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OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2010 – 12 U 206/09

§ 823 Abs 2 BGB, § 246 StGB, § 266 StGB

1. Nimmt ein Kläger den Geschäftsführer ein insolvent gewordenen GmbH mit der Begründung auf Schadenersatz in Anspruch, dieser hätte nicht dafür Sorge getragen, dass ein dem Kläger zustehender Teil einer Provision aus der Vermittlung eines Grundstückskaufvertrages gezahlt wurde, bzw. der Geschäftsführer habe den Kläger nicht rechtzeitig über die drohende Insolvenz der Gesellschaft informiert, besteht ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB mangels Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht zugunsten des Klägers nicht. Sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchstatbestand des § 266 StGB setzen eine Vermögensbetreuungspflicht des Täters gegenüber dem Geschädigten voraus, so dass der Missbrauchstatbestand letztlich nur als Unterfall des umfassenderen Treuebruchtatbestandes anzusehen ist. Nicht hinreichend für die Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes ist es, dass der Täter die Befugnis hat, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, durch den Befugnismissbrauch muss vielmehr gerade die dem Täter obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt werden. Dabei begründet nicht jede vertragliche Verpflichtung, das Vermögen eines anderen nicht durch Leistungsstörungen oder in sonstiger Weise zu schädigen, eine Vermögensbetreuungspflicht; erforderlich ist vielmehr eine Fürsorgepflicht von einiger Bedeutung, bei der es sich um eine wesentliche und nicht nur eine beiläufige Vertragspflicht handelt, also um eine Hauptpflicht. Bei der Verwahrung und Weiterleitung von Geld ist eine Vermögensbetreuungspflicht etwa anzunehmen, wenn der Schädiger zur Kontrolle der Einnahmen und der Ablieferungen Bücher zu führen, u. U. auch Quittungen zu erteilen und Wechselgeld herauszugeben hat. Grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht begründet hingegen ein Maklervertrag für den Makler gegenüber seinem Auftraggeber.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB besteht mangels der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht der Beklagten bzw. der Insolvenzschuldnerin zugunsten der Klägerin nicht. Sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchstatbestand des § 266 StGB setzen eine Vermögensbetreuungspflicht des Täters gegenüber dem Geschädigten voraus, sodass der Missbrauchstatbestand letztlich nur als Unterfall des umfassenderen Treuebruchtatbestandes anzusehen ist (BGH St 24, S. 386; 33, S. 244; 35, S. 244; 46, S. 30; Fischer, StGB, Kommentar, 57. Aufl., § 266, Rn. 6, 21; Dierlamm in MüKo, StGB, § 266, Rn. 30; einschränkend Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 266, Rn. 2, 11). Nicht hinreichend für die Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes ist es, dass der Täter die Befugnis hat, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, durch den Befugnismissbrauch muss vielmehr gerade die dem Täter obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt werden (Fischer, a. a. O., Rn. 21; Dierlamm, a. a. O., Rn. 30). Dabei begründet nicht jede vertragliche Verpflichtung, das Vermögen eines anderen nicht durch Leistungsstörungen oder in sonstiger Weise zu schädigen, eine Vermögensbetreuungspflicht; erforderlich ist vielmehr eine Fürsorgepflicht von einiger Bedeutung, bei der es sich um eine wesentliche und nicht nur eine beiläufige Vertragspflicht handelt, also um eine Hauptpflicht (Dierlamm, a. a. O., Rn. 35). Bei der Verwahrung und Weiterleitung von Geld ist eine Vermögensbetreuungspflicht etwa anzunehmen, wenn der Schädiger zur Kontrolle der Einnahmen und der Ablieferungen Bücher zu führen, u. U. auch Quittungen zu erteilen und Wechselgeld herauszugeben hat (Dierlamm, a. a. O., Rn. 44). Grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht begründet hingegen ein Maklervertrag für den Makler gegenüber seinem Auftraggeber (Dierlamm, a. a. O., Rn. 93). Vorliegend fehlt es bereits an einer Vermögensbetreuungspflicht der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Klägerin hinsichtlich des der Klägerin zustehenden Provisionsanteils aus der Vermittlung des Verkaufs des Einkaufszentrums in W…. Erst Recht besteht daher eine Vermögensbetreuungspflicht der Beklagten zu 1. und 2. persönlich nicht. Entgegen der Annahme der Klägerin hat die Insolvenzschuldnerin den der Klägerin zustehenden Anteil der Provision aus dem Verkauf des Einkaufszentrums nicht lediglich als Zahlstelle für die Klägerin entgegengenommen, vielmehr bestand im Verhältnis der Klägerin zur Insolvenzschuldnerin allein eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung eines Teilbetrages von 92.800,00 € aufgrund der Vereinbarung der Insolvenzschuldnerin mit der Klägerin vom 23.05.2006. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass ihr aus dem Verkaufsgeschäft betreffend das Einkaufszentrum in W… eigene Provisionsansprüche gegen die Käuferin oder die Verkäuferin zustanden, entsprechende Verträge sind nicht vorgelegt. Auch der notarielle Kaufvertrag vom 10.04.2006 belegt eigene Ansprüche der Klägerin nicht. In § 5 Ziffer 2.2 des notariellen Kaufvertrages ist vielmehr allein die Zahlung eines Betrages von 192.763,90 € an die Insolvenzschuldnerin festgelegt. Auch die Provisionsvereinbarung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Verkäuferin des Einkaufszentrums vom 30.03.2006 belegt lediglich einen Provisionsanspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Verkäuferin. Dies steht in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin, dass es vor Abschluss der Provisionsvereinbarung Gespräche darüber gegeben hat, wie die Provisionszahlungen erfolgen sollten und schließlich die vorgelegte Vereinbarung abgesprochen worden sei, aus der allein ein Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Verkäuferin folgt. Eigene Ansprüche der Klägerin gegen die Parteien des notariellen Kaufvertrages im Rahmen deren Durchsetzung die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin nur als Zahlstelle anzusehen sein könnte fehlen daher bereits, sodass unter diesem Gesichtspunkt auch keine Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin bestand, den der Klägerin zustehenden Teilbetrag der Provision gesondert von ihrem sonstigen Vermögen zu halten. Die schuldrechtliche Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zur Zahlung eines Teilbetrages von 92.800,00 € an die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 23.05.2006 begründet keine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne einer Fürsorgepflicht von einiger Bedeutung. Insoweit liegt lediglich die übliche schuldrechtliche Abwicklung eines Maklergeschäfts zwischen beiden Parteien vor, wobei die Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs der Klägerin von der Fälligkeit des Anspruchs der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Verkäuferin abhängig gemacht wurde bzw. von der Zahlung aus dem Kaufvertrag. Eine weitergehende Verpflichtung dahingehend, die Gelder getrennt von sonstigen Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu verwahren, folgt daraus nicht. Auch die Formulierungen in den vorgerichtlichen Schreiben der Beklagten rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht. Allein die Verwendung von Begriffen wie Auskehr u. ä. belegt nicht, dass eine besondere Vermögensbetreuungspflicht der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Klägerin bestanden hat.

2. So genügt das Unterlassen einer Auszahlung eines dem Kläger zustehenden Geldbetrages und dessen Belassen auf einem Konto der Insolvenzschuldnerin nicht für die Annahme einer Missbrauchshandlung.

Darüberhinaus ist auch eine Missbrauchshandlung der Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagten nicht gegeben. Zwar kann ein missbrauch auch in einem Unterlassen bestehen, auch ergibt sich eine Garantenpflicht aus der Vermögensbetreuungspflicht (Fischer, a. a. O., Rn. 32). Das Nichtabführen von vereinnahmten Zahlungen ist jedoch keine Verfügung im Sinne des § 266 StGB (Fischer, a. a. O.; Lenckner/Perron, a. a. O., Rn. 16). Das Unterlassen der Auszahlung und Belassen des Geldbetrages auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin reicht dementsprechend für die Annahme einer Missbrauchshandlung nicht aus. Insbesondere bestand keine Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin, das Geld getrennt von ihrem sonstigen Vermögen aufzubewahren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Insolvenzschuldnerin im August 2006 konkret mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in ihr Geschäftskonto hätte rechnen müssen. Allein der – ohnehin nicht weiter substantiierte – Vortrag der Klägerin, die Insolvenzschuldnerin hätte Kenntnis von einem gegen sie existierenden Titel haben müssen, genügt insoweit nicht. Die Klägerin hat hingegen nicht einmal vorgetragen, ob es sich nicht um einen endgültigen oder nur vorläufig für vollstreckbar erklärten Titel gehandelt hat, aus dem etwa nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckt worden ist.

Schlagworte: Geschäftsführer, Haftung wegen Untreue gem. § 266 StGB, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB