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OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Mai 2008 – 5 U 233/04

sexuelle Belästigung

§ 626 Abs 1 BGB, § 46 Nr 5 GmbHG

Zur Kündigung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen sexueller Belästigung von Arbeitnehmerinnen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.09.2004 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH, die lernbeeinträchtigten, jungen Menschen die berufliche Ausbildung und Rehabilitation ermöglichen soll. Sie befindet sich in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und wird anteilig vom A und dem B e.V. gehalten.

Bei der Beklagten besteht ein aus sechs Mitgliedern zusammengesetzter Verwaltungsrat, dessen Vorsitzender C ist.

Nach § 7.5 des Gesellschaftsvertrags vertritt der Verwaltungsrat die Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer und gemäß § 9.2 des Gesellschaftsvertrags obliegt dem Verwaltungsrat „die Bestellung, Anstellung und Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung des Geschäftsführers
“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrags vom 14.08.2003 (Bl. 10 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger war seit 15.01.1970 bei der Beklagten angestellt. Nach Maßgabe von § 2 Abs. 5 des Anstellungsvertrags vom 24.07.1980 ist er alleiniger Geschäftsführer der Beklagten. Das Anstellungsverhältnis des Klägers ist nach § 3 Abs. 2 Satz 3 des Anstellungsvertrags in Verbindung mit § 53 Abs. 3 BAT ordentlich nicht kündbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Anstellungsvertrags (Bl. 4 ff. d.A.) Bezug genommen.

Zwischen dem 20.11.2003 und dem 01.12.2003 übersandten die (ehemaligen) Mitarbeiter der Beklagten, D (Schreiben vom 20.11.2003 – Bl. 212 d.A.), E (Schreiben vom 26.11.2003 – Bl. 209), F (Schreiben vom 30.11.2003 – Bl. 214 d.A.) und G (Schreiben vom 01.12.2003 – Bl. 216 d.A.), dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Beklagten jeweils ein Schreiben, in welchem dem Kläger jeweils sexuelle Belästigung und Mobbing von Mitarbeiterinnen und missbrauch seiner dienstliche Stellung vorgeworfen wurde.

Der Verwaltungsratsvorsitzende informierte den Verwaltungsrat der Beklagten erstmals in einer Sitzung am 04.12.2003 über den Inhalt dieser Schreiben. Der Verwaltungsrat beschloss, ein Mediationsverfahren einzuleiten, und beauftragte am 05.12.2003 die Mediatorin H, den Sachverhalt aufzuklären und schlichtende Gespräche zu führen.

Am 17.12.2003 informierte der Verwaltungsratsvorsitzende C den Kläger über die Vorwürfe und die Einschaltung der Mediatorin H, mit der der Kläger in der Folgezeit mehrere Gespräche führte.

Am 27.01.2004 händigte der Verwaltungsratsvorsitzende C dem Kläger die vorgenannten Schreiben der Mitarbeiter aus. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 28.01.2004 und 13.02.2004 Stellung und bestritt die Anschuldigungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schreiben vom 28.01.2004 und 13.02.2004 (Bl. 214 ff. d.A.) Bezug genommen.

Am 19.02.2004 fand eine Verwaltungsratsitzung statt, auf der u. a. die Mediatorin die Verwaltungsratsmitglieder über das Ergebnis ihrer Tätigkeit informierte.

Am 01.03.2004 fand eine weitere Verwaltungsratssitzung statt. Die Verwaltungsratsmitglieder fassten in dieser Verwaltungsratsitzung den Beschluss, den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten mit sofortiger Wirkung abzuberufen und das Anstellungsverhältnis außerordentlich zu kündigen. Am selben Tag übergab der Verwaltungsratsvorsitzende C dem Kläger die schriftliche Abberufung als Geschäftsführer und die schriftliche Kündigung des Anstellungsvertrags (Bl. 18 d.A.).

Am 19.03.2004 beauftragte die Beklagte die I mit der Untersuchung der Vorwürfe der Misswirtschaft und des Missbrauchs der dienstlichen Stellung durch den Kläger.

Am 08.04.2004 fand eine Sondersitzung des Verwaltungsrats der Beklagten statt, in der weitere Vorwürfe gegen den Kläger erörtert wurden. Der Verwaltungsrat beschloss einstimmig, das Anstellungsverhältnis des Klägers erneut außerordentlich zu kündigen. Der Verwaltungsratsvorsitzende Herr C wurde ermächtigt, die Kündigung auszusprechen. Mit Schreiben vom 08.04.2004 kündigte er das Geschäftsführerdienstverhältnis mit dem Kläger erneut außerordentlich und sprach eine Verdachtskündigung aus. Das Kündigungsschreiben übermittelte die Beklagte dem Kläger noch am selben Tag durch Boten.

Der Kläger hat behauptet, weder für die Kündigung vom 01.03.2004 noch für diejenige vom 08.04.2004 habe ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses vorgelegen. Die Beklagte habe den kündigungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und ihn vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört. Außerdem sei die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht beachtet worden.

Hinsichtlich der Kündigung vom 08.04.2004 hat der Kläger behauptet, bereits am 19.02.2004 die schriftliche Anweisung erteilt zu haben, Herrn J bei gleicher Vergütungsgruppe ab 01.03.2004 in eine höhere Altersgruppe einzustufen.

Er habe lediglich mit Frau K einen Gesprächstermin für den 02.03.2004 vereinbart, um mit ihr über eine Verlängerung ihres Anstellungsverhältnisses zu sprechen. Am 01.03.2004 habe er Frau L gebeten, Frau K mitzuteilen, dass sie sich nunmehr an Herrn M wenden solle.

Der Kläger hat unter Erweiterung des ursprünglichen Feststellungsantrags aus der Klageschrift vom 17.03.2004 durch den Schriftsatz vom 04.05.2004 (Bl. 34 ff. d.A.) beantragt,

1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 01.03.2004 nicht aufgelöst wurde, sondern über den 01.03.2004 hinaus fortbesteht;

2. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 08.04.2004 nicht aufgelöst wurde, sondern über den 08.04.2004 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die außerordentliche Kündigung vom 01.03.2004 sei wirksam.

Grund für die außerordentliche Kündigung sei, dass der Kläger seine Stellung als Geschäftsführer ausgenutzt habe, indem er Mitarbeiterinnen regelmäßig sexuell belästigt, sie „gemobbt“ und mehrfach seine dienstliche Stellung in seinem Interesse missbraucht habe. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe die Mitarbeiterinnen Frau G, Frau E und Frau N regelmäßig durch anzügliche Berührungen, Bemerkungen und Verwicklungen in sexuell geprägte Gespräche belästigt.

So habe der Kläger Frau G beispielsweise mehrfach Bilder von unbekleideten Frauen gezeigt und sie gefragt, wie sie als Frau einen „flotten Dreier“ fände. Auch habe er sie gefragt, ob sie „ein kleines Abenteuer“ mit ihm haben wolle. Dies habe Frau G jedoch ganz entschieden abgelehnt. Trotz einer eindeutig ablehnenden Haltung sei Frau G regelmäßig durch den Kläger unsittlich berührt worden. Sie habe aus diesem Grund zum 31.12.2000 ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten gekündigt.

Gegenüber Frau E habe der Kläger, unter anderem im Juni 2000 geäußert, dass „Frauen es wohl am liebsten derb und heftig möchten und ganz besonders den unverkennbaren Geruch des Männerschweißes mögen. Überhaupt müssten Frauen einfach nur richtig durchgefickt werden, dann wäre der Hormonhaushalt wieder in Ordnung und Frauen hätte auch keine Probleme mehr.“

Außerdem sei Frau N durch anzügliche Bemerkungen des Klägers hinsichtlich ihrer Kleidung sowie durch sexuell motivierte Berührungen an Brust und Gesäß sexuell belästigt worden. Der Kläger habe verschiedentlich ihm anscheinend unangenehme Mitarbeiterinnen „gemobbt“ und ihnen auf diese Weise die Weiterarbeit auf ihren Arbeitsplätzen unmöglich gemacht.

Der Kläger habe Frau E seit dem Sommer 2002 in einer Art und Weise gemobbt, dass dies bei ihr gesundheitliche Folgen wie Herzrasen, hohen Blutdruck und massive Magenbeschwerden zur Folge hatte. Er habe ihr ihre Aufgaben als Sekretärin des Geschäftsführers entzogen, sie an keinerlei Informationen teilhaben lassen und sie hierbei mit einem hämischen Grinsen bedacht. Nachdem sich Frau E an den Verwaltungsrat gewandt habe, habe der Kläger sie suspendiert und ihr Hausverbot erteilt. Der Kläger habe erfolglos versucht, daraufhin beim Betriebsrat die Zustimmung zu einer fristlosen Kündigung von Frau E zu erhalten.

Der Kläger habe Frau F gemobbt, indem er sie grundlos abgemahnt und mit rechtlich und tatsächlich unbegründeten personellen Maßnahmen überhäuft habe.

Schließlich habe der Kläger seine dienstliche Stellung missbraucht. Hierbei habe der Kläger vor allem im Zusammenhang mit einem Projekt in O1, einer Reise mit der Mitarbeiterin Frau O nach O2, der Falschabrechnung im Rahmen des so genannten 4. Bauabschnitts sowie der Annahme verschiedenster unentgeltlicher Leistungen von ihren Mitarbeitern und Dritten zu seinen Gunsten und zu ihren Lasten seine vertraglichen Pflichten grob verletzt. Zudem habe er den Verwaltungsrat nur unzureichend informiert.

In Bezug auf die Kündigung vom 08.04.2004 habe der Kläger trotz Erhalts der Kündigung am 01.03.2004 an diesem und dem folgenden Tage zwei Handlungen als Geschäftsführer vorgenommen. Er habe die Höhergruppierung des Mitarbeiters J veranlasst und rückdatiert. Am 02.03.2004 habe er die Entfristung des Arbeitsvertrages der Mitarbeiterin K veranlasst.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, weil das Dienstverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentlichen Kündigungen vom 01.03.2004 und 08.04.2004 (§ 626 BGB) beendet worden sei. Der Verwaltungsrat der Beklagten sei für die Kündigung des Anstellungsvertrages schon nicht zuständig gewesen. Es könne daher dahinstehen, dass die Einhaltung der 2-Wochen-Frist nicht dargetan sei, dass ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vom 01.03.2004 nicht vorliege und dass sich auch aus den nachgeschobenen Kündigungsgründen, die sich auf den missbrauch der dienstlichen Stellung des Klägers beziehen, kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ergebe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 287-299 d.A.).

Gegen dieses ihr am 4.10.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.10.2004 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 18.01.2005 verlängerten Frist begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, die Kündigung vom 01.03.2004 sei rechtzeitig durch das zur Kündigung berechtigte Organ ausgesprochen worden. Erstmals am 19.02.2004 habe der Verwaltungsrat ausreichende Informationen erhalten, aus denen sich verlässlich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung wegen des Verhaltens des Klägers gegenüber seinen Mitarbeiterinnen ergeben habe. Die nachgeschobenen Kündigungsgründe, die sich auf den missbrauch der dienstlichen Stellung des Klägers beziehen, habe die Beklagte erst aufgrund der Feststellungen von I lange nach Abgabe der Kündigungserklärung erfahren. Sowohl aus dem im einzelnen vorgetragenen Verhalten des Klägers gegenüber seinen Mitarbeiterinnen als auch aus den vorgetragenen Tatsachen zum missbrauch der dienstlichen Stellung ergebe sich jeweils ein Grund für eine fristlose Kündigung. Für den Fall, dass das Anstellungsverhältnis nicht schon durch die Kündigung vom 01.03.2004 beendet worden sein sollte, sei es jedenfalls durch die fristlose Kündigung vom 08.04.2004 beendet worden.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 17.01.2005 (Bl. 313-415 d.A.) sowie auf die Schriftsätze vom 21.04.2006 (Bl. 541-570 d.A.), vom 22.02.2007 (Bl. 606-625 d.A.), vom 23.10.2007 (Bl. 719, 720 d.A.), vom 06.12.2007 (Bl. 754-773 d.A.) und vom 30.4.2008 (Bl. 832-837 d.A.) jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 15. September 2004, Az. 3-09 O 37/04, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil und stellt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Abrede. Er hat im Termin am 14.03.2008 die Vollmacht der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerügt.

Auf die Berufungserwiderung vom 08.08.2005 (Bl. 428-509 d.A.) sowie auf die Schriftsätze vom 16.02.2007 (Bl. 592-604 d.A.), vom 14.08.2007 (Bl. 706-711 d.A.), vom 20.09.2007 (Bl. 713,714 d.A.), vom 06.12.2007 (Bl. 782-788 d.A.) und vom 07.05.2008 (Bl. 838-841 d.A.) jeweils nebst Anlagen wird im Übrigen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.03.2007 (Bl. 632, 633 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen R, G, E, N und O. Zu den Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 21.06.2008 (Bl. 657-672 d.A.), vom 15.1.2007(Bl. 729-739 d.A.) und vom 14.03.2008 (Bl. 804-810 d.A.) verwiesen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden.

Ohne Erfolg greift der Kläger die Zulässigkeit der Berufung mit der Behauptung an, im Zeitpunkt der Berufungserhebung habe keine wirksame Prozessvollmacht vorgelegen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 04.03.2008 im Original Prozessvollmachten der Geschäftsführerin der Q GmbH, des Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung der Q GmbH und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Q GmbH jeweils vom 6.11.2007 zur Akte gereicht (Bl. 811-813 d.A.) und damit die Prozessführung jedenfalls genehmigt. Wird ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf durch einen vollmachtslosen Vertreter eingelegt, so ist dieses nur dann als unzulässig zu verwerfen, wenn der Berechtigte nicht zuvor die Verfahrenshandlung genehmigt. Genehmigt der Berechtigte, wird dadurch der Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Vertretung von Anfang an geheilt (§ 89 Abs. 2 ZPO). Wegen ihrer Rückwirkung braucht die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erklärt zu werden, die für die genehmigte Verfahrenshandlung gilt (vgl. BGH Urt. v. 10.01.1995, X ZB 11/92, BGHZ 128, 283, zitiert nach Juris Rn. 12 m. w. Nachw.).

2. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung wie auch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 01.03.2004 ist das Anstellungsverhältnis des Klägers wirksam am 01.03.2004 beendet worden.

a) Der Verwaltungsrat der Beklagten war befugt, die außerordentliche Kündigung zu beschließen und sie durch seinen Vorsitzenden aussprechen zu lassen.

Nach § 46 Nr. 5 GmbHG ist für die Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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die Gesellschafterversammlung zuständig, soweit keine anderweitige Zuständigkeit bestimmt ist. Wegen des engen Sachzusammenhangs zwischen der Aufhebung des Anstellungsvertrages und der Beendigung der Organstellung ist in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung die Gesellschafterversammlung auch für die Aufhebung des Anstellungsvertrages zuständig, soweit keine anderweitige Zuständigkeit bestimmt ist (BGH ZIP 1991, 580, 582).

Hier obliegt nach § 9 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrags dem Verwaltungsrat die Bestellung, Anstellung und Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Die Kündigung des Anstellungsvertrags ist zwar – ebenso wie bei der gesetzlichen Regelung – nicht ausdrücklich erwähnt. Trotz dieses Wortlauts ist aber wegen des engen Sachzusammenhangs zwischen der Aufhebung des Anstellungsvertrags und der Beendigung der Organstellung der Gesellschaftsvertrag dahin auszulegen, dass dem Verwaltungsrat stillschweigend auch die Befugnis zur Kündigung des Anstellungsvertrags als Annexkompetenz zugewiesen ist.

b) Die Kündigung vom 1.3.2004 erfolgte auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 54 Abs. 2 BAT, die der Frist des § 626 Abs. 2 BGB entspricht.

Für den Beginn der Frist zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages des GmbH-Geschäftsführers kommt es auf den Wissensstand des zur Entscheidung über die fristlose Kündigung befugten und bereiten Gremiums an.

Im Fall der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung beginnt die Frist erst, wenn der Sachverhalt einer Gesellschafterversammlung unterbreitet wird und deren Einberufung nicht unangemessen hinausgezögert wurde (Henssler in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 626 Rn. 301). Entsprechendes gilt wenn – wie hier – ein Aufsichts- oder Verwaltungsrat zuständig ist. Die bloße Kenntnis des Verwaltungsratsvorsitzenden ist aus Rechtsgründen unerheblich, selbst wenn sie bereits Details umfasst. Die Ausschlussfrist wird erst in Gang gesetzt, wenn dem zuständigen Gremium in einer Sitzung, die unter Beachtung der in der Satzung vorgesehenen Ladungsfristen einberufen worden ist, ein Sachverhalt mitgeteilt wird, der einen Kündigungsgrund darstellt, und nach den Umständen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das zur Kündigung befugte Gremium nicht mehr geboten ist (Henssler in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 626 Rn. 303). Der Vorsitzende ist zur Einberufung einer Sitzung verpflichtet, wenn er Kenntnis von einem kündigungsrelevanten Vorgang erhalten hat. Unterlässt er dies, so wird die Frist so berechnet, als hätte er pflichtgemäß gehandelt (Henssler in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 626 Rn. 303).

Nach diesen Grundsätzen begann hier die Frist erst zu laufen, nachdem die Mitglieder des Verwaltungsrats in der Sitzung am 19.02.2004 zu einer Einschätzung der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe im Stande waren.

Mit der Verwaltungsratssitzung am 04.12.2003 begann die Frist noch nicht zu laufen. Selbst wenn man unterstellt, der Vorsitzende des Verwaltungsrats habe die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats auf dieser Sitzung nicht bloß über den groben Inhalt der ihm zugegangenen Anschuldigungsbriefe informiert, sondern ihnen die Anschuldigungsbriefe vollständig zur Kenntnis gebracht, folgte daraus noch nicht die Kenntnis die Kenntnis des Verwaltungsrats von einem wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung. Die Briefe enthalten nämlich bloße Anschuldigungen. Der zur Kündigung Berechtigte muss sich aber sicher sein können, dass er in einem eventuellen Kündigungsschutzprozess die Wirksamkeitsvoraussetzungen auch darlegen und beweisen kann. Eine Verdachtskündigung war ohne den Versuch einer Aufklärung ebenfalls nicht möglich.

Die Ausschlussfrist ist auch nicht deswegen versäumt, weil der Verwaltungsrat eine Mediatorin beauftragte, denn der Verwaltungsrat brauchte die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts nicht eigenhändig zu betreiben. Das Mediationsverfahren sollte zumindest auch der Aufklärung der behaupteten sexuellen Belästigung und der Mobbingvorwürfe dienen.

Am 16.02.2004 teilte die Mediatorin dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats als Ergebnis der von ihr mit dem Kläger, der die Anschuldigungen bestritten hatte, und den Verfasserinnen der Anschuldigungsbriefe geführten Gespräche mit, dass sie die Verfasserinnen der Briefe für sehr glaubwürdig halte. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats berief darauf für den 19.02.2004 eine Verwaltungsratssitzung ein, auf der die Mediatorin die Mitglieder des Verwaltungsrats über die Ergebnisse der Gespräche informierte und auf der der Kläger angehört wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt begann die Zwei-Wochen-Frist zu laufen. Die am 01.03.2004 erfolgte Kündigungserklärung war somit nicht verspätet.

c) Es lag auch ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vom 01.03.2004 vor.

Gemäß §§ 55 Abs. 1, 54 BAT in Verbindung mit § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann.

aa) Es ist anerkannt, dass die sexuelle Belästigung einer Arbeitnehmerin an ihrem Arbeitsplatz durch einen Vorgesetzten einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses darstellt (BAG v. 25.03.2004 – 2 AZR 341/03 – AP.-Nr. 89 zu § 626 BGB m. w. Nachw.). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG), das gemäß § 33 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hier noch anwendbar ist, ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Dazu gehören gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Ziff. 2 BSchG auch sexuelle Handlungen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Auch wer am Arbeitsplatz die allgemein übliche minimale körperliche Distanz zu einer Mitarbeiterin regelmäßig nicht wahrt, sondern diese gezielt unnötig und wiederholt anfasst bzw. berührt oder gar sich mit seinem Körper an die Mitarbeiterin herandrängelt, obwohl all diese Kontakte erkennbar nicht erwünscht sind, begeht eine sexuelle Belästigung (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.09.2006 – 3 Sa 163/063 – SchlHA 2007, 197 zitiert nach Juris Rz 35).

bb) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die ihm untergegebenen Zeuginnen N, G und E mehrfach sexuell belästigt hat. Dies ist sowohl durch häufige sexuell geprägte Äußerungen geschehen, aber auch durch sexuell geprägte körperliche Berührungen.

Die Zeugin G hat die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sie vor dem Geschäftsflug nach O3 im Mai 2000 im Shuttle-Bus gefragt, ob sie ein kleines Abenteuer zwischendurch gut fände, glaubhaft bestätigt. Sie hat vor dem beauftragten Einzelrichter des Senats ausgesagt, der Kläger habe sie gefragt, was sie von einem außerehelichen Abenteuer halten würde. Auf die Frage nach dem Gesichtsausdruck des Klägers bei der Frage, sagte sie, sie meine, er habe gegrinst. Diese Aussage hat sie bei ihrer erneuten Vernehmung vor dem vollbesetzten Senat in vollem Umfang bestätigt. Der vom Senat angehörte Kläger ist zwar der Aussage der Zeugin entgegengetreten und hat erklärt, er habe die Zeugin nicht nach einem Seitensprung gefragt. Er konnte jedoch die Überzeugskraft der Zeugin nicht erschüttern. Dabei ist es für die Würdigung ihrer Aussage unerheblich, wie voll genau der Shuttle-Bus tatsächlich war, denn hierbei handelt es sich um eine Nebensächlichkeit, die nicht den Kern der Aussage betrifft. Selbst wenn – wie der Kläger behauptet – die Zeugin G gegenüber der Zeugin E in Gegenwart der Mitarbeiterin P nach der Rückkehr aus O4 äußerte: „keine besonderen Vorkommnisse, nichts passiert“, ergibt sich daraus nicht, dass sich der Vorfall nicht ereignet hat. Es besteht nämlich ohne Weiteres die Möglichkeit, dass sich die Zeugin G in Gegenwart der Zeugin P nicht darüber äußern wollte.

Die Zeugin G hat auch die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe der Zeugin Frau G mehrfach Bilder von unbekleideten Frauen gezeigt und sie gefragt, wie sie als Frau einen „flotten Dreier“ fände, bestätigt. Sie hat ausgesagt, der Kläger habe häufig selbst die …Zeitung mitgebracht, die auf der zweiten oder dritten Seite häufig Bilder von unbekleideten jungen Frauen enthalte. Der Kläger habe sie und die Zeugin E des Öfteren gefragt, wie sie denn diese Bilder fände oder was sie denn von dem Busen dieser oder jenen Frau halte. Er habe dabei eindeutig auf die Brust der Frauen oder auf die Geschlechtsorgane gezeigt. Der Kläger habe auch mehrmals gefragt, was sie denn von einem „flotten Dreier“ halte. Ihr sei dies sichtlich unangenehm gewesen und der Kläger habe einmal gesagt: „Schau mal, jetzt bekommt Frau G mal einen roten Kopf“. Die Zeugin E hat diese Aussage glaubhaft bestätigt und ergänzend anschaulich ausgeführt, der Kläger habe öfter in Bezug auf Obst, das sie aß, und, wenn Blumen gebracht wurden, in Bezug auf Blüten sexuelle Anspielungen gemacht. Die Zeugin G hat zur Abrundung des Beweisthemas glaubhaft ausgesagt, der Kläger habe ihr und der Zeugin E auch ein Kamasutra-Buch gezeigt und gefragt, wie sie diese oder jene Stellungen fänden. Auch diese Aussage hat die Zeugin E bestätigt. Der Zeuge R hat ebenfalls bei seiner Vernehmung bestätigt, dass der Kläger auf seinem Schreibtisch ein Kamasutrabuch liegen hatte. Über das konkrete Beweisthema hinaus hat die Zeugin G schließlich glaubhaft geschildert, dass der Kläger sie häufiger mehr oder weniger zufällig berührte, sexuell geprägte Anmerkungen über ihre Kleidung machte – welches auch die Zeugin N bezogen auf ihre Person bestätigte – und dass sie spürte, dass er sexuell erregt ist, als er sie beim Jahresausklang 1998 umarmte. Diese Aussagen vor dem Einzelrichter haben die Zeugen bei ihrer erneuten Vernehmung durch den Senat bestätigt. Der vom Senat angehörte Kläger ist zwar der Aussage der Zeugin G entgegengetreten und hat erklärt, er sei der Zeugin G nicht zu nahe getreten. Er konnte jedoch die Überzeugskraft der Zeugin nicht erschüttern. Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung durch den Senat letztlich bestätigt, dass die Zeugin G offenbar mitunter peinlich berührt war. Er hat nämlich angegeben, die Zeugin E habe sich ihm gegenüber über die Zeugin G dahingehend geäußert, diese sei so verklemmt, dass sie gar nicht wisse, ob deren Ehe vollzogen sei. Wenn sich eine Sekretärin ihrem Chef gegenüber zu einer solchen Äußerung über eine Mitarbeiterin veranlasst sieht, so spricht dies dafür, dass der Kläger nicht für eine belästigungsfreie dienstliche Situation gesorgt hat.

Im Kern bewiesen ist auch die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich gegenüber der Zeugin Frau E im Juni 2002 wie folgt geäußert: „Frauen möchten es wohl am liebsten derb und heftig und mögen ganz besonders den unverkennbaren Geruch des Männerschweißes“. Die Zeugin E hat ausgesagt, der Kläger habe in Gegenwart des Zeugen R geäußert, der Männerschweiß sei doch das was ihr Frauen mögt. Der Zeuge R hat die Äußerung bestätigt. Die Zeugin O konnte nicht ausschließen, dass eine solche Äußerung erfolgte, als sie nicht zugegen war. Ihre erneute Vernehmung vor dem vollbesetzten Senat konnte daher unterbleiben. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 07.05.2008 hierzu vortragen lässt, die Zeugin E habe eine sexuell geprägte Äußerung nicht bestätigt, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Es ist weder erkennbar noch vorgetragen, in welchem anderen Bezug als einem sexuellen die Äußerung: „Männerschweiß, das ist doch das war ihr Frauen mögt.“ getätigt worden und zu verstehen sein sollte.

Bewiesen ist auch die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich gegenüber der Zeugin Frau E wie folgt geäußert: „Überhaupt müssten Frauen einfach nur richtig durchgefickt werden, dann wäre der Hormonhaushalt wieder in Ordnung und Frauen hätte auch keine Probleme mehr.“ Die Zeugin E hat bei ihrer Vernehmung durch den Einzelrichter diese Äußerung des Klägers glaubhaft geschildert und sie bei ihrer erneuten Vernehmung vor dem Senat vollumfänglich bestätigt. Der vom Senat gemäß § 141 ZPO angehörte Kläger hat nicht in Abrede gestellt, sich gegenüber der Zeugin E über die positive Wirkung des Geschlechtsverkehrs für Frauen geäußert zu haben, will dies jedoch in anderem Zusammenhang getan haben. Durch diese Aussage vermochte er die Überzeugungskraft der Zeugin E nicht zu erschüttern.

Soweit sich im Rahmen der Beweisaufnahme ergeben hat, dass das Beweisthema zu Ziffer 3. zwei unterschiedliche Begebenheiten zum Gegenstand hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass insoweit ein Fehlverständnis der Beklagten vorlag. Ein Widerspruch zum Schreiben der Zeugin E vom 26.11.2003 (Bl. 209 f. d.A.) ist dagegen nicht zu erkennen, denn dort werden nur Äußerungen nacheinander aufgezählt, ohne sie in einen zeitlichen Zusammenhang zu stellen.

Die Zeugin N hat die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe diese Zeugin am 22.1.1992 aufdringlich umarmt und auf die Wange geküsst und ihr im Oktober 1993 an das Gesäß gefasst, woraufhin die Zeugin N dem Kläger auf die Finger geschlagen habe, im Wesentlichen bestätigt. Sie hat ausgesagt: „Am 22. Januar habe ich Geburtstag. Wir waren an diesem Tag alle im Büro versammelt. Herr S kam hinzu und hat mir nicht nur die Hand gegeben zur Gratulation, sondern ist mir um den Hals gefallen und ehe ich es mir versah, hatte ich einen Kuss auf der Backe. Dies fand ich ziemlich widerlich.“ Der Kläger, der diesen Ablauf nicht in Abrede stellt, sieht darin einen üblichen Vorgang, der den Gepflogenheiten bei Geburtstagsgratulationen entsprochen habe. Insoweit vermag der Senat hinsichtlich dieser Situation nicht auszuschließen, dass der Kläger aufgrund einer Fehleinschätzung annahm, sein Verhalten stelle keine belästigende Annäherung dar.

Den Vorfall im Oktober 1993 hat die Zeugin N glaubhaft und sehr anschaulich mit den Worten geschildert: „Es gab immer wieder Situationen, wo er nah an einen ran kam. Er hat auch immer Bemerkungen gemacht, wenn figurbetonte Kleidung getragen wurde und es kam sodann irgendwie zu dieser Situation. Ich meine, er hat mir eine Unterschriftenmappe zurück gebracht. Ich stand mit dem Rücken zu ihm. Und ich merkte dann, dass er mir sehr auf die Pelle rückte, so dass ich dann mit einem Reflex reagiert habe.“ Wenngleich die Zeugin nicht bestätigt hat, dass ihr der Kläger an das Gesäß gefasst hat, hat sie doch glaubhaft und plastisch eine sexuelle Belästigung durch das enge Herantreten Klägers an sie beschrieben, durch das sie sich veranlasst sah, nach dem Kläger zu schlagen. Der Kläger, den der Senat gemäß § 141 ZPO anhörte, hat zwar ausgesagt, er habe nicht mitbekommen, dass die Zeugin um sich geschlagen hat, jedoch zugestanden, dass er möglicherweise dicht hinter der Zeugin gestanden haben könnte, als er ihr eine Unterschriftsmappe brachte. Der Umstand, dass der Kläger sich an diese Situation überhaupt erinnert, spricht aber dafür, dass die Schilderung der Zeugin auch insoweit zutrifft, als sie sich gegen das nahe Herantreten des Klägers körperlich zur Wehr gesetzt haben will. Denn nur so ist zu erklären, dass der Kläger sich eine büroalltägliche Situation, wie das Überbringen einer Unterschriftsmappe, überhaupt erinnert. Auch seine Einlassung, er habe der Zeugin N Komplimente über ihre Kleidung und ihre Frisur nur deswegen gemacht, um sie „zu stärken“, weil sie jung und unsicher gewesen und von der Zeugin E als „… Landei“ bezeichnet worden sei, ist nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin N in Zweifel zu ziehen. Diese Äußerung des Klägers spricht im Gegenteil dafür, dass er als Vorgesetzter sich über die rein dienstliche Ebene hinaus um die Zeugin bemüht hat.

Die Zeugen konnten auch nachvollziehbar darlegen, weshalb nicht schon vorher versucht wurde, das Verhalten des Klägers zu unterbinden.

Das von den Zeugen glaubhaft geschilderte Verhalten des Klägers kann nach Art und Umfang auch nicht bloß als Ausdruck eines lockeren Umgangs gewertet werden. Insbesondere war dem Kläger erkennbar, dass sein Verhalten den betroffenen Frauen unangenehm war. Dies zeigt deutlich die Reaktion der Zeugin N, die versuchte sich körperlich zu Wehr zu setzen. Aber auch der Umstand, dass die Zeugin G wegen der Bemerkungen des Klägers immer wieder rot wurde, musste dem Kläger signalisieren, dass sein Verhalten für die Zeugin unangenehm war.

Anhaltspunkte, die zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugen berechtigen könnten, sind bei der Vernehmung der Zeugen nicht hervorgetreten. Allein der Umstand, dass die von der Beklagten benannten Zeugen einen freundschaftlichen Umgang miteinander pflegen, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit. Auch der Darstellung des Klägers, eine Verärgerung der Zeugin G über eine nicht erfolgte Höhergruppierung und die Eifersucht der Zeugin E auf die Zeugin O seien Motive für nicht zutreffende Anschuldigungen, fehlt die Überzeugungskraft. Für einen Rachefeldzug der Zeuginnen N, G und E ohne tatsächlichen Hintergrund würde eher sprechen, wenn sie dem Kläger nicht mehrere zeitlich aufeinander folgende Belästigungen in unterschiedlicher Qualität, sondern einen dafür aber erheblich massiveren, z.B. gewalttätigen, sexuellen Übergriff zu Last legen würden.

cc) Die gebotene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen lässt keine Gesichtspunkte zu Tage treten, die bei der hier erwiesenen Verhaltensweise eine außerordentliche Kündigung ungerechtfertigt erscheinen ließe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass es sich nicht nur um eine einmalige sexuelle Belästigung des Klägers gehandelt hat, es vielmehr über Jahre hinweg gegenüber Mitarbeiterinnen sexuelle Belästigungen des Klägers gab. Die dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Last zu legenden, feststehenden sexuellen Belästigungen haben ein derartiges Gewicht, dass sie auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten trotz der langen Betriebszugehörigkeit sowie trotz des hohen Lebensalters des Klägers und trotz der Tatsache, dass sich die Betroffenen überwiegend nicht zeitnah beschwert haben, vorliegend eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Kläger war Vorgesetzter der Zeuginnen und hat diese Funktion und das sich daraus ergebende Abhängigkeitsverhältnis missbraucht. Das geschah über einen längeren Zeitraum. Ihm gegenüber ist von den Betroffenen deutlich gemacht worden, dass seine sexuellen Berührungen und Bemerkungen abgelehnt werden.

dd) Eine Abmahnung war entbehrlich. Es handelte sich bei dem Verhalten des Klägers nicht um einen einmaligen Vorfall, sondern um länger währende sich immer wiederholende sexuelle Belästigungen nicht nur verbaler Art.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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