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OLG Braunschweig, Urteil vom 29.07.1998 – 3 U 75/98

AktG §§ 186, 221

1. Die Anfechtungsklage eines Aktionärs ist ausnahmsweise nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn die individuellen eigensüchtigen interessen des Aktionärs über seinen Kontrollinteressen stehen (vgl. BGHZ 107, 296; Henn, Handbuch des Aktienrechts 6. Auflage, Rdnr. 919).

2. Im Ermächtigungsbeschluss zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen sind die Art der Anleihe, die Ermächtigung zur Durchführung des Beschlusses, der Gesamtnennbetrag und das Emissionsvolumen genannt (vgl. Hüffer, § 221 Rdnr. 10; Karollus, in Geßler/Hefermehl, Eckardt/Kropff AktG, § 221 Rdnr. 60).

3. § 221 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AktG verbietet nicht, Wandelschuldverschreibungen gegenüber solchen Personen zu zeichnen, die Organmitglieder der Aktiengesellschaft sind. Gläubiger einer Wandelanleihe können auch Organmitglieder sein, denn § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG nennt keine Einschränkung der Berechtigung zum Erwerb solcher Anleihen (vgl. LG Frankfurt DB 1997, 517; LG Stuttgart ZIP 1998, 422, 425; Hüffer, ZHR 1997, 214, 222).

4. Grundsätzlich steht jedem Aktionär ein Bezugsrecht an den von der Aktiengesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen zu, § 221 Abs. 4 Satz 1 AktG. Daraus folgt, dass im Regelfall jedem Aktionär auf sein Verlangen hin entsprechend seinem bisherigen Anteil am Grundkapital ein Bezugsrecht an neuen Aktien zusteht. Allerdings verweist § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG auf § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG und damit auf die Möglichkeit, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen.

5. Der Aktiengesellschaft verbleibt bei der Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss ein gerichtlich nicht nachprüfbares unternehmerisches Beurteilungsermessens (vgl. Hefermehl/Bungeroth, § 186, Rdnr. 107). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, eine eigene Beurteilung an die Stelle der Meinungs- und Willensbildung der Gesellschaftsorgane zu setzen (vgl. Hüffer, S. 228). Vielmehr reicht die Feststellung aus, dass Verwaltung und Hauptversammlung bei sorgfältiger, von sachfremder Erwägung freier Beurteilung davon ausgehen konnten, die tatsächlichen Voraussetzungen für die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses seien gegeben (vgl. BGH Z 71, 40, 49 f). Die Überprüfung durch das Gericht beschränkt sich daher auf eine reine Plausibilitätskontrolle.

Schlagworte: Aktienrecht, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Bezugsrecht, Hauptversammlungsbeschluss, Rechtsmissbrauch, überprüfbares Ermessen