§ 29 GmbHG, § 158 BGB
1. Eine vereinbarte Vorauszahlung auf den Jahresgewinn steht unter der auflösenden Bedingung des sie rechtfertigenden Jahresergebnisses.
2. Eine Vorauszahlung auf den Jahresgewinn kann nicht mehr verkauft werden, wenn der Gewinn aufgrund des inzwischen vorliegenden Jahresbeschlusses endgültig berechnet werden kann.
Die Kl. und ihr Ehemann sowie der Geschäftsführer der Bekl., P., und dessen Ehefrau waren Gesellschafter der Bekl., einem Unternehmen, das sich mit der Herstellung, dem Erwerb und dem Vertrieb von internationalen Münzen und Medaillen sowie dem Handel mit Edelmetallen und Edelsteinen befaßt. Die Kl. war am Stammkapital der Bekl., das insgesamt 200.000 DM ausmacht, mit 90.000 DM beteiligt. Sie war zugleich neben dem jetzigen Alleingeschäftsführer P. Geschäftsführerin der Bekl. und als solche u.a. für die Finanzbuchhaltung zuständig.
Mit Vertrag vom 4./6.12.1990 haben die Kl. und ihr Ehemann ihre Geschäftsanteile an der Bekl. auf den Mitgesellschafter P. übertragen, und zwar die Kl. zu einem Kaufpreis von 1.440.000 DM. Dabei waren sich die Vertragspartner darüber einig, daß die Geschäftsanteile mit Wirkung zum 31.12.1990 auf den Gesellschafter P. übergehen und der Bilanzgewinn der Gesellschaft einschl. des Jahresüberschusses für das Geschäftsjahr 1990 in voller Höhe ausgeschüttet wird und den Verkäufern entspr. ihrer bisherigen Beteiligung an der Gesellschaft zusteht.
Im Anteilsübertragungsvertrag heißt es weiter:
„4. … Die Vertragsteile sind weiter darüber einig, daß spätestens bis zum 31.1.1991 eine Vorabausschüttung auf den erwarteten Überschuß des Geschäftsjahres 1990 i.H. von 50 % des sich aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung der Gesellschaft per 30.11.1990 ergebenden Überschusses vorgenommen wird.
5. Der Jahresabschluß der Gesellschaft per 31.12.1990 wird von den bisherigen Geschäftsführern, dem Erschienenen zu 1) und Frau K., bis spätestens 30.4.1991 aufgestellt, und zwar unter Beibehaltung der bisherigen Bewertungs- und Bilanzierungsgrundsätze der Gesellschaft (Bilanzkontinuität).
Der Jahresabschluß der Gesellschaft per 31.12.1990 bedarf der Zustimmung der Verkäufer. Wird Einvernehmen über den Jahresabschluß 1990 nicht erzielt, wird dieser für alle Vertragsteile verbindlich von einem Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter aufgestellt und festgestellt.
Einigen sich die Vertragsteile nicht auf einen Wirschaftsprüfer, wird dieser von der Industrie- und Handelskammer in B. bestimmt. Die Kosten des Schiedsgutachtens tragen die Vertragsteile entspr. ihrer bisherigen Beteiligung an der Gesellschaft.
Der Bilanzgewinn per 31.12.1990 wird innerhalb eines Monats nach verbindlicher Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
1990 ausgeschüttet. Für den Fall, daß Einvernehmen über den Jahresabschluß 1990 nicht erzielt und ein Schiedsgutachten eingeholt wird, wird der unstrittige Teil des Bilanzgewinns spätestens bis 31.5.1991 ausgeschüttet.“
Da die Bekl. der Kl. die betriebswirtschaftliche Auswertung zum 30.11.1990 im Januar 1991 noch nicht übergeben hatte, hat die Kl. im Wege der Stufenklage zunächst die Herausgabe der betriebswirtschaftlichen Auswertung per 30.11.1990 verlangt und am 26.3.1991 insoweit ein Teilanerkenntnisurteil gegen die Bekl. erwirkt.
Auf der Grundlage der ihr alsdann durch den Steuerberater der Bekl. übermittelten betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 30.11.1990, die als vorläufiges Ergebnis einen Überschuß i.H. von 2.416.191,24 DM ausweist, berechnet die Kl. den ihr als Vorabausschüttung zustehenden Anteil (50 % von 45 %) mit 543.643 DM und macht mit der zweiten Stufe ihrer Klage diesen Betrag abzüglich einer darauf anzurechnenden und am 1.2.1991 erfolgten Zahlung der Bekl. von 187.500 DM geltend. Die Bekl. lehnt die Zahlung einer Vorabausschüttung im Hinblick auf die zwischenzeitlich durch ihren Steuerberater erstellte Bilanz zum 31.12.1990 ab. Diese Bilanz, die der Kl. zusammen mit der betriebswirtschaftlichen Auswertung für 1990 übersandt worden ist, weist nur einen Jahresüberschuß für 1990 von 389.232,76 DM aus, der später geringfügig auf 390.438,48 DM korrigiert worden ist.
Die Kl. hat die Auffassung vertreten, sie könne unbeschadet des Jahresergebnisses der Gesellschaft die ihr nach dem Inhalt des Vertrages vom 4./6.12.1990 zustehende Vorabausschüttung verlangen, zumal der Jahresabschluß – unstreitig – bislang nicht verbindlich festgestellt worden und zudem auch fehlerhaft sei.
Das LG hat der Klage stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Bekl., die ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Kl. kann von der Bekl. die Auszahlung einer Vorabausschüttung auf den für 1990 zu erwartenden Überschuß nicht mehr verlangen, nachdem die Bilanz für dieses Geschäftsjahr aufgestellt und der endgültige Gewinnanspruch – auch wenn seine Höhe zwischen den Parteien str. ist – berechenbar ist.
I.
Soweit die Kl. die Klageforderung auf Ziffer 4 II des mit dem Geschäftsführer der Bekl. abgeschlossenen Anteilsübertragungsvertrages vom 4./6.12.1990 stützt, wonach bis zum 31.1.1991 eine Vorabausschüttung auf den zu erwartenden Überschuß des Geschäftsjahres 1990 i.H. von 50 % des sich aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung der Gesellschaft per 30.11.1990 ergebenden Überschusses vorzunehmen ist, ist mit dieser Regelung zwar ein gegen die Bekl. gerichteter Anspruch auf Vorabausschüttung begründet worden. Denn die Gesellschafter der Bekl. haben in einer anläßlich der Beurkundung des Anteilsübertragungsvertrages abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Vereinbarung zugestimmt, wie Ziffer 7 der vorgenannten Urkunde zu entnehmen ist. Damit haben sie zugleich einen Beschluß zur Vorabausschüttung des für 1990 zu erwartenden Gewinns gefaßt, der Grundlage des gegen die Bekl. gerichteten Zahlungsanspruchs ist.
Unabhängig von der Richtigkeit der betriebswirtschaftlichen Auswertung per 30.11.1990, nach der die Kl. ihre Forderung berechnet hat, kann sie einen Anspruch auf Vorabausschüttung jedoch nicht mehr geltend machen, nachdem die Bilanz per 31.12.1990 aufgestellt, wenn auch noch nicht festgestellt worden ist. Sowohl nach dem Sinngehalt der Regelung im Vertrag vom 4./6.12.1990 als auch nach der Natur eines solchen Anspruchs hat eine Vorabausschüttung nur vorläufigen Charakter und ist als Vorschuß auf eine noch endgültig festzustellende Leistung zu verstehen. Die Vorabausschüttung des für ein laufendes Geschäftsjahr zu erwartenden Gewinns hat ihre Grundlage in § 29 GmbHG, der einen solchen Vorschußanspruch zwar nicht vorsieht, aber eine entsprechende satzungsrechtliche Regelung ebenso wie entsprechende im laufenden Geschäftsjahr gefaßte Beschlüsse der Gesellschafter zuläßt. Eine Vorabausschüttung steht aber stets unter dem Vorbehalt, daß auf die Gesellschafter nach der Jahresbilanz auch ein entsprechender Gewinn entfällt. Soweit dies nicht der Fall ist, ist eine erhaltene Vorabausschüttung zurückzuzahlen, sei es aufgrund einer der Beschlußfassung zur Ausschüttung des Vorabgewinns stillschweigend innewohnenden Rückzahlungsabsprache, sei es aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung. Eine entspr. Vorauszahlung steht demgemäß immer unter der auflösenden Bedingung des sie rechtfertigenden Jahresergebnisses und setzt die begründete Erwartung eines Gewinns in entsprechender Höhe voraus. Sobald das Jahresergebnis vorliegt, ist der dem Gesellschafter zustehende Gewinnanspruch berechenbar. Der Anspruch auf Vorabausschüttung und der Gewinnanspruch können nicht nebeneinander bestehen, vielmehr ist die Vorabausschüttung aufgrund des ihr innewohnenden Vorschußcharakters auflösend bedingt i.S. von § 158 BGB und kann demgemäß nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Gewinnanspruch auf der Grundlage der Bilanz endgültig berechnet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn zwischen den Gesellschaftern Streit über die Jahresbilanz besteht, die Bemessungsgrundlage des Gewinnanspruchs ist; denn auch vor Billigung der aufgestellten Bilanz durch die Gesellschafter kann der Gewinnanspruch endgültig berechnet und eine Vorabausschüttung, die über den unstreitigen Gewinn hinausgeht, auch als Teilforderung nicht mehr verlangt werden.
Daß die Gesellschafter der Bekl. bei Zustimmung der im Anteilsübertragungsvertrag enthaltenen Vereinbarung über die Vorabausschüttung diese als Vorschuß verstanden haben, der nicht mehr verlangt werden kann, wenn die Berechnungsgrundlagen für den endgültigen Gewinnanspruch vorliegen, macht die stufenweise Regelung des für 1990 an die Gesellschafter auszuzahlenden Gewinns deutlich. So sollte der Gewinn in drei Abschnitten gezahlt werden, und zwar zum 31.1.1991 eine Vorabausschüttung in Höhe von 50 % des Überschusses nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung per 30.11.1990, zum 31.5.1991 eine Ausschüttung des unstreitigen Teils des Bilanzgewinns, sofern über die Bilanz keine Einigung erzielt wird und nach Feststellung der Bilanz durch einen unabhängigen WP als Schiedsgutachter der gegebenenfalls noch bestehende Rest. Diese Regelung läßt erkennen, daß die Gesellschafter zum einen davon ausgegangen sind, das Jahresergebnis werde mindestens dem Überschuß per 30.11.1990 entsprechen und zu 50 % auch nach Abzug von Steuern an die Gesellschafter ausgezahlt werden können. Die Formulierung zeigt zugleich, daß – entgegen der Behauptung der Kl. – die betriebswirtschaftliche Auswertung per 30.11.1990 bei Vertragsschluß noch nicht vorgelegen haben kann, denn anderenfalls hätte man eine konkrete Vorabausschüttung anstelle der abstrakten Regelung auf der Basis der betriebswirtschaftlichen Auswertung, deren Vorlage die Kl. zudem durch das Teilanerkenntnisurteil vom 26.3.1991 hat erstreiten müssen, festgelegt. Die gestaffelte Auszahlungsweise zeigt zugleich den vorläufigen Charakter der Vorabausschüttung und den Willen der Gesellschafter, nicht mehr vorab auszuschütten als dem unstreitigen Gewinn entspricht. Nach Aufstellung der Bilanz sollte der Kl. nämlich nur noch einen Anspruch auf Vorabausschüttung auf der Grundlage des unstreitigen Teils der Bilanz, nicht aber auf der Basis der nach Aufstellung der Bilanz überholten betriebswirtschaftlichen Auswertung per 30.11.1990 zustehen. Diese Regelung wäre nicht verständlich, wenn die Gesellschafter nicht selbst davon ausgegangen wären, daß die betriebswirtschaftliche Auswertung per 30.11.1990 nicht mehr Grundlage für eine Vorabausschüttung sein konnte, sobald die Bilanz aufgestellt war, und zwar auch dann nicht, wenn deren Inhalt unter den Gesellschaftern str. war.
II.
Da die Bekl. den auf der Basis des unstreitigen Teils der Bilanz per 31.12.1990 berechneten Gewinn an die Kl. schon ausgekehrt hat, ist die Klageforderung auch nicht als Mindestbetrag des Gewinnanspruchs gerechtfertigt. Ein auf der Basis der von der Kl. für richtig befundenen Bilanz berechneter Gewinnanspruch kann in diesem Rechtsstreit nicht geltend gemacht werden, denn für den Fall des Streits über die Bilanz haben sich die Parteien in Ziffer 5 des Vertrages vom 4./6.12.1990 auf die Einholung eines Schiedsgutachtens geeinigt. Die Überprüfung der Richtigkeit der Bilanz ist daher dem gerichtlichen Verfahren entzogen.
Die Klage ist daher unter Abänderung der Entscheidung des LG abzuweisen. …
Schlagworte: Gewinnausschüttung, Gewinnverwendung