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OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.1994 – 20 W 49/94

§ 6 Abs 2 S 4 GmbHG, § 35 Abs 1 GewO

1. Wem durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Gewerbes oder Gewerbezweiges oder Berufszweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein.

2. Ein gegen einen selbständig Gewerbebetreibenden verhängtes bestandskräftiges oder sofort vollziehbares Gewerbeverbot nach GewO § 35 Abs 1 führt kraft Gesetzes auch dann die Amtsunfähigkeit nach GmbHG § 6 Abs 2 S 4 herbei, wenn sich das Verbot nicht ausdrücklich auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden erstreckt.

Gründe

Im Handelsregister des AG Wiesbaden sind seit dem 23.2.1993 die Firma Haarstudio X. GmbH mit dem Sitz in W. – die Beteiligte zu 1) – und als Geschäftsführer der Friseurmeister X. – der Beteiligte zu 2) – eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb eines oder mehrerer Friseurgeschäfte, insbesondere unter der Bezeichnung „Haarstudio“ sowie der Erwerb von weiteren branchengleichen Geschäften und Niederlassungen.

Dem Geschäftsführer war durch Bescheid des Regierungspräsidiums (RegPr) D. vom 28.10.1988 untersagt worden, das von ihm damals selbständig betriebene Friseurgeschäft fortzuführen sowie jede selbständige gewerbliche Tätigkeit auszuüben, soweit diese unter § 35 I GewO fällt. Diesen Bescheid hatte der Geschäftsführer vor den VG angefochten. Im November 1992 gründete er mit seiner Ehefrau und seinem verfahrensbevollmächtigten RA die dann in das Handelsregister eingetragene Firma Haarstudio X. GmbH. Der Bescheid des RegPr D. wurde am 11.5.1993 bestandskräftig. Unter dem 18.6.1993 hat das RegPr D. auch gegen die Beteiligte zu 1) ein Gewerbeuntersagungsverfahren gem. § 35 GewO eingeleitet. Hiervon und von dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 28.10.1988 hat es dem RegisterG Mitteilung gemacht.

Das RegisterG hat mit Verfügung vom 15.7.1993 den beiden Beteiligten mitgeteilt, mit dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 28.10.1988 habe der Beteiligte zu 2) sein Amt als Geschäftsführer nach § 6 II 4 GmbHG verloren; gem. § 142 FGG würden sie davon unterrichtet, daß die Amtslöschung des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer beabsichtigt sei, wenn sie nicht innerhalb eines Monats Widerspruch erheben würden. Unter dem 3.8.1993 haben die beiden Beteiligten Widerspruch gegen die Löschungsankündigung erhoben mit der Begründung, der Untersagungsbescheid vom 28.10.1988 erstreckte sich nicht auch auf die Tätigkeit des Beteiligten zu 2) als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden, obwohl ein derartiger Ausspruch nach § 35 I 2 GewO an sich möglich gewesen wäre. Die Registerrichterin hat den Widerspruch mit Beschluß als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der beiden Beteiligten hat das LG durch Beschluß als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte sofortige weitere Beschwerde der beiden Beteiligten.

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2), die beide Beteiligte des Amtslöschungsverfahrens sind (vgl. BayObLGZ 1986, 197 = DB 1986, 1768 = GmbHR 1987, 21), sind zulässig (§ 142 III i.V.m. §§ 141 III 2, 22 I, 27, 29 FGG), aber nicht begründet. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 I FGG, 550 ZPO) stand.

Die vom RegisterG beabsichtigte Löschung des Geschäftsführers ist materiell-rechtlich zulässig. Wem durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein (§ 6 II 4 GmbHG). Diese Amtsunfähigkeit haben die Vorinstanzen bei dem beteiligten Geschäftsführer deshalb angenommen, weil das RegPr D. gegen ihn am 28.10.1988 eine Untersagungsverfügung nach § 35 I GewO erlassen hat, die seit dem 11.5.1993 bestandskräftig ist. Das ist rechtlich zutreffend. Das von der zuständigen Behörde erlassene Gewerbeverbot erstreckt sich auf den Betrieb eines Friseurgeschäfts und auf alle anderen Gewerbearten. Dann aber kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 II 4 GmbHG der Adressat dieses Verbots nicht Geschäftsführer bei einer Gesellschaft sein, deren Unternehmensgegenstand – wie hier derjenige der Beteiligten zu 1) – der Betrieb eines oder mehrerer Friseurgeschäfte ist.

Ein derartiges – für sofort vollziehbar erklärtes oder bestandskräftiges – Verbot führt kraft Gesetzes die Amtsunfähigkeit nach § 6 II 4 GmbHG herbei, ohne daß es einer weiteren Maßnahme – etwa der Abberufung durch die Gesellschafterversammlung bedarf (BayObLG a.a.O.; BayObLGZ 1989, 81 = NJW-RR 1989, 934; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl., Rn. 19; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 7. Aufl., 2. Bearb. Rn. 14; Scholz/Schneider, GmbHG, 8. Aufl. Rn. 22; Rowedder/Rittner, GmbHG, 2. Aufl., Rn. 11; Roth, GmbHG, 2. Aufl., Anm. 3.2; je zu § 6 GmbHG; Lutter, DB 1980, 1317, 1320).

Entgegen der Meinung der weiteren Beschwerde ist es unerheblich, daß das Gewerbeverbot vom 28.10.1988 sich nicht auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden erstreckt. Ein derartiger Ausspruch ist für die Anwendung des § 6 II 4 GmbHG angesichts des klaren Wortlauts dieser Vorschrift hier nicht erforderlich. Deshalb sei nur beiläufig bemerkt, daß das Unterbleiben eines derartigen Ausspruchs in dem Bescheid vom 28.10.1988 ganz zwanglos damit zu erklären ist, daß bei Erlaß dieses Bescheides die Beteiligte zu 1) noch gar nicht existent war und die Behörde augenscheinlich nicht damit rechnete, daß der Beteiligte zu 2) künftig als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden tätig sein werde.

Das RegisterG wird freilich vor der von ihm beabsichtigten Amtslöschung vorrangig zu versuchen haben, daß das Erlöschen des Geschäftsführeramtes gem. § 39 I GmbHG zur Eintragung angemeldet wird (BayObLGZ 1986, 197, 202 zu II 4 f = a.a.O.). Falls die Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch die Gesellschaft nicht erreichbar ist, kann auf Antrag eines Beteiligten ein Notgeschäftsführer bestellt werden, der diese Anmeldung dann vornimmt. Es muß demnach vor einer Amtslöschung vorrangig dafür Sorge getragen werden, daß die Gesellschaft ein Vertretungsorgan hat.

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