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OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.02.2013 – 9 U 108/11

§ 280 BGB

1. Haben die anwaltlich vertretenen Anleger bereits im Jahre 2002 beabsichtigt, eine Schadensersatzklage gegen eine Fondsgesellschaft und weitere Beteiligte aus der Konzeptionsphase des Fonds wegen „zahlreicher Prospekt- und Beratungsfehler“ zu erheben, und ein entsprechendes Anwaltsschreiben an die mutmaßlichen Anspruchsgegner gerichtet, so ist davon auszugehen, dass den Anlegern bereits zu diesem Zeitpunkt etwaige Prospekt- und Beratungsfehler bekannt waren, sie auch den Prospekt durch ihren anwaltlichen Berater auf Prospektfehler durchsucht haben, und auch hinsichtlich etwaiger Beratungsfehler beraten worden sind.

Die Kläger haben bereits im Jahr 2002 beabsichtigt, eine Klage gegen die Fondsgesellschaft und weitere Beteiligte aus der Konzeptionsphase des Fonds zu erheben „wegen zahlreicher Prospekt- und Beratungsfehler“, was die Beklagte durch Vorlage des an sie gerichteten anwaltlichen Schreibens vom 07.10.2002 (Anlage B 2) ausreichend dargetan hat und von den Klägern auch nicht in Abrede gestellt wird. Damit kann davon ausgegangen werden, dass den Klägern etwaige Prospekt- und Beratungsfehler schon bekannt waren, sie auch den Prospekt durch ihren anwaltlichen Vertreter, dessen Kenntnis ihnen zugerechnet werden muss, auf Prospektfehler durchsucht haben und auch hinsichtlich etwaiger Beratungsfehler durch ihn beraten worden sind. Die Kläger hatten – wie das erwähnte Schreiben ebenso ausweist – auch schon Kenntnis von der Beklagten als möglicher Anspruchsgegnerin. Denn dort erwähnten sie eigens die Beratung durch die Beklagte, auf die sich die Kläger verlassen hätten, und deuteten an, dass auch deren etwaige juristische Verantwortung impliziert sein könnte. Jedenfalls wäre es als grob fahrlässig anzusehen, weil die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt gewesen wäre, wenn die Kläger nicht die ganz naheliegende Überlegung angestellt hätten, dass die die Anlage empfehlende und beratende Bank für Pflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen sein könnte.

2. In einem solchen Fall obliegt es den Anlegern bei Erhebung einer Schadensersatzklage im Jahre 2011 gegen den Prospektherausgeber und die Beraterbank wegen Beratungsfehlern beim Beitritt zu der Fondsgesellschaft darzulegen, von welchen Prospekt- und Beratungsfehlern sie 2002 ausgegangen sind, und welche sie gegebenenfalls noch nicht gekannt haben. Wenden sie stattdessen lediglich pauschal ein, die Verjährung sei für jeden Beratungsfehler gesondert zu prüfen, und das im Jahre 2002 angestrebte Verfahren verhalte sich nicht zu dem Beratungsfehler des Verschweigens von Rückvergütungen, so kann bereits hieraus geschlossen werden, dass sie nicht bestritten haben, die im 2011 gerügten Punkte schon 2002 geprüft zu haben. Hatten die Anleger bereits damals Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) davon, dass die beklagte Bank Rückvergütungen aus offenen ausgewiesenen Provisionen des empfohlenen Produkts erhielt, so hatten sie auch positive Kenntnis davon, dass ihnen die Rückvergütungen und deren tatsächliche Höhe pflichtwidrig verschwiegen wurden.

Bei dieser Sachlage obliegt es jedenfalls zunächst – obschon die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für die verjährungsbegründenden Umstände trifft – den Klägern darzutun, von welchen Prospekt- und Beratungsfehlern sie damals ausgegangen sind und welche sie noch nicht gekannt haben. Sie haben aber (bloß) pauschal eingewendet, die Verjährung sei für jeden Beratungsfehler gesondert zu prüfen und das (angestrebte) Verfahren verhalte sich nicht zu dem Beratungsfehler des Verschweigens von Rückvergütungen (Replik vom 10.6.2011, S. 28, Bl. 78 d.A.). Von diesen hätten sie erst durch den hiesigen Prozessbevollmächtigten erfahren (Schriftsatz vom 01.08.2011, S. 4, Bl. 103 d.A.). Bereits hieraus kann geschlossen werden, dass sie nicht bestritten haben, die im vorliegenden Prozess gerügten Punkte bereits damals geprüft zu haben. Darauf, dass aufgrund des im Jahr 2002 angestrebten Verfahrens die Verjährungseinrede begründet ist, hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2011 hingewiesen, ohne dass die Kläger dies zum Anlass genommen hätten, näher vorzutragen, von welchen Prospekt- und Beratungsfehlern, die sie selbst im Schreiben vom 07.10.2002 postuliert haben, sie noch nicht ausgegangen sind. Auch in der Berufung haben die Kläger nicht näher vorgetragen, welche Prospekt- und Beratungsfehler ihnen noch nicht bekannt waren, sondern nur darauf verwiesen, dass die beabsichtigte Klage sich gegen andere Personen gerichtet habe ( u.a. aber als Prospektherausgeber), im Übrigen die Kläger erst durch den hiesigen Prozessbevollmächtigten von der Nichtaufklärung über geflossene Provisionen informiert worden seien.

Schlagworte: Anlageberatung und Prospekthaftung, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, Rückvergütung, Verjährung