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OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.2015 – I-27 W 71/15, 27 W 71/15

§ 74 Abs 1 GmbHG, § 394 FamFG

Die Liquidation ist i.S.v. § 74 Abs. 1 GmbHG noch nicht beendet, wenn ein die Gesellschaft betreffendes Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Abgrenzung zu den Fällen des § 394 FamFG und Senat, Beschluss vom 3. September 2014, 27 W 109/14; Beschluss vom 21. April 2015, 27 W 46/15).

Die Liquidation ist beendet, wenn das verwertbare Gesellschaftsvermögen verteilt ist und auch keine sonstigen Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Daran fehlt es, wenn ein die Gesellschaft betreffendes Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen und der Gesellschaft noch ein Steuerbescheid zuzustellen ist. In dieser Situation kann von einer beendeten Abwicklung keine Rede sein. Nicht abgeschlossene Steuerverfahren können – von zu bewirkenden Zustellungen abgesehen – etwa durch Steuer(nach)forderungen oder –erstattungen Auswirkungen auf das Gesellschaftsvermögen haben. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen Steuerbescheide kann sich als geboten erweisen. Auch sonst besteht regelmäßig keine Veranlassung, eine Gesellschaft durch ihre Löschung gleichsam einem laufenden Steuerverfahren zu entziehen (vgl. zum Ganzen OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
NJW-RR 2002, 324, Rn. 13 und 17 bei juris; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 74 Rn. 2 iVm § 60 Rn. 105 mit weiteren Nachweisen).

Für die Unzulässigkeit der Löschung nach § 74 Abs. 1 GmbHG bei noch nicht abgeschlossenen Steuerverfahren spricht auch, dass es damit zur Beendigung dieser Verfahren keiner Nachtragsliquidation bedarf. Die Nachtragsliquidation verursacht erheblichen Aufwand, der vermieden wird, wenn die Gesellschaft vor ihrer Löschung auch steuerlich abgewickelt wird. Hinzu kommt, dass die Voraussetzungen, unter denen die Nachtragsliquidation wegen noch laufender Steuerverfahren geboten ist, im Einzelnen streitig sind (vgl. nur OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJW-RR 1990, 100; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbHR 2008, 821; Haas, aaO, § 60 Rn. 105; Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 74 Rn. 14, 17; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 74 Rn. 17 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen). Die damit einhergehenden praktischen Schwierigkeiten in der Abwicklung von Steuerverfahren einer im Handelsregister bereits gelöschten Gesellschaft stellen sich nicht, wenn man die Löschung nach § 74 Abs. 1 GmbHG erst nach Abschluss der Steuerverfahren vornimmt.

Die von der Beschwerde herangezogene Vorschrift des § 394 FamFG ist nicht einschlägig. Die amtswegige Löschung einer vermögenslosen Gesellschaft beruht auf anderen Wertungen und hat andere Voraussetzungen als die vorliegend allein in Rede stehende Löschung auf Betreiben der Gesellschaft bzw. ihrer Liquidatoren gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG. Soweit der Senat es in einem Beschluss vom 03.09.2014 (Aktenzeichen 27 W 109/14) mit Blick auf § 394 FamFG für unerheblich gehalten hat, dass noch Verwaltungsakte zuzustellen sind, gilt dies nicht für die Löschung gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG. Sollte die vorgenannte Entscheidung anders verstanden werden können, hält der Senat hieran nicht fest.

Schlagworte: Liquidation