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OLG Dresden, Beschluss vom 10.05.2004 – 2 U 286/04

§§ 15 Abs. 5, 53 Abs. 3 GmbHG

Bei einer GmbH können eine Vinkulierung und die Einräumung eines Vorkaufsrechts der anderen Gesellschafter im Nachhinein nur mit Zustimmung aller Gesellschafter in unanfechtbarer Weise beschlossen werden.

Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.09.2003 gefasste Beschluss über eine Vinkulierung der GeschäftsanteileBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Vinkulierung
Vinkulierung der Geschäftsanteile
mangels Einstimmigkeit den an eine Satzungsänderung gestellten Anforderungen nicht genügt und daher auf die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage aufzuheben war.

Allerdings folgt dies nicht unmittelbar aus § 53 Abs. 3 GmbHG, da die – gemäß § 15 Abs. 5 GmbHG gesetzlich zugelassene – Beschränkung der den Gesellschaftern über deren Geschäftsanteil nach § 15 Abs. 1 GmbHG zukommende Verfügungsbefugnis keine Leistungsvermehrung bewirkt, sondern die statuarisch gewährten Rechte verkürzt (vgl. Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl., § 53 Rn. 161; Michalski/Hoffmann, GmbHG, § 53 Rn. 126). Diese Beschneidung der Rechtsstellung ist aber in den Wirkungen mit einer Leistungsvermehrung vergleichbar und kann wie eine solche nur mit Zustimmung des betroffenen GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Zustimmung
Zustimmung des betroffenen Gesellschafters
wirksam beschlossen werden. Die freie Verfügbarkeit über den Geschäftsanteil prägt die Rechtsstellung eines Gesellschafters in zentraler Weise. Sie sichert die Verkehrsfähigkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und eröffnet dem Gesellschafter, sich durch die Veräußerung seines Geschäftsanteils sowohl Liquidität zu verschaffen als auch die Flexibilität in seinem unternehmerischen oder finanziellen Engagement zu erhalten. Mittelbar erhöht die freie Verfügbarkeit auch den Wert des Geschäftsanteils, da dieser zu jeder Zeit und autonom am freien Mark offeriert werden kann und damit auf eine breitere Nachfrage als bei einer Vinkulierung stößt. Hierdurch zählt die freie Verfügungsbefugnis zu jenen Mitgliedschaftsrechten, die einem Gesellschafter nur mit seiner Zustimmung entzogen werden können. Die mit der Verfügungsbeschränkung verbundene Rechtsverkürzung steht in ihren Konsequenzen jener einer Leistungsvermehrung i.S.v. § 53 Abs. 3 GmbHG gleich, da sie den Fortbestand zentraler rechtlicher Rahmenbedingungen beeinträchtigt und den wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteils im Nachhinein schmälert. Auf eine solche Entwicklung hat sich ein Gesellschafter ohne entsprechende statuarische Regelung bei Gründung der GmbH oder bei seinem Geschäftsanteilserwerb nicht einzustellen, so dass in seine schützenswerte Vertrauensposition durch eine gegen seinen Willen nachträglich erfolgende Beschränkung der freien Verfügungsbefugnis in gleicher Weise eingegriffen wird wie bei einer Erweiterung der Leistungspflichten. Dies gebietet, eine nachträgliche Vinkulierung des Geschäftsanteils an einer GmbH dem unentziehbaren Minderheitenschutz zu unterstellen und nur bei einstimmiger Beschlussfassung zuzulassen (im Ergebnis so die ganz herrschende Meinung, vgl. Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl., § 53 Rn. 161; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 53 Rn. 124; Michalski/Hoffmann, GmbHG, § 53 Rn. 126; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 53 Rn. 18; RGZ 68, 210 [212]; Möhring, GmbHR 1963, 201 [204]; Fischer, JZ 1956, 362 [363]; a.A.: Wiedemann, NJW 1964, 282 [284]; Lutter/Timm, NJW 1982, 409 [416]; Fette, GmbHR 1986, 73 [74 f.]; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 15 Rn. 25). Hierfür spricht zudem, dass für Aktiengesellschaften in § 180 Abs. 2 AktG eine entsprechende normative Regelung besteht, die unabhängig davon als Ausfluss eines gesellschaftsrechtlichen Prinzips zu verstehen ist, dass die Aktiengesellschaft nach dem gesetzlichen Leitbild nicht personalistisch geprägt ist. Vorliegend geht es nämlich nicht darum, dass bei einer Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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häufiger als bei Aktiengesellschaften Gesellschafterstrukturen herrschen mögen, die eine Vinkulierung als sachgerecht erscheinen lassen können. Vielmehr steht allein im Raum, unter welchen Voraussetzungen eine solche Beschränkung im Nachhinein beschlossen werden kann. Unter dem insoweit allein maßgeblichen Aspekt des Vertrauensschutzes ist aber nicht zu erkennen, weshalb ein Gesellschafter einer GmbH weitergehende Eingriffe in seine Rechtsstellung soll hinnehmen müssen als ein Aktionär.

Entgegen den Ausführungen der Berufung ist ohne Belang, ob die Beklagte an einer nachträglichen Begrenzung der Verfügungsbefugnis der Gesellschafter ein berechtigtes Interesse besitzt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob sich die Kläger an der Beklagten beteiligt hätten, wenn bereits bei deren Beitritt die Wirksamkeit der Abtretung statuarisch von einer Zustimmung der anderen Gesellschafter abhängig gewesen wäre.

Schlagworte: Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, Vinkulierung, Vinkulierung der Geschäftsanteile, Zustimmung aller betroffener Gesellschafter, Zustimmung des betroffenen Gesellschafters, Zustimmungserfordernis