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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.06.2010 – OVG 9 S 9.10

§ 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 80 VwGO, § 69 S 1 AO, § 34 AO

Die Pflicht des GmbH-Geschäftsführers, für die Begleichung entstandener, aber noch nicht fälliger, sowie für die Begleichung noch nicht einmal entstandener, aber schon absehbarer Steuerforderungen finanzielle Vorsorge zu tragen, ist nicht in dem Sinne absolut, dass der Geschäftsführer gehalten wäre, unter allen Umständen ein Guthaben zur Begleichung der Steuerforderung anzusparen und dieses sodann bis zur Fälligkeit der Steuer unangetastet zu lassen. Ein derartig weites Verständnis der Mittelvorsorgepflicht wäre weder mit der unternehmerischen Freiheit noch mit dem Schutz solcher privater Gläubiger der GmbH vereinbar, deren Forderungen vor der Steuerforderung fällig werden; diese sind nicht per se gegenüber dem Steuergläubiger zu benachteiligen. Angesichts dessen setzt die Annahme einer Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Mittelvorsorgepflicht mehr voraus als die Nichtbegleichung der Steuer im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit. Hinzukommen muss, dass bei Absehbarkeit der Steuerforderung zwar entsprechende Mittel vorhanden gewesen oder seither eingenommen worden sind, der Geschäftsführer diese aber für andere Zwecke verwendet hat, ohne dass dies durch die unternehmerische Freiheit oder die legitimen Interessen anderer Gläubiger gerechtfertigt gewesen wäre.

Dies greift indessen nicht. Dabei kann offen bleiben, welche Auswirkungen eine Vollziehungsaussetzung auf die sogenannte Mittelvorsorgepflicht hat, ob eine schuldhafte Verletzung der Mittelvorsorgepflicht auch dann zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers führen kann, wenn die Zahlungspflicht erst nach seiner Geschäftsführerzeit eintritt und ob sie eine Haftung auch für solche Aussetzungszinsen auslösen kann, die erst nach der Geschäftsführerzeit anfallen. Denn auch bei Bejahung dieser Fragen ist eine Haftung des Antragstellers unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Mittelvorsorgepflicht hier unwahrscheinlich. Die Pflicht des GmbH-Geschäftsführers, für die Begleichung entstandener, aber noch nicht fälliger, sowie für die Begleichung noch nicht einmal entstandener, aber schon absehbarer Steuerforderungen finanzielle Vorsorge zu tragen, ist nicht in dem Sinne absolut, dass der Geschäftsführer gehalten wäre, unter allen Umständen ein Guthaben zur Begleichung der Steuerforderung anzusparen und dieses sodann bis zur Fälligkeit der Steuer unangetastet zu lassen. Ein derartig weites Verständnis der Mittelvorsorgepflicht wäre weder mit der unternehmerischen Freiheit noch mit dem Schutz solcher privater Gläubiger der GmbH vereinbar, deren Forderungen vor der Steuerforderung fällig werden; diese sind nicht per se gegenüber dem Steuergläubiger zu benachteiligen (vgl. hierzu etwa FG Berlin – 9 B 9470/02 – juris, Rdnr. 130). Angesichts dessen setzt die Annahme einer Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Mittelvorsorgepflicht mehr voraus als die Nichtbegleichung der Steuer im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit. Hinzukommen muss, dass bei Absehbarkeit der Steuerforderung zwar entsprechende Mittel vorhanden gewesen oder seither eingenommen worden sind, der Geschäftsführer diese aber für andere Zwecke verwendet hat, ohne dass dies durch die unternehmerische Freiheit oder die legitimen Interessen anderer Gläubiger gerechtfertigt gewesen wäre.

Schlagworte: Gewerbesteuer, Haftung für Steuerschulden, Mittelvorsorgepflicht