OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.09.2012 – 23 U 190/11

BGB §§ 705 ff.

1. Gesellschafter einer GbR haften grundsätzlich akzessorisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056; BGH, WM 2007, 110; WM 2007, 62 ff.; WM 2007, 1648, 1650). Diese Rechtsprechung ist jedoch vorliegend nicht anwendbar, weil die Beklagten nicht Gesellschafter der GbR geworden sind. Da die Beklagten unstreitig eine Beteiligung über den Treuhänder wählten, wurden nicht sie Gesellschafter der GbR, sondern der Treuhänder. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und der herrschenden Literaturmeinung wird bei vorliegender Fallgestaltung allein der Treuhänder Gesellschafter der GbR (BGH, Urteil vom 11.11.2008, XI ZR 468/07 – dortige Homepage; Baumbach/Hopt-Hopt, HBG, 33. Aufl. 2008, § 105 Rn. 31 m. w. N.; Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 705 Rn. 10). Dem Treugeber kann zwar intern eine Stellung eingeräumt werden, als ob er unmittelbar Gesellschafter wäre (vgl. Münchener Kommentar-Ulmer, BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 92 m. w. N.), dies führt aber nach außen nicht zu einer analogen Anwendung des § 128 HGB und damit einer Haftung für Gesellschaftsschulden (BGH a.a.O.; Münchener Kommentar-BGB-Ulmer, § 714 Rn. 42; jetzt auch Baumbach/Hopt-Hopt, HGB, § 105 Rn. 34, beide m. w. N.). Die gesetzliche Haftungsverfassung auf der Grundlage der §§ 128, 130 HGB setzt nämlich das Bestehen einer „wirklichen“ Gesellschafterstellung voraus (BGH, Urteil vom 11. November 2008, XI ZR 468/07).

2. Auch wenn man in dem Rechtsverhältnis zu dem Treuhänder/Gesellschafter eine Unterbeteiligung und somit eine Innengesellschaft sehen wollte, trifft eine Gesellschafterhaftung lediglich den Hauptbeteiligten (Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn-Gehrlein, HGB, 2008, § 230 Rn 97, mit Hinweis auf Münchener Kommentar-Karsten Schmidt, HGB, § 230 Rn. 234 m. w. N.). Entgegen der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 24.5.2007, 5 U 38/06) rechtfertigt allein die interne Einräumung von Gesellschafterrechten keine Durchgriffshaftung im Außenverhältnis. Etwas anderes mag ausnahmsweise bei sog. Strohmannfällen oder dem Missbrauch des Treuhandverhältnisses gelten (vgl. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 214).

3. Eine Zahlungsverpflichtung folgt auch nicht aus den Grundsätzen über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, wenn ein Beitritt auf der Grundlage des Rechts der GbR nicht beabsichtigt war. Zwar wären die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft grundsätzlich auch bei einem Beitritt über einen Treuhänder anzuwenden (vgl. Palandt-Sprau, § 705 Rn. 17 sowie die einschlägige Rechtsprechung des BGH, zuletzt Urteil vom 20.7.2010, XI ZR 465/07 m. w. N. – dortige Homepage), was jedoch vorliegend nicht zu einer Haftung der Beklagten als Treugeber führen kann. Der Umweg über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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kann nicht dazu führen, dass sich die beabsichtigten Treugeber so behandeln lassen müssen, als wären sie dem Fonds – fehlerhaft – als Gesellschafter beigetreten. Denn erste und grundlegende Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ist nach der heute einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur der von den Beteiligten angestrebte Abschluss eines Gesellschaftsvertrags auf Grund von ihnen zurechenbaren – wenn auch fehlerhaften – Willenserklärungen (vgl. Münchener Kommentar-BGB-Ulmer, § 705 Rn 327 unter Verweis auf die heute ein hM, vgl. BGHZ 11, 190 = NJW 1954, 231; Soergel/Hadding RdNr. 72; Staudinger/Habermeier Rn 65; Staub/Ulmer § 105 HGB Rn 340). Dies unterscheidet sich indessen fundamental von einer vorliegend angestrebten, lediglich treuhänderisch vermittelten wirtschaftlichen Beteiligung gerade ohne eigene gesellschaftsrechtliche Bindung des Anlegers. Damit fehlt hier bereits die primäre Voraussetzung für eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch im Hinblick auf deren ratio nicht gerechtfertigt erscheinen würde, da sie im Ergebnis zur Behandlung eines Anlegers als (Fonds-)Gesellschafter führen würde, obwohl von vorneherein lediglich eine wirtschaftliche Beteiligung beabsichtigt worden war und es selbst bei wirksamer Durchführung des Anlagegeschäfts nicht zu einem Status des Anlegers als (auch nur mittelbarer) Gesellschafter gekommen wäre.

4. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft greifen erst, wenn der Gesellschaftsbeitritt in Vollzug gesetzt ist (BGHZ 156, 46; 167, 252), was grundsätzlich erst mit der Leistung der Einlage der Fall ist (BGH, Urteil vom 24.4.2007, XI ZR 191/06 – bei juris).

Schlagworte: Beitritt, BGB-Gesellschaft, Einlage, fehlerhafte Gesellschaft, GbR, Gesellschafter, Personengesellschaft, Strohmann, Treugeber, Treuhand

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