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OLG Hamm, Urteil vom 20. November 2017 – 8 U 16/17

§ 592 ZPO, §§ 592ff ZPO, § 293 BGB, § 611 BGB, § 615 BGB

Zur Zulässigkeit und Begründetheit einer im Urkundenprozess erhobenen Klage, mit der ein ehemaliger Sparkassenvorstand Vergütungsansprüche aus dem Dienstvertrag mit der Sparkasse für einen Zeitraum geltend macht, in dem die Sparkasse die Annahme seiner Dienstleistungen verweigert hat. Insbesondere: zur Frage einer unzulässigen Wiederholungskündigung und der Anrechnung anderweitiger Verdienste aus dem Zurverfügungstellen eines privat nutzbaren Kraftfahrzeugs.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.12.2016 verkündete Urkunden-Vorbehaltsurteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld (15 O 88/16) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 116.068,47 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins aus jeweils 13.520,83 EUR seit dem 16.02.2016 und dem 16.03.2016, aus jeweils 12.575,83 EUR seit dem 16.04.2016, dem 16.05.2016, dem 16.06.2016 und dem 16.07.2016 sowie aus jeweils 12.907,83 EUR seit dem 16.08.2016, dem 16.09.2016 und dem 16.10.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 5 % und die Beklagte zu 95 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils für die vollstreckende Partei insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger macht aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrages Vergütungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Monate Februar bis Oktober 2016 gegen die Beklagte im Urkundenprozess geltend, und zwar unter Anrechnung anderweitig in diesem Zeitraum erlangter Verdienste.

Die beklagte Sparkasse ist eine Anstalt des Öffentlichen Rechts. Am 25.03.2014 schloss sie – nach BeschlussfassungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Beschlussfassung
nach Beschlussfassung
der zuständigen Gremien – einen Dienstvertrag mit dem Kläger, der seine Anstellung als Vorstandsmitglied für die Zeit vom 01.10.2014 bis zum 30.03.2019 vorsah und die Bruttojahresfestvergütung auf 235.000,- Euro zuzüglich einer Zulage i. H. v. 15 % festlegte. Gemäß § 6 Abs. 8 sollte dem Kläger ein Pkw zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte sollte berechtigt sein, das Fahrzeug im Falle einer Freistellung des Klägers herauszuverlangen. In diesem Zusammenhang heißt es: „Ein Erstattungsanspruch wegen der unterbliebenen Privatnutzung steht dem Vorstandsmitglied nicht zu.“

Nach Vertragsschluss zeigte die Beklagte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) förmlich ihre Absicht an, nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG den Kläger mit Wirkung ab 01.10.2014 zum Vorstandsmitglied zu bestellen. Da sich die Behörde auch nach der Beantwortung diverser Nachfragen nicht von der fachlichen Eignung des Klägers im Sinne des § 25c KWG zu überzeugen vermochte, drohte sie der Beklagten mit Schreiben vom 31.07.2014 an, im Falle seiner Bestellung zum Geschäftsleiter geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wobei insbesondere ein Abberufungsverlangen in Betracht kommen werde. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28.08.2014 den mit dem Kläger geschlossenen Dienstvertrag aus wichtigem Grunde fristlos, den sie zudem hilfsweise anfocht. Der Kläger wurde auch als Organ abberufen.

Mit Urteil vom ……..2015 (… O …/14) stellte die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld auf Antrag des Klägers fest, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.08.2014 nicht beendet und auch nicht aufgrund der am selben Tage ausgesprochenen Anfechtung nichtig sei. In der Begründung heißt es, die vorzunehmende Interessenabwägung falle im Ergebnis zugunsten des Klägers aus. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Vertrag ohne eine aufschiebende Bedingung geschlossen habe, obwohl Belege für die von der BaFin im Vorfeld formulierten Anforderungen nicht umfassend vorgelegen hätten. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Eine von der Beklagten eingelegte Nichtigkeitsklage wurde durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom ……..2017 (… O …/16) verworfen; über die dagegen eingelegte Berufung ist noch nicht entschieden.

Seit Februar 2016 ist der Kläger als Vertriebsleiter in einem Sanitärunternehmen tätig. Er erzielt dort einen monatlichen Bruttoverdienst von jedenfalls 9.000,- EUR und hat Anspruch auf die Privatnutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Pkw.

Mit Schreiben vom 30.06.2016 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger abermals die Kündigung des Dienstverhältnisses aus, die sie erneut auf die aus ihrer Sicht fehlende Eignung des Klägers für eine Tätigkeit als Bankleiter stützte. Mit Urteil vom ……..2016 (… O …/16) stellte das Landgericht Bielefeld auf Antrag des Klägers die Unwirksamkeit auch dieser Kündigung fest. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde durch den Senat mit Urteil vom ……..2017 (… U …/17) zurückgewiesen. Über die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.

Nachdem der Kläger in diversen Vorprozessen Annahmeverzugsvergütung für die Zeit bis Januar 2016 geltend gemacht hat, verfolgt er mit der vorliegenden Klage die Bruttovergütung für die Monate Februar bis Oktober 2016, wobei er unter Anrechnung seiner anderweitigen Verdienste einen Betrag von monatlich 13.520,83 EUR geltend macht. Er hat die Ansicht vertreten, sein Dienstverhältnis zur Beklagten bestehe fort; er sei als Bankvorstand qualifiziert und leistungsfähig.

Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, sie habe das Dienstverhältnis zum Kläger wirksam gekündigt. Jedenfalls fehle ihm die nach § 25 c KWG erforderliche Eignung, so dass er nicht im Sinne von § 615 BGB leistungsfähig sei. Zudem habe er über die Höhe der anderweitig erzielten Einkünfte nicht hinreichend Auskunft gegeben; unabhängig davon sei die Privatnutzung des Dienstwagens zusätzlich als geldwerter Vorteil anzurechnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils nebst der darin enthaltenen Bezugnahmen verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urkunden-Vorbehaltsurteil entsprechend dem Antrag des Klägers zur Zahlung verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Unter Berücksichtigung der aus dem Urkundenprozess folgenden Beschränkungen der Beweismittel stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch aus §§ 615 S. 1, 611 Abs. 1 BGB zu. Zustandekommen und Inhalt des Dienstvertrages seien urkundlich belegt; die Unwirksamkeit der Kündigung und der Anfechtung vom ……..2014 stehe rechtskräftig fest. Die erneute Kündigung vom 30.06.2016 sei eine unzulässige Wiederholungskündigung, da diese auf einen Sachverhalt gestützt werde, der im Feststellungsurteil vom ……..2015 Gegenstand der materiellen Prüfung gewesen sei. Die Aufnahme der Tätigkeit in einem Sanitärunternehmen begründe keinen wesentlich veränderten Kündigungssachverhalt. Es liege auch kein Leistungsunvermögen auf Seiten des Klägers vor. Mit dem dafür angeführten Grund der fehlenden Eignung des Klägers nach § 25 c KWG sei die Beklagte ausgeschlossen, da sie damit bereits die unwirksame Kündigung vom 28.08.2014 begründet habe. Unabhängig davon seien die maßgeblichen Umstände auch nicht urkundlich belegt. Die Höhe der dem Kläger zuzusprechenden Beträge ergebe sich aus der Differenz der vereinbarten von der im streitgegenständlichen Zeitraum anderweitig bezogenen Bruttovergütung. Die geldwerten Vorteile der Dienstwagennutzung seien nicht anzurechnen, da der Kläger gegenüber der Beklagten bei intaktem Dienstverhältnis ebenfalls Anspruch auf private Fahrzeugnutzung gehabt hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, das Dienstverhältnis wirksam gekündigt zu haben. Jedenfalls scheitere ein Vergütungsanspruch am fehlenden Leistungsvermögen des Klägers. Insoweit dürften und müssten die zur Begründung der fristlosen Kündigungen angeführten Umstände erneut berücksichtigt werden. Diese seien auch urkundlich belegt. Bezugspunkt sei die Tätigkeit als Bankvorstand, da eine Tätigkeit unterhalb der Vorstandsebene nicht vereinbart gewesen sei. Für eine Vorstandstätigkeit sei der Kläger indes nicht geeignet im Sinne von § 25 c KWG, was sich aus der Gesamtschau der vorgelegten Dokumente ergebe. Darüber hinaus habe das Schreiben der BaFin vom 31.07.2014 ein objektives Leistungshindernis infolge der für die Beklagte unzumutbaren Rechtsunsicherheit begründet. Unabhängig davon wendet sich die Beklagte auch gegen die Höhe ihrer Verurteilung. Wegen der Regelung in § 6 Nr. 8 Abs. 2 des Dienstvertrags scheide eine gedankliche Verrechnung der von ihr im Falle eines intakten Dienstverhältnisses geschuldeten Dienstwagennutzung aus. Der Kläger müsse sich daher die im Rahmen seines derzeitigen Beschäftigungsverhältnisses gewährte Privatnutzung als geldwerten Vergütungsbestandteil anrechnen lassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 20.12.2016 – 15 O 88/16 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Standpunkte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung erweist sich nur zu einem geringen Teil als begründet und führt insoweit in Abänderung des angefochtenen Urteils zur Klageabweisung, als sich der Kläger die geldwerten Vorteile der privaten Fahrzeugnutzung anrechnen lassen muss, die ihm im Rahmen seines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hat das Landgericht die Beklagte zu Recht im Urkundenprozess zur Zahlung verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

1. Die zulässige Klage ist im Urkundenprozess statthaft erhoben.

Nach § 592 ZPO kann ein Anspruch, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Dabei können Lücken durch unstreitige oder zugestandene Tatsachen geschlossen werden, solange zumindest eine Urkunde vorgelegt wird (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1974, VIII ZR 211/72, BGHZ 62, 286-293).

Diesen Anforderungen genügt die erhobene Klage, die auch die nach § 593 Abs. 1 ZPO erforderliche Erklärung enthält, dass im Urkundenprozess geklagt werden soll. Denn der Kläger hat das Zustandekommen des Dienstvertrags vom 25.03.2014 durch Vorlage einer – unstreitig ordnungsgemäßen – Fotokopie des Vertragsdokuments dargelegt. Zum anderen sind auch die weiteren Voraussetzungen des Annahmeverzuges im Sinne von § 615 BGB – zumindest soweit sie vom Kläger zu beweisen sind – urkundlich belegt.

2. Die Klage ist im dargelegten Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 6 Abs. 2 bis 4 des Dienstvertrags vom 25.03.2014 i. V. m. §§ 611, 615 BGB für die Monate Februar bis Oktober 2016 einen Zahlungsanspruch in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.

a) Das wirksame Zustandekommen des Vertrags begegnet keinerlei Zweifeln, solche sind auch nicht geltend gemacht worden. Nach dem unstreitigen Vertragsinhalt hat der Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.09.2019 – in den auch die vorliegend verfahrensgegenständliche Zeitspanne fällt – einen Vergütungsanspruch in Höhe von monatlich 19.583,33 Euro zuzüglich einer Zulage von 15 %.

b) Aufgrund des Urteils der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom ……..2015 (… O …/…) steht im Verhältnis zwischen den Parteien fest, dass der vorgenannte Vertrag weder durch die Kündigung der Beklagten vom ……..2014 beendet wurde noch aufgrund der im selben Schreiben ausgesprochenen Anfechtung nichtig ist. Diese rechtskräftige Feststellung ist für das hiesige Verfahren bindend (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., vor § 322 Rn. 22-24). Die Bindungswirkung wird durch die zwischenzeitliche Erhebung der von der Beklagten angestrengten Nichtigkeitsklage nicht beseitigt. Diese würde erst mit der formellen Rechtskraft eines Urteils entfallen, durch welches das Urteil vom ……..2015 aufgehoben würde (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 590 Rn. 4). Ein solches ist bislang nicht ergangen.

c) Das Dienstverhältnis wurde auch nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30.06.2016 aufgelöst; diese ist in Ermangelung des nach § 626 Abs. 1 BGB erforderlichen Kündigungsgrundes unwirksam.

aa) Soweit die Beklagte zur Begründung der Kündigung anführt, dass der Kläger nicht die erforderliche Qualifikation und Eignung für das Amt eines Vorstandsmitglieds bei der Beklagten aufweise, kann hierin kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung liegen. Denn insoweit stellt die Kündigung vom 30.06.2016 eine unzulässige Wiederholungskündigung dar.

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Kündigung nicht auf solche Gründe gestützt werden, die der Dienstberechtigte schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in einem früheren Klageverfahren mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie die Kündigung nicht tragen. Mit der Wiederholung dieser Gründe zur Begründung einer späteren Kündigung ist der Dienstberechtigte ausgeschlossen (BAG NZA 2014, 250 ff.; NZA 2013, 1003 ff.; NZA 1994, 70 ff.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Kündigungssachverhalt wesentlich geändert hat (BAG NZA 2014, 250 ff.; NZA 2013, 1003 ff.).

Nach diesen Grundsätzen liegt hinsichtlich des Kündigungsgrundes „fehlende Qualifikation und Eignung“ eine Wiederholungskündigung vor. Die Beklagte hat die Kündigung vom 28.08.2014 darauf gestützt, dass der Kläger nicht über die erforderliche Qualifikation und Eignung für eine Vorstandstätigkeit bei der Beklagten verfüge. Dieser Kündigungsgrund wurde in dem Verfahren … O …/… vor dem Landgericht Bielefeld mit dem Ergebnis materiell geprüft, dass er eine fristlose Kündigung der Beklagten nicht rechtfertigen kann. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass das Landgericht Bielefeld in seinem Urteil vom ……..2015 keine abschließende Feststellung zur Eignung des Klägers getroffen hat. Entscheidend ist allein, dass das Landgericht Bielefeld in dem vorgenannten Verfahren geprüft hat, ob der von der Beklagten geltend gemachte Kündigungsgrund der fehlenden persönlichen Eignung des Klägers eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dass eine solche Prüfung erfolgt ist, ergibt sich daraus, dass das Landgericht Bielefeld in dem vorgenannten Urteil nach umfassender Erörterung ausgeführt hat, dass der hier in Rede stehende Kündigungsgrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen kann. Wie das Landgericht diese Auffassung im Einzelnen begründet hat, ist für die Frage, ob der Kündigungsgrund präkludiert ist, ohne Belang. Dies folgt auch daraus, dass das Verbot der Wiederholungskündigung maßgeblich auf dem Grundsatz der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen beruht (BAG NZA 2013, 1003 ff.). Für die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung ist es unerheblich, wie die betreffende Entscheidung im Einzelnen begründet worden ist.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die materielle Wirksamkeit der Kündigung vom 28.08.2014 nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens 8 U 96/15 OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gewesen sei, ist dies unerheblich. Die Verwerfung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom ……..2015 durch den Senatsbeschluss vom 21.12.2015 als unzulässig hatte zur Folge, dass das vorgenannte Urteil des Landgerichts Bielefeld rechtskräftig wurde. Da in diesem Urteil die materielle Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 28.08.2014 aufgrund inhaltlicher Prüfung verneint wurde, steht dieser Umstand für die Parteien verbindlich fest, so dass es der Beklagten verwehrt ist, eine weitere Kündigung auf die fehlende Eignung des Klägers zu stützen.

Der Umstand, dass es sich bei der fehlenden Eignung des Klägers um einen Dauertatbestand handelt, lässt das Verbot der Wiederholungskündigung unberührt. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, bei kündigungsrelevanten Dauertatbeständen geringere Voraussetzungen an die Zulässigkeit einer Wiederholungskündigung zu stellen als bei einmaligen Vorgängen. Entsprechend geht auch die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass die Grundsätze zur Wiederholungskündigung bei einem Dauertatbestand gleichermaßen Anwendung finden (vgl. BAG NZA 2013, 1003 ff.; NZA-RR 2013, 441 ff.).

Eine Wiederholungskündigung ist auch nicht ausnahmsweise zulässig. Für eine Zulässigkeit wäre erforderlich, dass sich der Kündigungssachverhalt wesentlich geändert hat. Dies ist nicht der Fall, weil für die Beurteilung der persönlichen Eignung des Klägers zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 30.06.2016 keine anderen Umstände zu berücksichtigen sind als seinerzeit für die Beurteilung der Kündigung vom 28.08.2014.

Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf stützt, dass der Kläger seit Februar 2016 als Vertriebsleiter für eine Sanitärfirma tätig sei und damit eine bankfremde Tätigkeit ausübe, hat dieser Umstand weder eine relevante Veränderung des Kündigungssachverhalts zur Folge noch vermag er einen eigenen Kündigungsgrund zu begründen. Denn in der Aufnahme der Tätigkeit für die Sanitärfirma kann eine Pflichtverletzung des Klägers gegenüber der Beklagten nicht gesehen werden. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Ausspruch der fristlosen Kündigung durch die Beklagte am 28.08.2014 die erforderliche Qualifikation für die Ausübung einer Vorstandstätigkeit bei der Beklagten zu erlangen und sich zu diesem Zweck auf freie Stellen bei anderen Banken zu bewerben. Denn durch die fristlose Kündigung und die Abberufung des Klägers als Vorstandsmitglied hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie an dem Dienstvertrag mit dem Kläger nicht festhalten will. Sie hat weder im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung noch in der Zeit danach gegenüber dem Kläger zu erkennen gegeben, dass sie bereit sein könnte, nach Absolvierung einer zusätzlichen Qualifizierungsphase den alten Dienstvertrag zu erfüllen oder einen neuen Dienstvertrag mit dem Kläger abzuschließen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger vor Ausspruch der Kündigung am 28.08.2014 mit Schreiben an die Beklagte vom 13.08.2014 seine Bereitschaft deutlich gemacht hat, die nach Ansicht der BaFin erforderliche Qualifizierungsphase zu absolvieren, um die Eignung für das Vorstandsamt bei der Beklagten zu erlangen. Dass die Beklagte auf dieses Angebot nicht eingegangen ist, sondern die fristlose Kündigung erklärt hat, musste der Kläger als endgültige Weigerung der Entgegennahme seiner Dienstleistung durch die Beklagte werten. Vor diesem Hintergrund fehlt es für eine Verpflichtung des Klägers, nach Ausspruch der Kündigung vom 28.08.2014 die erforderliche Qualifikation für eine Vorstandstätigkeit für die Beklagte zu erlangen und sich zu diesem Zweck um eine Geschäftsleitertätigkeit bei einer anderen Bank zu bemühen, an einer Grundlage. Im Übrigen fehlen auch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Aufnahme der Tätigkeit bei der Sanitärfirma durch den Kläger dazu geführt hat, dass seine vermeintlich fehlende Eignung nicht mehr ein nur vorübergehendes, sondern nunmehr ein endgültiges Leistungshindernis darstellt. Allenfalls lässt sich aus der Aufnahme der Tätigkeit für die Sanitärfirma herleiten, dass der Kläger keine Maßnahmen unternimmt, um die vermeintlich erforderliche Zusatzqualifikation für eine Vorstandstätigkeit bei der Beklagten zu erlangen. Hierzu ist er indes, wie bereits dargelegt, nicht verpflichtet.

Schließlich kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kläger mit seiner Tätigkeit für die Sanitärfirma einer Obliegenheit gegenüber der Beklagten nachkommt, weil sich hierdurch der fortbestehende Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte gemäß § 615 S. 2 BGB reduziert. Zudem war es dem Kläger unter diesem Gesichtspunkt auch nicht zumutbar, die Möglichkeit zur Aufnahme dieser Tätigkeit auszuschlagen, weil er dann das Risiko eingegangen wäre, dass dies als böswilliges Unterlassen einer anderweitigen Verwendung seiner Dienste im Sinne von § 615 S. 2 BGB gewertet worden wäre mit der Folge der Anrechnung der fiktiven Vergütung auf seinen fortbestehenden Vergütungsanspruch.

bb) Unabhängig davon hat die Beklagte aber auch die für die Berechtigung der fristlosen Kündigung vom 30.06.2016 angeführten Gründe, die einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen müssten, nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln bewiesen.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn aus objektiver Sicht die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis so schwer sind, dass dem Dienstherrn jede weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist, eine ordentliche Kündigung nicht abgewartet werden kann und darüber hinaus bei Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall und der gebotenen Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist. Ein Verschulden des Dienstverpflichteten ist hierfür zwar nicht Voraussetzung, jedoch im Rahmen Interessenabwägung zu berücksichtigen (Palandt, BGB, 72. Aufl., § 626 Rn. 39, 41).

Gemessen daran stand die formlose Ankündigung eines Abberufungsverlangens durch das Schreiben der BaFin vom 31.07.2014 einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht schon unabhängig von der inhaltlichen Berechtigung der angekündigten Maßnahme entgegen. Denn § 10 Abs. 3 des streitgegenständlichen Dienstvertrags erläutert das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB dahingehend, dass ein solcher insbesondere in einem „berechtigten“ Verlangen auf Abberufung als Geschäftsleiter liegen solle. Auch wenn es sich insoweit um eine nicht abschließende Aufzählung handelt, spricht die gewählte Formulierung dafür, dass ein etwaiges rechtswidriges Abberufungsverlangen der BaFin aus Sicht der Parteien keinen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB darstellen sollte. Ein solcher kann daher erst recht nicht in der bloßen informellen Ankündigung eines Abberufungsverlangens gesehen werden. Vielmehr ließe sich angesichts der getroffenen Vertragsregelung die Unzumutbarkeit der Vertragsdurchführung erst dann bejahen, wenn die von der BaFin geäußerte Ansicht tatsächlich zuträfe, wonach dem Kläger die nach § 25 c KWG erforderliche Eignung fehlte. Letzteres ist indes mit den im Urkundsprozess statthaften Beweismitteln nicht bewiesen, wie nachfolgend [ II. 2. e) ]weiter auszuführen sein wird.

Darüber hinaus lässt sich der für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung erforderliche Abwägungsprozess ohnehin nicht abschließend auf Basis der vorgelegten Urkunden treffen. Denn ergänzend zu den objektiven Gegebenheiten sind auch subjektive Momente einschließlich Verschuldensgesichtspunkte zu berücksichtigen. Insoweit kommt es unter anderem auf die streitige und unter Zeugenbeweis gestellte Frage an, ob der Kläger gerade auch im persönlichen Gespräch mit verschiedenen Beteiligten falsche Angaben zu seinen Vorerfahrungen gemacht hat.

d) Die Beklagte hat sich mit der Annahme der Dienste des Klägers im Sinne von § 615 S. 1 BGB in Verzug befunden.

Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Insoweit genügt gemäß § 295 Satz 1 BGB ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Nicht einmal ein wörtliches Angebot ist erforderlich, wenn dieses eine bloße Formalie darstellen würde, sofern im Einzelfall offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung in jedem Fall beharren wird (vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2000, II ZR 75/99, juris).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 28.08.2014 mitgeteilt, dass eine Erfüllung seiner Diensttätigkeit nicht in Betracht komme, da die BaFin mit Schreiben vom 31.07.2014 für den Fall seiner Berufung als Vorstandsmitglied ein Abberufungsverfahren angedroht habe. Das Schreiben enthält die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung des Dienstvertrags. Angesichts des Umstands, dass der Kläger unmittelbar zuvor mit Schreiben vom 13.08.2014 noch den Dialog gesucht hatte mit dem Ziel, den Dienstvertrag trotz der aufgetretenen Schwierigkeiten zur Durchführung bringen zu können, musste er die darauf folgende Äußerung der Beklagten vom 28.08.2014 bei verständiger Würdigung als ernsthafte und endgültige Ablehnung der Annahme seiner Dienste auffassen. Durch seine Abberufung als Vorstand und die Berufung des Herrn L als Vorstandsmitglied hat die Beklagte zudem zum Ausdruck gebracht, an ihrer Haltung unverrückbar festhalten zu wollen.

Obgleich es danach eines wörtlichen Angebots des Klägers nicht mehr bedurft hätte, wäre ein solches konkludent dadurch erfolgt, dass er am 16.09.2014 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und der Anfechtung erhoben hat. Eine derartige Klagerhebung kann zugleich ein konkludentes Angebot der Leistungserbringung darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.1996, II ZR 14/96, Rn. 23, juris). Dies war auch hier der Fall, da der Kläger mit der Feststellungsklage zum Ausdruck gebracht hat, an dem Vertrag festhalten zu wollen, was seine Leistungsbereitschaft impliziert, zumal er mit der Feststellungsklage ursprünglich auch die Abberufung als Vorstandsmitglied angegriffen hatte und im Übrigen sein gesamtes Verhalten auf die Aufnahme der Tätigkeit bei der Beklagten ausgerichtet war.

e) Die Beklagte hat mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln auch nicht bewiesen, dass der Annahmeverzug wegen fehlenden Leistungsvermögens des Klägers ausgeschlossen ist.

Gemäß § 297 BGB kommt der Dienstberechtigte nicht in Annahmeverzug, wenn der Dienstverpflichtete außerstande ist, die Dienstleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist – neben dem Leistungswillen – eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss (BAG, Urt. v. 21.10.2015, 5 AZR 843/14, BAGE 153, 85-93, juris, Rn. 22).

Anknüpfungspunkt ist die vertraglich geschuldete Leistung, wobei sich das Leistungsspektrum des Dienstverpflichteten in Ausnahmekonstellationen gemäß § 242 BGB vorübergehend erweitern kann (vgl. MüKoBGB/Henssler BGB, 7. Aufl. § 615 Rn. 30; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.07.1966, II ZR 212/64, juris). Wird – wie hier – eine Tätigkeit als Vorstandsmitglied vereinbart, stellt grundsätzlich nur diese den Bezugspunkt für die Beurteilung des Leistungsvermögens dar; eine Tätigkeit unterhalb der Organebene wäre als aliud anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2010, II ZR 266/08, juris). Ob die Beklagte angesichts etwaiger eigener Versäumnisse im Zusammenhang mit den näheren Umständen des Vertragsschlusses und in Anbetracht der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigungen nach Treu und Glauben möglicherweise gehalten gewesen wäre, dem Kläger eine Qualifizierungsphase unterhalb der Vorstandsebene zu ermöglichen, wozu er unstreitig leistungsfähig gewesen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn auch dann, wenn man ausschließlich auf die Fähigkeit zur Ausübung eines Vorstandsamtes abstellt, hat die Beklagte den ihr obliegenden Nachweis eines Leistungsunvermögens mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln nicht geführt.

Insoweit ist bereits nicht zweifelsfrei, ob in einer etwaigen fehlenden Eignung im Sinne von § 25 c KWG ein rechtliches Leistungshindernis im Sinne von § 297 BGB zu sehen wäre. Denn um das rechtliche Unvermögen einer Berufstätigkeit zu begründen, muss eine Rechtsnorm dies aus Gründen der Rechtssicherheit klar und deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. MüKoBGB/Henssler BGB, 7. Aufl, § 615 Rn. 33; BAG, Urt. v. 18.03.2009, 5 AZR 192/08, BAGE 130, 29, juris Rn. 15). Im Gegensatz zu einer ärztlichen Approbation, einem Gesundheitszeugnis oder einer Lehr- oder Fahrerlaubnis wird die Eignung im Sinne von § 25 c KWG nicht durch Verwaltungsakt festgestellt. Vielmehr ist sie das Ergebnis einer Bewertung, die an eine gesetzliche Vorschrift anknüpft, welche – anders als beispielsweise die Regelung in §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG – inhaltlichen Auslegungsspielraum zulässt und zudem auch kein Beschäftigungsverbot beinhaltet, sondern Anforderungen an Kreditinstitute formuliert, bei deren Nichtbeachtung die Aufsichtsbehörde die in §§ 35 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 36 Abs. 1 S. 1 KWG beschriebenen Maßnahmen ergreifen kann, wozu unter anderem ein Abberufungsverlangen (gegenüber dem Kreditinstitut) oder ein Beschäftigungsverbot (gegenüber dem Geschäftsleiter persönlich) gehören.

Aber selbst wenn man in einer objektiv fehlenden Eignung im Sinne von § 25 c KWG ein Leistungshindernis im Sinne von § 297 BGB sähe, hätte die Beklagte ihr darauf bezogenes tatsächliches Vorliegen nicht durch Urkunden belegt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung sämtlicher vorgelegter Schriftstücke in einer Gesamtwürdigung. Denn daraus lässt sich gerade nicht zweifelsfrei ableiten, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum über keine unmittelbar unterhalb der Vorstandsebene gesammelte Erfahrung im risikorelevanten Kreditgeschäft verfügte, wie sie nach Ansicht der Beklagten gemäß § 25 c KWG erforderlich sein soll. Denn aus dem Schreiben der Stadtsparkasse E vom 14.07.2014 ergibt sich, dass der Kläger unmittelbar unterhalb der Vorstandsebene Kompetenzen ausübte, die zwar nicht im Schwerpunkt, jedoch als Teil seiner Aufgabe die Mitwirkung an Kreditentscheidungen beinhalteten. In dem Schreiben heißt es, der Kläger habe sowohl die Verantwortung für das Marktvotum wie auch für die von ihm ausgeübte Kompetenz innegehabt, wobei es um Engagements jeweils oberhalb 1 Millionen Euro gegangen sei. Die Auflistung der im Schreiben genannten Geschäftspartner und Geschäftsbereiche wird ausdrücklich nur als beispielhaft bezeichnet, da weitere Vorgänge, die – wie es heißt – „definitiv vorkamen“, nur mangels separater Aufzeichnungen über Votierungen nicht konkret benannt oder quantifiziert werden konnten. Vor diesem Hintergrund lässt sich zwar die Auffassung der BaFin nachvollziehen, wonach hinreichende Erfahrungen nicht belegt gewesen seien. Der positive Nachweis des Unvermögens im Sinne von § 297 BGB erfordert jedoch mehr als die bloße Nichterweislichkeit des Leistungsvermögens. Zwar erscheint es grundsätzlich denkbar, im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) aus dem Nichtvorliegen von Anhaltspunkten für eine Tatsache auf deren Nichtvorhandensein zu schließen. Dies kommt vorliegend aber jedenfalls im Urkundenprozess nicht in Betracht, da es urkundlich belegte Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger über die für notwendig gehaltenen Erfahrungen verfügt haben könnte. Anderes ist jedenfalls durch Urkunden nicht ausgeräumt. Dabei ist auch die Zusammenfassung des vorgenannten Schreibens der Stadtsparkasse E zu berücksichtigen, in der es heißt, „historisches und zukünftiges Ankerprodukt im Geschäft mit Unternehmen“ sei „das Kreditgeschäft“, so dass die erfolgreiche Wahrnehmung der derzeitigen Aufgaben des Klägers mit „entsprechend breit und tief angelegtem Wissen in diesem Bereich untrennbar verknüpft“ sei. Der Kläger habe „besonders auf diesem Gebiet“ die Anforderungen und Erwartungen von Beginn an erfüllt und im Laufe seines Wirkens deutlich übertroffen. Die Frage, ob der Kläger bei der Stadtsparkasse E die erforderlichen Erfahrungen gesammelt hatte, oder ob ihm diese fehlten, lässt sich daher anhand der vorgelegten Urkunden nicht abschließend beantworten und wird sich allenfalls durch eine weitere Beweisaufnahme im Nachverfahren klären lassen.

Das Schreiben der BaFin vom 31.07.2014 als solches begründete ebenfalls kein Leistungsunvermögen des Klägers. Beschäftigungsverbote – ob gesetzlich oder behördlich – müssen diese Rechtsfolge klar und deutlich zum Ausdruck bringen, um ein rechtliches Unvermögen begründen zu können. Ein behördliches Beschäftigungsverbot muss dem betroffenen Dienstverpflichteten als hoheitliche Maßnahme förmlich bekannt gegeben werden (vgl. § 41 Abs. 1 VwVfG), so dass er in der Lage ist, bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten zu ergreifen (BAG, Urt. v. 21.10.2015, 5 AZR 843/14, BAGE 153, 85-93, juris Rn. 31). Diese Voraussetzungen lassen sich für das ausdrücklich nur als Vorankündigung formulierte, sich einer weiteren Klärung noch nicht endgültig verschließende Schreiben der BaFin vom 31.07.2014 nicht bejahen, zumal dieses ausschließlich an die Beklagte gerichtet war.

f) Die Beklagte kann dem aus §§ 611, 615 BGB folgenden Vergütungsanspruch des Klägers auch kein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten.

Zwar kann der Dienstberechtigte, der auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Anspruch genommen wird, die Zahlung solange verweigern, bis der Dienstpflichtige Auskunft über die Höhe seines anzurechnenden anderweitigen Verdienstes erteilt hat (vgl. BAG, Urteil vom 19. Juli 1978 – 5 AZR 748/77 -, juris). Jedoch hat der Beklagte seine Auskunftspflicht hinreichend erfüllt.

Der Umfang des vom Dienstverpflichteten zu erfüllenden Auskunftsanspruchs bestimmt sich nach Treu und Glauben und den Umständen des Einzelfalles. Danach kann über eine bloße Auskunftserteilung hinaus unter Umständen auch die Vorlage von Belegen verlangt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit einer erteilten Auskunft bestehen. Im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse stellen Gehaltsabrechnungen in der Regel eine verlässliche Grundlage dar (vgl. BAG, Urt. v. 25.02.1975 – 3 AZR 148/74, AP HGB § 74c Nr. 6, beck-online).

Gemessen daran steht die Nichtvorlage des vollständigen Arbeitsvertrages der Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Auskunftserteilung nicht durchgreifend entgegen. Denn der Kläger hat sämtliche Gehaltsabrechnungen vorgelegt, die den streitgegenständlichen Zeitraum betreffen. Diese geben ein umfassendes Bild der empfangenen Vergütung, denn grundsätzlich sind auch gewährte Zusatzvergütungen, Tantiemen o. ä. in den Abrechnungen zu erfassen. Dass der aktuelle Arbeitgeber des Klägers diesen Erfordernissen teilweise nicht nachgekommen sein könnte, ist in keiner Weise ersichtlich.

g) Soweit der Kläger die Annahmeverzugsvergütung auf Basis der vereinbarten Bruttovergütung geltend macht, begegnet dies keinen Bedenken. Die ihm daraus erwachsende Verpflichtung, für eine Abführung der öffentlichen Abgaben selber Sorge zu tragen, hindert eine Bruttolohnklage nicht (vgl. z. B. BAG, Großer Senat, Beschl. v. 07.03.2001 – GS 1/00 -, BAGE 97, 150-167, LAG Hamm Urt. v. 18. Juni 1998 – 8 Sa 2397/97 -, Rn. 13, juris, m. w. N.).

h) Der Höhe nach berechnet sich der Anspruch des Klägers zunächst auf Basis der vereinbarten Jahresbruttovergütung von 235.000 EUR zzgl. der vertraglichen festen Leistungszulage von 15 %. Daraus folgt ein monatlicher Anspruch i. H. V. 22.520,83 EUR, so dass sich für den streitgegenständlichen Zeitraum von 9 Monaten eine Summe von 202.687,47 EUR errechnet.

Auf diesen Betrag muss sich der Kläger gemäß § 615 S. 2, 2. Var. BGB u. a. diejenigen Verdienste anrechnen lassen, die er durch eine anderweitige Verwendung seiner Dienste erworben hat. Hierzu gehört zunächst die von seinem jetzigen Arbeitgeber in Geld gewährte Brutto-Vergütung, wie sie sich aus den Gehaltsabrechnungen ergibt und mit monatlich 9.000,- EUR unstreitig ist.

Darüber hinaus ist zusätzlich der geldwerte Vorteil anzurechnen, der sich aus der Zurverfügungstellung eines privat nutzbaren Kraftfahrzeugs durch den jetzigen Arbeitgeber ergibt, und zwar insg. 5.619,- EUR für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Insoweit liegt eine zusätzliche Gegenleistung des Arbeitgebers für die geschuldete Arbeitsleistung vor (vgl. BAG, Urteil vom 27.05.1999, 8 AZR 415/98, BAGE 91, 379-383, Rn. 13, juris, m. w. N. und unter Hinweis auf st. Rspr). Derartige Naturalvergütungsbestandteile sind im Rahmen der Regelung des § 615 BGB grundsätzlich auszugleichen (vgl. Belling/Riesenhuber in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 615 BGB, Rn. 45 m. w. N.). Dabei kann der anzusetzende wirtschaftliche Wert im Regelfall entsprechend der steuerrechtlich maßgeblichen Beträge geschätzt werden. Denn die steuerlich anzusetzenden Beträge beruhen auf Erfahrungswerten, die auch im Rahmen eines zivilrechtlich vorzunehmenden Ausgleichs eine sachgerechte Schätzungsgrundlage darstellen (vgl. BAG, Urteil vom 27. Mai 1999, a.a.O., Rn. 17).

Der gebotenen Anrechnung dieser Vorteile steht nicht entgegen, dass der streitgegenständliche Dienstvertrag zwischen den Parteien ebenfalls die Privatnutzung eines Dienstwagens durch den Kläger vorsah. Denn dieser Vorteil war dem Kläger nicht unentziehbar versprochen. Vielmehr war die Beklagte nach § 6 Abs. 8 des Vertrages berechtigt, das Fahrzeug im Falle einer Freistellung des Klägers herauszuverlangen, und zwar – wie es ausdrücklich heißt – ohne dass ihm daraus Entschädigungsansprüche erwachsen sollten. Infolge dieses ausdrücklichen Ausschlusses einer Entschädigungspflicht wäre ein etwaiger Entzug des Dienstwagens im Falle einer Freistellung nicht durch entsprechende Erhöhung der Vergütung zu kompensieren gewesen. Die Wirksamkeit dieser Vertragsgestaltung begegnet auch nach Maßgabe der §§ 305 Abs. 1, 307 ff. BGB keinen Bedenken. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstwagens im Verhältnis zur sonstigen, fest vereinbarten Vergütung nur einen verhältnismäßig geringen Anteil ausmachte. Auch angesichts der hier in Rede stehenden absoluten Höhe der vereinbarten Bezüge erscheint es nicht unangemessen, wenn die Gewährung einzelner, als solcher nicht ins Gewicht fallender Vergütungsbestandteile im Falle einer Freistellung einseitig entzogen werden können.

Die Regelung in § 6 Abs. 8 S. 5 des Dienstvertrags ist auch ohne den Ausspruch einer förmlichen Freistellung des Klägers bei der Berechnung der Annahmeverzugsvergütung zu beachten. Nach der Regelung gemäß § 615 BGB soll der Vergütungsanspruch aufrechterhalten werden, den der Dienstverpflichtete gehabt hätte, wenn der Dienstberechtigte nicht in Annahmeverzug geraten wäre (vgl. MüKoBGB/Henssler, 7. Aufl., BGB § 615 Rn. 1, beck-online). Folgerichtig sind einzelne Vergütungsbestandteile von § 615 BGB nicht umfasst, wenn sich der Dienstberechtigte insoweit von seiner Zahlungsverpflichtung bei Vertragsdurchführung durch einseitige Erklärung hätte lösen können, und sei es durch den Ausspruch einer – ihm möglichen – Freistellung des Dienstverpflichteten. Soweit in der Rechtsprechung eine Ausgleichspflicht für die entgangene Fahrzeugnutzung zuerkannt wird, betrifft dies Gestaltungen, in denen – anders als hier – ein entschädigungsloser Entzug des Fahrzeugs vertraglich nicht in das Belieben des Vertragspartners gestellt worden war (vgl. z. B. BAG, Urt. v. 27.05.1999, 8 AZR 415/98, BAGE 91, 379-383, Rn. 17, wo auf den unberechtigten Entzug des Fahrzeugs abgestellt wird).

Nach alledem kann der Kläger von der Beklagten keinen Ausgleich für die fehlende Privatnutzung eines von ihr zu stellenden Fahrzeugs beanspruchen, so dass dieser Gesichtspunkt der Anrechnung der entsprechenden Vergütungsbestandteile bei seinem jetzigen Arbeitgeber im Rahmen von § 615 BGB nicht entgegengehalten werden kann.

Der Höhe nach hat sich der Kläger allerdings nur die auf die reine Privatnutzung entfallenden Beträge anrechnen zu lassen, d. h. ohne die auf die Fahrten zur Arbeitsstätte entfallenden, in den Gehaltsabrechnungen als solche separat ausgewiesenen Beträge. Denn im Rahmen der Anspruchsberechnung nach § 615 BGB sind Aufwendungen, die dem Dienstpflichtigen im Zuge des anderweitigen Erwerbs entstehen, vom anderweitig erzielten, anrechenbaren Erwerb abzuziehen (MüKoBGB/Henssler, 7. Aufl., BGB § 615 Rn. 68, beck-online). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob die dazu erforderlichen Aufwendungen aus den privaten Mitteln des Dienstverpflichteten bestritten werden, oder ob sein neuer Arbeitgeber diese Aufwendungen trägt. Im zweiten Fall kann zwar kein gesonderter Abzug dieser Kosten stattfinden, da dem Dienstverpflichteten insoweit keine Aufwendungen entstehen. Es ist umgekehrt aber auch nicht gerechtfertigt, die vom Arbeitgeber getragenen Aufwendungen der anrechenbaren Vergütung im Sinne von § 615 S. 2 BGB hinzuzurechnen. Denn damit würden rechnerisch Aufwendungen des Arbeitnehmers verursacht, die sofort wieder in Abzug zu bringen wären.

Eine Anrechnung von Kosten, die der Kläger im Sinne von § 615 S. 2, 1. Var. BGB infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart hat, kam nicht in Betracht, da derartige Ersparnisse nicht ersichtlich sind. Insbesondere erzielt der Kläger keine Einsparungen dadurch, dass er die Betriebsstätte der Beklagten nicht aufsuchen muss. Für diese Strecke hätte er bei gelebtem Dienstverhältnis infolge der Überlassung des Dienstwagens durch die Beklagte keine Aufwendungen gehabt. Im Falle einer Freistellung wäre demgegenüber die Notwendigkeit entfallen, die Betriebsstätte aufzusuchen.

i) Eine weitergehende Reduzierung des Vergütungsanspruchs des Klägers infolge einer böswilligen Unterlassung der anderweitigen Verwendung seiner Arbeitskraft (§ 615 S. 2, 3. Var. BGB) kam nicht in Betracht. Zwar hat er sich – soweit ersichtlich – nicht auf eine anderweitige Anstellung als Bankvorstand beworben, die gegenüber seiner jetzigen Tätigkeit höher vergütet gewesen wäre. Jedoch liegt es angesichts der streitgegenständlichen Auseinandersetzungen sowohl zwischen den Parteien als auch gegenüber der BaFin auf der Hand, dass derartige Bemühungen nicht erfolgversprechend gewesen wären.

j) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB; er knüpft in zeitlicher Hinsicht an die vertraglich vereinbarte Fälligkeit der Vergütung an. Der Höhe nach war zu berücksichtigen, dass sich infolge der ab April 2016 anzusetzenden Privatnutzung des Dienstwagens und des ab August 2016 erfolgten Fahrzeugwechsels unterschiedliche Anrechnungsbeträge für die einzelnen Monate ergeben. Daraus errechnen sich die aus dem Tenor ersichtlichen zu verzinsenden Monatsbeträge.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Schlagworte: Annahmeverzug der Gesellschaft, Urkundenprozess, Vergütung der Geschäftsführer