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OLG Brandenburg, Urteil vom 28.02.2012 – 6 U 79/09

GmbHG §§ 35, 46

1. Eines Gesellschafterbeschlusses über die Prozessvertretung der Gesellschaft nach § 46 Nr. 8 zweite Alternative GmbHG bedarf es nicht, wenn sich der Prozess nicht gegen den amtierenden Geschäftsführer richtet (vgl. OLG BrandenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Brandenburg
, Urteil v. 23.10. 1997, 12 U 216/96, NJW-RR 1998, 1196; Senat, Urteil v. 30.06.2009, 6 U 56/08, zitiert nach juris.de; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. § 46 Rn. 67 m. w. N.). Dann wird die Gesellschaft sowohl in ihrer aktiven als auch der passiven Parteirolle durch ihren Geschäftsführer ordnungsgemäß vertreten, § 35 Abs. 1 GmbHG.

2. Zur Auslegung einer (umfassenden) Ausgleichsklausel.

Offen bleiben kann, ob die Gesellschafter der Klägerin den als materielle Voraussetzung für die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
nach § 46 Nr. 8 erste Alternative GmbHG erforderlichen Beschluss gefasst haben. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückerstattung der von ihm während seiner Geschäftsführeranstellung erlangten Bereitschaftsentgelte besteht nicht, weil die Klägerin mit der Ausgleichsklausel des Vertrages vom 30.07.2007 im Sinne einer Generalbereinigung dem Beklagten gegenüber anerkannt hat, dass gegenseitig keine Forderungen mehr bestehen, § 397 Abs. 2 BGB. Die wirksam zustande gekommene Vereinbarung ist nicht infolge Anfechtung seitens der Klägerin nichtig. Aufgrund der Ausgleichsklausel sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung ausgeschlossen. Eine deliktische Haftung des Beklagten ist indes nicht gegeben, denn dem Beklagen hat Entgelt für geleistete Bereitschaftsdienste als vertraglich vereinbarte Vergütung zugestanden.

Die Vereinbarung vom 30.07.2007, welche die Beendigung der Geschäftsführeranstellung des Beklagten bei Fortzahlung von Vergütung regelt sowie Abwicklungsbestimmungen zum Dienstwagen und Diensttelefon und eine Abschlussklausel enthält, ist wirksam zustande gekommen. Die Gesellschafter haben die ihnen nach § 46 Nr. 5 und 8 erste Alternative GmbHG zukommende Entscheidungskompetenz dadurch ausgeübt, dass sie, vertreten durch ihre Organe, die Vereinbarung für die Klägerin unterzeichnet haben.

Die Regelung in Ziffer 8 der Vereinbarung stellt eine Generalbereinigung dahin dar, dass die Gesellschaft einerseits und der Beklagte anderseits wechselseitig alle denkbaren, bekannten oder unbekannten, vertraglichen oder außervertraglichen Ansprüche bis zur Grenze deliktischer Ansprüche im Sinne eines negativen Schuldanerkenntnisses nach § 397 Abs. 2 BGB als nicht bestehend anerkannt haben. Das ergibt die Auslegung des Vertrages anhand seines Wortlauts und des diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillens unter Berücksichtigung des von den Beteiligten verfolgten Zwecks (§ 133, 157 BGB).

Die Umstände des Streitfalls sprechen dafür, dass die Parteien der Ausgleichsklausel ein umfassendes Verständnis zugrunde gelegt haben. Der Vertrag in seiner Gesamtheit regelt die vollständige Beendigung der vertraglichen Beziehung bei auslaufender Fortzahlung der Vergütung. Er enthält sämtliche Regelungen, die zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses noch erforderlich waren. Die Beteiligten wollten ihre Rechtsbeziehung ersichtlich insgesamt beenden und zu diesem Zweck eine erschöpfende Regelung treffen. Dieser dem objektiven Erklärungsinhalt zu entnehmenden Interessenlage entsprechend ist die Ausgleichsklausel dahin zu verstehen, dass die Parteien im Sinne einer Generalbereinigung überein gekommen sind, dass über die noch geregelten Ansprüche hinaus wechselseitige Forderungen nicht mehr erhoben werden sollen. Eine solche Abschlusserklärung, bei der es den Beteiligten darum geht, die Rechtsbeziehungen zur Schaffung klarer Verhältnisse insgesamt zum Erlöschen zu bringen, erfasst – wenn nichts anderes vereinbart ist – auch unbekannte Ansprüche (vgl. BGH WM 1998, 387; WM 1975, 438; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
, Urteil v. 07.08.2008, 18 U 55/06, zitiert nach juris.de; BAG NJW 2009, 618). Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschafter der Klägerin bei Vertragsabschluss einen abweichenden Willen zum Ausdruck gebracht haben, trägt die Klägerin nicht vor.

3. Ein GmbH-Geschäftsführer erhält nach dem für sein Vertragsverhältnis maßgeblichen Gesellschaftsrecht üblicherweise nicht bestimmte Tätigkeiten vergütet. Die rechtliche Einstufung des Geschäftsführeranstellungsvertrages als freier Dienstvertrag schließt es jedoch nicht aus, dass die Parteien in Ausübung ihrer privatautonomen Gestaltungsfreiheit arbeitsrechtliche Elemente zum Vertragsinhalt machen, soweit dabei nicht in die gesetzliche oder statuarische Ausgestaltung des Organverhältnisses eingegriffen wird (vgl. BGH NJW 2010, 2343). Diese Grenze wird weder durch die Vereinbarung einer Tarif-Vergütung noch durch die Übertragung einer an sich nicht zur Geschäftsführung gehörenden Aufgabe auf den Geschäftsführer überschritten.

4. Wenn es dem Hauptanspruch an der materiellrechtlichen Grundlage fehlt, ist die Stufenklage insgesamt abzuweisen (vgl. BGH NJW-RR 1990, 390).

Schlagworte: Anstellungsvertrag, Dienstverhältnis, Entlastung, Entlastung der Geschäftsführer, Generalbereinigung, Generalbereinigung mit Geschäftsführer, Geschäftsführer, Gesellschafterbeschluss, Vertretungsbefugnis