Einträge nach Montat filtern

OLG Hamm, Urteil vom 21.12.2015 – I-8 U 67/15, 8 U 67/15

Vereinbarung Sonderrecht

§ 47 Abs 4 GmbHG, § 53 GmbHG, § 241 AktG, § 246 AktG, § 256 ZPO

1a. Die Regelung in der Satzung einer GmbH, wonach die Geschäftsführer für den Abschluss einzelner Rechtsgeschäfte die Zustimmung aller Gesellschafter einzuholen haben, ist dahin auszulegen, dass jedem Gesellschafter ein individuelles Sonderrecht auf Zustimmung eingeräumt wird. Dies gilt gleichermaßen für Beschlüsse zur Änderung dieser Klausel.

1b. Eine entsprechende Beschlussfassung, der ein Gesellschafter nicht zugestimmt hat, fehlt ein Wirksamkeitserfordernis mit der Folge, dass der Beschluss unwirksam ist.

1c. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses erfolgt im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Diese ist nicht fristgebunden.

2. Bei der Klage auf Anfechtung eines GmbH-Gesellschafterbeschlusses gilt die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG als Maßstab. Die Anfechtungsfrist beginnt bei in Abwesenheit des klagenden Gesellschafters gefassten Beschlüssen, die ihm nicht zeitnah mitgeteilt werden, spätestens nach Ablauf einer Erkundigungsfrist von ca. 2 Wochen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gesellschafter Kenntnis von der Versammlung und ihrer Tagesordnung hatte.

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag enthält neben dem ausdrücklich gestellten Anfechtungs- auch einen Nichtigkeitsantrag, weil der Anfechtungsantrag das Nichtigkeitsfeststellungsbegehren wegen des identischen Rechtsschutzziels einschließt (vgl. BGH NJW 1997, 1510 ff.). Auch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist gegeben. Eine Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage muss grundsätzlich nicht von einem individuellen Rechtsschutzbedürfnis des klagenden Gesellschafters getragen sein. Denn die Anfechtungsbefugnis eines jeden Gesellschafters gewährt die formalisierte Befugnis, die Rechtmäßigkeit eines Gesellschafterbeschlusses mittels Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage überprüfen zu lassen (vgl. Scholz-Schmidt, GmbHG II. Band, 11. Auflage 2014, § 45 Rn. 136; Saenger/Inhester, GmbHG, 2. Auflage 2013, Anh § 47 Rn. 93). Das Rechtsschutzbedürfnis kann nur dann ausnahmsweise fehlen, wenn keinerlei objektives Bedürfnis für eine Nichtigkeitserklärung des Beschlusses besteht (Scholz-Schmidt aaO.), etwa weil der betreffende Beschluss überholt ist und keine Wirkung mehr entfalten kann (Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, Anh. § 47 Rn. 160). Eine solche Sachlage ist hier nicht gegeben.

Der Beschluss zu 1. a) ist unwirksam, weil die Klägerin der Beschlussfassung nicht zugestimmt hat. Der Beschluss zu 1. a) stellt einen satzungsändernden Beschluss dar. Ein solcher Beschluss bedarf gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG grundsätzlich der Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. Durch die Satzung kann allerdings auch Einstimmigkeit aller erschienenen oder überhaupt aller Gesellschafter vorgeschrieben werden (Baumbach/Hueck, GmbHG, § 53 Rn. 63). Vorliegend ist im Hinblick auf die Regelung in § 5 d) des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung aller Gesellschafter für die Satzungsänderung erforderlich. Denn wenn nach der Satzung für bestimmte nicht satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse besondere Mehrheiten erforderlich sind, ist im Regelfall davon auszugehen, dass auch die Änderung der betreffenden Satzungsbestimmung nur mit der entsprechenden Mehrheit erfolgen kann (Baumbach/Hueck, GmbHG, § 53 Rn. 64; Scholz-Priester, GmbHG III. Band, 11. Auflage 2015, § 53 Rn. 89; vgl. auch BGH NJW 1980, 1465 ff.). Andernfalls könnte das besondere Mehrheitserfordernis leicht dadurch unterlaufen werden, dass die betreffende Satzungsbestimmung mit der gesetzlich vorgesehenen 3/4 – Mehrheit geändert wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach der Satzung für bestimmte Maßnahmen die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Denn eine solche Satzungsregelung ist regelmäßig dahin auszulegen, dass allen Gesellschaftern ein individuelles Sonderrecht eingeräumt wird, welches nicht durch Mehrheitsentscheidung beseitigt werden kann (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
NZG 2002, 783 ff.). Bedurfte danach die Änderung der Regelung in § 5 d) der Satzung der Zustimmung aller Gesellschafter, so war allerdings keine einstimmige Beschlussfassung aller Gesellschafter erforderlich. Die Regelung in § 5 d) der Satzung ist hinsichtlich des Zustimmungserfordernisses vielmehr dahin auszulegen, dass der jeweilige Beschluss nicht von einer Universalversammlung einstimmig gefasst werden muss, sondern die zur Versammlung nicht erschienenen und auch nicht vertretenen Gesellschafter dem Beschluss vorher oder nachher zustimmen können (vgl. Scholz-Priester, GmbHG III. Band, § 53 Rn. 88). Die Klägerin hat der Satzungsänderung nicht zugestimmt. Vielmehr hat sie bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung zu erkennen gegeben, dass sie die beabsichtigte Satzungsänderung ablehnt. Mit der Erhebung der hiesigen Klage hat sie auch nachträglich nochmals ihre Ablehnung deutlich gemacht. Dies hat die Unwirksamkeit der Satzungsänderung zur Folge. Denn Beschlüsse, bei denen ein Wirksamkeitserfordernis fehlt, sind unwirksam (BGH NJW 1967, 2159 ff.; Scholz-Schmidt, GmbHG II. Band, § 45 Rn. 53; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage 2012, Anh. zu § 47 Rn. 4; Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 14). Dies ist etwa dann der Fall, wenn – wie hier – ein Beschluss der Zustimmung einzelner oder aller übrigen Gesellschafter bedarf und diese Zustimmung nicht erteilt wird (BGH aaO.; Scholz-Schmidt, GmbHG II. Band, § 45 Rn. 54; Lutter/Hommelhoff aaO.; vgl. auch Scholz-Priester, GmbHG III. Band, § 53 Rn. 90, 93, 96 für den Fall der Satzungsänderung). Dass das Zustandekommen des Beschlusses zu 1. a) ausweislich des Versammlungsprotokolls vom 30.12.2013 festgestellt worden ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil dies an der Unwirksamkeit des Beschlusses nichts ändert. Die Klägerin hat die Unwirksamkeit des Beschlusses zu 1. a) auch in der gebotenen Weise geltend gemacht. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses erfolgt im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO (Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 22; Scholz-Schmidt, GmbHG II. Band, § 45 Rn. 59; Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 14). In dem Klageantrag der Klägerin ist im Wege der Auslegung (auch) ein Unwirksamkeitsfeststellungsantrag gemäß § 256 ZPO zu sehen, zumal die Klägerin ihre Klage ausdrücklich darauf gestützt hat, dass nicht sämtliche Gesellschafter der Beklagten der Beschlussfassung zugestimmt haben. Für diese Auslegung des Klageantrages spricht auch, dass die Abgrenzung zwischen unwirksamen, nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen zweifelhaft sein kann (vgl. Scholz-Schmidt aaO.) und sich Unwirksamkeit und Nichtigkeit eines Beschlusses in ihrer Rechtsfolge nicht unterscheiden (Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 21). Dahinstehen kann, ob die Klägerin die hiesige Klage innerhalb der Anfechtungsfrist erhoben hat. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Unwirksamkeitsfeststellungsklage ebenso wie die Nichtigkeitsklage nicht fristgebunden (Scholz-Schmidt aaO.; vgl. auch Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 22, wonach im Falle eines schwebend unwirksamen Beschlusses lediglich ein zusätzlich hinzutretender Anfechtungsgrund innerhalb der Anfechtungsfrist geltend gemacht werden muss). Dies folgt daraus, dass unwirksame Beschlüsse – ebenso wie nichtige Beschlüsse – grundsätzlich keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. BGH NJW 1967, 2159 ff.), während anfechtbare Beschlüsse bis zu ihrer Aufhebung wirksam sind. Aus diesem Grund ist es auch unschädlich, dass die Klägerin ihre Klage erstmals in der Berufungsinstanz und damit weit nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf ihre fehlende Zustimmung zu den streitgegenständlichen Beschlüssen gestützt hat. Ob der satzungsändernde Beschluss zu 1. a) aus anderen Gründen anfechtbar und/oder nichtig ist, kann bei dieser Sachlage dahinstehen.

Der Beschluss zu 1. c) ist ebenfalls unwirksam, weil die Klägerin der Beschlussfassung nicht zugestimmt hat. Mit dem Beschluss zu 1. c) wurden die Erklärungen der Geschäftsführer der Beklagten, mit denen dem Personal der Beklagten die aktuellen Gehälter und Bezüge gewährt worden sind, genehmigt. Hierunter fallen unstreitig auch die Vereinbarungen über die Erhöhungen der Vergütungen und Tantiemen der Geschäftsführer vom 23.12.2009 und 27.06.2011, die die Herren H und L jeweils ohne Beteiligung der Gesellschafterversammlung und der Klägerin eigenmächtig getroffen haben. So haben die Herren H und L am 23.12.2009 schriftliche Vereinbarungen zwischen der Beklagten und sich selbst getroffen, wonach ihre jeweilige monatliche Vergütung ab dem 01.01.2010 auf 8.400,00 EUR und ab dem 01.09.2010 auf 10.400,00 EUR erhöht wird, wobei die Vergütung 14 mal im Jahr ausgezahlt werden sollte. Mit denselben Vereinbarungen wurden die jährlichen Tantiemen der beiden Geschäftsführer auf 25 % des Jahresüberschusses der Beklagten erhöht. Mit weiteren schriftlichen Vereinbarungen vom 27.06.2011 wurde die monatliche Vergütung der beiden Geschäftsführer ab dem 01.07.2011 auf jeweils 15.000,00 EUR erhöht. Der zweitinstanzliche Sachvortrag der Klägerin zu den Vereinbarungen ist nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert, weil er unstreitig ist. Die vorgenannten Vereinbarungen waren unwirksam, weil für deren Abschluss im Wege der Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG allein die Gesellschafterversammlung der Beklagten zuständig gewesen wäre (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rn. 38). Die Genehmigung der vorgenannten Vereinbarungen durch die Gesellschafterversammlung bedurfte der Zustimmung aller Gesellschafter der Beklagten. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 5 d) bb) der Satzung, die durch den Beschluss zu 1. a) nicht wirksam geändert wurde (s.o.). Gemäß § 5 d) bb) der Satzung haben die Geschäftsführer der Beklagten für den Abschluss und die Kündigung von Anstellungsverträgen mit einem Jahresbruttogehalt von mehr als 30.000,00 DM die Zustimmung aller Gesellschafter einzuholen. Diese Regelung gilt auch für Geschäftsführer-Anstellungsverträge. Zwar betrifft die Regelung nach ihrem Wortlaut nur solche Maßnahmen, für die die Geschäftsführer der Beklagten im Außenverhältnis zuständig sind. Dies trifft auf den Abschluss und die Kündigung von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen nicht zu, weil hierfür gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung zuständig ist (s.o.). Aus dem Sinn und Zweck der Satzungsregelung folgt jedoch, dass sie auch Geschäftsführer-Anstellungsverträge erfasst. Die Satzungsregelung soll zum Schutz der einzelnen Gesellschafter, insbesondere der Minderheitsgesellschafter, sicherstellen, dass der Abschluss und die Beendigung von wirtschaftlich bedeutsamen Anstellungsverträgen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter der Beklagten erfolgen dürfen, unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung. Dieser Schutzzweck trifft in gleichem Maße auf Geschäftsführer-Anstellungsverträge zu, die das in der Satzung angegebene wirtschaftliche Mindestvolumen überschreiten. Dass für Beschlüsse über die Bestellung und Abberufung von GeschäftsführernBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern
gemäß § 7 der Satzung der Beklagten eine einfache Mehrheit genügen mag, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht notwendigerweise den Abschluss eines Anstellungsvertrages zur Folge hat. Dem Abschluss und der Beendigung von Anstellungsverträgen steht – wie im Rahmen des § 46 Nr. 5 GmbHG – die Änderung von Anstellungsverträgen mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Volumen gleich. Denn in wirtschaftlicher Hinsicht macht es keinen relevanten Unterschied, ob Anstellungsverträge mit dem in § 5 d) bb) der Satzung genannten wirtschaftlichen Mindestvolumen abgeschlossen bzw. beendet werden oder ob bestehende Anstellungsverträge in einem solchen Maße geändert werden, dass der Umfang der Vertragsänderung das genannte wirtschaftliche Mindestvolumen überschreitet. Weiterhin besteht das Zustimmungserfordernis aller Gesellschafter auch dann, wenn – wie hier – die nachträgliche Genehmigung des Abschlusses, der Änderung oder der Beendigung von Anstellungsverträgen durch die Gesellschafter in Rede steht. Denn nach dem Sinn und Zweck der Satzungsregelung in § 5 d) bb) kann es für die Frage des Zustimmungserfordernisses keinen Unterschied machen, ob die Zustimmung der Gesellschafter im Vorfeld oder nachträglich erfolgt. Einer Auslegung der Regelung in § 5 d) bb) der Satzung der Beklagten in dem vorgenannten Sinne steht nicht entgegen, dass die Regelung als körperschaftliche Satzungsbestimmung objektiv auszulegen ist (vgl. BGH NJW 1983, 1910 f.; Baumbach/Hueck, GmbHG, § 2 Rn. 31). Denn hieraus folgt nur, dass Umstände, die außerhalb der Satzungsurkunde liegen und nicht allgemein erkennbar sind, für die Auslegung unerheblich sind (BGH und Baumbach/Hueck aaO.). Der Grundsatz der objektiven Auslegung bedeutet hingegen nicht, dass allein der Wortlaut einer Satzungsregelung maßgeblich ist. Vielmehr ist – ähnlich wie bei der Gesetzesauslegung – neben dem Wortlaut auch auf den Sinnzusammenhang des Vertrages und den Zweck der konkreten Regelung abzustellen (Scholz-Emmerich, GmbHG I. Band, 11. Auflage 2012, § 2 Rn. 36). Daher kann eine körperschaftliche GmbH-Satzungsbestimmung im Einzelfall auch gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden (Scholz-Emmerich aaO.; Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Band I, 1. Auflage 2005, § 2 Rn. 149). Ebenso wird die Auslegung der Regelung in § 5 d) bb) der Satzung der Beklagten in dem vorgenannten Sinne nicht dadurch gehindert, dass eine Satzungsregelung, die besondere Zustimmungserfordernisse aufstellt, den betreffenden Beschlussgegenstand bestimmt bezeichnen muss (vgl. Michalski-Drescher, GmbHG Band II, 2. Auflage 2010, § 47 Rn. 61). Denn die Regelung in § 5 d) bb) der Satzung ist hinreichend bestimmt gefasst. Aus dem Bestimmtheitserfordernis folgt auch nicht, dass die Anwendung einer Satzungsbestimmung der hier in Rede stehenden Art über ihren Wortlaut hinaus unzulässig ist. Das in § 5 d) bb) der Satzung der Beklagten genannte Mindestvolumen von 30.000,00 DM wurde durch jede der beiden Änderungsvereinbarungen vom 23.12.2009 und 27.06.2011 in Bezug auf jeden einzelnen Geschäftsführer überschritten. Ursprünglich stand beiden Geschäftsführern eine jährliche Vergütung in Höhe von jeweils 82.800,00 EUR zu. Schon die Erhöhung der monatlichen Vergütung für die Zeit ab dem 01.01.2010 auf 8.400,00 EUR, die 14 mal im Jahr auszuzahlen war, überstieg jeweils das Mindestvolumen von 30.000,00 DM, ohne dass hierbei die gleichzeitig vereinbarte weitere Vergütungserhöhung für die Zeit ab dem 01.09.2010 und die Tantiemeerhöhung berücksichtigt sind. Das Volumen der Erhöhungsvereinbarungen vom 27.06.2011, mit denen die monatliche Vergütung auf jeweils 15.000,00 EUR erhöht wurde, belief sich hinsichtlich jedes einzelnen Geschäftsführers auf 64.400,00 EUR und lag damit ebenfalls weit über dem satzungsmäßigen Mindestvolumen. Die Klägerin ist es nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf ihre fehlende Zustimmung zur Genehmigung der Erhöhungsvereinbarungen zu berufen. Denn hiermit nimmt sie lediglich ein ihr durch die Satzung eingeräumtes Recht wahr. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Klägerin zur Zustimmung zum Genehmigungsbeschluss verpflichtet wäre. Eine solche Zustimmungspflicht wäre jedoch nur dann denkbar, wenn die Vergütungen der beiden Geschäftsführer vor den Erhöhungen evident unangemessen waren (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 187). Hierzu fehlt es an hinreichendem Sachvortrag der Beklagten. Die Beklagte hat zwar behauptet (und unter Beweis gestellt), dass die Erhöhungen marktüblich und angemessen gewesen seien. Hieraus folgt jedoch nicht, dass das vorherige Gehaltsniveau evident unangemessen war. Soweit die Beklagte weiterhin geltend macht, dass die Geschäftsführer H und L ab dem 01.01.2010 zusätzliche Aufgaben übernommen hätten, lässt dies nicht den Rückschluss darauf zu, dass die Vergütungs- und Tantiemeerhöhungen notwendig waren, um ein angemessenen Gehaltsniveau sicherzustellen. Im Übrigen könnte eine Zustimmungspflicht der Klägerin allenfalls für künftige Gehaltssteigerungen angenommen werden, nicht jedoch für die nachträgliche Genehmigung von Gehaltssteigerungen, die sich die Geschäftsführer der Beklagten in der Vergangenheit eigenmächtig gewährt haben. Insoweit muss es der Klägerin freistehen, die Genehmigung dieses pflichtwidrigen Handelns der Geschäftsführer der Beklagten zu verweigern.

Hinsichtlich des Beschlusses zu 1. b) ist hingegen kein Unwirksamkeits-, Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund gegeben. Der Beschluss zu 1. b) ist nicht unwirksam, weil er nicht der Zustimmung aller Gesellschafter bedurfte. Der Beschluss betrifft die Genehmigung sämtlicher durch die Geschäftsführer der Beklagten abgeschlossener Arbeitsverträge. Es kann nicht festgestellt werden, dass die in der Vergangenheit abgeschlossenen Arbeitsverträge von der Regelung in § 5 d) bb) der Satzung umfasst waren. Hierzu fehlt jeglicher Sachvortrag der Klägerin. Folglich reichte insoweit gemäß § 7 der Satzung eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen aus. Der Beschluss zu 1. b) ist auch nicht nichtig. Ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 AktG analog liegt nicht vor. Der Beschluss zu 1. b) ist schließlich auch nicht anfechtbar. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Ein Einberufungsmangel liegt nicht vor. Insbesondere ist die Einberufung rechtzeitig erfolgt. Gemäß § 7 der Satzung beträgt die Einberufungsfrist zwei Wochen. Das Landgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass das Einladungsschreiben der Klägerin am 12.12.2013 zugegangen ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr. Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass es für die Wahrung der Einberufungsfrist nicht auf den tatsächlichen Zugang des Einladungsschreibens, sondern auf den Zeitpunkt des regelmäßig zu erwartenden Zugangs ankommt (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51 Rn. 19; Scholz-Seibt, GmbHG II. Band, § 51 Rn. 14, jeweils zu § 51 Abs. 1 GmbHG). Dieser für die einwöchige gesetzliche Einberufungsfrist des § 51 Abs. 1 GmbHG geltende Grundsatz muss auch für die hier maßgebliche längere zweiwöchige vertragliche Einberufungsfrist gelten. Folglich ist die Einberufungsfrist gewahrt, weil die Geschäftsführer der Beklagten das Einladungsschreiben am Dienstag, den 10.12.2013, zur Post gegeben haben und somit bis spätestens Freitag, den 13.12.2013, mit einem Zugang bei der Klägerin gerechnet werden konnte. Die Klägerin stützt die Anfechtung der streitgegenständlichen Beschlüsse in der Berufungsinstanz auch nicht mehr auf die Versäumung der Einladungsfrist. Die für den Beschluss zu 1. b) erforderliche einfache Mehrheit lag vor, weil die Herren H und L für die Beschlussfassung gestimmt haben. Auf einen etwaigen Stimmrechtsausschluss der Herren H und L gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG kann sich die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht berufen. Nach der Rechtsprechung des BGH muss ein Anfechtungsgrund innerhalb der Anfechtungsfrist in seinem wesentlichen tatsächlichen Kern in den Rechtsstreit eingeführt werden (BGH NZG 2009, 1110 ff.; ZIP 2005, 706 ff.), wobei hierbei auch die Zielrichtung der Anfechtung deutlich werden muss. Die Klägerin hat sich erstmals mit Schriftsatz vom 03.06.2014 und damit weit nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf den Gesichtspunkt des Stimmrechtsausschluss berufen. Die Stimmabgaben der Herren H und L waren auch nicht wegen Treuwidrigkeit nichtig (vgl. zur Nichtigkeit von treuwidrigen Stimmabgaben Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 108). Denn es ist nicht erkennbar, dass die Genehmigung der abgeschlossenen Arbeitsverträge zu einem wirtschaftlichen Nachteil für die Klägerin oder die Beklagte als Gesellschaft geführt hat. Schließlich ergibt sich eine zur Nichtigkeit der Stimmabgaben führende Treuwidrigkeit hinsichtlich des Beschlusses zu 1. b) auch nicht daraus, dass die Herren H und L von der Stimmrechtsvollmacht der Klägerin keinen Gebrauch gemacht haben, ohne die Klägerin hierüber im Vorfeld zu unterrichten. Denn dieser denkbare Treuepflichtverstoß hat sich auf die hier in Rede stehende Beschlussfassung nicht ausgewirkt, weil der Beschluss zu 1. b) gemäß § 7 der Satzung mit einfacher Mehrheit gefasst werden konnte und diese Mehrheit auch mit den Nein-Stimmen der Klägerin zustande gekommen wäre. Schließlich hat auch der Umstand, dass der Beschluss zu 1. a) über die Änderung des § 5 d) der Satzung unwirksam ist (s.o.), nicht die Anfechtbarkeit des Beschlusses zu 1. b) zur Folge. Zwar ist die Beschlussfassung zu 1. b) nach dem Versammlungsprotokoll „in Umsetzung“ der Satzungsänderung erfolgt. Jedoch stellt die Wirksamkeit der Satzungsänderung keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zu 1. b) dar, zumal die Klägerin nicht dargetan hat, dass die durch die Beschlussfassung genehmigten Arbeitsverträge dem Anwendungsbereich des § 5 d) bb) der Satzung unterfielen. Im Übrigen hat die Klägerin auch die Anfechtungsfrist versäumt. Im Gesellschaftsvertrag ist keine Anfechtungsfrist bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss eine Klage auf Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsregelung mit aller dem klagenden Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden, wobei die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG als Maßstab gilt (BGH NZG 2005, 551 ff.). Wird diese Frist überschritten, kommt es darauf an, ob zwingende Umstände den Gesellschafter an einer früheren klageweisen Geltendmachung des Anfechtungsgrundes gehindert haben (vgl. BGH aaO.). Die Anfechtungsfrist begann hier spätestens Mitte Januar 2014 zu laufen, so dass die Klageeinreichung am 04.03.2014 zu spät erfolgt ist. Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist beginnt. Teilweise wird angenommen, dass die Frist mit der Beschlussfassung beginnt (OLG Schleswig GmbHR 1998, 265 ff.; Scholz-Schmidt, GmbHG II. Band, § 45 Rn. 145; Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 97), wobei es bei der Fristbemessung zu berücksichtigen sein soll, wenn der betreffende Gesellschafter von einem Beschluss erst nachträglich Kenntnis nehmen konnte (OLG Schleswig und Scholz-Schmidt aaO.). Teilweise wird für den Fristbeginn verlangt, dass der betreffende Gesellschafter Kenntnis von der Beschlussfassung erlangt hat (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
NZG 2003, 630 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 154; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. zu § 47 Rn. 62). Hierfür soll es jedoch ausreichen, wenn der Gesellschafter Kenntnis von der Tagesordnung hatte und die fraglichen Beschlüsse Gegenstand der Tagesordnung waren. In diesem Fall ist eine Kenntnis des konkret gefassten Beschlusses nicht erforderlich, vielmehr trifft den Gesellschafter eine Erkundigungspflicht (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
und Baumbach/Hueck aaO.). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung nicht teilgenommen hat (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
und Baumbach/Hueck aaO.). Vorliegend kann dahinstehen, welcher der beiden vorgenannten Auffassungen zu folgen ist. Denn nach beiden Ansichten ist die Anfechtungsfrist hier versäumt worden, weil die Anfechtungsfrist entweder am 30.12.2013 (nach der ersten Ansicht) oder spätestens Mitte Januar 2014 nach Ablauf einer Erkundigungsfrist von ca. zwei Wochen (nach der zweiten Ansicht) zu laufen begonnen hat. Eine Erkundigungspflicht der Klägerin ist nicht ausnahmsweise aufgrund der Gesamtumstände zu verneinen. Die Klägerin musste davon ausgehen, dass die Gesellschafterversammlung stattgefunden hat und die Beschlüsse entsprechend der Tagesordnung gefasst worden sind. Für eine Nichtdurchführung der Versammlung fehlte es an jeglichen Anhaltspunkten, zumal die Klägerin ihren Mitgesellschaftern mit Schreiben vom 22.12.2013 Stimmrechtsvollmacht erteilt und sich in diesem Schreiben nicht gegen die Durchführung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Durchführung der Gesellschafterversammlung
Gesellschafterversammlung
gewandt hatte. Allein wegen ihres Schreibens an den beurkundenden Notar vom 22.12.2013 konnte die Klägerin nicht darauf vertrauen, dass von der Durchführung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Durchführung der Gesellschafterversammlung
Gesellschafterversammlung
abgesehen würde. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass der Klägerin nicht unmittelbar nach der Versammlung ein Versammlungsprotokoll übersandt wurde. Bestand für die Klägerin somit eine Erkundigungspflicht, so ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Falle einer Erkundigung bis zum Ablauf der 2. Kalenderwoche des Jahres 2014 Kenntnis von den Beschlussfassungen erhalten hätte. Ob der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt auch das Versammlungsprotokoll übersandt worden wäre, ist unerheblich. Zwar mag es bei einer Vielzahl von Beschlüssen, deren Inhalte teilweise von den Beschlussanträgen abweichen, für den Beginn der Anfechtungsfrist erforderlich sein, dass dem betreffenden Gesellschafter ein Versammlungsprotokoll übersandt wird, weil nur dieses eine Beurteilung der Erfolgsaussichten einer eventuellen Anfechtungsklage ermöglicht (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
aaO.). So lag es hier jedoch nicht. Denn es wurden lediglich drei Beschlüsse gefasst, deren Inhalte zudem den in der Tagesordnung aufgeführten Beschlussanträgen entsprachen. Daher hätte es ausgereicht, wenn der Klägerin telefonisch oder schriftlich bestätigt worden wäre, dass die in der Tagesordnung aufgeführten Beschlüsse mit dem dort bezeichneten Inhalt gefasst worden sind. Soweit sich die Klägerin erstinstanzlich darauf berufen hat, dass Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten geschwebt hätten und dies eine verzögerte Klageerhebung gerechtfertigt habe, greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil Vergleichsverhandlungen nicht ersichtlich sind. In der Einberufung einer weiteren Gesellschafterversammlung für den 28.03.2014 durch die Herren H und L auf Verlangen der Klägerin können Vergleichsverhandlungen nicht gesehen werden, weil die Herren H und L hiermit nur ihrer Verpflichtung aus § 7 der Satzung nachgekommen sind. In der Berufungsinstanz macht die Klägerin diesen Einwand auch nicht mehr geltend. Der Beklagten ist es nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Versäumung der Anfechtungsfrist zu berufen. Zwar kann das Berufen der Gesellschaft auf die Fristversäumnis im Anfechtungsprozess ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich sein, etwa im Falle der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung eines Gesellschafters durch seinen Mitgesellschafter (BGH NJW 1987, 2514 f.; Altmeppen/Roth, GmbHG, 7. Auflage 2012, § 47 Rn. 150). Eine solche Sachlage ist hinsichtlich des Beschlusses zu 1. b) jedoch nicht gegeben. Weder ist der Klägerin (oder der Beklagten als Gesellschaft) durch die Genehmigung der von den Geschäftsführern abgeschlossenen Arbeitsverträgen ein Nachteil entstanden noch hatte die Nichtwahrnehmung der Stimmrechtsvollmacht der Klägerin durch die Herren H und L bzw. die unterbliebene Information der Klägerin hierüber Auswirkungen auf die Beschlussfassung zu 1. b). Soweit die Klägerin hilfsweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht beantragt hat, steht dieser Antrag nur hinsichtlich des Beschlusses zu 1. b) zur Entscheidung, weil insoweit der Hauptantrag, gerichtet auf eine Abänderung des angefochtenen Urteils und klagestattgebende Entscheidung in der Sache, erfolglos ist. Der Hilfsantrag ist unbegründet, weil es an einem Zurückverweisungsgrund nach § 538 Abs. 2 ZPO fehlt.

Schlagworte: Abberufung durch Gesellschafterversammlung, Änderung des Gesellschaftsvertrages, Anfechtungsbefugnis, Anfechtungsfrist, Anfechtungsgründe, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Aufgabenkreis der Gesellschafter, Auslegung von Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Beginn des Fristlaufs, Bei Abwesenheit in Gesellschafterversammlung, Bei Anwesenheit in Gesellschafterversammlung, Beschlusszuständigkeiten, Beschlusszuständigkeiten der Gesellschafterversammlung, Einstimmigkeit, einstweilige Verfügung zur Sicherung der Geschäftsführerstellung, Einverständnis aller Gesellschafter, Erkundigungspflicht, Erweiterungen der Beschlusszuständigkeiten, Feststellungsklage zur Klärung der Nichtigkeit, Fristbeginn bei Gesellschafterbeschlüssen, Fristende, gerichtet auf richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann (inter omnes- Wirkung), Gesellschaftsvertraglich vereinbarte Zuständigkeiten, gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen, Grundsätzliche Monatsfrist nach Gesetz (Leitbild), Identischer Streitgegenstand, keine tatsächliche Auswirkungen, Klageanträge bei Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Klagefrist/Anfechtungsfrist, Missachtung eines Zustimmungsvorbehalts in Satzung, Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses, Notarielle Beurkundung bei statuarischem Sonderrecht, Rechtsschutzbedürfnis, Rechtsschutzinteresse, Satzungsändernder Beschluss, Satzungsänderung, Schwebend unwirksame Stimmen, Sonderrechte, Stimmrechtsausschluss, Treuepflicht und Zustimmungspflicht, Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, Vereinbarung von Sonderrechten, Zustimmung aller beteiligten und stimmberechtigten Gesellschafter, Zustimmung aller betroffener Gesellschafter, Zustimmung des betroffenen Gesellschafters, Zustimmung Gesellschafter, Zustimmung Sonderrechtsinhaber, Zustimmungserfordernis