vom 31. Januar 2012.Randnummer58

Diese Behauptung hat der Kläger erstmals im Klageverfahren eingeführt. Erst damit wurde sein Vortrag zur Verwirkung des wichtigen Grundes eines pflichtwidrig unterlassenen Anteilserwerbs für die Beklagte erheblich. Dass die Gesellschafter der Beklagten nur möglicherweise über Frau Th. Kenntnis vom Kaufgeschäft erlangt haben – einen Grund, die Gesellschafter über ihr eigenes günstiges Geschäft zu informieren, hatte sie nicht -, genügte für die Annahme einer Verwirkung nämlich nicht. Wie bei der Entlastung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Entlastung
Entlastung des Geschäftsführers
lassen sich auch bei der Nichtgeltendmachung eines wichtigen Grundes nachteilige rechtliche Folgen für die Gesellschaft – bishin zum Rechtsverlust – nur dann an das zustimmende (Entlastung) bzw. untätige (Verwirkung) Verhalten der Gesellschafter knüpfen, wenn die Kenntnis aller Gesellschafter von den den wichtigen Grund rechtfertigenden Umständen positiv festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1958 – II ZR 253/56, Leitsatz 2).
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(2) Im Berufungsverfahren ist der nach Aktenlage ungewiss erscheinende Zeitpunkt, zu dem alle Gesellschafter vom Anteilskauf des Klägers erfahren haben, nicht aufzuklären. Das Landgericht hat den Vortrag des Klägers zur Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 31. Januar 2012 für „unwidersprochen“ gehalten (LGU 10). Dies trifft insofern zu, als die Beklagte die Behauptung des Klägers, seinen Anteilskauf in dieser Gesellschafterversammlung bekannt gemacht zu haben, in unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten hat (Sitzungsprotokoll vom 24. März 2014, S. 4 [IV 59]). Die unangefochten gebliebene Feststellung des Landgerichts, alle Gesellschafter der Beklagten hätten am 31. Januar 2012 vom Kaufgeschäft des Klägers Kenntnis erlangt, hat die Wirkung des § 314 ZPO und ist für den Senat bindend (§ 529 Abs. 1 ZPO).Randnummer60

cc. Damit ist es der Beklagten nicht verwehrt, die Zwangseinziehung auch auf den eigennützigen Anteilserwerbs des Klägers zu stützen. Auch im prozess über die Zwangseinziehung können länger zurückliegende und dem Gesellschafter vorwerfbare Vorfälle im Rahmen der Gesamtwürdigung des Verhaltens berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 – II ZR 46/94, Rn. 18); sie verlieren mit der Zeit nur an Bedeutung. Dies spielt hier jedoch keine entscheidende Rolle, weil sich die Zwangseinziehung – wie oben ausgeführt – bereits aus den übrigen Gründen als berechtigt erweist.Randnummer61

III. Antrag zu 4. (Bestellung der Frau U. Th. zur Geschäftsführerin):Randnummer62

Der Antrag, den weiteren in der ersten Generalversammlung vom 3. Juni 2013 (14.00 Uhr) gefassten Beschluss über die Bestellung der Frau U. Th. zur Geschäftsführerin (TOP 5) für nichtig zu erklären, ist unzulässig geworden, weil für die Nichtigerklärung das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist.Randnummer63

1. Bei Einreichung der Klage war die Anfechtungsklage zulässig.Randnummer64

a. Der Kläger war zur Anfechtung befugt, weil er am 3. Juni 2013 als Gesellschafter der Beklagten im Handelsregister eingetragen war. Der Annahme seiner Gesellschafterstellung steht es nicht entgegen, dass die Gesellschafterversammlung unmittelbar zuvor seine Geschäftsanteile eingezogen hatte und nach § 14 Abs. 6 Satz 1 der Satzung der Gesellschafter mit dem Beschluss über die Einziehung seiner Geschäftsanteile seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung verliert (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2011 – II ZR 229/09, Rn. 8). Für die Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Rechte wie etwa des Stimmrechts und des Rechts auf Ladung und Teilnahme zur Gesellschafterversammlung wie auch in Ansehung der Klagebefugnis gilt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligungen als Inhaber eines Geschäftsanteils, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Diese positive Legitimationswirkung gilt für den Kläger unabhängig davon, ob die Einziehung seiner Geschäftsanteile des Klägers wirksam beschlossen wurde. Auf die wahre Berechtigung des Anteilsinhabers kommt es nicht an; die Vermutung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG geht ihr vor (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17, Rn. 35).Randnummer65

b. Anerkanntermaßen bedarf die Anfechtungsklage eines Gesellschafters über die Anfechtungsbefugnis hinaus keines besonderen Rechtsschutzinteresses. Die Anfechtungsklage – ebenso wie die Nichtigkeitsklage – dient bei einer Kapitalgesellschaft der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffenheit des klagenden Gesellschafters (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010 – II ZR 115/09, Rn. 25). Jeder Gesellschafter hat ein Recht darauf, dass die Gesellschafterversammlung nur solche Beschlüsse fasst, die mit dem Gesetz und Gesellschaftsvertrag im Einklang stehen (BGH, Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 69/01, Rn. 20).Randnummer66

2. Mit Abberufung der Frau U. Th. als Geschäftsführerin und Bestellung des Herrn H.-G. H. zum neuen (übernächsten) Geschäftsführer ist die Anfechtungsklage jedoch unzulässig geworden.Randnummer67

a. Wenn den Gesellschafter bereits seine mitgliedschaftliche Stellung zur Erhebung der Anfechtungsklage berechtigt und er hierfür kein persönliches Interesse benötigt, schließt dies im Einzelfall nicht aus, ihm das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage zu versagen. So hat das Reichsgericht dem ausscheidenden Genossen die Sachbefugnis abgesprochen, wenn er kein Interesse mehr an der Vernichtung des angefochtenen Beschlusses hatte (RG, Urteil vom 13. Mai 1907 – I 35/06, RGZ 66, 134 [138]; Urteil vom 18. November 1927 – II 486/26, RGZ 119, 97 [99]). Ihm folgend (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1965 – II ZR 287/63, Rn. 41 f.) hat der Bundesgerichtshof ein Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses etwa bei der Klage gegen einen aufgehobenen Beschluss (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 – II ZR 225/08), beim Ausscheiden des Anfechtungsklägers aus dem Kreis der Aktionäre (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2006 – II ZR 46/05, Rn. 17 und 27) oder bei einer Wahlanfechtungsklage nach Beendigung des Amtes des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds (BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – II ZR 56/12, Rn. 10) grundsätzlich bejaht. Diese Entscheidungen und die Kommentar-Literatur lassen sich dahin zusammenfassen, dass kein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse besteht, wenn der angefochtene Beschluss keinerlei Wirkungen für Vergangenheit und Zukunft mehr hat, der Kläger mit seiner Vernichtung deshalb keinen irgendwie schutzwürdigen Vorteil erlangen kann und aus diesem Grund die Anfechtungsklage sinnlos ist (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 – II ZR 94/17, Rn. 2; Wolff, a.a.O., § 40 Rn. 70; Zöllner/Noack, a.a.O., Anh. § 47 Rn. 160; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 45 Rn. 136).Randnummer68

b. Auch hier ist die Anfechtung des Bestellungsbeschlusses vom 3. Juni 2013 für den Kläger von keinem erkennbaren Interesse mehr. Frau U. Th. war längstens bis zum 11. März 2014 Geschäftsführerin der Beklagten; ihr sind ab diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer A. H., H.-G. H. und M. H. nachgefolgt (vgl. HR-Auszug BK 4, [VII 62-64]. Würde der Beschluss zu TOP 5 der Gesellschafterversammlung für nichtig erklärt, würde die Geschäftsführungsbefugnis nicht auf den Kläger zurückfallen. H.-G. H. und M. H. wurden jeweils zu einem Zeitpunkt zum Geschäftsführer berufen, in dem der Kläger nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen war. Die Beschlüsse über die Bestellung dieser Geschäftsführer verletzten deshalb wegen der (auch) negativen Legitimationswirkung des §16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht sein Stimmrecht (BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17, Rn. 35). Ein sonstiges Interesse des Klägers an einer mit dem Gestaltungsurteil verbundenen Feststellung, dass Frau U. Th. in der Zeit vom 3. Juni 2013 bis zum 11. März 2014 nicht wirksam zur Geschäftsführung der Beklagten berufen war, ist von ihm nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.Randnummer69

IV. Feststellungsnichtigkeitsantrag zu 5. (Beschlüsse der zweiten Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2013, 15.30 Uhr:Randnummer70

Die Klage, mit der der Kläger die Nichtigkeit der zu TOP 2-TOP 7 gefassten Beschlüsse (vgl. Sitzungsprotokoll vom 24. März 2014, S. 4/5 [IV 59/60] und Versammlungsprotokoll B 3 [I 104-105]) festgestellt wissen will, hat im Wesentlichen Erfolg. Ausgenommen hiervon ist der Beschluss, mit dem Herr A. H. zum weiteren, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer bestellt worden ist (TOP 3). Insoweit ist die Klage aus den vorstehend zu III. 2. b. genannten Gründen mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.Randnummer71

1. Der Kläger rügt zurecht, dass die beanstandeten Beschlüsse unter Verletzung seiner Rechte auf Ladung, Teilnahme und Stimme zustande gekommen sind. Diese Rechte standen ihm zu, weil er am 3. Juni 2013 in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste als Inhaber der Anteile 7 und 15 ausgewiesen (K 4 zum SS v 25. Februar 2014 [IV 50]) und damit als Gesellschafter der Beklagten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG legitimiert war. Ist aber ein Gesellschafter nicht zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden, und sind auch nicht sämtliche Gesellschafter anwesend, ist ein Beschluss, der in dieser Versammlung entgegen § 51 Abs. 3 GmbHG gefasst worden ist, nichtig (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1961 – II ZR 97/59, Rn. 9).Randnummer72

2. Das Interesse des Klägers, die Nichtigkeit dieser Beschlüsse feststellen zu lassen, kann nach dem Aktenstand nicht verneint werden.Randnummer73

Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die angefochtenen Beschlüsse für den Kläger, dessen Geschäftsanteile noch nicht bestandskräftig entzogen worden sind, sowohl in seinen rechtlichen Beziehungen zur Beklagten als auch in wirtschaftlicher Hinsicht in Vergangenheit oder Zukunft keinerlei Auswirkungen mehr haben können und ihm deswegen jedes Interesse an deren Vernichtung fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – II ZR 56/12, Rn. 14 ff.).Randnummer74

a. Allerdings ist es zunächst die Sache des Nichtigkeitsklägers, sein (fortbestehendes) Feststellungsinteresse darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Für deren Vorliegen trifft grundsätzlich den Kläger die Darlegungs- und Beweislast; davon befreit den Kläger auch nicht der Grundsatz, dass der Nichtigkeitsfeststellungskläger regelmäßig ein Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2013, a.a.O., Rn. 28).Randnummer75

b. Den Feststellungsgegner trifft jedoch eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf solche Umstände, die der Kläger nicht kennen kann (BGH, a.a.O., Rn. 29; generell für Darlegungslast des Gegners: RG, Urteil vom 18. November 1907, a.a.O.). Dies ist zugunsten des Klägers anzunehmen, weil er nach der ersten Gesellschafterversammlung am 3. Juni 2013 – nach der Entziehung seiner Geschäftsanteile – an keiner weiteren Versammlung der Beklagten teilgenommen hat und deshalb nicht oder nur schwer einschätzen kann, inwieweit sich die Beschlüsse zu TOP 2 und 4-7 durch Zeitablauf oder durch spätere bestandskräftige Folgebeschlüsse zeitlich überholt oder anderweitig erledigt haben. Insoweit genießt die Beklagte einen Wissensvorsprung, der sie in die Lage versetzt und von ihr fordert, zu jedem Beschlussgegenstand im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen der Kläger kein Interesse mehr an der beantragten Nichtigkeitsfeststellung haben kann. Dem genügt ihr bisheriger Vortrag zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis nicht (vgl. SS v 20. November 2020 [VIII 3/4]).Randnummer76

V. Feststellungsnichtigkeitsanträge zu 6., 8.-10.:Randnummer77

Die Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen, welche die Beklagte in ihren Gesellschafterversammlungen am 6. September 2013 (Antrag zu 6.), 24. September 2018 (Anträge zu 9. und 10.) und 12. November 2019 (Antrag zu 8.) gefasst hat, bleiben sämtlich ohne Erfolg.Randnummer78

1. Der Kläger begründet die Klage mit der Ansicht, dass er wegen Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses Gesellschafter der Beklagten geblieben und durch die ohne seine Mitwirkung gefassten Beschlüsse seine Gesellschafterstellung gesetzeswidrig übergangen worden sei; die in Umsetzung der Einziehung ihn nicht mehr als Anteilseigner ausweisende, unstreitig am 29. August 2013 – zeitlich vor den hier in Rede stehenden Beschlussfassungen – im Handelsregister eingetragene Gesellschafterliste (K 5 zum SS v 25. Februar 2014 [IV 51]; BB 4 [VI 139]) entfalte nicht die Wirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG; jedenfalls dürfe sich die Beklagte gemäß § 242 BGB nicht auf diese Wirkung berufen.Randnummer79

2. Dieser Auffassung steht die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen. In seinen Grundsatzurteilen vom 20. November 2018 (BGH, Urteil vom 20. November 2018 – II ZR 12/17) und vom 2. Juli 2019 (BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17), denen man sich im Interesse der Rechtssicherheit im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft nur anschließen kann, hat der Bundesgerichtshof dahin entschieden, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen gilt, u.z. sowohl positiv (BGH, Urteil vom 20. November 2018, a.a.O., Rn. 22 ff.) als auch – hier relevant – negativ (BGH, Urteil vom 2. Juli 2019, a.a.O., Rn. 35). Aus der negativen Legitimationswirkung folgt zu Lasten des nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters, dass er ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben und daher auch im Beschlussverfahren nicht mehr beteiligt werden kann. Daraus folgt, dass keiner der hier angegriffenen Beschlüsse unter Verletzung eines mitgliedschaftlichen Rechts des Klägers gefasst worden, mithin nicht nichtig ist. Gegen diese Schlussfolgerung wendet der Kläger nichts Erhebliches ein:Randnummer80

a. Ein vom Kläger für möglich gehaltenes Missverständnis (SS v 6. März 2020 [VII 74] lässt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Juli 2019 (a.a.O.) nicht zu. Dort ist klargestellt, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bei eingezogenen Geschäftsanteilen „ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses“ greift.Randnummer81

b. Demgemäß war es der Beklagten nicht verwehrt, die geänderte Gesellschafterliste, die den Kläger nicht mehr als Anteilseigner aufführt, am 29. August 2013 im Handelsregister eintragen zu lassen. Dies war vielmehr ihr gutes Recht und auch notwendig, um rechtliche Klarheit hinsichtlich der Anteils- und Stimmverhältnisse bei Folgebeschlüssen zu schaffen. Dem Einwand des § 242 BGB hätte sich die Beklagte nur dann ausgesetzt, wenn es ihr durch gerichtlichen Befehl – einstweilige Verfügung oder Urteil – zuvor untersagt worden wäre, die neue Gesellschafterliste zur Aufnahme im Handelsregister einzureichen. Dies aber war nicht der Fall. Der auf Unterlassung der Einreichung gerichtete Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde rechtskräftig zurückgewiesen (BK 6 [VII 163/164] und BK 7 [VII 165]). Die Gründe hierfür hat der Kläger nicht mitgeteilt (SS v [falsch:] 26. Februar 2020 [VII 162]; SS v 6. März 2020 [VII 74]), sind für die Beurteilung der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG aber auch ohne rechtliche Bedeutung. Solange kein gerichtliches Verbot entgegensteht, kann und muss auch im eigenen Interesse eine Gesellschaft die aktuelle Gesellschafterliste zur Aufnahme im Handelsregister einreichen. Dass die Veränderung der Gesellschafterliste ohne zurechenbare Veranlassung des Klägers erfolgte, ergibt sich bei einer Zwangseinziehung aus der Natur der Sache und steht der Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG schon deshalb – anders als er meint (SS v 25. Februar 2019, S. 4 [VI 44]) – nicht entgegen.Randnummer82

VI. Antrag zu 7. (Geschäftsführer-Vergütung):Randnummer83

Die Klage auf Zahlung einer – in der Höhe unstreitigen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 24. März 2014, S. 4 [IV 59]) – Geschäftsführer-Vergütung ab (anteilig) Juni 2013 ist unbegründet, weil die Beklagte die fristlose Kündigung in der ersten Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2013 aus den Gründen zu I. wirksam beschlossen und nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts ebenso wirksam am 3. Juni 2013 erklärt hat (LGU 33-37).Randnummer84

Der Senat schließt sich dieser rechtlichen Bewertung an.Randnummer85

Die danach eingegangenen Stellungnahmen beider Parteien haben ihm Anlass zu folgenden Hinweisen in der Verfügung vom 2. März 2021 gegeben:Randnummer86

I. an die Beklagte:Randnummer87

Ein beim Kläger nach § 16 Abs. 3 GmbHG endgültig eingetretener Verlust seiner Geschäftsanteile beseitigt nicht sein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit des Zwangseinziehungsbeschlusses und der weiteren Beschlüsse, die die Beklagte danach, aber vor Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste am 29. August 2013 im Handelsregister, mithin unter Missachtung der Rechte des gemäß § 16 I GmbHG als Gesellschafter legitimierten Klägers gefasst hat. Hinsichtlich der Zwangseinziehung besteht das Fortführungsinteresse schon deshalb, weil der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil unwirksam eingezogen wurde und erst nach § 16 Abs. 3 GmbHG endgültig verloren gegangen ist, denkbare Ansprüche aus § 816 Abs. 1, §§ 681, 687 II, §§ 823 ff. BGB (vgl. Scholz, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG § 16 Rn. 107) nur geltend machen kann, wenn er bei Rechtsverlust nach § 16 Abs. 3 GmbHG wahrer Berechtigter des entzogenen Geschäftsanteils war; die Nichtigkeit der Zwangseinziehung kann er aber nur im Verfahren gegen die Gesellschaft feststellen lassen.Randnummer88

II. an den Kläger:Randnummer89

1. Der Senat beabsichtigt in Übereinstimmung mit der Verfügung vom 12. Januar 2021, seine Entscheidung über die Berechtigung der Beklagten zur Abberufung, Kündigung und Anteilseinziehung auch auf den Komplex „Erwerb von Anteilen an der LWG B. durch den Kläger“ zu stützen.Randnummer90

2. Dass durch Satzungsneufassungsbeschluss der Beklagten vom 5. Oktober 2007 erstmals das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen beschlossen worden ist und der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt mit einem stimmberechtigten Anteil von 28,07% über eine Sperrminorität verfügt hat, lässt ein Übersehen der damit verbundenen Problematik seitens der betreibenden Gesellschafter zweifelhaft erscheinen, ändert im Ergebnis jedoch nichts an der rechtlichen Bewertung in der Verfügung vom 12. Januar 2021.Randnummer91

3. Die in der Verfügung vom 12. Januar 2021 unter I. 1. d. aa. (S. 6/7) aufgezeigten Lösungsansätze sind auch für den Senat keine entscheidungstragenden Überlegungen. Diese folgen erst in den Ausführungen in der Verfügung zu bb. (S. 7/8), denen sich der Senat anschließt.Randnummer92

4. Die in der Stellungnahme vom 16. Februar 2021 (S. 6) zitierten Entscheidungen des BAG und des BSG berühren nicht das hier in Rede stehende Problem. Beide Bundesgerichte verneinen die Arbeitnehmereigenschaft und eine Sozialversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers, wenn dieser kraft Sperrminorität ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern und sich damit der für das Arbeitnehmerverhältnis typischen Abhängigkeit vom Arbeitgeber entziehen kann. Hier geht es nicht um das (unbestreitbare) Bestehen der Sperrminorität des Klägers, sondern um die durch die Treuepflicht gezogenen Grenzen der Rechtsausübung. Der in der Verfügung vom 12. Januar 2021 zum Ausdruck gebrachte und vom Senat geteilte Grundsatz, dass nicht alles erlaubt ist, was rechtlich möglich ist, wird auch in der Stellungnahme des Klägers vom 16. Februar 2021 nicht hinreichend berücksichtigt. Der Kläger übersieht in der Rechtfertigung seiner eigenmächtigen Handlungen mit der stimmrechtsbedingten Unmöglichkeit der Gesellschafterversammlung, ihm entgegenstehende Weisungen erteilen zu können, dass er – positiv – eine 75%ige Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafterversammlung
Zustimmung
Zustimmung der Gesellschafterversammlung
der Beklagten zu seinen Handlungen einzuholen hatte, mit dieser aber nicht rechnen konnte. Mit der unterlassenen Beteiligung der Gesellschafterversammlung durch den Kläger sieht die Beklagte zurecht die Geschäftsführerpflichten als auch die vertikale und horizontale Treuepflicht verletzt, die den Kläger als mit Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter gegenüber der Beklagten und ihren Mitgesellschaftern traf.
Randnummer93

Auch diese Hinweise macht der Senat zum Gegenstand seiner Urteilsbegründung. Die hiergegen vom Kläger mit Schriftsätzen vom 5., 8. und 11. März 2021 vorgebrachte Kritik und die Erörterung in der Berufungsverhandlung vom 17. März 2021 geben ihm keinen Anlass, von seiner vorläufig geäußerten Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzuweichen.Randnummer94

Der Hinweis des Klägers auf § 5 Abs. 5 der Satzung, der für bestimmte Maßnahmen des Geschäftsführers einen Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung vorsieht, greift nicht durch. Der Maßnahmenkatalog ist nicht abschließend und bedeutet deshalb nicht, dass der Geschäftsführer in all den dort nicht aufgeführten Fällen die Gesellschafterversammlung nicht einberufen muss. Was für die Gesellschaft bedeutsam ist, ihren interessen zuwider sein kann und dem Willen der Gesellschafter-Mehrheit widerspricht, gehört in der Gesellschafterversammlung erörtert. Auf die hier in Rede stehenden Maßnahmen des Klägers trifft dies zu. Die Unternehmungen des Klägers waren darauf gerichtet, seine privilegierte Stellung als Minderheitsgesellschafter mit Sperrminorität weiter zu festigen. Das Gegenteil davon lag im Interesse der Beklagten, weil deren Verbandssouveränität durch das konsequente und allein mit der Unmöglichkeit, ihm Weisungen zu erteilen, gerechtfertigte Übergehen der Gesellschafterversammlung durch den Kläger erheblich verletzt wurde. Das, was der Kläger vorhatte, war darauf gerichtet, im gesellschaftlichen Geflecht der Beklagten und ihrer Beteiligungen noch freier und wirksamer agieren zu können. Dies wollte die Gesellschaftermehrheit der Beklagten gerade nicht. Deshalb musste der Kläger die Gesellschafterversammlung einberufen und nach Zustimmung seiner Handlungen fragen. Die Gesellschafterversammlung dient dazu, dass Argumente ausgetauscht werden und insbesondere auch Minderheiten zu Wort kommen, um ihnen Gelegenheit zu geben, zu überzeugen und sich durchzusetzen. Auch der Geschäftsführer, der entgegenstehende Weisungen wegen eigener Stimmenmehrheit nicht fürchten muss, darf die Gesellschafterversammlung nicht übergehen, wenn er mit Widerständen in der Gesellschaft gegen sein Handeln rechnen muss, zumal wenn sein Handeln erkennbar nicht im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
im Interesse der Gesellschaft
liegt.Randnummer95

Entgegen dem geäußerten Eindruck des Klägers will der Senat weder die Sperrminorität beseitigen noch führt er sie ad absurdum. Er bekräftigt lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer mit Sperrminorität Treuepflichten auferlegt und es ihm nicht nachlässt, die Gesellschaft wie eine Ein-Mann-Gesellschaft zu führen. Durch die Sperrminorität wird die Gesellschafterversammlung nicht abgeschafft; sie bleibt das oberste Entscheidungsgremium der GmbH.Randnummer96

Was der Kläger vorhatte – nämlich der Geschäftsführerin der A.e, Frau Th. die 22-jährige und im Weisungsverhältnis zu ihm stehende D. K. als weitere Geschäftsführerin an die Seite zu stellen und den Beirat als Kontrollinstanz der A.e abzuschaffen, war nach dem für den Senat nachvollziehbaren Vorbringen der Beklagten durchaus bedeutsam. Dies ist in der Verfügung vom 12. Januar 2021 näher ausgeführt. Auch den Versuch, seine eigene Absetzung als Geschäftsführer der LWG B. zu verhindern, durfte der Kläger nicht eigenmächtig vornehmen. Dies war menschlich verständlich, aber nicht seine Privatsache. Der beklagten Gesellschaft konnte es durchaus recht sein, den in seinem Führungsanspruch insgesamt dominant auftretenden Kläger durch Frau Th. in der Leitung der LWG B. abzulösen. Jedenfalls hätte die Gesellschafterversammlung der Beklagten hierzu gehört werden müssen.Randnummer97

Dass die betreibenden Gesellschafter im Oktober 2007 mit Einführung des qualifizierten Mehrheitserfordernisses (75%) dem Kläger bewusst eine Sperrminorität eingeräumt haben, schließt es nicht aus, dass sie die sich hieraus möglicherweise ergebenden Probleme seinerzeit nicht vorhergesehen haben, ändert aber auch nichts an der rechtlichen Bewertung. Der bewusst mit Sperrminorität ausgestattete Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer unterliegt keinen geringeren Treuepflichten als derjenige, dem das Privileg ohne den Willen der Mitgesellschafter zugefallen ist.Randnummer98

Zum Komplex „Erwerb von Anteilen an der LWG B.“ durch den Kläger, dem der Senat eine zeitlich bedingt abgeschwächte, aber die Beschlüsse der Beklagten vom 3. Juni 2013 (erste Gesellschafterversammlung) und auch dieses Urteil mittragende Bedeutung beilegt, geht der Hinweis des Klägers auf die Beweislast fehl. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte ihre Gründe für Abberufung, Kündigung und Anteilseinziehung darzulegen und ggf. zu beweisen hat. Dies gebot jedoch weder dem Landgericht noch dem Senat eine Vernehmung der Anteilsveräußerer. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Veräußerer die abzugebenden Anteile der Gesellschaft durchaus zu denselben Bedingungen verkauft hätten, zu denen sie die Anteile an den Kläger und Frau Th. verkauft haben. Dem hat der Kläger nicht etwa mit der Behauptung widersprochen, die Veräußerer hätten es strikt abgelehnt, ihre Anteile an die Beklagte zu veräußern. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er es überhaupt versucht habe, die Anteile für die Beklagte zu erwerben. Er hat den Verkaufsinteressenten einen Erwerb durch die Beklagte nicht einmal angeboten. Bereits darin liegt die Pflichtverletzung des Klägers. Nach der Geschäftschancenlehre des Bundesgerichtshofs muss sich der Geschäftsführer – auch aus einer etwaig bestehenden gesellschaftlichen Pflicht heraus – um die Nutzung einer Geschäftschance zugunsten der Gesellschaft bemühen. Unterlässt er dies – wie der Kläger -, muss er beweisen, dass etwaige Bemühungen erfolglos geblieben wären, mithin seine Untätigkeit für das Ausbleiben des geschäftlichen Erfolgs zugunsten der Gesellschaft nicht ursächlich geworden ist. Nur in diesem hier nicht gegebenen Fall hätte die Beklagte den Beweis dafür erbringen müssen, dass ein erfolgreicher Geschäftsabschluss mit ihr tatsächlich möglich gewesen wäre.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

IV.

Für die Zulassung der Revision gibt es keinen in § 543 Abs. 2 ZPO vorausgesetzten Grund. Der Senat stellt keinen Rechtssatz auf, der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht, sondern wendet diese an. Allein durch die Besonderheit, dass Kern aller Vorwürfe hier keine unternehmerische Entscheidung des Klägers ist, sondern sein gesellschaftswidriger Umgang mit seiner Sperrminorität, erfährt der Fall keine grundsätzliche Bedeutung.

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