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OLG Frankfurt, Urteil vom 13.05.1997 – 11 U (Kart) 68/96

§ 43 Abs 1 GmbHG, § 88 Abs 2 AktG, § 133 Abs 1 HGB, § 249 S 1 BGB, § 628 Abs 2 BGB

1. Ohne ausdrückliche Vereinbarung im Anstellungsvertrag unterliegt ein GmbH-Geschäftsführer nur während seiner Amtszeit einem Wettbewerbsverbot, das ihm jede Teilnahme am geschäftlichen Verkehr im Geschäftsbereich der Gesellschaft untersagt. Selbst wenn der Geschäftsführer seine vertraglichen Pflichten derart schwer verletzt, daß der Gesellschaft eine Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist unzumutbar ist, kann ein auf BGB § 628 Abs 2 gestützter Schadensersatzanspruch auch über BGB § 249 S 1 nicht zur Folge haben, daß für den Geschäftsführer das Wettbewerbsverbot bis zum Ende der vereinbarten Kündigungsfrist gilt.

2. Die ihm obliegende Loyalitätspflicht verbietet es einem GmbH-Geschäftsführer, Geschäftschancen, die der Gesellschaft gebühren, als Eigengeschäft wahrzunehmen. Er hat dabei auch Geschäftschancen, von denen er im privaten Rahmen Kenntnis erlangt, an die Gesellschaft weiterzugeben.

Allerdings hat eine Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegenüber ihrem Geschäftsführer letztlich auf Grund der ihm gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG obliegenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Geschäftsmannes einen Anspruch auf loyales Verhalten (vgl. Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, 8. Aufl., § 43 Rn. 121). Mit den hiernach bestehenden Loyalitätspflichten ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft Wettbewerb macht (vgl. Schießl, GmbHR 1988, 53). Verletzt der Geschäftsführer seine Loyalitätspflicht, so steht der Gesellschaft nicht nur ein Schadensersatzanspruch zu, vielmehr kann an dessen Stelle von der Gesellschaft auch entsprechend §§ 88 Abs. 2 AktG; 133 Abs. 1 HGB ein Eintrittsrecht geltend gemacht werden (vgl. BGH WPM 1964, 1320, 1321; BGHZ 38, 306, 309 = MDR 1963, 380).

Die ihm obliegende Loyalitätspflicht verbietet es einem Geschäftsführer auch, Geschäftschancen, die der Gesellschaft gebühren („corporate opportunities”), als Eigengeschäft wahrzunehmen (vgl. Scholz/U.H. Schneider, a.a.O., § 43 Rn. 144; Schießl, a.a.O., 53; Kübler, Festschrift für Werner, 438 f.). Diese Verpflichtung gilt – im Gegensatz zum Wettbewerbsverbot – auch noch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Geschäftsführeramt (vgl. Scholz/U.H. Schneider, a.a.O., § 43 Rn. 141), insbesondere darf ein Geschäftsführer nicht den Wechsel in die Selbständigkeit unter Mitnahme einer Geschäftschance vollziehen, zu deren Nutzung für die Gesellschaft er als Geschäftsführer verpflichtet war (vgl. BGH NJW 1986, 585, 586). Es ist daher unerheblich, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte die Rehabilitationsklinik H. tatsächlich übernommen hat, solange ihm nur – was unstreitig der Fall war – diese Geschäftschance noch während seines Geschäftsführeramtes bekannt wurde.

Für das Vorliegen einer Geschäftschance, die der Gesellschaft gebührt, reicht es aus, wenn das Geschäft zum üblichen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft gehört, oder diese ein nicht unerhebliches Interesse an einem bestimmten Geschäft hat (vgl. Scholz/U.H. Schneider, a.a.O., § 43 Rn. 145 „objektive Geschäftschance kraft Gegenstandes”). Entscheidend ist die abstrakte Gefährdung der Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Einzelfall (vgl. Scholz/U.H. Schneider, a.a.O.; auch Schießl, a.a.O., 54). Diese war im Streitfall gegeben. Die Klägerin gehört zu einer unstreitig stark expandierenden Unternehmensgruppe, deren Muttergesellschaft schon daher an der Übernahme weiterer Kliniken durch ihre Tochtergesellschaften erheblich interessiert ist. Die Zahl der Kliniken, die die A.-Gruppe betreibt, und insbesondere der Umfang der in jüngster Zeit hinzuerworbenen Objekte zeigen, daß die Muttergesellschaft der Klägerin ohne weiteres auch für die finanziellen und personellen Voraussetzungen sorgen konnte, um der Klägerin die Übernahme der Rehabilitationsklinik H. zu ermöglichen. Da die Klägerin bereits Trägerin zweier vergleichbarer Kliniken ist, hätte die Übernahme einer dritten Klinik auch weder Größe, Struktur noch Leistungsvermögen der Klägerin überfordert. Unstreitig ist schließlich, daß selbst das mit der Klinik H. verbundene Altenheim einer Übernahme durch die Klägerin nicht entgegengestanden hätte. Der Beklagte war daher gehalten, der Klägerin die Übernahme dieser Klinik anzubieten, um ihr zumindest die Prüfung zu ermöglichen, ob diese Geschäftschance von ihr wahrgenommen werden soll (vgl. Schießl, a.a.O.).

Schlagworte: Geschäftschancenlehre, Haftung nach § 43 GmbHG, Nachvertraglich, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Schadensersatzanspruch, Während der Amtszeit, Wettbewerbsverbot