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OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2012 – I-6 U 28/11, 6 U 28/11

 

§ 249 BGB, § 280 Abs 1 S 2 BGB, § 328 BGB, § 60 ZPO, § 141 S 1 ZPO, § 244 Abs 1 ZPO, § 286 Abs 1 ZPO, § 269 S 2 HGB

1. Testate von Wirtschaftsprüfern können grundsätzlich eine Haftung auch gegenüber Dritten begründen. In der Weiterentwicklung der Rechtsprechung sind in die Schutzwirkungen eines Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung und unter Berücksichtigung des Prinzips von Treu und Glauben Dritte auch einbezogen, wenn der Gläubiger an deren Schutz ein besonderes Interesse hat, Inhalt und Zweck des Vertrags erkennen lassen, dass diesen Interessen Rechnung getragen werden soll, und die Parteien den Willen haben, zugunsten dieser Dritten eine Schutzpflicht des Schuldners zu begründen. Wirtschaftsprüfer gehören prinzipiell zu einem Personenkreis, dessen Stellungnahmen aufgrund seiner Sachkunde und der von ihm erwarteten Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit – insbesondere bei Prüfungsaufträgen – von besonderer Bedeutung sind und Grundlage für Entscheidungen Dritter im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich sein können. Allerdings beschränkt sich der Kreis der Einbezogenen auch in diesem Fall auf solche Dritte, in deren Interesse die Leistung des Wirtschaftsprüfers nach der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Parteien zumindest auch erbracht werden soll. Tragender Gesichtspunkt für diese Beschränkung ist das Anliegen, das Haftungsrisiko für den Schuldner kalkulierbar zu halten. Er soll die Möglichkeit haben, sein Risiko bei Vertragsschluss zu kalkulieren und gegebenenfalls zu versichern und für Schäden Dritter nicht einstehen müssen, wenn ihm nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung des Vertragszwecks nicht zugemutet werden kann, sich ohne zusätzliche Vergütung auf das Risiko einer erweiterten Haftung einzulassen (vgl. BGH, Urteil vom 02. April 1998, III ZR 245/96=NJW 1998, 1948).

Testate von Wirtschaftsprüfern können grundsätzlich eine Haftung auch gegenüber Dritten begründen (BGH NJW 2004, 3420 ff. = WM 2004, 1869 ff. = juris Rn 17 ff.). Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter waren Fallgestaltungen, in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt, ihm gleichsam deren „Wohl und Wehe“ anvertraut ist. Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten wurde nach dieser Rechtsprechung danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrags nicht nur auf den Vertragspartner beschränken, sondern, für den Schuldner erkennbar, solche dritte einschließen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag – ein familienrechtliches, arbeitsrechtliches oder mietvertragliches Verhältnis – besteht (BGH NJW 2001, 3115 ff. = WM 2001, 1428 ff. = juris Rn 16 m.w.N.).

2. Für die Erstreckung der Schutzwirkung eines Vertrages auf einen Dritten kommt es im Bereich der Expertenhaftung entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten auch Gebrauch macht und dabei ein Vertrauen des Anlegers erzeugt sowie auf seine Anlageentscheidung Einfluss genommen wird. Die Anknüpfung an ein typisiertes Vertrauen, das im Bereich der Prospekthaftung im engeren Sinne haftungsbegründend wirkt, reicht insoweit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2000 X ZR 94/98=NJW 2001, 360).

Die Anknüpfung an ein typisiertes Vertrauen, das im Bereich der Prospekthaftung im engeren Sinne haftungsbegründend wirkt, reicht insoweit nicht. Für die Erstreckung der Schutzwirkung auf einen Dritten kommt es im Bereich der Expertenhaftung daher entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten auch Gebrauch macht und dabei ein Vertrauen des Anlegers erzeugt sowie auf seine Anlageentscheidung Einfluss genommen wird (BGH NJW 2001, 360 ff. = WM 2000, 2447 ff. = juris Rn 43; NJW-RR 2007, 1332 ff. = WM 2007, 1503 ff. = juris Rn 28).

Schlagworte: Expertenhaftung, Haftung aus Inanspruchnahme typisierten Vertrauens, Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte