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OLG Celle, Urteil vom 05.12.2001 – 9 U 204/01

1. Wird eine GmbH zahlungsunfähig und haftet der GmbH-Geschäftsführer gem BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 823
Abs 2 iVm GmbHG § 64 Abs 1 S 1 bei Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht, dann ist auch der Schaden des Gesellschaftsgläubigers ersatzfähig, der mit der Gesellschaft infolge des unterbliebenen Insolvenzantrages bereits vor dem Antragsstellungszeitpunkt durch Vertragsschluß in Rechtsbeziehungen getreten ist, seine Leistungen jedoch erst nach dem Zeitpunkt erbringt, zu dem der Geschäftsführer den Insolvenzantrag hätte stellen müssen. Für eine Ersatzfähigkeit des Schadens ist nicht der Vertragsschluß, sondern der Zeitpunkt der Leistungserbringung des Gläubigers entscheidend.

2. Der Umfang des Schadensersatzes umfaßt auch den entgangenen Gewinn nach BGB § 252 S 1, sofern der Gläubiger seine betrieblichen Kapazitäten anderweitig hätte einsetzen können.

3. Hinsichtlich der in die Überschuldungsbilanz einzustellenden Aktiva macht der Beklagte erfolglos geltend, es sei von einem Firmenwert in Höhe von 21.000 DM auszugehen, während der Gutachter hier keinen Wert eingesetzt hat. Denn in der Überschuldungsbilanz sind diejenigen Werte anzusetzen, die sich ergeben, wenn es zu einer Liquidation des Unternehmens kommt, so dass hinsichtlich des Firmenwertes entscheidend ist, ob ein möglicherweise vorhandener guter Ruf des Unternehmens etwa durch einen Verkauf aktiviert werden kann (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 102 Rn. 6 k). Für eine solche Verwertungsprämisse war allerdings Ende 1995 kein Raum mehr. Bereits im März 1996 ist der Sitz der Firma nach M verlegt worden, gut 10 Monate später wurde die Firma der Gesellschaft geändert. Diese Indizien sprechen gegen einen besonderen Firmenwert Ende des Jahres 1995. Es kommt hinzu, dass mit einem ähnlichen Geschäftsgegenstand eine andere Firma durch Familienangehörige weitergeführt wurde, so dass ein möglicherweise noch vorhandener „guter Ruf“ auf jenes Unternehmen übergegangen sein dürfte.

4. Zutreffend geht indes der Beklagte davon aus, dass bei der Pos. „Betriebs- und Geschäftsausstattung“ der vom Gutachter angesetzte Liquidationswert 0,00 DM insofern zu korrigieren ist, als immerhin Mitte Februar 1997 vorhandene Wirtschaftsgüter an die N & N Baumaschinenverleih GbR zu einem Kaufpreis in Höhe von 69.600 DM veräußert worden sind. Der Wert dieser Ausstattung durfte jedenfalls vom Gutachter nicht unberücksichtigt bleiben, weil hier Sicherungsrechte bestanden (vgl. dazu Seite 26 des Gutachtens). Denn von den Aktiva dürfen Sicherungsrechte nicht abgezogen werden, da die diesen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten bereits als Passiva bilanziert werden (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 63 Rn. 17).

5. Die Bewertung der Passiva durch den Gutachter ist allerdings insofern zu korrigieren, als die Kosten für einen zu erwartenden Sozialplan in Höhe von 110.000,00 DM (Seite 33 des Gutachtens) nicht zu berücksichtigen sind. Zwar wird teilweise angenommen, dass auch solche Kosten in die Überschuldungsbilanz einzustellen seien (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 63 Rn. 45). Jedoch handelte es sich bei den Kosten eines Sozialplanes um Verbindlichkeiten, die gerade erst durch die Eröffnung des Konkursverfahrens entstehen. Im Rahmen der Überschuldungsbilanz ist indes zu überprüfen, ob die vorhandene Masse noch ausreicht, die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer wegen insolvenzbedingter Betriebsbeendigung sind also nicht in den Überschuldungsstatus einzustellen (K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 603).

6. Ebenso wie eventuell als Sicherheit eingesetzte Gegenstände auf der Aktivseite der Überschuldungsbilanz eingesetzt werden müssen (soeben unter aa), müssen ihrerseits durch die Haftung Dritter abgesicherte Verbindlichkeiten ebenfalls als Passivposten eingestellt werden (vgl. etwa zu einer „dinglichen“ Absicherung einer Verbindlichkeit Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 63 Rn. 26). Eine Korrektur des für Verbindlichkeiten auf Lieferungen und Leistungen angesetzten Betrages kommt nicht in Betracht.

Schlagworte: Geschäfts- und Firmenwert, GmbHG § 64 Satz 1, Kosten Sozialplan, rechnerische Überschuldung, Sicherheiten Dritter, Sicherungsrechte, Überschuldung, Überschuldungsbilanz, Zahlungen nach Insolvenzreife, zweistufiger Überschuldungsbegriff