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OLG Jena, Urteil vom 14.07.2021 – 2 U 239/20

§§ 123, 124, 142, 242, 721, 723, 738, 740 BGB

Tenor

1.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 19.02.2020, Az. 100 1701/18, in Bezug auf die gegen die Beklagte erhobene Stufenklage abgeändert.

Die Beklagte wird in der ersten Stufe verurteilt, dem Kläger Auskunft zu geben über den Stand aller für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) zum 30.09.2015, insbesondere über die Höhe des verbleibenden Gewinns/ Gewinnanteils des Klägers, sowie eine geordnete Zusammensteiiung der für den Kiäger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) vom 01.01.2006 bis 30.09.2015 vorzulegen und zum 30.09.2015 eine Abschichtungsbilanz zur Ermittlung des Abfindungsguthabens des zum 30.09.2015 ausgeschiedenen Klägers aufzustellen, in die die Abrechnungspositionen gemäß § 15 des in Anlage K2 vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Beklagten – Verkehrswert der Wirtschaftsgüter und immaterieller Wert der Beklagten nach der Ärztekammermethode Stand 1987 zzgl. schwebender Geschäfte zzgl. Barvermögen der Beklagten abzgl. Verbindlichkeiten der Beklagten zzgl./abzgl. Saldo des Kapitalkontos des Klägers – mit den sich zum 30.09.2015 (Ausscheidensstichtag) ergeben den Werten einzustellen sind. Die weitergehende Auskunftsklage auf der ersten Stufe wird abgewiesen und die Berufung insoweit zurückgewiesen.

2.

Die   Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000.- Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 15.000.- Euro leistet.

4.

Die Revisiorigegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Auskunft über die Höhe seines Anspruches auf Gewinnauszahlung zum 30.09.2015 und der Entwicklung des für ihn geführten Kapitalkontos über die letz­ ten 10 Jahre hinweg, die Erstellung einer Abschichtungsbilanz zum 30.09.2015 sowie auf Auszahlung des sich aus dem Kontostand ergebenden Gewinnanteiles in Anspruch. Des weiteren nimmt der Kläger die Beklagte auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz zum 30.09.2015 sowie auf Auszahlung des sich daraus ergebenden Abfindungsguthabens und des Abfindungsguthabens in Anspruch.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es wird gemäß §·540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Der Senat hat mit Beschluss vom 22.06.2020 (Blatt 566, 567 der Akte) und 30.07.2020 (Blatt 591, 592 derAkte) die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil einstweilen eingestellt.

Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, dem Kläger stünde gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auszahlung seines Guthabens zuni 30.09.2015 in Höhe von 397.397,81 Euro und eine Abfindung für den Verkehrswert seines Antei­les in Höhe von 2.171.555.- Euro zu. Zudem habe er gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht, wegen Verschuldens bei Vertragsschluss, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und begehre eine angemessene Abfindung zum VerkehrswertBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abfindung
Abfindung zum Verkehrswert
Verkehrswert
seines Gesellschaftsanteiles.

Da auf der Ausscheidensvereinbarung die Unterschriftzeile für die Komplementärin der s-GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
leer geblieben sei und somit nicht sämtliche Gesellschafter der KG unterzeichnet hätten, lägen nicht von sämtlichen Vertragsbeteiligten korrespondierende Willenserklärungen vor, welche damit nicht zustande gekommen sei. Die vorgelegte Handelsregisteranmeldung der KG zeige, dass Herrn Dr. U. die unterschiedlichen in seiner Person vereinigten Funktionen bewusst gewesen seien und er diese Unterscheidung gelebt habe, indem er  Erklärungen separat abgegeben habe.

Die Abgeltungsvereinbarung sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

Die Sittenwidrigkeit ergebe sich bereits aus dem besonders groben Missverhältnis zwischen geschuldeter und gewährter Abfindung nebst Abnahme des Vertragsarztsitzes. Hierfür komme es nicht auf den Kenntnisstand der Beklagten oder deren subjektive Einschätzung an, sondern auf die objektiven Verhältnisse. Der Kläger habe eine Abfindung erhalten, die nur 1,8% dessen ausgemacht habe, was ihm tatsächlich zustehe. Nach Abzug der ihm schuldrechfüch ohnehin zustehenden Gewinnansprüche habe er für die Aufgabe von Gesellschaftsbeteiligungen im Gesamtwert von rund 2,5 Mio. Euro und seinen Vertragsarztsitz lediglich eine Abfindung von rund 45.000.- Euro erhalten. Selbst wenn man den Zahlbetrag von 500.000.- Euro insgesamt als Abfindungszahlung verstehe, hätte die Abfindung nur rund 20% dessen betragen, was der Kläger zu beanspruchen habe. Bei einem besonders groben Missverhältnis werde die verwerfliche Gesinnung vermutet.

Jedenfalls ergebe sich die Sittenwidrigkeit aus den weiteren Umständen.

Die Herren Dr. U., Dr. K., Dr. U. und Dr. T. hätten den Kläger aus sachfremden Motiven aus den Gesellschaften gedrängt, weil er diesen unliebsam geworden sei und sein Gesellschaftsanteil für die Dres. R. bzw. I. frei werden sollte. Sie hätten ihr Vorgehen von langer Hand geplant und sich zur Umsetzung ihres Planes die Vorwürfe ausgedacht.

Zudem hätten sie den K!äger widerrechtlich mit Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und Landesärztekammer bedroht. Selbst wenn sie Aufklärungsbemühungen unternommen hätten, wäre diese Drohung immer noch widerrechtlich gewesen. Sie hätten allenfalls, nachdem sie den Kläger persönlich angehört und weitere Sachverhaltserforschungen betrieben hätten, dem Kläger in Aussicht stellen dürfen, ihn auszuschließen, wenn er die Ausscheidensvereinbarung nicht unterzeichnet. Mit der Drohung seien sie jedoch nicht nur darauf bedacht gewesen, den Kläger loszuwerden, sondern ihn auch dazu zu drängen, auf fast sämtliche ihm zustehenden Abfindungen und den Vertragsarztsitz zu verzichten. Hiermit habe die Drohung in keinem inneren Zusammenhang gestanden. Der Kläger sei zur Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung veranlasst worden, indem ihm Verfehlungen vorgeworfen worden seien, die er nicht begangen habe und bezüglich derer er keine Gelegenheit erhalten haben, diese zu entkräften. Die Vorwürfe seien ebenso frei erfunden gewesen wie die Behauptung, es lägen eidesstattliche Versicherungen vor. Die entsprechende Täuschung sei besonders verwerflich, da dem Kläger bewusst lnformationen vorenthalten und ihm jedwede Aufklärungsmöglichkeit genommen worden sei.

.

Dem Kläger sei auch ein falscher Abfindungsbetrag vorgetäuscht worden. Auch wenn über Einzelheiten der Höhe des Zahlbetrages nicht gesprochen worden·sei, hätten die übrigen Gesellschafter der Beklagten mit der Vorlage der vorgefertigten Vereinbarung doch signalisiert, dass dieser Betrag angemessen sei. Dem Kläger seien sämtliche Möglichkeiten vorenthalten worden, sich über die Höhe seiner Ansprüche zu informieren. Da keine Abfindungsbilanz erstellt worden sei, hätten sie in Kauf genommen, dass ihre Angaben falsch waren und der Kläger übervorteilt wurde. Sie hätten den Zahlbetrag ins Blaue hinein erklärt und aufgenommen.

Der Kläger sei mit der Ausscheidensvereinbarung überrascht und überrumpelt worden. Im Zeitraum bis zur unterzeichneten Rückgabe am 19.06.2015 habe der Kläger keine anwaltliche Hilfe finden können. Der Haus-und-Hof-Anwalt der Gesellschaften habe nicht zur Verfügung gestanden, da sich dieser durch den Entwurf der Vereinbarung auf die Beklagtenseite geschlagen habe. Dem Kläger sei ein bereits gefertigtes Protokoll vorgelesen worden, was belege; dass der Kläger überrumpelt werden sollte. Der Kläger sei nicht vorgewarnt gewesen und habe keine Möglichkeit gehabt, sich vorzubereiten.

Der Umfang seines Abfindungsanspruches sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen. Die übrigen Gesellschafter hätten bewusst keine Abschichtungsbilanz aufgestellt. Es stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verhandelns dar, dass dem Kläger jegliche Informationen über Details der ihm vorgeworfenen angeblichen Vorgänge und die Höhe seiner Abfindungs- und Gewinnansprüche vorenthalten worden seien, wohingegen die Beklagtenseite entsprechende·Kenntnisse gehabt hätten.

Der Kläger sei von seiner Tätigkeit als Arzt existenziell abhängig. Er habe erst kürzlich einen Kredit über 700.000.- Euro aufgenommen und unterhaltspflichtige Kinder zu versorgen. Dies hätten die übrigen Gesellschafter gewusst und auf dieser Grundlage ihre Drohung entwickelt. Auch habe dem Kläger wegen seiner angeschlagenen körperlichen und mentalen Verfassung das Vorgehen seiner Mitgesellschafter schwer zu schaffen gemacht. Zudem habe der Kläger seinen wirtschaftlich wertvollen Vertragsarztsitz zurücklassen müssen und sei ihm damit die Möglichkeit genommen worden, weiterhin selbstständig tätig zu sein.

Die Abgeltungsvereinbarung sei wirksam wegen arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten worden.

Es handele sich nicht um eine unzulässige Teilanfechtung. Der Kläger habe die Anfechtung auf die Abgeltungsklausel beschränken können und damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung bringen wolle.

Die Anfechtungsfrist sei gewahrt worden. Auf den Zugang der Anfechtungserklärung sei § 167 ZPO anzuwenden. Fristbeginn für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei frühestens der Zeitpunkt des Zugangs der am 03.04.2018 fertiggestellten Bewertungsgutachten für die Gesellschaftsanteile des Klägers gewesen, denn erst damit seien dem Kläger alle erforderlichen·Tatsachen bekannt geworden, um erkennen zu können, dass der ihm gewährte Zahlbetrag absolut unverhältnismäßig gewesen sei. Die Anfechtungsfrist wegen widerrechtlicher Drohung beginne mit der Beendigung der Bedrohungs-/Zwangslage, wobei es auf den subjektiven Eindruck des Bedrohten ankomme. Der Kläger habe noch im Dezember 2018 unter dem Eindruck der Drohung gestanden und einen Rufmord befürchtet. Er sei eingeschüchtert gewesen und habe sich der Übermacht und dem weit verzweigten Netzwerk der Beklagten ausgeliefert gefühlt. Als er sich im Dezember 2018 an seine Prozessbevollmächtigten gewandt habe, sei er keinesfalls zur Klageerhebung fest entschlossen gewesen, weil er befürchtet habe, eine Klageerhebung werde die Gegenseite veranlassen, ihre Drohung wahrzumachen und ihn unberechtigt anzuzeigen.

Dass die Klageerhebung erfolgt sei, sei das Ergebnis der rechtlichen Beratung gewesen. Die Vertraulichkeitsvereinbarung in der Ausscheidensvereinbarung habe die Bedrohung nicht beendet, wie auch die zwischenzeitliche Strafanzeige zeige.

Sowohl die Täuschung als auch die Drohung sei für die Abgabe der Willenserklärung durch den Kläger mitursächlich geworden. Die für die Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung gesetzte Frist ändere nichts an der Kausalität.

Die Feststellungen des Landgerichtes seien fehlerhaft. Das Landgericht habe entscheidungserhebliches Tatsachen- oder Beweisvorbringen überhaupt nicht oder unvollständig zur Kenntnis genommen oder es missverstanden. Es habe den Vortrag des Klägers zur Beweiswürdigung weitestgehend übergangen. Da die Beklagtenseite ihre Behauptungen zu den angeblichen Vorfällen nach Zeit, Ort, betroffenen Patienten, Art der Operation und weiteren Umständen nicht nachvollziehbar und individualisiert dargelegt hätte, sei der Vortrag von vornherein unbeachtlich und nicht beweiserheblich gewesen. Das Landgericht habe die Beweislast verkannt. Zu Gunsten des Klägers greife die Unschuldsvermutung ein und aus der Vorenthaltung von Einzelheiten und der Nichtvorlage des Protokolls durch die Beklagtenseite ergebe sich zudem eine Beweisvereitelung. Das Landgericht habe zudem verkannt, dass der Kläger den Vortrag der Beklagten lediglich ernsthaft in Frage stellen musste. Es habe die gebotene Parteieinvernahme/persönliche Anhörung des Klägers unterlassen und zahlreiche, vom Kläger benannte Zeugen nicht angehört.

Trotz entsprechender Angebote habe es zur Thematik des besonders krassen Missverhältnisses, zum Wert des Vertragsarztsitzes und zu den Abläufen bei Knieoperationen kein Sachverständigengutachten eingeholt.

Die Behauptungen der Beklagten, die Auskunftsansprüche seien erfüllt, seien unsubstantiiert und verspätet.

Es habe keine Feststellungsbeschlüsse zu den einzelnen Jahresabschlüssen der Gemeinschaftspraxis gegeben. Im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus der Beklagten seien die Gewinnermittlungen für 2014 und 2015 noch nicht einmal aufgestellt gewesen. Die Vollständigkeitserklärungen gäben keine Auskunft über die vomSteuerberater erstellten Gewinnermittlungen. Der Betriebsprüfungsbericht sei nicht geeignet, die beantragten Auskünfte zu erfüllen, denn es handele sich um eine rein steuerliche Betrachtung, nicht um die hier erforderliche handelsrechtliche Betrachtung. Der Kläger habe keine Kenntnis voneinem Feststellungsbescheid betreffend die gesonderte und einheitliche FeststellungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2012 – 2015. Unabhängig davon werde der Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid automatisch der Einkommenssteuerveranlagung des jeweiligen Gesellschafters zu Grunde gelegt.

Es bliebe nur die Anfechtung des Grundlagenbescheides, für die die begehrte Auskung erforderlich  sei.

Die Abfindungsregelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages sei nichtig, da sie bereits im Zeitpunkt ihrer Implementierung zu Sittenwidrig niedrigen Abfindungsbeträgen geführt habe. Die Ärztekammermethode 1987 führe zu strukturell zu niedrigen Abfindungswerten, die nicht realitätsgerecht seien. Der Praxiswert werde willkürlich um 2/3 gekürzt. Die Methode sei allein vergangenheitsorientiert und lasse die Zukunftsaussichten der Praxis außer Acht. Parameter wie Jahresumsatz und Divisor seien willkürlich gewählt und weder finanzmathematisch noch entscheidungstheoretisch begründet. Die Abfindungsklausel des § 15 sei in ihrer streitgegenständlichen Gestalt am 29.10.2009 in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden. Zu dieser Zeit sei die Ärztekammermethode 1987 bereits abgelöst gewesen und die Untauglichkeit dieser Methode bekannt gewesen.

Bei einer Bewertung nach dem Ertragswertverfahren nach IDW S1 Standard ergebe sich ein Praxiswert von 11.250.000,- Euro und ein Beteiligungswert des Klägers von2.250.000,- Euro. Bei Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens ergebe sich ein Praxiswert von 10.870.000,- Euro und ein Beteiligungswert des Klägers von 2.174.000,- Euro. Bei Anwendung der Ärztekammermethode 2008 ergebe sich ein Praxiswert von mindestens 10.857.778,- Euro und ein Beteiligungswert des Klägers von mindestens 2.171.555,- Euro.

Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass die Abfindungsklausel in § 15 des Gesellschaftsvertrages im Zeitpunkt ihrer Einführung nicht unwirksam war, sei sie aufgrund des sich im laufe. der Zeit ergebenden außergewöhnlich weiten Auseinanderklaffens von vertraglichem und wahren Anteilswert im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzupassen, wobei auch die Dauer der Mitgliedschaft sowie die Verdienste des Klägers für die Gesellschaft zu berücksichtigen seien. Mit dem Eintritt von Herrn Dr. Rott sei die Abfindungsregelung im Jahre 2016 abgeändert und auf die Ärztekammermethode 2008 verwiesen worden. Die Gesellschafter der Beklagten hätten mithin erkannt, dass die vormalige Abfindungsmethode zu ungerechten, realitätsfernen Er­ gebnissen führte und anzupassen war.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Erfurt vom 19.02.2020, Az. 10 O 701/18,

1.

die Beklagte zu verurteilen,

a)

Auskunft zu geben über den Stand aller für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) zum 30.09.2015, insbesondere über die Höhe des verbleibenden Gewinns/Gewinnanteils des Klägers, sowie eine geordnete Zusammenstellung der für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) vom 01.01.2006 bis 30.09.2015 vorzulegen,

b)

erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,

c)

zum 30.09.2015 eine Abschichtungsbilanz zur Ermittiung des Abfindungsguthabens des zum 30.09.2015 ausgeschiedenen Klägers aufzustellen, in die

(1)

die vorhandenen Vermögensgegenstände (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) der Beklagten einschließlich eines Geschäftswertes mit ihren sich zum 30.09.2015 ergebenden wirklichen Werten (Verkehrswerte) einzustellen sind, hilfsweise zu (1) für den Fall, dass der Senat nicht von der Nichtigkeit der gesellschaftsvertraglichen Abfindungsregelegung, sondern nur von der Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung ausgehen sollte,

(2)

die Abrechnungspositionen gemäß Gesellschaftsvertrag der Beklagten vom 29.10.2009 – Verkehrswert der Wirtschaftsgüter und immaterieller Wert der Beklagten zzgl. schwebende Geschäfte zzgl. Barvermögen der Beklagten abzgl. Verbindlichkeiten der Beklagten zzgl./abzgl. Saldo des Kapitalkontos des Klägers – mit den sich zum 30.09.2015 ergebenden Werten einzustellen sind,

(3)

erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,

2.

die Beklagte zu verurteilen,

an den Kläger den sich aus dem noch zu ermittelnden verbleibenden Gewinn/Gewinnanteil gemäß Ziffer 1a) und dem noch zu ermittelnden Abfindungsguthaben gemäß Ziffer 1c) zusammensetzenden Geldbetrag abzüglich bereits gezahlter 429.800,- Euro zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von jährlich 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 16.12.2015 bis Rechtshängigkeit und in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

die Komplementärin der KG habe der Ausscheidensvereinbarung zugestimmt, was sich daraus ergebe, dass Herr Dr. Ullmann die Vereinbarung unterzeichnet habe und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplemenfärin gewesen sei.

Die Parteien seien bei Abschluss der Ausscheidensvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass dem Kläger praktisch keine Gewinnansprüche mehr gegen die drei Gesellschaften zustanden, so dass der vereinbarte Betrag praktisch vollständig auf die Abfindung entfallen sei. Erst infolge der im Jahre 2017 durchgeführten Betriebsprüfung habe sich insoweit eine abweichende Beurteilung ergeben, wobei es sich insoweit um eine rein steuerliche Betrachtung handele. Dem Kläger habe für seine Beteiligungen an den drei Gesellschaften kein Abfindungsanspruch von mehr als 2,5 Millionen Euro zugestanden. Die dem Kläger angebotene Vereinbarung sei nach Einschätzung der Beklagten deutlich mehr wert, als dem Kläger nach den betreffenden Gesellschaftsverträgen zugestanden hätte. Der angebotene Abfindungsbetrag entfalle nahezu vollständig auf die Beteiligung an der Beklagten, da diese den mit Abstand größten Wert gehabt habe. Bei der überschlägigen Ermittlung des Abfindungsangebotes hätten die Beklagten berück­ sichtigt, dass sich der Abfindungsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis GbR um 50% reduziert habe. Die Bewertung entspreche den in der Vergangenheit bei Beteiligungsverkäufen angesetzten Maßstäben. Die vom Kläger behauptete exponentielle Wertsteigerung sei bis zum Abschluss der Ausscheidensvereinbarung nicht eingetreten. Nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien hätten dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt nur marginale Gewinnansprüche zugestanden. Der Kassenarztzulassung komme kein eigenständiger Vermögenswert zu, da sie kein veräußerbares Handelsgut sei. Das vorgelegte Bewertungsgutachten orientiere sich nicht an den gesellschafts­ vertraglichen Bestimmungen, auf die es alleine ankomme, sondern stelle auf das vereinfachte Bewertungsverfahren gemäß §§ 199ff. BewG ab, welches gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase zu teilweisen absurden und in der Praxis nicht erzielbaren Ergebnissen führe.

Es fehle an einer verwerflichen Gesinnung der Beklagten. Der Entwurf der Vereinbarung sei erst nach dem Gespräch vom 05.06.2015 zwischen Herrn Dr. Ullmann und den Zeugen Jakob, Dr. Slatosch und Dr. Kühn erstellt worden. Einen konkreten Anhaltspunkt für seine Behauptungen bringe der Kläger nicht vor. Grund für den Abschluss der Ausscheidensvereinbarung sei einzig und allein der Umstand gewesen, dass die Zeugen Jakob, Dr. Kühn und Dr. Slatosch die Mitgesellschafter darüber informiert hätten, dass der Kläger narkotisierte Patientinnen sexuell missbraucht habe und sie vor diesem Hintergrund nicht mehr bereit seien mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Der Kläger habe dies, als er von den Mitgesellschaftern mit den Vorwürfen konfrontiert worden sei, auch nicht in Abrede gestellt, sondern vielmehr nach einer ca. einwöchigen Überlegung das Angebot zum Ausscheiden aus den drei Gesellschaften akzeptiert und zugesagt, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.

Die Mitgesellschafter hätten dem Kläger nicht mit der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und der Landesärztekammer gedroht. Vielmehr hätten sie ihm angegboten, die entsprechenden Vorgänge nicht öffentlich zu machen, um ihn so vor der Einleitung von Ermittlungen zu bewahren. Sie hätten berücksichtigt, dass sie schon viele Jahre mit dem Kläger zusammengearbeitet hatten und mit ihm teilweise freundschaftlich verbunden waren. Sie hätten dem Kläger ein „Ausscheidens-Gesamtpaket“ angeboten, das neben der Zahlung von 500.000,- Euro auch die Zusage, über das Verhalten des Klägers lebenslang Stillschweigen zu bewahren, und die Empfehlung, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, und die Empfehlung eines Arztes enthalten habe. Der Kläger hätte es zudem, wenn die gegen ihn erhobenen Vorwürfe tatsächlich falsch gewesen wären, darauf ankommen lassen können.

Jedenfalls fehle es an der Widerrechtlichkeit einer Drohung. Eine Widerrechtlichkeit des Mittels scheide aus, weil eine Anzeige rechtmäßig gewesen wäre. Eine Widerrechtlichkeit des Zweckes scheide aus, da die Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung nicht verboten und rechtmäßig gewesen sei. Auch die Mittel-Zweck-Relation führe nicht zur Widerrechtlichkeit. Zwischen der Anzeige und dem begehrten Zweck bestehe ein innerer Zusammenhang; da das Vertragsverhältnis, dessen Aufhebung erstrebt worden sei; durch die Straftat konkret berührt worden sei. Die Mitgesellschafter seien bei Abschluss der Ausscheidensvereinbarung davon ausgegangen, dass das dem Klager angebotene „Ausscheidens-Gesamtpaket“ fair gewesen sei.

Selbst wenn diese Annahme unrichtig gewesen sein sollte, würde dies einen unverschuldeten Irrtum der Beklagten darstellen, der nicht geeignet wäre, die Widerrechtlichkeit der Drohung zu begründen.

Der Kläger sei nicht getäuscht worden. Die Mitgesellschafter hätten ihm gegenüber nicht erklärt, es lägen drei eidesstattliche Versicherungen von Krankenschwestern vor. Vielmehr hätten sie lediglich mitgeteilt, dass ihnen glaubwürdige Aussagen vorlägen und die betreffenden Personen bereit wären, ihre Aussagen an Eides statt zu versichern. Von wem die entsprechenden Aussagen stammen, sei dem Kläger nicht mitgeteilt worden. Der Kläger hätte in dem Gespräch vom 14.06.2015 auch die Möglichkeit gehabt, sich zu rechtfertigen, habe davon aber keinen Gebrauch gemacht. Die Mitgesellschafter hätten zu keinem Zeitpunkt auch nur angedeutet, es handele sich um den dem Kläger gesellschaftsrechtlich zustehenden Abfindungsbetrag. Aus diesem Grund sei der Betrag in der Vereinbarung auch nicht als „Abfindung“, sondern nur als „Zahlbetrag“ bezeichnet worden. Es habe sich nur um die Zahlung gehandelt, die zu leisten die Mitgesellschafter kurzfristig bereit und der Lage gewesen seien.

Der Kläger sei nicht überrumpelt worden. Er sei nicht unmittelbar in dem Gespräch vom 14.06.2015 zum Abschluss der Vereinbarung gedrängt worden, sondern es sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, sich die Angelegenheit zu überlegen und sich zu beraten. Die Parteien hätten auf die Erstellung einer Abschichtungsbilanz einvernehmlich verzichtet und sich stattdessen auf einen pauschalen Abfindungsbetrag geeinigt. Dabei hätten alle Beteiligten über dieselben Informationen bezüglich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der drei Gesellschaften verfügt. Der Kläger habe zudem jederzeit Einsicht in die Geschäftsunterlagen der drei Gesellschaften nehmen können.

Die Parteien hätten gerade durch den Abschluss der Ausscheidensvereinbarung sicherstellen wollen, dass der Kläger auch künftig weiter als Arzt tätig sein konnte. Hätten die Mitgesellschafter stattdessen bereits im Jahre 2015 unmittelbar eine Strafanzeige gegen den Kläger gestellt, hätte dies zumindest nach der Befürchtung des Klägers dazu führen können, dass ihm im Ergebnis eines entsprechenden Strafverfahrens seine Approbation vorübergehend oder dauerhaft entzogen werde. Da den Mitgesellschaftern jedoch bekannt gewesen sei, dass der Kläger von seiner Tätigkeit als Arzt existenziell abhängig war, hätten sie von der Stellung einer Strafanzeige abgesehen und dem Kläger stattdessen den Abschluss einer Ausscheidensvereinbarung vorgeschlagen. Zudem habe das Landgericht auch berücksichtigt, dass sich der Kläger zum damaligen Zeitpunkt in einer angeschlagenen körperlichen und mentalen Verfassung befand, aber ausgeführt, dass dies die Wirksamkeit seiner Willenserklärung·nicht infrage stelle.

Es liege keine wirksame Anfechtung vor. Es handele sich um eine unzulässige Teilanfechtung. Die Anfechtung sei zudem verfristet. Auf den Zugang der Anfechtungserklärung sei § 167 ZPO nicht anzuwenden. Das Landgericht habe zudem den maßgeblichen SachverhaIt nicht fehlerhaft und unvollständig festgestellt.

Dem Kläger stünden die geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht zu.

Da der Kläger wirksam aus der Beklagten ausgeschieden sei, stünden ihm keinerlei Einsichts­ und Auskunftsrechte mehr zu. Der Kläger habe für die Geschäftsjahre 2006 – 2014 jeweils einen vollständigen Abschluss und eine Aufstellung der Entwicklung der Kapitalkonten erhalten. Die entsprechenden Abschlüss einschließlich der Übersicht über die Entwicklung der Kapitalkonten sei jeweils vom Steuerberater der Beklagten im Rahmen der jährlichen Gesellschafterversammlung vorgestellt und anschließend von den Gesellschaftern genehmigt worden. Die Gesellschafter hätten zudem die entsprechenden Beträge ihren individuellen Steuererklärungen zu Grunde gelegt und damit die Abschlüsse der jeweiligen Kapitalkontenstände nochmals anerkannt. Unabhängig davon seien dem Kläger die Kapitalkontenstände nochmals durch die zwischenzeitliche Betriebsprüfung bekannt geworden.

Die Abfindungsregelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages sei wirksam. Sie stehe nicht in einem besonders groben Missverhältnis zum Verkehrswert der Beteiligung. Das vereinfachte Ertragswertverfahren, auf welches das durch den Kläger in Anlage K6 vorgelegte Gutachten abstelle, führe zu teilweise absurden und in der Praxis nicht erzielbaren Ergebnissen.

Eine Nichtigkeit liege nicht vor, solange die Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteiles und dem Abfindungsbetrag nicht ein Mehrfaches des Abfindungsbetrages ausmache. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Parteien die Abfindungsregelung im Zusammenhang mit dem Eintritt der Dres. Liesaus und Trommer vereinbart hätten. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Parteien die Regeln für die Ermittlung des Kaufpreises bei Eintritt des neuen Gesellschafters in gleicher Weise festlegten wie für die Ermittlung des Abfindungsanspruches. Weiter sei zu berücksichtigen, dass von Anfang an klar gewesen sei, dass die Gesellschafter ihre Beteiligung auf Zeit innehaben würden und mit Vollendung des 68. Lebensjahres Ausscheiden. Für diesen Fall sei eine Beschränkung der AbfindungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschränkung der Abfindung
zulässig, da andernfalls die Beteiligung neuer Gesellschafter praktisch nicht möglich wäre, sondern vielmehr die für die weitere Durchführung des Modells erforderliche finanzielle Grundlage zerstört würde.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist in Bezug auf die von ihm erhobene Stufenklage in der ersten Stufe – betreffend Art und Umfang des Auskunftsanspruches – teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 242 BGB einen Anspruch auf Auskunft über den Stand aller für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) zum 30.09.2015, insbesondere über die Höhe des verbleibenden Gewinns/Gewinnanteils des Klägers, eine geordnete Zusammenstellung der für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten vom 01.01.2006 bis 30.09.2015 und eine Abschichtungsbilanz zur Ermittlung des Abfindungsguthabens des zum 30.09.2015.

1.

Die Stufenklage ist zulässig, § 254 ZPO. Der Anspruch auf Auskunft und auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz kann mit dem Leistungsanspruch in einer Stufenklage verbunden werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016– II ZR 74/14 -, Rn. 14, juris).

2.

Der Klägers hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunft über den Stand aller für den Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) zum 30.09.2015, insbesondere über die Höhe des verbleibenden Gewinns/Gewinnanteils des Klägers, sowie eine geordnete Zusammenstellung der für den·Kläger bei der Beklagten geführten Gesellschafterkonten (Kapitalkonten·und Gesellschafterkonten mit Fremdkapitalcharakter) vorn 01.01.2006 bis 30.09.2015 aus § 242 BGB iVm § 721 BGB, § 4 c), § 15 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten.

a)

Der Kläger hat in Anlage K2 den Gesellschaftsvertrag der Beklagten vorgelegt. Nach § 4 c) des Vertrages sind die Gewinne und Verluste der Gesellschaft zu je 20% auf die Gesellschafter der Beklagten zu verteilen. Nach § 15 erhält der ausgeschiedene Gesellschafter über seinen verbleibenden Gewinnanteil zum Stichtag seines Ausscheidens für den Verlust am Gesellschaftsvermögen hinaus ein Abfindungsguthaben.

b)

Der Kläger kann gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zum Ausschei- densstichtag zustehenden Guthabens aus bis dahin entstandenen Gewinnansprüchen geltend machen.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine Dauergesellschaft, da die Gesellschaft nach § 14 des Gesellschaftsvertrages auf unbestimmte Zeit errichtet ist. Das Geschäftsjahr der Gesellschaft ist nach § 8 des Gesellschaftsvertrags das Kalenderjahr. Der Kläger hatte daher jeweils mit Ablauf des 31.12. eines Kalenderjahres einen periodisch entstandenen Anspruch auf Rechnungsabschluss (BGH, Urteil vom 06. April 1981- II ZR 186/80-, Rn.10, juris) und Auszahlung des ihm zustehenden Anteils am Gewinn (Palandt – Sprau, BGB, 80. A., § 721 BGB, Rn. 1) unter Berücksichtigung der auf der Grundlage von § 4 d) des Gesellschaftsvertrages laufend bereits erhaltenen Entnahmen.

Der in laufender Gesellschaft zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres periodisch entstehende Gewinnanspruch setzt die Aufstellung und Feststellung der Bilanz mit Gewinnrechnung und Verlustrechnung voraus. Damit hängt er von einem rechtsbegründenden Akt ab, an dem regelmäßig sämtliche Gesellschafter, also auch der anspruchsberechtigte Gesellschafter selbst, mitzuwirken haben. Die Feststellung der Bilanz ist Voraussetzung für den Gewinnanspruch des Gesellschafters (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 15. Februar 2018- 3 U 176/15 -, Rn. 19, juris).

Hier geht es aber um den Anspruch des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten. Dies haben die Gesellschafter unter § 15 des in Anlage K2 vorgelegten Gesellschaftsvertrages mit Wirkung vom 01.01.2010 abweichend geregelt. Dort heißt es u.a.: ,,Der ausgeschiedene Gesellschafter erhält über seinen verbleibenden Gewinnanteil zum Stichtag seines Ausscheidens für den Verlust am Gesellschaftsvermögen hinaus ein Abfindungsguthaben.“ Weiter heißt es im Folgenden: ,,Zur Ermittlung des Abfindungsguthabens ist einer Abwicklungsbilanz gemäß § 738 BGB zu erstellen, in der die folgenden selbständigen Abrechnungspositionen einzustellen sind:

… zuzüglich/abzüglich Saldo des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters zum Ausscheidensstichtag.“ Der Saldo des Kapitalkontos ist daher ein selbständiges Element im Rahmen der Ermittlung der dem Kläger insgesamt zustehenden Abfindung. Anspruchsvoraussetzung ist das Ausscheiden des Gesellschafters, nicht aber eine gemeinsame Feststellung des verbleibenden Gewinnanteiles (vgl. BGH, Urteil vom ,19. Juli 2010-11 ZR 57/09-, Rn. 8,juris).

c)

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechenschaftslegung über den Stand der für ihn geführten Gesellschafterkonten und die Entwicklung seines Anspruches auf Gewinn bis zum Stichtag des Ausscheidens aus § 242 BGB.

aa)

Der Anspruch auf Mitteilung des Rechnungsabschlusses ist Hilfs- und Vorbereitungsanspruch u.a. für den Anspruch auf Gewinnverteilung (Palandt – Sprau, aaO, § 721 BGB, Rn. 3). Jeder Gesellschafter kann im eigenen Namen von den übrigen Gesellschaftern die Erstellung des Abschlusses und dessen Mitteilung an sich selbst verlangen (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 10. April 2002 – 1 U 740/01 – 169 -, Rn. 23, juris). Der über den Vermögensstand der Gesellschaft nicht unterrichtete Gesellschafter hat einen Anspruch auf Rechnungsabschluss, der den Anspruch auf Rechnungslegung in sich trägt (BGH, Versäumnisurteil vom 22.März 2011 – II ZR 206/09 -, Rn. 15, juris). Dies beinhaltet den Anspruch auf Mitteilung einzelner Elemente des Rechnungsabschlusses zum Stichtag des Ausscheidens (BGH, Urteil vom 07. April 2008 – II ZR 181/04 , Rn. 1, 21, juris) Auch dieser Anspruch kann gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden (Erman – Westermann, aaO, § 72t BGB, Rn. 1; Staudinger – Habermeier, aaO, § 721 BGB, Rn. 4).

Ein aus Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte begründeter Anspruch auf Rechenschaftslegung ist aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz herzuleiten, dass rechenschaftspflichtig ist, wer eine fremde Angelegenheit besorgt (Palandt- Grüneberg, BGB, 80. A., § 259 BGB, Rn. 5). Diese Rechenschaftslegungspflicht besteht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in ent-schuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (BGH, Urteil vom 14: Juni 2016 – II ZR 121/15 -, Rn. 11, juris). Dieser Rechtsgrundsatz ist auch im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten anwendbar, weil auch hier Auskunfts-ansprüche aus § 242 BGB herzuleiten sind.

Der streitgegenständliche Anspruch richtet sich auch auf den Stand und die Entwicklung des für den Kläger bei der Beklagten geführten Kapitalkontos. Der Vortrag des Klägers, dass ein solches durch die Ehefrau des geschäftsführenden Mitgesellschafters Dr. Ullmann (vgl. § 7 des Ge sellschaftsvertrages) für ihn geführt wurde (Schriftsatz vom 28.12.2018, Seite 10, 11, Blatt 11, 12 der Akte), ist unstreitig. Die Führung eines Kapitalkontos für die Gesellschafter ergibt sich auch aus § 15 des Gesellschaftsvertrages, denn dort wird zur Ermittlung des Abfindungsguthabens u.a. auf den ,,….Saldo des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters zum Ausscheidensstichtag…“ abgestellt.

Der Anspruch des Klägers auf Auskunft durch Rechenschaftslegung über die Entwicklung der für ihn geführten Fremdkapitalkonten ist daher auf der Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses entstanden. Der Umfang der Rechenschaftspflicht wird wesentlich durch den Grundsatz der Zumutbarkeit mitbestimmt (Palandt – Grüneberg, aaO, § 259 BGB, Rn; 9), also etwa nach der Relation zwischen dem Arbeitsaufwand und Zeitaufwand des Verpflichteten einerseits und den schutzwürdigen interessen des Berechtigten andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1981 – VIII ZR 298/80- Rn. 20, juris). Auch der Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist befreit den Auskunftspflichtigen nicht, soweit er tatsächlich noch über die erforderlichen Unterlagen verfügt. Erst wenn der Schuldner alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, kann er sich auf § 275 BGB berufen oder Erfüllung einwenden (Palandt – Grüneberg, aaO, § 259 BGB, Rn. 9).

bb)

Nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft besteht zwar grundsätzlich eine Durchsetzungssperre für Einzelansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis. Dies lässt das erforderliche Interesse an der begehrten Auskunft aber nicht entfallen, da der zum Stichtag des Ausscheidens verbleibende Gewinnanteil des Klägers nach § 15 des Gesellschaftsvertrages – ermittelt nach dem Saldo seines Kapitalkontos – eine selbständige Abrechnungsposition im Rahmen der Ermittlung des Abfindungsguthabens ist, so dass der selbständig ermittelte Anspruch auf Teilhabe am Gewinn in die Auseinandersetzungsrechnung eingeht (vgl. a. Erman – Wester­ mann, aaO, § 721 BGB, Rn. 4; BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 – IIZR 285/09 -, Rn. 14, 17, juris; BGH, Urteil vom 26. Juli 2016, II ZR 74/14 -, Rn. 12, juris), und vom dem Kläger nach den angekündigten Anträgen in der Leistungsstufe auch gemeinsam eingeklagt werden wird.

cc)

Die GbR, die wie hier am Rechtsleben im Außenverkehr teilnimmt, ist (teil-) rechtsfähig (BGH, Urteil vom 19. November 2013 – II ZR 150/12 -, Rn. 24, juris; BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 -, Rn. 5, 7). Auch der Anspruch auf Erfüllung des bereits entstandenen Anspruchs auf Gewinn kann gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden (Palandt – Sprau, aaO, § 721 BGB,Rn. 2; § 705 BGB, Rn. 30; Erman – Westermann, BGB, 16. A., § 721 BGB, Rn. 3; Staudinger – Habermeier, BGB, 2003, § 721 BGB, Rn. 9).

d)

Der Auskunftsanspruch des Klägers ist nicht infolge zwischenzeitlicher Feststellungen der Jahresabschlüsse der Beklagten zu 1 entfallen und nicht auch nicht infolge der Anspruchserfüllung durch die Beklagte erloschen, § 362 Abs. 1 BGB.

aa)

Nach dem im Rahmen des Schriftsatznachlasses vertieften Tatsachenvortrag der Beklagten wurden die Rechnungsabschlüsse für die Jahre 2006 – 2014 einschließlich des jeweiligen Standes der einzelnen Kapitalkontenstände der jährlichen Gesellschafterversammlung vorgestellt und von den Gesellschaftern genehmigt – was vollumfänglich streitig ist – und wurden dem Kläger die Kapitalkontenstände bis einschließlich 31.12.2014 auf jährlichen Gesellschafterversammlungen vorgestellt – was für das Jahr 2014 streitig ist, da der Kläger die Aufstellung der entsprechenden Gewinnermittlung bis zu seinem Ausscheiden in Abrede stellt.

bb)

Es kann im vorliegenden Falle aus Rechtsgründen offen bleiben, ob und in welchem Umfang die Behauptung der Beklagten zutrifft.

Denn auch nach dem Beklagtenvortrag erfasst die letzte behauptete Feststellung und Vorstellung der Kapitalkontenstände nur den Zeitraum bis. zum 31.12.2014. Dies berührt den Anspruch des Klägers auf Auskunft über den Stand seines Kapitalkontos zum 30.09.2015 nicht. Da die Rechenschaftslegung nicht nur den Endstand des Kontos, sondern auch die Entwicklung zu ihm im Einzelnen aufzeigen muss (Palandt – Grüneberg, aaO, §- 259 BGB, Rn. 8), und die weiter geforderte geordnete Zusammenstellung der  für den Kläger geführten Konten der Beklagten auf der Grundlage ihres eigenen Vortrags zumutbar ist, weil die entsprechenden Darstellungen bereits vorhanden sind, bleibt die Beklagte auch unter diesem Aspekt zur Darstellung der Entwicklung des Kontos über die Jahre hinweg verpflichtet.

e)

Der Auskunftsanspruch ist nicht als Folge der etwaigen Verjährung eines Anspruches auf Zahlung der Abfindung erloschen.

Dieser Anspruch unterfällt der Regelverjährung, § 195 BGB, welche frühestens mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstand, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Die Entstehung des Anspruches nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 ZPO setzt dessen Fälligkeit voraus (BGH, Urteil vom 08. Juli 2008 -XI ZR.230/07 -, Rn. 17, juris). Soweit bis zum Ausscheiden des Klägers ein Gewinnguthaben verblieben ist, ist es mit dem Ausscheiden des Klägers gemäß § 1 der Ausscheidensvereinbarung nicht vor dem 30.09.2015 oder aber im Falle der wirksamen Anfechtung auf der Grundlage der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft am 19.06.2015 entstanden (BGH, Urteil vom 23. Februar 1978 – II ZR 145/76 -, Rn. 12, juris). Für einen früheren Zeitpunkt der Forderungsentstehung tragen die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (Palndt – Ellenberger, aaO, vor§ 194 BGB, Rn. 24) nichts vor. Die Verjährung begann daher mit Ablauf des 31.12.2015.

Die Verjährung wurde durch die Zustellung der Stufenklage gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr 1 BGB. Die Stufenklage wurde den Beklagten am 05.02./06.02.2019 zugestellt (Blatt 30 a – e der Akte). Die Zustellung wirkt gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage – den 28.12.2018 – zurück. Dem Kläger ging die gerichtliche Anforderung des Kostenvorschusses am 17.01.2019 zu. Am 08.01.2019 wurde die Vorschussanforderung durch das Gericht abgesandt (Blatt 27 RS der Akte). Sie ging den Prozessbevollmächtigten des Klägers unstreitig am 14.01.2019 zu. Maßgeblich ist aber der Zugang der Anforderung beim Kläger selbst, wofür mangels entgegenstehender Umstände ein weiterer Zeitraum von 3 Werktagen anzusetzen ist (BGH, Urteil vom 29. Juni 2017 – V ZR 103/16 -, Rn. 14, juris). Angesichts der Höhe des angeforderten Vorschusses von 8.460.- Euro (Blatt I der Akte) war dem Kläger für die Einzahlung des angeforderten Betrages ein weiterer Zeitraum von 1 Woche zuzubilligen (BGH, Urteil vom 29. Juni 2017 -V ZR 103/16-, Rn. 9, juris), so dass die Einzahlung bis zum 24.01.2019 erfolgt sein musste. Die Einzahlung erfolgte am 28.01.2019, so dass dem Kläger eine Verzögerung der Zustellung um 4 Tage zur Last fällt (BGH, Urteil vom 29; Juni 2017 – V ZR 103/16 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 03. September 2015 – III ZR 66/14 -, Rn. 19, juris). Da eine der Partei zuzurechnende Verzögerung der Zustellung von bis zu 14 Tagen der Rückwirkung nicht entgegensteht (BGH, Ur­ teil vom 29. Juni 2017 – VZR 103/16 -, Rn. 5, 6; Zöller – Greger, aaO, §,167 ZPO, Rn. 11) und dem Kläger nur 4 Tage zuzurechnen sind, ist die Zustellung demnächstBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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erfolgt und wirkt sie auf die Einreichung der Klage zurück.

Die Verjährung des Anspruches des Klägers gegen die Beklagte zu 1 auf Rechenschaftslegung haben die Beklagten nicht eingewandt. Der Anspruch auf Rechenschaftslegung verjährt selbständig (Staudinger – Bittner/Kolbe, BGB, 2019, §-259 BGB, Rn. 17). Die Beklagten haben ihren Verjährungseinwand aber ausdrücklich nur auf Zahlungsansprüche des Klägers bezogen (Schrift­ satz vom 16.04.2019, Seite 18, Blatt 79 der Akte).

f)

Es sind auch nicht jegliche Forderungen des Klägers aus dem Gesellschaftsverhältnis durch die streitgegenständliche Vereinbarung vom 19.06.2015 abgegolten, weil der Kläger diese Vereinbarung wegen einer widerrechtlichen Drohung wirksam angefochten hat, so dass die Vereinbarung nichtig ist, § 142 Abs. 1 BGB.

aa)

Der Kläger, die Komplementärin der sportklinik.ERFURT GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
KG
und die Mitgesellschafter des Klägers in der Beklagten einigten sich am 19.06.2015 auf die in Anlage K1 vorgelegte Ausscheidensvereinbarung.

Der Kläger hat – erstmals im Berufungsverfahren – gegen die Wirksamkeit des Vertragsschlusses eingewandt, dass die Vereinbarung von der Komplementärin der KG nicht unterzeichnet und damit nicht abgeschlossen worden sei. Dieser Einwand steht der Wirksamkeit der Vereinbarung aus Rechtsgründen nicht entgegen.

Es ergibt sich zwar aus der vorgelegten Kopie der Vereinbarung, dass die für die Komplementärin der KG angelegte Unterschriftszeile leer blieb. Aus dem übrigen Inhalt der Vereinbarung und den daraus erkennbaren Umständen der Unterzeichnung ergibt sich aber, dass Herr Dr. Ullmann nach außen erkennbar auch als gesetzlicher Vertreter der Komplementärin den Willen zum Vertragsabschluss bildete.

Die KG wurde nach § 7 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages; §§ 170, 125 Abs. 1, 126 Abs. 1 HGB gesetzlich durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin, die sportklinik.ERFURT Privatklinik Verwaltungs GmbH, vertreten, deren einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer Herr Dr. Ullmann war. Dieser unterzeichnete die Vereinbarung. Die Vereinbarung bezog sich ausdrücklich auch auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Komplementärin der KG, wie sich aus dem Rubrum der Vereinbarung – in dem die Komplementärin unter Ziffer 6. als vertragsschließende Partei benannt wurde – und dem Inhalt von § 2 und § 4 ergibt. Zudem ergibt sich der für die Komplementärin gebildete Wille auch aus der Tatsache, dass diese ausweislich § 6 der Vereinbarung der Abtretung der Kommanditanteile des Klägers an die Beklagten zu 2 – 5 zustimmte. Es gibt daher keinen Zweifel daran, dass Herr Dr. Ullmann mit seiner Unterzeichnung zugleich die Komplementärin der KG vertrat. Dies war für den Kläger aus den dargestellten Umständen heraus auch erkennbar, vgl. § 164 Satz 2 BGB.

bb)

Die Abgeltungsvereinbarung ist aber infolge der Anfechtung durch den Kläger gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig.

(1)

Mit der Klageschrift erklärte der Kläger die Anfechtung der Vereinbarung wegen Täuschung und Drohung. Sie ging der Beklagten mit der Klagezustellung am 05.02.2019 zu

(1.1)

Es steht der Anfechtung nicht entgegen, dass der Kläger sich zugleich auf die Nichtigkeit der Ausscheidensvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit beruft (Palandt – El!enberger, aaO, § 142 BGB, Rn. 1, Übbl. Vor § 104 BGB, Rn. 35).

(1.2)

Es handelt sich auch nicht um eine unzulässige Teilanfechtung.

Allerdings hat der Kläger nach dem Wortlaut seiner Anfechtungserklärung die Anfechtung auf die in der Vereinbarung unter § 2 enthaltene Abgeltungsklausel beschränkt. Sein Ausscheiden aus der Gesellschaft will er hingegen ausdrücklich hinnehmen, da er infolge des Verhaltens der übrigen Gesellschafter jedes Vertrauen in diese verloren habe. Eine Teilanfechtung ist aber dann wirksam, wenn das Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB teilbar ist. Das Restgeschäft bleibt gültig, wenn dies dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht (Palandt – Ellenberger, aaO, § 143 BGB, Rn. 2; BGH, Urteil vom 14. November 2001 – IV ZR 181/00 -, Rn. 23, juris).

Eine auf die Wirkung der Abgeltungsvereinbarung beschränkte Anfechtung ist vorliegend schon aus·Rechtsgründen wirksam.

Mit der Vereinbarung schied der Kläger aus der Beklagten aus (§ 1 (1) der Vereinbarung vom 19.06.2015). Auf das – im Falle der Anfechtbarkeit der Vereinbarung fehlerhafte – Ausscheiden des Klägers sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. Auch fehlerhaftes Ausscheiden ist nicht ex tunc unwirksam. Das auf einem fehlerhaften rechtsgeschäftlichen Handeln beruhende Ausscheiden eines GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausscheiden
Ausscheiden eines Gesellschafters
ist wirksam, wenn es in Vollzug gesetzt worden ist und seiner Anerkennung gewichtige interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen nicht entgegenstehen (BGH, Versäumnisurteil vom 13. Januar 2003 – II ZR 58/00 -; Rn. 12, juris). Dies gilt auch dann, wenn ein Fall der Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung in Frage steht; denn die Erwägungen, die zu der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft geführt haben, treffen hier ebenfalls zu. Es könnte zu unerträglichen Ergebnissen führen und wäre mit dem Zweck der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften nicht zu vereinbaren, wenn der tatsächlich geschaffene Zustand, dass die Erwerber in der Vergangenheit die Gesellschaft gemeinschaftlich getragen haben, mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben gestrichen und damit so behandelt würde, als ob dies niemals der Fall gewesen wäre. Das bedeutet, dass dann, wenn der Austritt aus einer Gesellschaft vollzogen ist, die Unwirksamkeit der Ausscheidensvereinbarung in der Regel nicht zu einer rückwirkenden Wiedereinsetzung des Gesellschafters führen kann (BGH, Urteil vom .13. März 1975 – II ZR 154/73 -, Rn. 28, juris).

(1.3)

Die Tatsache, dass der Kläger nur die Abgeltungsklausel nicht gelten lassen will, beinhaltet auch keine Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes, § 144 Abs. 1 BGB.

An die Annahme einer Bestätigung durch schlüssiges Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen, da Teilnehmer am Rechtsverkehr erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres auf bestehende Befugnisse oder Gestaltungsmöglichkeiten zu verzichten pflegen. Eine stillschweigende Bestätigung i.S. von § 144 BGB kann nur angenommen werden, wenn das Verhalten des Anfechtungsberechtigten eindeutig Ausdruck eines Bestätigungswillens ist und jede andere den Umständen nach einigermaßen verständliche Deutung ausscheidet. Sobald ein Verhalten auch auf einem anderen Grund beruhen kann, ist eine Bestätigung grundsätzlich nicht anzunehmen (BGH, Urteil vom 01.April 1992-XII ZR 20/91 -, Rn. 10, juris). Der Kläger nimmt hier nur sein Ausscheiden·aus der Beklagten zu 1 hin, nicht aber die Abgeltung seiner Forderungen.

(2)

Der Kläger kann seine Willenserklärung wegen einer widerrechtlichen Drohung gemäß § 123 Abs. 1 BGB anfechten.

(2.1)

Drohung ist die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende einwirken zu können behauptet und das verwirklicht werden soll, wenn der Bedrohte nicht die von dem Drohenden gewünschte Willenserklärung abgibt (BGH, Urteil vom 07. Juni 1988- IX ZR 245/86 -, Rn. 11, juris). Ein solches Übel wurde dem Kläger vorliegend angekündigt.

Die Beklagte selbst hat vorgetragen, dass die Mitgesellschafter dem Kläger aufgrund des jahrelangen guten kollegialen und teilweise sogar freundschaftlichen Verhältnisses angeboten hätten, die betreffende Angelegenheit nicht öffentlich zu machen und insbesondere keine Strafanzeige gegen ihn zu stellen, was sich der Kläger hilfsweise zu Eigen gemacht hat.

Das angekündigte Übel kann eine Strafanzeige sein. Die Drohung muss nicht ausdrücklich aus gesprochen werden, kann vielmehr auch versteckt (z.B. durch eine Warnung oder einen Hinweis aut nachteilige Folgen) oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH, Urteil vom 07. Juni 1988-‚- IX ZR 245/86 -, Rn. 11, juris; BGH, Urteil vom 22. November 1995 -XII ZR 127/94 -, Rn.13, juris; BAG, Urteil vom 9. März 1995 – 2 AZR 644/94 -, Rn. 32, juris). Hier liegt in dem „Angebot“, keine Strafanzeige zu erstatten, nach den Umständen des Falles eine versteckte Drohung. Denn dieses Angebot wurde dem Kläger im Rahmen der Besprechung am 14.06.2015 über den Abschluss der Ausscheidensvereinbarung mitgeteilt. Nach dem Vortrag der Beklagten ging es dabei auch nicht um die Frage, inwieweit die Mitgesellschafter auf die Stellung einer Strafanzeige durch Dritte hätten Einfluss nehmen können, sondem um deren eigenes Angebot. Durch die Abgabe des Angebotes wurde dieses in einen unmittelbaren gegenständlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem besprochenen Ausscheiden des Klägers gestellt. Die Benennung als „Angebot“ wäre schlicht überflüssig gewesen, wenn die Mitgesellschafter sich nicht offengelassen hätten, die Angelegenheit doch noch öffentlich zu machen und den Kläger doch noch anzuzeigen. Ein anderer Grund hierfür als den der möglichen Weigerung des Klägers, die angebotene Ausscheidensvereinbarung zu akzeptieren, ist nicht ersichtlich. Damit haben die Mitgesellschafter dem Kläger auf dem Umweg über das „Angebot“ im Gegenteil deutlich gemacht, dass sie die Sache noch öffentlich machen und ihn noch anzeigen könnten, falls er die Ausscheidensvereinbarung nicht akzeptiert. Welcher der Mitgesellschafter die versteckte Drohung abgegeben hat, ist für die Anfechtung dabei nicht entscheidend (Palandt – Ellenberger, aaO, § 123 BGB, Rn. 18).

(2.2)

Durch die Drohung wurde für den Kläger eine Zwangslage geschaffen.

Es bestand die Gefahr, dass ein arztrechtliches Verwaltungsverfahren eröffnet und die Approbation des Klägers gemäß § 6 Abs. 1 Nr.1 BÄO ruhend gestellt wird, was die weitere Ausübung des Berufes zunächst verhindern konnte.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1·BÄO kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn gegen den Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Diese Vorschrift ermächtigt die Behörde, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen schon in dem frühen Stadium der Einleitung eines Strafverfahrens zum Schut von Patienten und – insgesamt – der Allgemeinheit vor den mit Wahrscheinlichkeit von dem Arzt ausgehenden Gefahren rasch einzugreifen. Dabei braucht – anders als beim Widerruf der Approbation – ein die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit aufzeigendes Verhalten des betroffenen Arztes noch nicht nachgewiesen zu·sein. Vielmehr reichen, wie die Tatbestandsvoraussetzung „Einleitung eines Strafverfahrens wegen des Verdachts einer Straftat“ bei wortgetreuer Interpretation zeigt, gewichtige Verdachtsmomente in Bezug auf das strafrechtlich relevante Verhalten aus. Die Befugnis, das Ruhen der Approbation anzuordnen, erfordert eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der betroffene Arzt die ihm vorgeworfenen Straftaten begangen hat und diese so schwerwiegend sind, dass aus ihnen auf eine Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit des betroffenen Arztes geschlossen werden kann. Neben der hohen Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Verurteilung kommen wird; setzt ein vorläufiges Berufsverbot als Eingriff in die verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Berufswahl, d.h. die Befugnis, den einmal gewählten Beruf auch weiterhin auszuüben, weiterhin die Feststellung voraus, dass diese Maßnahme schon vor der Rechtskraft der strafgerichtlichen Entscheidung als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist (Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 29. November 2005 – 1 R 12/05 Rn. 57, 61, juris).

Da dem Kläger im Rahmen der Besprechung weder konkret der Inhalt der Anschuldigungen eröffnet wurde, noch, wer die Anschuldigungen erhoben hatte, hatte der Kläger auch keinen Anhaltspunkt dafür, die Erfolgsaussichten einer Verteidigung dagegen abzuschätzen.

(2.3)

Die Drohung war widerrechtlich:

Die Widerrechtlichkeit ergibt sich aus der Unangemessenheit der Zweck-Mittel-Relation. Eine Drohung ist widerrechtlich, wenn Mittel und Zweck zwar für sich allein betrachtet nicht widerrechtlich sind, ihre Verbindung aber – die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck – gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden oder gegen Treu und Glauben verstößt. Dabei bedarf es einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung der Belange der Beteiligten. Insbesondere ist zu prüfen, ob der Drohende an der Erreichung des von ihm erstrebten Erfolgs ein berechtigtes Interesse hat und ob die Drohung ein angemessenes Mittel darstellt (BGH, Urteil vom 06. Mai 1982-VII ZR208/81 -, Rn. 16, juris; BGH, Urteil vom 4. November 1982 – VII ZR 11/82 -, Rn. 19, juris; BGH, Urteil vom 19. August 2005 – X ZR 15/04 =, Rn. 41, juris).

Zwar hebt die Beklagte noch zu Recht darauf ab, dass zwischen den behaupteten streitgegenständlichen beruflichen Verfehlungen des Klägers und seinem Ausscheiden aus den an der Vereinbarung beteiligten Gesellschaften ein innerer Zusammenhang besteht, da durch das Ausscheiden die Gefahr weiterer Verfehlungen des Klägers jedenfalls im Rahmen der bestehenden Gesellschaften ausgeschlossen werden konnte und nach Behauptung der Beklagten die Zeugen Dr. Jakob, Dr. Kühne und Dr. Slatosch auch eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt hatten.

Es besteht aber kein innerer Zusammenhang mehr mit der Abgeltung sämtlicher Ansprüche des Klägers gegen alle beteiligten Gesellschaften ohne die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Bewertung seiner Abfindung. Nach § 15 des Gesellschaftsvertrages hatte der Kläger eine nach bestimmten Grundsätzen zu berechnende Abfindung für den Verlust am materiellen und immateriellen Vermögen zu beanspruchen; dies gilt für sämtliche Ausscheidendstatbestände ohne Rücksicht auf den Grund des Ausscheidens. Die Gesellschafter haben damit ihre interessen für den Fall des Ausscheidens bewertet und geregelt; ein Recht, den Kläger mit einem nicht näher berechneten „Strafabschlag“ Ausscheiden zu lassen, stand den Beklagten nicht zu. Eine Berechnung der dem Kläger zustehenden Abfindung erfolgte nicht; es erfolgte nicht einmal eine auf Tatsachen gestützte und zur Näherung an die Abfindung taugliche Schätzung. Der Kläger hätte aber auch ohne eine Vereinbarung über die Abgeltung seiner Forderungen gegen die Gesellschaften Ausscheiden können, wodurch der Gefahr weiterer Verfehlungen des Klägers im Rahmen der Gesellschaften begegnet worden wäre. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, den Kläger ohne eine vertragsgemäß bewertete Abfindung zum Ausscheiden zu veranlassen, bestand daher nicht.

(2.4)

Der Drohende muss den Willen haben, den anderen Teil zur Abgabe einer Willenserklärung zu bestimmen. Er muss sich bewusst sein, dass sein Verhalten die Willensbildung des anderen TeiIs beeinflussen kann und den Zweck verfolgen, eine Willenserklärung mit etwa dem Inhalt herbeizuführen, wie sie tatsächlich abgegeben wird (Palandt – Ellenberger, aaO, § 123 BGB, Rn. 23). Mangels einer direkten Wahrnehmung des subjektiven Willens der Beklagten kommt es darauf an, ob die äußeren Umstände einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012- XI ZR 262/10-, Rn. 44, juris).

Die äußeren Umstände lassen im vorliegenden Fall den Schluss zu, dass die Mitgesellschafter im Bewusstsein und mit dem Willen handelten, die Willenserklärung des Klägers zu bestimmen. Die Ausscheidensvereinbarung war zu einem streitigen Zeitpunkt, aber jedenfalls vor dem Gespräch mit dem Kläger vorbereitet worden und lag in der Besprechung bereits vor. Die Mitgesellschafter traten dem Kläger damit gegenüber, eine Auseinandersetzung mit den vorhandenen Anschuldigungen und einer etwaigen Verteidigung des Klägers erfolgte nicht mehr. Die Mitgesellschafter hatten ihren Willen somit bereits gebildet und dieser war auf das Ausscheiden des Klägers gerichtet. Nach ihrem Vortrag boten sie dem Kläger den Betrag an, den sie kurzfristig fähig und bereit waren, aufzubringen. Es war daher das willentlich gebildete Ziel der Mitgesellschafter, den Abschluss der vorbereiteten Ausscheidensvereinbarung zu erreichen. In dieser Situation zeigt die Verknüpfung des „Angebotes“, den Sachverhalt nicht öffentlich zu machen, mit dem Abschluss der Abgeltungsvereinbarung den Willen zur und das Bewusstsein um die Beeinflussung der Willensbildung des Klägers.

(2.5)

Der Kläger wurde durch die versteckte Drohung mit der Veröffentlichung der Anschuldigungen und der Anzeigeerstattung zur Abgabe seiner Willenserklärung bestimmt.

Ursächlichkeit ist anzunehmen, wenn der Getäuschte die Willenserklärung ohne die Täuschung überhaupt nicht, mit einem anderen Inhalt oder zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben hätte. Anders als bei der lrrtumsanfechtung.setzt die Anfechtung gemäß § 123 BGB nicht voraus, dass der Getäuschte die Erklärung „bei verständiger Würdigung des Falles“ nicht abgegeben haben würde (OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, Urteil vom 28. März 2018 – 11 U 147/14 -, Rn. 161, juris). Mitursächlichkeit genügt (Palandt – Ellenberger, aaO, § 123 BGB, Rn. 24), so dass es ausreicht, wenn die Bedrohung eine von mehreren Ursachen ist und die Entschließung lediglich beeinflusst hat (BGH, Ur­ teil vom 22. Februar 2005 – X ZR 123/03 -; Rn. 11, juris, zur Täuschung). Bei der Prüfung der Kausalität ist allein subjektiv zu prüfen, ob der Bedrohte beeinflusst worden ist; auf die objektive Erheblichkeit der Bedrohung kommt es nicht an (Münchener Kommentar zum BGB – Armbrüs­ ter, 8. A.,§ 123 BGB, Rn. 125). Für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Drohung und Abgabe der Willenserklärung genügt es, dass der Kläger Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die Bedrohung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 1995- V ZR34/94-, Rn. 17, juris, zur Täuschung; Jauernig – Mansel, BGB, 18. A., § 123 BGB, Rn. 18; BeckOGK- Rehberg, Std. 01.09.2020, § 123 BGB, Rn. 204.3).

Die nach dem Vortrag der Beklagten zur Zeit des Gespräches über die Ausscheidensvereinbarung bereits vorhandenen Anschuldigungen waren der einzige Grund für deren Abschluss. Sonstige Gründe spielten nach dem Vortrag der Parteien bei der Besprechung keine Rolle. Es ist daher ohne weiteres ersichtlich, dass diesen Anschuldigungen das entscheidende Gewicht bei der Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung zukam. Es ist auch ohne  Weiteres nachvollziehbar, dass es für das Gewicht der Anschuldigungen wiederum von erheblicher Bedeutung war, welche weiteren Maßnahmen die Mitgesellschafter bereit waren zu ergreifen. Die versteckte Drohung mit einer Anzeige war daher auch geeignet, die Willensentschließung des Klägers zu bestimmen. Auf dieser Grundlage ist der Senat davon überzeugt, dass die versteckte Drohung für die Willenserklärung des Klägers ursächlich wurde.

(2.6)

Der Kläger hat die Anfechtungsfrist, § 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB, nicht versäumt.

(2.6.1)

Im Falle der Drohung beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die Zwangslage aufhört. Dies ist der Eintritt des angedrohten Übels oder der Zeitpunkt, ab dem mit dem Eintritt des Übels nicht mehr ernsthaft zu rechnen ist (Palandt – Ellenberger, aaO, § 124 BGB, Rn. 2). Dabei ist maßgeblich, ab wann mit dem Eintritt des angedrohten Übels vom subjektiven Standpunkt des Klägers aus nicht mehr zu rechnen war (Erman -Arnold, BGB, 16. A., § 124 BGB, Rn. 4; Staudinger- Singer/von Finckenstein, BGB, 2017, § 124 BGB, Rn. 5). Die Beweislast für die Versäumung der Anfechtungsfrist liegt bei den Beklagten (Palandt – Ellenberger, aaO, § 124 BGB, Rn. 5; BGH, Urteil vom 11. März 1992 – VIII ZR 291/90 -, Rn. 18, juris). Daran ändert die Tatsache nichts, dass hierfür der Beweis innerer Tatsachen erforderlich wird (Zöller – Greger, aaO, vor§ 284 ZPQ, Rn. 24a; BGH, Urteil vom 18. Mai 2005-VIII ZR368/03-, Rn. 21, juris).

(2.6.2)

Die Beklagte meint, dass der Kläger schon seit dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der Abgeltungsvereinbarung am 19.06.2015 nicht mehr mit einer Anzeige rechnen musste, weil diese unter § 7 eine Stillschweigensverpflichtung enthielt. Dies trifft nicht zu.

Denn tatsächlich musste der Kläger nur dann nicht mehr mit einer Anzeige rechnen, wenn und soweit er diese Vereinbarung unangetastet ließ. Für den Fall einer Anfechtung musste er hingegen weiterhin mit einer Anzeige rechnen, wie auch die Tatsache beweist, dass die Mitgesellschafter den Kläger nunmehr anzeigten, weil sie sich nicht mehr an die Stillschweigensklausel gebunden fühlten (Schriftsatz vom 25.02.2020, Blatt 432 der Akte). Die Zwangslage dauerte daher auch nach der Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung weiter an.

(2.6.3)

Die Beklagte meint weiter, aus der Vorbereitung der Klage sei zu entnehmen, dass der Kläger sich schon außerhalb des durch die Anfechtungsfrist bestimmten Zeitraumes nicht mehr bedroht gefühlt habe. Hierfür fehlt es an einem Nachweis.

Der Kläger hat·in Anlage K8das von ihm in Auftrag gegebene Bewertungsgutachten betreffend die Beklagte vorgelegt, welches am 03.04.2018 erstellt wurde. Dies zeigt aber noch nicht, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch bereits die innerliche Bereitschaft gebildet hatte, einen etwaigen Anspruch, wie er sich aus der Bewertung ergeben konnte, klageweise geltend zu machen, sich also bereits hinreichend von dem Eindruck der Bedrohung befreit hatte.

Der Kläger hat hingegen an seinem Vortrag festgehalten, er habe noch im Dezember 2018 unter dem Eindruck der Drohung gestanden und seine Prozessbevollmächtigten erst im Dezem­ ber 2018 mit der Prüfung und Vorbereitung der Klage beauftragt. Er sei auch im Dezember 2018 noch nicht zur Klageerhebung fest entschlossen gewesen, sondern·habe befürchtet, eine. Klageerhebung würde die Beklagten veranlassen, ihre Drohung wahrzumachern und ihn nun mehr anzuzeigen. Er habe deswegen ein Gutachten bei Rechtsanwalt Dr. Sitzmann eingeholt. Dass die Klageerhebung erfolgt sei, sei dann das Ergebnis der rechtlichen Beratung gewesen.

Da aber für die Beendigung der Zwangslage auf die subjektive Bewertung durch den Kläger abzustellen ist, genügt der Tatsachenvortrag den Anforderungen. Denn letztlich haben die beweisbelasteten Beklagten den Vortrag des Klägers zu seiner subjektiven Bewertung zu widerlegen. Der Kläger kann aber auch dann noch unter dem Eindruck der Drohung gestanden haben, wenn er bereits früh im Jahre 2018 erste Vorbereitungsmaßnahmen ergriff. Zur Widerlegung des klägerisehen Vortrags haben die Beklagten weder weiteren Tatsachenvortrag gehalten, noch Beweismittel angeboten. Es ist daher nicht festzustellen, dass die Anfechtungserklärung außerhalb der Anfechtungsfrist zuging.

3.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz zum 30.09.2015 entsprechend § 15 des in Anlage K2 vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Beklagten. Der Anspruch auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz ergibt sich als Folge des Ausscheidens des Klägers aus § 15 des Gesellschaftsvertrages, §§ 738, 740 BGB.

a)

Ein Gesellschafter der GbR kann durch Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern aus der Gesellschaft Ausscheiden (Palandt – Sprau, aaO, § 736 BGB, Rn.  8). In Bezug auf die hiesige Beklagte sind sich die Parteien einig, dass die Vereinbarung vom 19.06.2015 eine Ausscheidensverein barung ist.

Der Kläger ist auch dann zum 30.09.2015 aus der Gesellschaft ausgeschieden, wenn die Vereinbarung vom 19.06.2010 in Bezug auf die Abgeltung sämtlicher Ansprüche des Klägers unwirksam ist denn die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind auch auf das fehlerhafte Ausscheiden aus der GbR anzuwenden (Palandt- Sprau, BGB, aaO, § 705 BGB, Rn. 19; BGH, Versäumnisurteil vom 13. Januar 2003-11 ZR 58/00-, Rn.12, juris), wie oben bereits dargestellt würde.

b)

Nach § 14 des Gesellschaftsvertrages haben die verbleibenden Gesellschafter das Recht, den Gesellschaftsanteil des Ausscheidenden ohne Liquidation mit Aktiva und Passiva gegen Zahlung einer Abfindung zu übernehmen. Nach § 15 des Gesellschaftsvertrages erhält der ausgeschiedene Gesellschafter über seinen verbleibenden Gewinnanteil hinaus zum Stichtag seines Ausscheidens ein Abfindungsguthaben für den Verlust am Gesellschaftsvermögen. Auch im Falle des fehlerhaften Ausscheidens besteht ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013- IX ZR198/10-, Rn. 13, juris).

Die Höhe des Abfindungsanspruches ergibt sich aus der auf den Abfindungsstichtag zu erstellenden Abfindungsbilanz. Für seine Zusammensetzung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens bei Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
. Allgemein sind einzubeziehen der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder ihres Wertes, der anteilige Anspruch auf den in der Abfindungsbilanz ausgewiesenen, nach dem beim Ausscheiden geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zwischen dem Ausgeschiedenen und den übrigen Gesellschaftern aufzuteilenden fiktiven Liquidationsüberschuss sowie die sonstigen in die Abfindungsbilanz als Rechnungsposten einzustellenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013· – IX ZR 198/10-, Rn. 17, juris).

Sowohl nach § 15 des Gesellschaftsvertrages als auch nach §§ 738, 740 BGB ist zum 30.09.2015 eine Abschichtungsbilanz zur Ermittlung des Abfindungsguthabens des ausgeschiedenen Klägers aufzustellen. § 15 des Gesellschaftsvertrages sieht die Erstellung einer Abwicklungsbilanz zur Ermittlung des Abfindungsguthabens vor. Auch ohne dies ist der Abfindungsanspruch durch Erstellung einer Auseinandersetzungs-/Abschichtungsbilanz zu ermitteln und kann der Ausscheidende im Wege der Stufenklage Vorlage der Abschichtungsbilanz und Zahlung des Guthabens verlangen (Palandt – Sprau, aaO, § 738 BGB, Rn. 4, 6; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. September 1998.-12 U 2/98-, Rn. 43, juris).

Der Anspruch auf Aufstellung der Abschichtungsbilanz richtet sich gegen die Gesellschaft (BGH, Urteil vom 26. Juli 2016 – II ZR 74/14 -, Rn. 8, 9, 14, juris). An der hierzu führenden Tätigkeit, die den Geschäftsführern obliegt, hat auch der Ausgeschiedene im Rahmen seiner praktischen Möglichkeiten mitzuwirken (Westermann in: Erman, BGB, 16. A., § 738 BGB, Rn. 8); Schuldnerin eines Abfindungsanspruchs nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB ist in erster Linie die Gesellschaft. Insoweit gilt bei einer Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, die Rechtsfähigkeit besitzt, nichts anderes als bei einer offenen Handelsgesellschaft (BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09 -, Rn. 11, juris).

c)

Für die Werte, die in die Abschichtungsbilanz aufzunehmen sind, kommt es allerdings auf den Streit der Parteien um die Wirksamkeit der Abfindungsregelung nach § 15 des Gesellschaftsvertrages an, weil nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung die Addition des materiellen und des ideellen Wertes der Gesellschaft ihren Verkehrswert ergibt und sich der immaterielle Wert der Gesellschaft sich nach der Ärztekammermethode Stand 1987 ermittelt.

aa)

Die anfängliche Nichtigkeit der Abfindungsregelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages nach § 138 Abs. 1, Abs. 2 BGB hat der Kläger nicht dargelegt.

(1).

Der Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB erfordert neben einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (hier: zwischen der Berechnung der Abfindung nach der vertraglichen Abfindungsvereinbarung und dem objektiven Anteilswert) die Ausbeutung besonderer persönlicher Schwächen des Vertragsgegners (BGH, Urteil vom 01. Oktober 1987 – III ZR 175/86 -, Rn. 21, juris). Hierfür trägt der Kläger nichts vor.

(2)

Die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB setzt zunächst voraus, dass zwischen dem vertraglichen Abfindungsanspruch und dem wahren Anteilswert ein auffälliges oder auch besonders grobes Missverhältnis besteht (Palandt- Ellenberger, aaO, § 138 BGB, Rn. 34, 34a; siehe schon Vo­ tum 2 U 238/20, Seite 50).

Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige des Vertragsschlusses (Oetker-Komonobrou, aaO, § 131 HGB, Rn. 74; BGH, Urteil vom 20. September 1993 – II Z  104/92 -, Rn. 11, juris; siehe schon Votum 2 U 238/20, Seiten 50, 51). Da der Sittenwidrigkeitsvorwurf nur auf Umstände gestützt werden kann, die die Beteiligten in ihr Bewußtsein aufgenommen haben, kommtes auf den Zeitpunkt an, zu dem die Willenserklärungen abgegeben wurden und ist nicht maßgeblich, dass der Vertrag nach dessen § 19 erst zum 01.01.2010 in Kraft trat. Es kommt daher auf den 29.10.2009 an; an dem der Vertrag nach dem unstreitigen Klägervortrag (Schriftsatz vom 12.01.2021, Seite 7, Blatt 683 der Akte) geschlossen wurde.

Der Kläger stellt zwar dar, welchen Anteilswert eine Bewertung seines Anteiles nach dem Ertragswertverfahren, dem modifizierten Ertragswertverfahren und der Ärztekammermethode 2008 ergebensoll·(Schriftsatz vom 12.01.2021, Seiten 16, 17, BlaU 692, 693 der Akte), dies aber nicht bezogen auf den 29.10.2009, sondern auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens zum 30.09.2015. Zudem stellt der Kläger nicht dar, welchen Anteilswert die Bewertung nach der Ärztekammermethode 1987 im Vergleich dazu ergeben würde. Die allgemeinen Ausführungen zur Ungeeignetheit dieser Methode ergeben nicht das Maß des Missverhältnisses der Bewertung im vorliegenden Fall. Der Vortrag des Klägers ist daher schon zum Missverhältnis unschlüssig. Zudem geht die Berechnung der Abfindung nach § 15 des Gesellschaftsvertrages über den Buchwert hinaus, weil die Verkehrswerte der Wirtschaftgüter zu Ausscheidensstichtag und der nach der Ärztekammermethode 1987 ermittelte immaterielle Wert der Gesellschaft zu addieren sind; schon eine Abfindung nach dem Buchwert ist aber in der Regel unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 09. Januar 1989 – II ZR 83/88 ‚“, Rn. 20, juris).

Darüber hinaus bedarf es über das Missverhältnis hinaus noch weiterer Umstände, die eine Qualifizierung der vertraglichen Vereinbarung als Sittenwidrig begründen, insbesondere etwa einer verwerflichen Gesinnung der Beklagten bei Abschluss der Vereinbarung. Hierfür trägt der Kläger nichts vor. Insbesondere ergibt sich aus dem allgemein gehaltenen Vortrag, die Ungeeignetheit der Ärztekammermethode 1987 sei im Jahre 2010 schon hinreichend bekannt gewesen (Schriftsatz vom 12.01.2021, Seite 14, Blatt 690 der Akte) nicht, dass die Beklagten bei Abschluss der Vereinbarung am 29.10.2009 die erforderliche Kenntnis davon hatten. Selbst ein besonders grobes Missverhältnis zwischen vertraglicher Abfindung und wahrem Anteilswert kann ohne besondere Umstände nicht den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung der Beklagten tragen, weil es einschlägiger Fachkunde bedarf, um die Auswirkungen der Anteilsbewertung zu erkennen, und der Kläger zu deren Vorhandensein bei den Beklagten nichts vorträgt.

bb)

Auch die anfängliche Nichtigkeit der Abfindungsregelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages nach § 723 Abs. 3 BGB hat der Kläger nicht dargelegt.

Die vertragliche Abfindungsvereinbarung ist dann als unzulässig zu erachten, wenn sie aufgrund wirtschaftlich nachteiliger Folgen, insbesondere wegen eines erheblichen Missverhältnisses zwischen der nach der Vereinbarung zu bemessenden Abfindung und dem wahren Anteilswert, die Freiheit des Gesellschafters, sich zu einer Kündigung zu entschließen, unvertretbar einengt. Das folgt aus § 723 Abs. 3 BGB (BGH, Urteil vom 24. -September 1984 – II ZR 256/83 -,Rn. 9, 10, juris). Entscheidend ist, ob die Abfindungsklausel typischerweise geeignet ist, den kündigungswilligen Gesellschafter in seiner Entschlussfreiheit zu beeinträchtigen. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass diese in ihren Auswirkungen gegen den Rechtsgedanken des § 723 Abs. 3 BGB verstößt, ist der Gesellschafter. Seine Sache und nicht die der Gesellschaft ist es daher, den wirklichen Unternehmenswert und eine etwaige Diskrepanz zu dem Abfindungsbetrag zu belegen, der sich bei Zugrundelegung der Vertragsklausel ergibt (BGH, Urteil vom 17. April 198_9- II ZR 258/88-, Rn. 10, 11, juris). An die Stelle der unwirksamen Abfindungsregelung treten die allgemefnen Regeln (BGH, Urteil vo·m 07. April2008 – II ZR 181/04 -, Rn. 21, juris).

Maßgeblicher Zeitpunkt ist wiederum derjenige des Vertragsschlusses (Palandt – Sprau, aaO, § 738 BGB, Rn. 7, 8; BGH, Urteil vom 20. September 1993 – II ZR 104/92 -, Rn. 11, juris; BGH, Ur teil vom 13. Juni 1994 – II ZR 38/93 -, Rn. 20, juris; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil vom 09. Januar 2013 – 16 U 18/12, Rn. 29, juris). Es kommt daher auch insoweit darauf an, ob zwischen der Abfindung, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung ergibt, und dem wahren Anteilswert – Verkehrswert- am 29.10.2009 ein erhebliches Missverhältnis bestand. Dies ergibt sich aus den oben zu § 138 Abs. 1 BGB bereits genannten Gründen aus dem Vortrag des Klägers aber nicht.

cc)

Die Abfindungsvereinbarung nach § 15 des Gesellschaftsvertrages ist auch weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, §§ 157, 242 BGB, noch auf der Grundlage einer Störung der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsgrundlage
Störung der Geschäftsgrundlage
anzupassen.

(1)

Eine zunächst wirksam vereinbarte Abfindungsklausel wird nicht dadurch unwirksam, dass sie sich wegen einer späteren Änderung der Verhältnisse als eine übermäßige Beeinträchtigung des Ausscheidenden darstellt. Es kommt aber eine Anpassung des Inhaltes der Abfindungsregelung nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht (Palandt – Sprau; aaO, § 738 BGB, Rn. 8).

.  

Ein im Laufe der Zeit eingetretenes, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abzusehendes, außergewöhnlich weitgehendes Auseinanderfallen von vereinbartem Abfindungs- und tatsächlichem Anteilswert kann ganz allgemein nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, die im Gesellschaftsrecht durch die besondere Treuepflicht des Gesellschafters verstärkt sind, dazu führen, dass dem von dieser tatsächlichen Entwicklung betroffenen Gesellschafter das Festhalten an dervertraglichen Regelung auch unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Mitgesellschafter nicht mehr ohne weiteres zugemutet werden kann. Ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind; hängt freilich nicht allein vom Ausmaß des zwischen jenen·Werten entstandenen Missverhältnisses ab, schon dies verbietet es, etwa quotenmäßige Grenzen festzulegen, bei deren Überschreitung der vertragliche Abfindungsanspruch im Hinblick auf den wirklichen Wert des Unternehmens und damit des Anteils als nicht mehr hinnehmbar gering einzustufen wäre. Es müssen vielmehr die gesamten Umstände des konkreten Falles in die Betrachtung einbezogen werden. Zu ihnen kann außer dem Verhältnis zwischen den Werten die Dauer der Mitgliedschaft des Ausgeschiedenen in der Gesellschaft und sein Anteil am Aufbau und am Erfolg des Unternehmens gehören. Zu den bei gebotenen lnteressenabwägung zu berücksichtigenden Umständen ist ferner der Anlass des Ausscheidens zu rechnen. Demjenigen, der wegen eines in seiner Person liegenden wichtigen Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden ist, kann unter Umständen das Festhalten an der sich für ihn ungünstig auswirkenden vertraglichen Vereinbarung in weiterem Umfang zugemutet werden als etwa einem Gesellschafter, der sich wegen eines von den anderen Gesellschaftern veranlassten wichtigen Grundes zum freiwilligen Ausscheiden veranlasst gesehen hat (BGH; Urteil vom 24. Mai 1993 – II ZR 36/92 -, Rn. 14, juris).

Wenn und soweit dem Kläger das Festhalten an der im Gesellschaftsvertragvereinbarten Abfindungsregelung nicht zugemutet werden kann, so ist die Abfindung anderweitig unter Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse festzusetzen. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich nicht nachdem gemäß § 738 BGB maßgebenden Verkehrswert des Unternehmens zu bemessen, sondern dass die vertraglich vereinbarte Abfindungsbeschränkung so an die veränderten Verhältnisse anzupassen ist, dass ein dem – dem schriftlichen Vertrag und den sonstigen Umständen zu entnehmenden – wirklichen oder dern mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien entsprechender, beiden Teilen zumutbarer Interessenausgleich herbeigeführt wird (BGH, Urteil vom 24. Mai 1993-11 ZR 36/92-, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 24. September 1984-„- II ZR 256/83-, Rn. 12, juris).

Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den Fall des Auseinanderfallens von vertraglicher Abfindung und wahrem Anteilswert bedacht hätten. Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Zuglelch sind objektive Maßstäbe zu berücksichtigen. Die Auslegung ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (Palandt – Ellenber­ ger, aaO, § 157 BGB, Rn. 7). Letztlich geht es um eine die beiderseitigen interessen im Hinblick auf die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigende Ermittlung dessen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Entwicklung vorhergesehen hätten; notfalls ist der Vertragsinhalt unter Berücksichtigung dieser Entwicklung zu ergänzen. Es geht darum, ob die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluß die spätere Entwicklung der Verhältnisse in Betracht gezogen hätten, es gleichwohl bei der vereinbarten Regelung belassen oder ob sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer lnteressennach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner jener Entwicklung durch eine anderweitige vertragliche Bestimmung Rechnung getragen. hätten. Führt eine solche Prüfung zu dem Ergebnis, dass letzteres zu bejahen ist, dann steht nicht nur fest, dass der Vertrag insoweit eine Lücke aufweist, sondern es ergibt sich daraus in aller Regel gleichzeitig auch, wie diese Lücke auszufüllen ist. Ein Rückgriff auf das dispositive Gesetzesrecht kommt nur als letzter Notbehelf in Betracht (BGH, Urteil vom 20. September 1993- IIZR 104/92-, Rn. 11, 13, juris).

(2)

Dies würde zunächst voraussetzen, dass der vereinbarte Abfindungswert und der tatsächliche Anteilswert zum 30.09.2015 außergewöhnlich weit auseinanderfallen. Dies ist nicht vorgetragen worden. Der Kläger hat den Anteilswert zum 30.09.2015 nach der Ertragswertmethode, der modifizierten Ertragswertmethode und der Ärztekammermethode 2008 benannt, aber nicht den Anteilswert, der sich nach der Ärztekammermethode 1987 ergibt. Mangels eines Tatsachenvortrages hierzu lässt sich daher schon diese Voraussetzung nicht feststellen.

(3)

Des Weiteren erfordert die ergänzende Vertragsauslegung eine Anpassung der Abfindungsvereinbarung unter Berücksichtigung der beiderseitigen interessen und der vertraglichen Intention.

Im Falle eines außergewöhnlich weiten Auseinanderklaffens zwischen dem wahren Anteilswert und der vertraglichen Abfindung spräche für eine Anpassung der Vereinbarung, dass der Kläger als Gründungsgesellschafter, langjährigem Mitgesellschafter, praktizierender Mediziner und Träger der kassenärzt!ichen Zulassung zu dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft beitrug,

Ansonsten führt der Kiäger zur interessengerechten Anpassung nichts aus. Die Einstellung des wahren Anteilswertes, von der der Kläger ausgeht, ist jedenfalls nicht ohne Weiteres die Folge der ergänzenden Vertragsauslegung. Der neue Hilfsantrag des Klägers (Schriftsatz vom 12.01.2021, Seite 21, Biatt 697 der Akte) lässt ebenfalls nicht erkennen, in welchen Punkten ein Unterschied zu der vorliegenden Abfindungsvereinbarung unter § 15 des Gesellschaftsvertrages liegen soll.

4.

Die Kostenentscheidung ist der Schlussentscheidung vorzubehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Bestimmung der Sicherheitsleistung des Kläger orientiert sich an den geschätzten Kosten, die die Beklagte möglicherweise aufwenden muss, um die Kontenauskunft und die Abschichtungsbilanz zu erstellen. Die Bestimmung der Sicherheitsleistung der Beklagten orientiert sich an dem geschätzten Verspätungsschaden des Klägers auf der Grundlage einer möglichen dreijährigen Verzögerung im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels bei einer Berechnung auf der Grundlage eines Zinsschadens von 4% jährlich auf 2 Mio. Euro. Andere Anhaltspunkte bietet der Parteivortrag nicht.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung  einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert, § 543 Abs. 2ZPO.

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