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OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Mai 2015 – 5 U 177/14

§ 121 Abs 3 S 1 AktG, § 122 AktG, § 124 Abs 2 S 1 AktG, § 241 AktG, § 243 AktG, § 117 InsO, § 240 ZPO

Die Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses wegen eines Bekanntmachungsfehlers setzt voraus, das dieser Fehler relevant ist. Ausgeschlossen ist die Anfechtbarkeit, wenn dem Fehler im Einzelfall die für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre erforderliche Relevanz fehlt (Anschluss BGH, 25. November 2002, II ZR 49/01, NJW 2003, 970). Bei einer Bekanntmachung, die nicht die vorgeschriebenen Angaben enthält, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt und ob die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden ist, ist die erforderliche Relevanz nicht gegeben.

Die Beschlüsse leiden des Weiteren nicht an einem Bekanntmachungsmangel, weil die Tagesordnung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden wäre.

Zwar enthält die Bekanntmachung, das ist dem Kläger zuzugeben, wenn wie im Streitfall die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auf der Tagesordnung steht, nicht die vorgeschriebenen Angaben, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt, und ob die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden ist (§ 124 Abs. 2 Satz 1 AktG).

Das führt aber nicht zur Anfechtbarkeit der insoweit gefassten Beschlüsse.

Nach allgemeinen Grundsätzen setzt die Anfechtbarkeit wegen eines Bekanntmachungsfehlers voraus, dass dieser Fehler relevant ist. Ausgeschlossen ist die Anfechtbarkeit, wenn dem Fehler im Einzelfall die für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre erforderliche Relevanz fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2002 – II ZR 49/01, Juris-Rn. 12).

Dies ist hier der Fall. Eine unterbliebene Angabe zur Bindung an Wahlvorschläge ist nicht relevant. Dieses Unterlassen führt regelmäßig nicht dazu, dass ein Akti-onär vom Erscheinen abgehalten wird (vgl. Spindler/Stilz/Rieckers, aaO., § 124, Rn. 45). Dieser Gesichtspunkt ist vorliegend auch aus dem weiteren Grund irre-levant, weil es bindende Wahlvorschläge, soweit nicht eine SE in Rede steht, nur im Geltungsbereich des MontanMitbestG gibt (vgl. Hüffer/Koch, AktG 11. Aufl. 2014, § 124, Rz. 6), dem die Beklagte offensichtlich nicht unterliegt.

Im Streitfall war aber auch die Angabe der Zusammensetzung des Aufsichtsrats entbehrlich. Die Beklagte hat aus Sicht beider Parteien nur einen Aktionär, im Fall der Unrichtigkeit ihres Standpunkt jeweils maximal zwei Aktionäre. Mit Blick auf den Unternehmensgegenstand und die Zahl der Beschäftigten handelt es sich bei der Beklagen nicht um eine Gesellschaft, deren Aufsichtsrat nach § 96 Abs. 1 AktG auch Vertreter der Arbeitnehmer anzugehören hätten, sondern um eine Gesellschaft, bei der der Aufsichtsrat nur aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre besteht. Wegen des für den Aufsichtsrat geltenden “status quo-Prinzips“ (§ 96 Abs. 2 AktG) und des weiteren Umstands, dass der Inhalt der für die Zusammen-setzung maßgeblichen Vorschriften – hier allein des AktG – nicht mitgeteilt werden muss (vgl. GroßKomAktG/Werner, 4. Aufl. 1993, § 124, Rn. 28), ist im Streitfall nicht ersichtlich, dass das Unterlassen der Angabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen negative Auswirkungen auf das Erscheinen in der Hauptver-sammlung oder die Beschlussfassung gehabt haben könnte, weshalb Anfechtbarkeit zu verneinen ist (vgl. KKAktG/Zöllner, Aufl. 1985, § 124, R. 45).

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Bekanntmachung, Grundsätzlich Anfechtbarkeit bei relevanten Gesetzes- oder Satzungsverstoßes, Relevanz des Rechtsverstoßes, Relevanz des Verfahrensmangels, Relevanzlehre, Verstoß gegen Gesetz oder Satzung nach § 243 Abs. 1 AktG analog