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OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.02.2021 – 21 W 134/20

§ 16 Abs 3 SEBG, § 17 Abs 2 AktG, § 98 AktG

Streitet die Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG für ein anderes Unternehmen, das tatsächlich eine Mehrheitsbeteiligung an dem beherrschten Unternehmen hält, so kann ein herrschender Einfluss durch das Unternehmen mit der Minderheitsbeteiligung nur angenommen werden, wenn die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG für das andere Unternehmen widerlegt wird.

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 3) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2020 werden zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der ursprünglich als Aktiengesellschaft bestehenden Antragsgegnerin nach deren Umwandlung in eine SE.

Der Antragsteller (zugleich Beteiligter zu 1)) war Aktionär der Antragsgegnerin. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin, die bis zum 31. Juli 2017 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft bestand, beschloss am 2. Juni 2017 die formwechselnde Umwandlung in eine Societas Europaea (im Folgenden SE). Die Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister der Gesellschaft erfolgte am 31. Juli 2017. Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin bestand nur aus Vertretern der Anteilseigner.

Mit einem am (24. bzw.) 27. Juli 2017 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragssteller eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin beantragt und später mit Schriftsatz vom 30. September 2017 den Antrag ergänzt. Insoweit hat er präzisierend begehrt, festzustellen, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist und je zur Hälfte aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer zusammenzusetzen ist (Bl. 50 d. A.).

Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. November 2017 (veröffentlicht in ZIP 2018, 932) zurückgewiesen. Gegen den Beschluss haben die Beteiligte zu 3) und der Antragsteller Beschwerde eingelegt, wobei hinsichtlich des Antrags der Beteiligten zu 3) auf Bl. 115 d. A. verwiesen wird. Auf die Beschwerden hat der Senat mit Beschluss vom 27. August 2018 (veröffentlicht in ZIP 2018, 1874) die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen sowie die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Bundesgerichtshof hat am 23. Juli 2019 die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen (veröffentlicht in ZIP 2019, 1762).

Daraufhin hat das Landgericht nach ergänzendem Vortrag der Beteiligten mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag erneut zurückgewiesen. Gegen den dem Antragsteller am 24. August 2020 (Bl. 562 d. A.) zugestellten und am 21. August 2020 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Beschluss haben der Antragsteller mit einem am 20. September 2020 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 568 d. A.) und die Beteiligte zu 3) mit einem am 21. September 2020 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 571 d. A.) Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat den Rechtsmitteln nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 569 d. A.).

B.

Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.

I. Die beiden Rechtsmittel sind jeweils als Rechtsbeschwerde gemäß § 99 Abs. 3 AktG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1) ergibt sich bereits aus dessen Stellung als Antragsteller, wobei es für die damalige Antragsberechtigung aufgrund der Aktionärsstellung des Beteiligten zu 1) auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt (vgl. Hölters/Simon, AktG, 2017, § 98 Rn. 12), weswegen das Bestreiten der Antragsgegnerin mit Nichtwissen hinsichtlich des Fortbestands der Aktionärsstellung des Beteiligten zu 1) ohne Belang ist.

Die Beteiligte zu 3) ist gemäß § 99 Abs. 4 Satz 3 iVm § 98 Abs. 2 Nr. 10 AktG beschwerdeberechtigt. Nach Vorlage der zu den Akten gereichten Gehaltsbescheinigung eines ihrer Mitglieder geht der Senat – wie auch der Bundesgerichtshof – davon aus, dass die Beteiligte zu 3) im Unternehmen selbst oder in einem anderen von diesem abhängigen (vgl. MünchKommAktG/Gach 4. Aufl., § 16 MitbestG Rn. 5) Unternehmen zum maßgeblichen Zeitpunkt vertreten ist. Dem ist die Antragsgegnerin im weiteren Verlauf des Verfahrens für den maßgeblichen Zeitpunkt der Aufnahme des Verfahrens seitens der Beteiligten zu 3) nicht mehr entgegengetreten.

Auch im Übrigen sind die Beschwerden zulässig. Insbesondere sind sie form- und fristgerecht erhoben worden, weil sie weniger als einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung im elektronischen Bundesanzeiger beim Landgericht eingegangen sind, § 99 Abs. 4 Satz 4 AktG, 63 Abs. 1 FamFG. Zudem sind beide Beschwerden entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hinreichend begründet. Aus den jeweiligen Beschwerdeschriften geht hervor, inwiefern die angefochtene Entscheidung nach Auffassung der Beschwerdeführer auf einer Rechtsverletzung beruhen.

Schließlich ist der Senat nicht daran gehindert, über beide Rechtsmittel zu entscheiden, obgleich das Landgericht dem Wortlaut des Tenors zufolge einen Nichtabhilfebeschluss nur mit Blick auf die Beschwerde des Antragstellers gefasst hat. Aus der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung ergibt sich nämlich hinreichend deutlich, dass die Vorlageentscheidung auch in Bezug auf das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3) gefällt worden ist. Zudem steht ein fehlendes Abhilfeverfahren einer Durchführung des Beschwerdeverfahrens ohnehin nicht entgegen (vgl. BGH NJW-RR 2017, 707; Keidel/Sternal, FamFG, 2020, § 68 Rn. 34).

II. Die Rechtsmittel sind allerdings unbegründet. Die Ausführungen des Landgerichts halten der allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist von folgenden gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen auszugehen:

Die Antragsgegnerin beschäftigte am 31. Juli 2017 205 Arbeitnehmer. Zu dem Konzern der Antragsgegnerin zählen eine Reihe weiterer Gesellschaften, die zusammen mit den Arbeitnehmern der Antragsgegnerin insgesamt 1046 Personen beschäftigten. Mit den Gesellschaften X GmbH (X) und Y GmbH (Y) bestand ein Beherrschungsvertrag, wobei der Vertrag zur X mittelbar über eine Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin bestand. Zum maßgeblichen Zeitpunkt waren bei der X 12 Mitarbeiter und bei der Y 35 Arbeitnehmer beschäftigt. Ferner hielt eine fast 100%ige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin, der A GmbH (im Folgenden A) neben der Mehrheitsgesellschafterin, der Z Beteiligungsgesellschaft, die über eine Beteiligung von 51 % verfügte, eine Minderheitsbeteiligung von 49 % an der B GmbH (im Folgenden B GmbH), die zwar unstreitig über mehr als 1.300 Mitarbeiter beschäftigt, deren konzernrechtliche Zurechnung zwischen den Beteiligten allerdings streitig ist. Zudem erwarb die Antragsgegnerin im Oktober 2018 45 % und bis Dezember 2019 die restlichen Anteile an der C GmbH, die 2.000 Arbeitnehmer zählte.

Zum Zeitpunkt der Beantragung und Eintragung des Umwandlungsbeschlusses bestand bei der Antragsgegnerin ein Aufsichtsrat, der sich nur aus Vertretern der Kapitalseite zusammensetzte.

Dem erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof vorgebrachten und in dem anschließend erneut durchgeführten Verfahren vor dem Landgericht vertieften Vortrag der Antragsgegnerin zufolge, der die Beteiligten zu 1) und 3) nicht entgegengetreten sind und von dem Landgericht in dem angefochtenen Beschluss nunmehr entsprechend festgestellt worden ist, wurde mit Schreiben vom 28. April 2017 ein Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung gemäß § 4 SEBG eingeleitet. Das daraufhin am 28. Juni 2017 gewählte besondere Verhandlungsgremium fasste am 7. Juli 2017 einstimmig einen Beschluss über die Nichtaufnahme von Verhandlungen gemäß § 16 Abs. 1 SEBG.

2. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht vornehmlich ausgeführt, der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht nach den Vorschriften des DrittelBG oder des MitbestG zu bilden. Eine direkte Anwendung der Vorschriften scheide aus, da die Mitbestimmung der SE abschließend in § 47 Abs. 1 Nr. 1 SEBG geregelt sei. Die Beschlussfassung nach § 16 SEBG über die Nichtaufnahme von Verhandlungen führe dazu, dass die Auffangregelungen nach §§ 34 bis 38 SEBG ebenfalls nicht anwendbar seien. Der Beschluss sei zudem unabhängig von der Frage einer nicht fristgerechten Anfechtung von den Arbeitsgerichten und den damit verbundenen materiell-rechtlichen Rechtsfolgen wirksam. Dem stehe § 16 Abs. 3 SEBG nicht entgegen, da den Arbeitnehmern zum Zeitpunkt der Beschlussfassung jedenfalls keine Rechte auf Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungs- und dem Drittelbeteiligungsgesetz zugestanden hätten.

Die Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes seien zum maßgeblichen Zeitpunkt auf die Antragsgegnerin nicht anwendbar gewesen. Der Schwellenwert von 2.000 Arbeitnehmer in § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitBestG sei damals nicht überschritten worden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer seien die Beschäftigten der B GmbH mangels einer konzernrechtlichen Verbindung im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht hinzuzurechnen. Die Antragsgegnerin habe (mittelbar) nur über eine Minderheitsbeteiligung verfügt. Das genüge in Anbetracht des Umstandes, dass die Mehrheitsbeteiligung nur von einem anderen Gesellschafter gehalten worden sei, nicht für einen beherrschenden Einfluss der Antragsgegnerin an der B GmbH. An dieser Beurteilung änderten die hinzukommenden Umstände, wie etwa die Sperrminorität, das vertraglich der Antragsgegnerin bzw. deren Tochtergesellschaft zugesicherte Andienungsrecht von Anteilen an der B GmbH oder die zwischen der Antragsgegnerin und der B GmbH bestehenden Mietverträge nichts. Auch eine Zurechnung der Arbeitnehmer der C GmbH komme nicht in Betracht. Der Erwerb mit 45 % der Anteile sei erst im Oktober 2018 erfolgt und die vollständige Übernahme erst im Dezember 2019 abgeschlossen. Zwar sei bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl zum maßgeblichen Zeitpunkt die aufgrund konkreter Unternehmensentscheidungen erwartete Entwicklung der Beschäftigtenzahl einzubeziehen. Ein verbindlicher Beschluss der zuständigen Gesellschaftsorgane sei damals jedoch nicht gefällt worden.

Ferner sei auch ein mitbestimmter Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz nicht einzurichten gewesen. Der Schwellenwert von 500 Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelBG sei nicht überschritten worden. Die Gesellschaft selbst habe nur über 205 Arbeitnehmer verfügt. Die mit ihr durch einen Beherrschungsvertrag verbundenen Gesellschaften X und Y hätten zusammen lediglich über 47 Arbeitnehmer verfügt.

3. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass aufgrund der im weiteren Verfahren nach der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde zu berücksichtigenden Beschlussfassung über die Nichtaufnahme von Verhandlungen gemäß § 16 Abs. 1 SEBG die §§ 34 bis 38 SEBG über die Mitbestimmung kraft Gesetzes gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 SEBG keine Anwendung finden. Insofern ist dem erstinstanzlichen Gericht darin zu folgen, dass der Beschluss entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wirksam ist.

a) Soweit die Beteiligte zu 3) die formelle Wirksamkeit des Beschlusses in Zweifel zieht, kommt es hierauf nicht an. Unstreitig ist gegen den Beschluss keine Klage vor den Arbeitsgerichten erhoben worden. Nach herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, sind bei Vorliegen einer Mitbestimmungsvereinbarung alle prozeduralen und wahlbezogenen Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensmitbestimmung gemäß § 2a Nr. 3e ArbGG den Arbeitsgerichten vorbehalten (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 26. März 2020 – 31 Wx 278/18, juris Rn. 24 mwNachw). Entsprechend ist über die formelle Wirksamkeit hier nicht zu entscheiden, ist sie vielmehr mangels fristgerechter Klage vor den Arbeitsgerichten zu unterstellen.

b) Soweit es die materielle Wirksamkeit des Beschlusses betrifft, kann dahingestellt bleiben, ob sich nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Wirksamkeit des Beschlusses bereits aus dessen fehlender Anfechtung vor den Arbeitsgerichten ergibt (ablehnend OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss vom 26. März 2020 – 31 Wx 278/18, NZG 2020, 783).

Ferner kommt es ebenfalls nicht auf die Frage an, ob im Rahmen von § 16 Abs. 3 SEBG – anders als bei § 35 Abs. 1 SEBG – auf den Ist- und nicht den Soll-Zustand der Mitbestimmung der umgewandelten Gesellschaft abzustellen ist (vgl. hierzu vornehmlich OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss vom 26. März 2020 – 31 Wx 278/18, NZG 2020, 783 sowie Rombey/Vogt, NZG 2019, 1412). Denn die Feststellung des Landgerichts, wonach zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung am 7. Juli 2017 bei der Antragsgegnerin tatsächlich kein mitbestimmter Aufsichtsrat bestand und auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrates weder nach dem Mitbestimmungs- noch nach dem Drittelbeteiligungsgesetz erfüllt waren, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Der Schwellenwert des § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG von 2.000 Arbeitnehmern wurde den Feststellungen des Landgerichts zufolge am 7. Juli 2017 nicht überschritten. Diese Feststellungen halten entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer einer rechtlichen Überprüfung stand. Unstreitig beschäftigte die Vorgängergesellschaft selbst zum maßgeblichen Zeitpunkt lediglich 205 Arbeitnehmer und gehörten zum Konzern der Antragsgegnerin – abgesehen von den Arbeitnehmern der B GmbH sowie der C GmbH – lediglich 1.046 Arbeitnehmer. Die letztgenannten Gesellschaften waren aber am 7. Juli 2017 nicht Teil des Konzerns der Antragsgegnerin, weswegen deren Beschäftigte der Antragsgegnerin nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 MitbestG zuzurechnen waren.

aaa) Die B GmbH bildete mit der Antragsgegnerin keinen Konzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG, was aber gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 MitbestG Voraussetzung für eine Zurechnung deren Mitarbeiter wäre. Denn die B GmbH war kein unter der Leitung der Antragsgegnerin zusammengefasstes abhängiges Unternehmen, wobei – ohne, dass es darauf im Einzelnen ankäme – insoweit auf den konzernrechtlichen Aktienbegriff abzustellen ist (vgl. BAG, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 7 ABR 56/10, juris Rn. 46 für § 2 DrittelbG; MüKoAktG/Annuß, 2019, § 5 MitbestG Rn. 6; aA OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 936, 937). Eine vermutete Abhängigkeit nach § 17 Abs. 2 AktG scheidet aus, da die Antragsgegnerin mittelbar über die A nur über eine Minderheitsbeteiligung an der B GmbH in Höhe von 49 % verfügte. Zudem hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch im Übrigen keinen beherrschenden Einfluss auf die B GmbH im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG ausüben konnte, wobei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sich aus § 43 S. 1 SEBG auch keine weite Auslegung des Konzernbegriffs des § 17 Abs. 1 AktG ergibt. Zwar ist es Ziel der zugrundeliegenden Richtlinie, zu verhindern, dass eine SE dazu missbraucht wird, Arbeitnehmern Beteiligungsrechte zu entziehen oder vorzuenthalten. Ziel ist es aber nicht, zunächst nicht bestehende Beteiligungsrechte etwa durch eine von dem sonstigen Verständnis abweichende weite Auslegung des Konzernbegriffs erst zu schaffen.

(1) Ein beherrschender Einfluss ist danach gegeben, wenn das herrschende Unternehmen entweder in der Lage ist, dem abhängigen Unternehmen für dessen Geschäftsführung Weisungen zu erteilen und deren Befolgung zu erzwingen, oder zumindest in der Lage ist, auf längere Sicht Konsequenzen herbeizuführen, wenn seinem Willen nicht entsprochen wird, wobei – wie auch das Landgericht nicht verkannt hat – nicht die tatsächliche Ausübung, sondern allein die Möglichkeit dazu maßgeblich ist und es auf die Sicht des abhängigen Unternehmens ankommt (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
ZIP 1993, 1791, 1793; MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 38 jew. mwNachw.).

Hierfür ist erforderlich, die Führung der Geschäfte durch Bestellung der Geschäftsführung oder auf andere Weise bestimmen zu können. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens im Ganzen erstreckt oder zumindest die wichtigen Geschäftsbereiche erfasst (vgl. MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 39; Hüffer/Koch, AktG, 2020 § 17 Rn. 7; Schall in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, § 17 Rn. 12). Der beherrschende Einfluss muss auf einer ausreichend gesicherten Grundlage bestehen, während nur gelegentliche oder zufällige Einflussmöglichkeiten nicht ausreichen (vgl. BGHZ 62, 193, 199; BGHZ 80, 69, 73; MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 68, Rn. 39; Hüffer/Koch AktG, 2020; § 17 Rn. 7). Sie muss zudem gesellschaftsrechtlich bedingt oder zumindest vermittelt sein, während eine allein auf schuldrechtlicher Vertragsgrundlage begründete wirtschaftliche Abhängigkeit nicht genügt (vgl. BGH NJW 1984, 1893; Emmerich in Habersack/Emmerich, Aktien-, GmbH- und Konzernrecht, 2016 § 17 Rn. 14). Allerdings braucht der beherrschende Einfluss nicht vollständig gesellschaftsrechtlich abgesichert zu sein; es genügt auch, wenn die gesellschaftsrechtlich begründeten Einwirkungsmöglichkeiten erst in Verbindung mit weiteren Umständen rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Art einen beherrschenden Einfluss begründen. Dabei sind alle denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, die ein zusätzliches Einflusspotential verschaffen, sofern die aufgrund der Beteiligung bereits bestehenden Einflussmöglichkeiten durch ihre Verbindung mit den genannten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen dem beteiligten Unternehmen im Ergebnis dieselbe Rechtsstellung wie eine Mehrheitsbeteiligung verschafft (vgl. KG AG 2005, 398, 399 ff.; Emmerich in Habersack/Emmerich, Aktien-, GmbH- und Konzernrecht, 2016 § 17 Rn. 15).

In erster Linie wird – wie sich aus der gesetzlichen Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG in Verbindung mit § 16 AktG ergibt – der beherrschende Einfluss durch die Stimmenmacht gewährt, die sich in aller Regel aus der Mehrheitsbeteiligung ergibt (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ZIP 1993, 1791, 1793; Emmerich in Habersack/Emmerich, Aktien-, GmbH- und Konzernrecht, 2016 § 17 Rn. 17). Zwar kann bei Hinzutreten besonderer Umstände auch eine geringere Stimmenmacht beherrschenden Einfluss begründen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine geringe Stimmrechtsquote wegen regelmäßig niedriger Hauptversammlungspräsenz eine faktisch gesicherte Hauptversammlungsmehrheit begründet (vgl. BGHZ 69, 334, 347). Das gleiche gilt, wenn eine beständige Unterstützung durch andere Gesellschafter verlässlich gesichert ist und mit den Stimmen dieser Gesellschafter zusammen die erforderliche Stimmenmacht erreicht wird; dies kann etwa durch Stimmbindungsverträge geschehen, aber auch durch rein tatsächliche Umstände, sofern diese vergleichbar verlässlich sind (vgl. MünchHdb. AktG/ Krieger, 2015, § 68, Rn. 42 f.; Schall in: Spindler/Stilz, AktG, 2019, § 17 Rn. 26). Voraussetzung ist allerdings, dass der Minderheitsaktionär darauf vertrauen kann, dass ein anderer Aktionär, mit dem zusammen er die Mehrheit erreicht, ihn in jedem Fall in der Hauptversammlung unterstützt, weil er mit dem Minderheitsaktionär in vielfältiger Weise verflochten ist (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
AG 2005, 538, 539 f.; Emmerich in Habersack/Emmerich, Aktien-, GmbH- und Konzernrecht, 2016 § 17 Rn. 18).

Streitet allerdings die Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG für ein anderes Unternehmen, das tatsächlich eine Mehrheitsbeteiligung an dem beherrschten Unternehmen hält, so kann ein herrschender Einfluss durch das Unternehmen mit der Minderheitsbeteiligung nur angenommen werden, wenn die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG für das andere Unternehmen widerlegt wird, da eine Gesellschaft nur einem beherrschenden Einfluss unterliegen kann. Für eine solche Widerlegung der Vermutung muss dabei der Nachweis geführt werden, dass das mit Mehrheit beteiligte Unternehmen – etwa aufgrund besonderer Absprachen – keinen beherrschenden Einfluss ausüben kann (vgl. zu dieser Möglichkeit MünchHdb AktG/Krieger, § 69, Rdn. 69 ff.), sondern diese Möglichkeit nur für das andere Unternehmen besteht (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ZIP 1993, 1791, 1794). Die Unmöglichkeit beherrschenden Einflusses muss aus Rechtsgründen bestehen; bloß tatsächliche Umstände, die einen an sich rechtlich abgesicherten beherrschenden Einfluss behindern, widerlegen die Abhängigkeit ebenso wenig wie die tatsächliche Nichtausübung eines möglichen Einflusses (vgl. MünchHdb AktG/Krieger, § 69, Rdn. 59).

(2) Den vorstehenden Grundsätzen zufolge ist die Feststellung eines fehlenden beherrschenden Einflusses der Antragsgegnerin auf die B GmbH rechtlich nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat das Landgericht insoweit entscheidend darauf abgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin lediglich über eine (mittelbare) Minderheitsbeteiligung – wenngleich in Höhe von 49 % – an der B GmbH verfügte. Kennzeichnend für die Stimmrechtsverhältnisse in der B GmbH war aber nicht lediglich, dass sich die verbleibenden, nicht der Antragsgegnerin zurechenbaren Stimmrechte nicht auf eine Vielzahl weiterer Gesellschafter verteilte, sondern dass allein die Z Beteiligungsgesellschaft über die weiteren Stimmrechte verfügte, dieser mithin eine Mehrheitsbeteiligung in Höhe von 51 % zukam. Entsprechend der Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG war also nicht von einer Abhängigkeit der B GmbH von der Antragsgegnerin, sondern von der Z Beteiligungsgesellschaft auszugehen. Diese Vermutung ist – wie das Landgericht in zutreffender Weise festgestellt hat – nicht von den Beschwerdeführern widerlegt worden. Dies gilt sowohl unter Berücksichtigung der jeweiligen, von den Beschwerdeführern angeführten Einzelaspekte als auch im Rahmen der gebotenen Gesamtschau.

Nicht zu überzeugen vermag zunächst der Hinweis der Antragsteller auf bestehende Sperrminoritäten zugunsten der Antragsgegnerin, die ihr durch die A vermittelt wurden. Zwar verfügte die Antragsgegnerin dadurch mittelbar über die Rechtsmacht, eine Reihe von Grundlagenentscheidungen bei der B GmbH zu blockieren. Indessen verlieh ihr die Sperrminorität keine positive Gestaltungsmöglichkeit und auch keinen unmittelbaren, bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Organe der Gesellschaft, so dass hierdurch allein keine Abhängigkeit begründet werden konnte (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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AG 2004, 567, 568; Emmerich in: Emmerich/Habersach, Aktien-, GmbH- und Konzernrecht, 2016, § 17 AktG Rn. 25; MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 39). Der Umstand, dass aufgrund der bestehenden Sperrminoritäten beide Gesellschafter der B GmbH bei grundlegenden Fragen der Unternehmensführung aufeinander angewiesen waren, vermag ebenso wenig einen herrschenden Einfluss der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu begründen (vgl. MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 53 mwNachw). Daran ändert auch der grundsätzlich zutreffende Hinweis der Beschwerdeführer nichts, dass bei der B GmbH als Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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die Gesellschafterversammlung unter anderem den Wirtschaftsplan und die Ergebnisverwendung zu genehmigen hatte. Denn in der Gesellschafterversammlung verfügte nicht die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, sondern die Z Beteiligungsgesellschaft über die Stimmenmehrheit, so dass auch insoweit die Antragsgegnerin über keine Gestaltungsmöglichkeiten verfügte.

Ein maßgeblicher Einfluss der Antragsgegnerin auf die Besetzung des Vorstands erwuchs der Antragsgegnerin auch nicht durch das Vorschlagsrecht von zwei Geschäftsführern der B GmbH. Insoweit weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass es sich lediglich um ein Vorschlagsrecht handelte und das Vorschlagsrecht sich auf lediglich zwei von vier Geschäftsführern bezog. Bezüglich der anderen beiden Geschäftsführer lag das Vorschlagsrecht bei der Z Beteiligungsgesellschaft. Zu deren Gunsten streitet aber die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG, weswegen auch der Hinweis der Beschwerdeführer nicht verfängt, eine (Neu-)Besetzung der Geschäftsführer der B GmbH sei aufgrund der hierfür erforderlichen ¾ Mehrheit nur mit den Stimmen der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin möglich gewesen.

Ebenso wenig vermag die zwischen der Z Beteiligungsgesellschaft und der A vereinbarte Andienungspflicht eine beherrschende Stellung der Antragsgegnerin begründen. Zwar war hiernach die Z Beteiligungsgesellschaft verpflichtet, regelmäßig ab dem Jahr 2020 den Erwerb und die Übertragung ihrer Anteile an der B GmbH der A anzudienen. Zugleich kam der A wie umgekehrt auch der Z Beteiligungsgesellschaft gemäß § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der B GmbH ein Vorkaufsrecht für den Fall zugute, dass die andere Gesellschafterin ihre Beteiligung an der B GmbH einem Dritten veräußern wollte. Zudem bestand für die Z Beteiligungsgesellschaft eine Verkaufsoption gegenüber der A betreffend ihre Anteile an der B GmbH. Unabhängig von den verschiedenen Andienungs- und Erwerbsrechten vermittelt eine Erwerbsmöglichkeit in der Zukunft jedoch regelmäßig keine Abhängigkeit vor dessen Vollzug (vgl. Keßler in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2021, § 17 AktG Rn. 8; MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 44). Das gilt gerade auch dann, wenn es sich nur um eine Erwerbsmöglichkeit handelt und diese bloße Möglichkeit gemessen an dem maßgeblichen Zeitpunkt in fernerer Zukunft – vorliegend in etwa 3 Jahren – besteht. Denn abgesehen davon, ob überhaupt eine relevante Gefahr existiert, dass der aktuelle Vorstand sein Verhalten an dem Interesse desjenigen orientiert, der in Zukunft über seine Weiterbeschäftigung oder Neubestellung entscheiden wird (vgl. dazu Keßler in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2021, § 17 AktG Rn. 8 mwNachw), ist diese Gefahr umso eher vernachlässigbar, je weniger der zukünftige Entscheidungsträger feststeht und je länger der Zeitraum ist, bis zu dem er über die entsprechende Entscheidungsmacht verfügt. Dass die spätere Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse dann zu einem Rückerwerb der Beteiligung durch die A bereits im Jahr 2019 tatsächlich geführt hat und mithin die B GmbH ab diesem Zeitpunkt wieder eine 100%-ige Tochter der A war, machte diese Entwicklung im maßgeblichen Zeitraum des Juli 2017 nicht zur hinreichenden Gewissheit.

Nicht durchzudringen vermögen die Beschwerdeführer mit dem Hinweis darauf, dass ein Großteil der von der B GmbH betriebenen Anlagen im Eigentum der Vorgängergesellschaft der Antragsgegnerin standen, mithin die B GmbH 19 der von ihr betriebenen Einrichtungen von der A mietete. Denn schuldrechtliche Verträge wie etwa Kreditverhältnisse, Lieferverträge oder – wie hier – Mietverträge allein können zwar eine wirtschaftliche Abhängigkeit begründen. Aus ihnen ergibt sich jedoch kein gesellschaftsrechtlich abgesicherter beherrschender Einfluss (vgl. MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 41). Zwar kann durch die schuldrechtliche Abhängigkeit ein bestehender gesellschaftsrechtlicher Einfluss etwa in Form einer Minderheitsbeteiligung, insbesondere einer solchen wie vorliegend in Höhe von 49 %, zu einem beherrschenden Einfluss verstärkt werden. Hiergegen streitet vorliegend jedoch die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG zugunsten der Z Beteiligungsgesellschaft. Insoweit vermag die etwaige, von der Antragsgegnerin allerdings bestrittene wirtschaftliche Abhängigkeit der B GmbH von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin die Vermutung der gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeit der B GmbH von der Z Beteiligungsgesellschaft nicht zu widerlegen. Hierfür hätte es nämlich – wie dargelegt – des Nachweises der Unmöglichkeit beherrschenden Einflusses der Z Beteiligungsgesellschaft aus Rechtsgründen bedurft, wohingegen die hier geltend gemachten tatsächlichen Umstände wirtschaftlicher Abhängigkeit die Abhängigkeitsvermutung nach § 17 Abs. 2 AktG nicht zu widerlegen vermögen. Daher kommt es auf die vom Landgericht geäußerte Einschätzung, bei den Mietverträgen habe es sich um Verträge at arms length gehandelt nicht an, weswegen hierzu auch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen etwa durch die Vorlage der Mietverträge veranlasst waren.

Mangels Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung kommt es maßgeblich darauf an, ob für die A eine beständige Unterstützung durch die Z Beteiligungsgesellschaft verlässlich gesichert war, da sie mit deren Stimmen einen beherrschenden Einfluss auf die B GmbH hätte ausüben können. Ein solche verlässliche Sicherung kann – wie dargelegt – etwa durch Stimmbindungsverträge geschehen. Das Bestehen eines Stimmbindungsvertrags wird aber von den Beschwerdeführern nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Allerdings sind neben Stimmrechtsverträgen auch rein tatsächliche Umstände denkbar, sofern diese vergleichbar verlässlich sind. Hierzu behaupten die Beschwerdeführer, es habe ein acting in concert zwischen der Rechtsvorgängerin und der Z Beteiligungsgesellschaft gegeben. Eine Konkretisierung der Behauptung erfolgt jedoch nicht. Ein acting in concert zwischen beiden Gesellschaften wird von der Antragsgegnerin bestritten und ist auch nicht wahrscheinlich, da es in diesem Fall – worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist – der bestehenden rechtlichen Sicherungen der Minderheitsgesellschafterin in Form von Sperrminoritäten sowie Andienungsrechten nicht bedurft hätte. Entsprechend ist die Behauptung der Beschwerdeführer, die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der A und Z Beteiligungsgesellschaft würden eine enge Abstimmung beim Stimmverhalten nahelegen, gerade nicht zutreffend, wobei ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse an dem wirtschaftlichen Erfolg der B GmbH nicht ausreicht. Insoweit geht auch der Vorwurf der Beschwerdeführer fehl, das Landgericht habe im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht sich die zwischen der Z Beteiligungsgesellschaft und der A bestehenden Verträge vorlegen lassen müssen. Den wesentlichen Kern der Verträge hat die Antragsgegnerin mitgeteilt. Er ist auch nicht streitig. Auf die konkrete Ausgestaltung im Einzelnen kommt es nicht an. Schließlich wird das Bestehen eines Stimmbindungsvertrags von den Beschwerdeführern bereits nicht behauptet.

Zutreffend weisen die Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass im Rahmen ihrer Rechnungslegung nach IFRS die Antragsgegnerin in ihren Geschäftsberichten selbst von der Notwendigkeit einer Einbeziehung der B GmbH in die Rechnungslegung der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin ausgeht und Formulierungen gewählt hat, die eine aus ihrer Sicht bestehende beherrschende Stellung über die B GmbH zumindest nahelegen. Unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Einordnung der gewählten Formulierungen und Aussagen in den Geschäftsberichten der Antragsgegnerin sowie der Frage, ob eine Zurechnung nach den Rechnungslegungsgrundsätzen gleichzusetzen ist mit dem Vorliegen der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 AktG (vgl. hiergegen für die Rechnungslegung nach § 290 HGB etwa Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 2018, § 5 Rn. 25; MünchHdb AktG/Krieger, 2015, § 69 Rn. 37), dürfte den damit verbundenen Einschätzungen der Leitungsorgane der Antragsgegnerin zwar eine gewisse indizielle Bedeutung zukommen. Entscheidende Bedeutung ist dem Umstand jedoch nicht beizumessen. Denn zum einen kommt es auf die Sicht des abhängigen und nicht des herrschenden Unternehmens an. Darüber hinaus ist maßgeblich jedenfalls eine verobjektivierte Betrachtung, nicht hingegen die persönliche Einschätzung der Leitungsorgane der herrschenden Gesellschaft. Im Rahmen einer verobjektivierten Betrachtung steht einer Abhängigkeit der B GmbH von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin jedoch maßgeblich die zugunsten der Z Beteiligungsgesellschaft streitende Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG entgegen.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller vorgenannten Einzelumstände. Zwar mögen diese in ihrer Gesamtheit dafürsprechen, dass die Antragsgegnerin auch schon vor der Übertragung der Aktien der Z Beteiligungsgesellschaft auf die A nicht vollständig ohne Einfluss auf die B GmbH war. Nach allem kann aber nur davon ausgegangen werden, dass sie diesen nicht durch ein unmittelbares beherrschendes Verhältnis ausüben konnte, sondern angesichts der bei der Z Beteiligungsgesellschaft verbleibenden Stimmenmacht dazu nur im Zusammenwirken mit dieser, also nur mittelbar über die Z Beteiligungsgesellschaft und mit deren Hilfe in der Lage war. Dieses Zusammenwirken basierte jedoch nicht auf einer ausreichend gesicherten Grundlage, sondern war geprägt durch die schuldrechtlichen Bindungen der Andienungs- und Erwerbsverträge, die der A aber noch keine gesicherte Beherrschungsmöglichkeit einräumten.

bbb) Des Weiteren waren auch die Beschäftigten der C GmbH der Antragsgegnerin nicht zuzurechnen, da auch diese Gesellschaft zum damaligen Zeitpunkt kein Teil des Konzerns der Antragsgegnerin war. Zutreffend hat das Landgericht hierzu ausgeführt, dass im Juli 2017 dieses Unternehmen noch nicht von der Antragsgegnerin übernommen worden war. Zudem hat das erstinstanzliche Gericht zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung der regelmäßigen Beschäftigungszahl nach § 9 MitbestG zwar nicht nur der Personalbestand der Vergangenheit, sondern auch die künftige erwartete Entwicklung einzubeziehen ist, sofern die konkreten unternehmerischen Entscheidungen insoweit bereits getroffen worden sind (vgl. BAG, Beschluss vom 15. November 2015 – / ABR 42/13; Beschluss vom 12. November 2008 – 7 ABR 73/07, jew juris). Hierzu hat das Landgericht allerdings festgestellt, dass solche konkreten Beschlüsse mangels Vortrag der Beschwerdeführer nicht festgestellt werden konnten und der allein insoweit seitens der Beschwerdeführer erfolgte Hinweis auf einen Expansionskurs der Antragsgegnerin hierfür nicht ausreicht.

Soweit die Beschwerdeführer hiergegen einwenden, das Landgericht habe hierbei die sekundäre Darlegungslast der Antragsgegnerin verkannt und habe weitere Ermittlungen von Amts wegen vornehmen müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragsgegnerin hat vorgebracht, zum Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses sei ein Beteiligungserwerb nicht absehbar gewesen. Zudem hat sie unbestritten vorgetragen, ein entsprechender Vorstandsbeschluss sei erst am 14. Juni 2018 und damit circa ein Jahr später gefasst worden. Dieser Vortrag gibt zu Zweifeln keinen Anlass, da der Erwerb von lediglich 45 % der Geschäftsanteile an der C GmbH im Oktober 2018 erfolgte und die übrigen Anteile und damit die für eine Zurechnung der Arbeitnehmer maßgebliche Mehrheit der Anteile erst im Jahr 2019 erworben wurde. Damit hatte die Antragsgegnerin ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Relevante Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen waren ebenfalls nicht ersichtlich.

Zwar mag der Beginn der Akquisitionsbemühungen weiter zurückliegen. Darauf kommt es aber nicht an, da für eine Zurechnung der entsprechenden Arbeitnehmer konkrete unternehmerische Entscheidungen hätten getroffen worden sein müssen, was aber bereits für den Erwerb der Minderheitsbeteiligung vor dem Juni 2018 nicht der Fall war.

bb) Ferner war im Juli 2017 auch kein Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz zu bilden. Hierfür hätte der Schwellenwert nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelBG von 500 Beschäftigten überschritten werden müssen. Dies war aber nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall. Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin verfügte unstreitig lediglich über 205 eigene Arbeitnehmer. Eine Zurechnung von Arbeitnehmern von Konzernunternehmen erfordert gemäß § 2 Abs. 2 DrittelBG das Bestehen eines Beherrschungsvertrags oder eine Eingliederung. Ein (mittelbarer) Beherrschungsvertrag bestand nur zu der X und der Y, die zusammen über lediglich 47 Arbeitnehmer verfügten, weswegen der Schwellenwert in § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelBG nicht überschritten wurde.

3. Von einer Kostenentscheidung für das jetzige Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Sie ergibt sich aus dem Gesetz. Soweit es die Gerichtsgebühren anbelangt, folgt aus §§ 22 Abs. 1, 32 Abs. 1 GNotKG die Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 1) und 3) als Beschwerdeführer, da – wie aus § 25 Abs. 3 GNotKG folgt – die hiervon abweichende Regelung des § 23 Nr. 10 GNotKG, wonach Kostenschuldner die Gesellschaft ist, auf das Beschwerdeverfahren keine Anwendung findet. Zudem bestimmt § 99 Abs. 6 Satz 2 AktG, dass außergerichtliche Kosten den Beteiligten nicht erstattet werden. Die Vorschrift ist auch auf das Beschwerdeverfahren anwendbar, wie ein Vergleich mit der alten, bis zum 31. März 2012 gültigen Fassung von § 99 Abs. 6 AktG ebenso zeigt, wie eine im Gegensatz zu § 23 Nr. 10 GNotKG unterbliebene Differenzierung zwischen erster und zweiter Instanz oder die sich ansonsten aus § 99 Abs. 1 FamFG eventuell ergebende Regelungslücke. Ob hingegen auch § 99 Abs. 6 Satz 1 AktG trotz der sich aus § 22 Abs. 1 iVm § 25 Abs. 3 GNotKG ergebenden Kostenschuldnerschaft der unterliegenden Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren eine eventuell modifizierte Anwendung findet oder insoweit ein Rückgriff auf §§ 81 ff. FamFG geboten ist, bedarf keiner Entscheidung.

Mangels besonderer Anhaltspunkte war der Geschäftswert gemäß § 75 GNotKG auf 50.000 € festzusetzen (vgl. Spindler in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 99 Rn. 21; MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl., § 99 Rn. 27).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG iVm § 99 Abs. 1 AktG liegen nicht vor. Die Frage nach der Auslegung von § 16 Abs. 3 SEBG mit Blick auf das dort verankerte Vorher – Nachher – Prinzip ist nicht entscheidungserheblich.

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