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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06. Dezember 2016 – I-3 Wx 322/15

§ 51b S 1 GmbHG, § 99 Abs 1 AktG, § 132 Abs 3 S 1 AktG, § 132 Abs 4 S 2 AktG, § 86 Abs 3 FamFG, § 888 ZPO

1. Änderungen oder Erweiterungen eines Antrags sind noch im Beschwerdeverfahren zulässig, solange der Bezug zum Ausgangsantrag erhalten bleibt (hier: Übergang vom Antrag, gegen die Schuldnerin wegen Nichterteilung der ihr gerichtlich auferlegten Auskünfte ein angemessenes Zwangsgeld, im Falle, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, an dem Geschäftsführer der Schuldnerin, einer GmbH, zu vollstreckende Zwangshaft festzusetzen zum Erledigungsfeststellungsantrag).

2. In Auskunftserzwingungsverfahren, in denen eine Wirkung der Entscheidung für und gegen alle nicht in Betracht kommt, wird die gerichtliche Entscheidung erst mit ihrer Rechtskraft wirksam und zugleich vollstreckbar (hier mit der Folge, dass der im Verfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich zu berücksichtigende Erfüllungseinwand der Schuldnerin nicht im Sinne einer Erfüllungshandlung vor Eintritt der Vollstreckbarkeit belegt ist und daher dem Antrag der Gläubigerin auf Feststellung der Erledigung des Zwangsgeldverfahrens in der Hauptsache nicht entgegen steht).

3. Für die Vollstreckung aus dem den Geschäftsführer der Schuldnerin zur Auskunft verpflichtenden Beschluss bedarf es nicht der Erteilung einer Klausel, wenn – so hier – die Vollstreckung nicht durch ein anderes als das Titel schaffende Gericht erfolgt.

Mit Beschl. v. 17.4.2015 verpflichtete das LG den Geschäftsführer der Schuldnerin, der Gläubigerin Auskunft über bestimmte, eine Tochtergesellschaft betreffende Angelegenheiten der Schuldnerin zu erteilen. Die dortige Entscheidung über die Verfahrenskosten zulasten der Gläubigerin berichtigte das LG mit Beschl. v. 8.6.2015 dahin, dass die Verfahrenskosten die Schuldnerin träfen, doch wurde dieser Beschluss vom Senat mit Beschl. v. 27.8.2015 aufgehoben. Hernach legte die Gläubigerin gegen die Kostenentscheidung des Beschl. v. 17.4.2015 sofortige Beschwerde ein, die der Senat mit Beschl. v. 1.10.2015 als unzulässig, da sowohl unstatthaft als auch verfristet, verwarf.

Mit Schrift ihrer Verfahrensbevollmächtigten v. 23.7.2015 hat die Gläubigerin beantragt, gegen die Schuldnerin wegen Nichterteilung der ihr im landgerichtlichen Beschl. v. 17.4.2015 auferlegten Auskünfte ein angemessenes Zwangsgeld, im Falle, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, an dem Geschäftsführer der Schuldnerin zu vollstreckende Zwangshaft festzusetzen. Hierzu hat die Schuldnerin mit Schriftsatz v. 28.9.2015 erklärt, der Zwangsmittelantrag sei unbegründet, nachdem sie mit außergerichtlichem Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten v. 24.8.2015 an die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin die gerichtlich angeordneten Auskünfte erteilt habe; dem vorgenannten Schriftsatz ist eine Ablichtung des besagten außergerichtlichen Schreibens beigefügt gewesen. Schriftsatz nebst Anlage sind der Gläubigerin nach ihren eigenen Angaben in der Rechtsmittelbegründung durch das Gericht am 28.10.2015 übermittelt worden. Zugleich, nämlich mit Schreiben vom 22.10.2015, hat das LG der Gläubigerin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Vorbringen der Schuldnerin innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt des gerichtlichen Schreibens eingeräumt.

Nachdem sich die Gläubigerin bis zum 23.11.2015 nicht mehr geäußert hatte, hat das LG … den Zwangsmittelantrag der Gläubigerin vom 23.7.2015 wegen zwischenzeitlicher Erfüllung des titulierten Anspruchs zurückgewiesen [LG Mönchengladbach v. 23.11.2015 – 7 O 77/14 ]. Mit weiterem Schriftsatz v. 27.11.2015, bei Gericht am 1.12.2015 eingegangen, hat die Gläubigerin unter anderem geltend gemacht, das Schreiben der Schuldnerin v. 24.8.2015 habe ihr nicht vorgelegen, bevor es ihr durch das Gericht übermittelt worden sei; einer anschließenden Bitte ihrerseits an die Schuldnerin, die vorherige Übersendung jenes Schreibens per Fax nachzuweisen, sei nicht nachgekommen worden. In der Hauptsache, so die Gläubigerin weiter, habe sich der Zwangsgeldantrag erledigt.

Gegen den zurückweisenden Beschluss wendet sich die Gläubigerin nunmehr mit ihrem am 16.12.2015 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem sie zur Hauptsache beantragt festzustellen, dass sich ihr Zwangsmittelantrag nach Rechtshängigkeit erledigt habe. Die Schuldnerin will das Rechtsmittel zurückgewiesen sehen.

Mit weiterem Beschl. v. 23.12.2015 hat das LG dem Rechtsmittel der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Sache dem OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. …

1. Das Rechtsmittel der Gläubigerin ist gemäß § 51b S. 1 GmbHG , § 132 Abs. 4 S. 2 AktG , § 793 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig, § 569 Abs. 1 S. 1 u. 2 sowie Abs. 2 ZPO.

Ebenfalls zulässigerweise hat die Gläubigerin im Beschwerdeverfahren einen neuen Antrag zur Entscheidung gestellt. Grundsätzliche Bedenken gegen eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren bestehen nicht, weil das Beschwerdegericht über den geänderten Antrag in derselben Weise entscheiden kann wie das Untergericht, da ihm grundsätzlich dieselbe Entscheidungsbefugnis zukommt, und auch die Funktion des Abhilfeverfahrens (§ 572 Abs. 1 S. 1 ZPO ) dem nicht entgegensteht (Lipp in Münch.Komm.ZPO, 5. Aufl. 2016, § 571 Rz. 15, m.w.N.). Die Grenze der Überprüfung durch das Beschwerdegericht bildet allerdings der Gegenstand des Ausgangsverfahrens; mit anderen Worten sind Änderungen oder Erweiterungen eines Antrags zulässig, solange der Bezug zum Ausgangsantrag erhalten bleibt (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 571 Rz. 3 ). Im Einzelnen sind die Regelungen der §§ 263 ff. ZPO entsprechend anzuwenden (Lipp in Münch.Komm.ZPO, 5. Aufl. 2016, § 571 Rz. 15). Der Übergang vom Leistungs- zum Erledigungsfeststellungsantrag bleibt innerhalb desselben Verfahrensgegenstandes und unterfällt darüber hinaus nach st. Rspr. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91a Rz. 34 , m. umfangr. Nachw.), woraus seine Zulässigkeit ohne weiteres folgt.

2. Der Erledigungsfeststellungsantrag der Gläubigerin ist auch begründet.

a) Ihr ursprünglicher Zwangsgeldantrag war zulässig und begründet.

aa) Entgegen der Auffassung der Schuldnerin war ihre titulierte Verpflichtung nicht bereits erfüllt, als die Vollstreckbarkeit des Titels eintrat.

Die gerichtliche Entscheidung über das Auskunftsrecht ist erst mit ihrer Rechtskraft vollstreckbar. Dies folgt aus § 51b S. 1 GmbHG i.V.m. § 132 Abs. 3 S. 1 , § 99 Abs. 5 S. 1 AktG . In Auskunftserzwingungsverfahren, in denen eine Wirkung der Entscheidung für und gegen alle gemäß § 99 Abs. 5 S. 2 AktG nicht in Betracht kommt, bedeutet § 99 Abs. 5 S. 1 AktG i.V.m. § 132 Abs. 4 S. 2 AktG , dass die gerichtliche Entscheidung erst mit ihrer Rechtskraft wirksam und zugleich vollstreckbar wird (Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 99 Rz. 10 u. § 132 Rz. 9).

Danach bedurfte es hier für die Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Beschlusses v. 17.4.2015 des Eintritts seiner Rechtskraft. Bereits aus dem Beschluss des Senats v. 1.10.2015 (betreffend die sofortige Beschwerde der dortigen Antragstellerin) ergibt sich, dass die formelle Rechtskraft mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des besagten Beschlusses an die Beteiligten, die Ende April 2015 erfolgte, eintrat, und zwar unabhängig von dem landgerichtlichen Berichtigungsbeschluss und dessen späterer Aufhebung. Doch selbst wenn man dies anders sähe, wäre Rechtskraft jedenfalls mit der Übermittlung der vorbesagten Senatsentscheidung an die Beteiligten am 2.10.2015 bewirkt worden. Dass die Schuldnerin den Auskunftsanspruch der Gläubigerin zu diesem Zeitpunkt bereits erfüllt gehabt hätte, lässt sich nicht feststellen. Als Erfüllungshandlung kommt allein die Übermittlung des außergerichtlichen Schreibens der Schuldnerin vom 24.8.2015 und dessen Empfang durch die Gläubigerin in Betracht. Indes hat die Gläubigerin vorgetragen, dieses Schreiben – entgegen dessen Aufdruck „nur per Fax“ – nicht als Fax erhalten zu haben, und hat die Schuldnerin in der Rechtsmittelerwiderung eingeräumt, es sei wohl tatsächlich nicht per Fax versandt worden. Ein Zugang des Schreibens per „einfacher Post“ bei der Gläubigerin wird von dieser bestritten und ist nicht belegbar. Bei Eintritt der Rechtskraft schon Ende Mai 2015 kommt eine Erfüllungshandlung vor Eintritt der Vollstreckbarkeit ohnehin nicht in Betracht.

bb) Allerdings ist nach Aktenlage die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Beschl. v. 17.4.2015 nicht feststellbar. Das ist aber unschädlich.

Für die hier in Rede stehende Vollstreckung bedurfte es der Erteilung einer Klausel nicht. Zwar findet gemäß § 51b S. 1 GmbHG , § 132 Abs. 4 S. 2 AktG aus dem besagten Beschluss die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung statt und ist grundsätzlich für alle Titel, die nach der ZPO vollstreckt werden, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel erforderlich (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 724 Rz. 2 ). Jedoch ist das Klauselerteilungsverfahren vom Vollstreckungsverfahren im technischen Sinne zu unterscheiden. Dann aber ist im gegebenen Zusammenhang die in § 51b S. 1 GmbHG , § 132 Abs. 3 S. 1 , § 99 Abs. 1 AktG angeordnete Verweisung auf § 86 Abs. 3 FamFG einschlägig, wonach ein Titel der Klausel nur bedarf, wenn – wie hier nicht – die Vollstreckung durch ein anderes als das titelschaffende Gericht erfolgt (im Ergebnis ebenso, jedoch ohne Begründung: Werner, GmbHR 2016, 1252 [1256]).

Doch selbst wenn das LG, hiervon abweichend, die Auffassung vertreten hätte, eine Klauselerteilung sei für den Erfolg des Antrages der Gläubigerin notwendig gewesen, hätte es angesichts dessen, dass sich dieser Standpunkt keinesfalls von selbst verstand, die Gläubigerin auf diese seine Ansicht hinweisen müssen. Es spricht alles dafür und kann daher unterstellt werden, dass sich die Gläubigerin alsdann eine vollstreckbare Ausfertigung hätte erteilen lassen und diese zur Gerichtsakte gereicht hätte.

b) Durch das Schreiben der Schuldnerin v. 24.8.2015, das die Gläubigerin unstreitig im Verfahrensgange am 28.10.2015 erhalten hat, ist ihr Zwangsmittelantrag unbegründet geworden.

Dass in dem hier vorliegenden Verfahren nach § 888 ZPO der Einwand des Schuldners, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt, berücksichtigt werden muss, ist heute anerkannt und bedarf keiner näheren Begründung. Die Erfüllung außerhalb einer Gesellschafterversammlung war ausreichend (§ 51b S. 1 GmbHG , § 132 Abs. 4 S. 1 AktG ). Eine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der erteilten Auskünfte wird von der Gläubigerin selbst nicht geltend gemacht.

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