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OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2014 – 9 W 37/14

HGB § 87c; ZPO § 887

1. Die Verurteilung des Unternehmers zur Erteilung eines Buchauszugs stellt eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO dar.

2. Erfüllt die Schuldnerin ihre Verpflichtung nicht, findet auf Antrag der Gläubigerin gemäß § 887 ZPO eine Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme statt.

3. Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs wird vollstreckt, indem ein Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Schuldnerin ermächtigt wird, den Buchauszug zu erstellen (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 470). Dabei ist im Vollstreckungsverfahren der Einwand der Schuldnerin zu prüfen, sie habe mit bestimmten Unterlagen den titulierten Anspruch der Gläubigerin auf Vorlage des Buchauszugs bereits erfüllt.

4. Ein Buchauszug muss sämtliche in den Büchern des Unternehmers verzeichneten Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben vollständig erfassen und klar, geordnet und übersichtlich darstellen. In welcher Weise dies zu erreichen ist, hängt von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab. Dabei ist der Unternehmer grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Form der Darstellung festgelegt. Es steht ihm vielmehr frei, unter mehreren gleich geeigneten Darstellungsweisen eine Auswahl zu treffen, etwa die kostengünstigere oder weniger lästige Darstellungsform zu wählen (vgl. zu diesen Anforderungen an einen Buchauszug BGH a.a.O.).

5. Der Handelsvertreter soll in die Lage versetzt werden, auf Grund der Angaben zu beurteilen, ob ihm im Hinblick auf § 87a Abs. 3 HGB einerseits und eventuelle ergänzende vertragliche Vereinbarungen mit dem Unternehmer andererseits eine Provision für das betreffende Geschäft zusteht. Das bedeutet, dass der Unternehmer zu jedem einzelnen stornierten Geschäft den Handelsvertreter über die relevanten Bestimmungen im Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden und über den maßgeblichen Schriftverkehr mit dem Kunden informieren muss, soweit diese Informationen für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters von Bedeutung sein können. Die Angaben bzw. Unterlagen sind jeweils in einer übersichtlichen, geordneten Art und Weise den einzelnen Geschäftsvorfällen zuzuordnen (vgl. zu den erforderlichen Angaben in einem Buchauszug zu den Gründen für die Nichtausführung von Geschäften OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422.).

6. Wenn der Charakter des Buchauszugs gewahrt ist (er also als Grundlage für eine eigene Provisionsberechnung der Gläubigerin geeignet ist) und lediglich bestimmte Angaben und ein bestimmter Kreis von Geschäften fehlen, reicht im Rahmen von § 887 Abs. 1 ZPO die Anordnung einer Ergänzung des Buchauszugs aus (vgl. OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, Beschluss vom 22.12.2009 – 19 W 24/09 -, zitiert nach Juris).

7. Die Anordnung einer Ersatzvornahme durch die Anordnung eines vollständigen, neuen Buchauszugs wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das titulierte Auskunftsinteresse der Gläubigerin anders nicht gewahrt werden könnte. Der Senat folgt dafür der herrschenden Meinung, wonach bei einem unvollständigen Buchauszug eine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren möglich ist. Es ist insoweit kein neuer Antrag im Auskunftsverfahren erforderlich (vgl. Emde, BB 2011, 2755, 2761; OLG Bamberg a.a.O.; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
a.a.O.; OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, OLGR 1998, 364; anders OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, NJW-RR 1988, 290). Die Gläubigerin wird bei einem Ergänzungsantrag auch kostenmäßig nicht schlechter gestellt als bei der Anfertigung eines neuen Buchauszugs. Wenn der in dieser Entscheidung festgesetzte Vorschuss für die Ergänzung nicht ausreichen sollte, kann die Gläubigerin nicht nur eventuell höhere Kosten später abrechnen, sondern auch schon vorher einen ergänzenden Vorschuss verlangen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Auflage 2014, § 887 ZPO, RdNr. 14).

8. Die festgestellten Mängel berechtigen die Gläubigerin gemäß § 87c Abs. 4 HGB, den gesamten Buchauszug auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu kontrollieren. Zu der Bucheinsicht kann die Gläubigerin entweder einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen, oder sie kann – nach wahl der Schuldnerin – die Bucheinsicht durch den Wirtschaftsprüfer durchführen lassen. Wenn die Schuldnerin die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Buchauszugs durch erhebliche Pflichtverletzungen verursacht hat, dürften die Kosten der Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers bei der Bucheinsicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB wohl zu Lasten der Schuldnerin gehen (vgl. dazu Emde in Staub, HGB, 5. Auflage 2008, § 87 c HGB, RdNr. 158).

Schlagworte: Buchauszug, Handelsvertreter, Provision, Vollstreckung, Wirtschaftsprüfer