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OLG Karlsruhe, Urteil vom 31.07.2013 – 7 U 184/12

GmbHG §§ 43, 46; BGB §§ 280, 611

1. Zwar obliegt es nach § 46 Nr. 8 Fall 2 GmbHG der Gesellschafterversammlung, einen Vertreter der Gesellschaft in Aktiv- wie auch für Passivprozesse zu bestimmen, die diese gegen gegenwärtige, aber auch gegen ausgeschiedene Geschäftsführer führt. Dennoch kann die Gesellschaft durch den neuen Geschäftsführer vertreten werden, solange kein anderer – besonderer – Vertreter bestellt ist (BGH, Urteil vom 06. März 2012, II ZR 76/11, Rn 12).

2. Eine GmbH ohne zur Vertretung berufenen Geschäftsführer und Liquidator ist nicht mehr prozessfähig i.S. des § 52 ZPO (BGH, Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 62/92, BGHZ 121, 263). § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, wonach die Gesellschaft bei Führungslosigkeit von ihren Gesellschaftern gesetzlich vertreten wird, ermöglicht nur Zustellungen, ändert aber an den Regelungen über die Prozessfähigkeit nichts (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010 – II ZR 115/09 –, juris Rn 11 ff).

3. Hatte ein wirksam bestellter Geschäftsführer zu Beginn des Prozesses dem (derzeitigen) Prozessbevollmächtigten für die Gesellschaft wirksam Prozessvollmacht im Sinne des § 80 ZPO erteilt, ist deren Umfang gesetzlich durch § 81 ZPO dahin geregelt, dass sie zur Führung des ganzen Prozesses in allen Instanzen berechtigt, was die Einlegung eines Rechtsmittels einschließt (Zöller, ZPO, 29.Aufl. § 81 Rn 3). Eine wirksam erteilte Prozessvollmacht wird gemäß § 86 ZPO durch den Verlust der Prozessfähigkeit des Vollmachtgebers nicht berührt. Der Rechtsstreit wird abweichend von § 241 ZPO nicht unterbrochen (§ 246 Abs. 1 ZPO). Vielmehr ist die prozessunfähig gewordene Partei auch nach Eintritt der Prozessunfähigkeit im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO „nach Vorschrift der Gesetze vertreten“, weshalb gegen sie auch ein Sachurteil ergehen kann (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 – XII ZB 326/10 –, juris Rn 11). An dieser Ansicht, der der Senat folgt, hält die höchstrichterliche Rechtsprechung trotz der Kritik der Literatur fest (zu letzterer: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 86 Rn 12 m. w. N.).

4. Es ist auch kein Prozesspfleger nach § 57 ZPO zu bestellen. Nach dem Wortlaut des § 57 ZPO ist nur die noch nicht erhobene Klage gegen einen Prozessunfähigen erfasst. Für eine analoge Anwendung dieser Norm auf den Wegfall der Prozessfähigkeit im Laufe des Prozesses sieht der Senat keine Regelungslücke, denn für eine solche Ausweitung besteht kein Bedürfnis (BGH, Beschluss vom 17. Februar 1993, XII ZB 134/92 , BGHZ 121, 305, 314). § 57 ZPO soll eine Prozessführung trotz Prozessunfähigkeit des Beklagten ermöglichen, die jedoch aufgrund der §§ 86, 246 ZPO durch Vorhandensein eines Prozessbevollmächtigten gewährleistet ist. Im Übrigen kann der Bevollmächtigte des prozessunfähig Gewordenen die Aussetzung des Verfahrens beantragen oder der Kläger beim Amtsgericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 29 BGB analog beantragen, so dass auch Interessen jenseits der bloßen Prozessfortführung gewahrt werden können (a. A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Juli 1995, 9 W 69/94 , MDR 1996, 198). Zudem müsste nach § 57 ZPO Gefahr in Verzug gegeben sein; dies ist vorliegend nicht der Fall, da das Verfahren mit dem Prozessbevollmächtigten vorangetrieben werden kann.

5. Ein Beschluss nach § 46 Nr. 8 Fall 1 GmbHG ist nicht nur für die klagweise, sondern auch für eine Geltendmachung von Ansprüchen aufrechnungshalber notwendig (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10.Aufl., § 46 Rn 159).

6. Will eine GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend machen, ist ein Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG nicht erforderlich, auch nicht ein Beschluss der Komplementär-GmbH. Das gilt auch dann, wenn die Komplementär-GmbH selbst einen Anspruch aus abgetretenem Recht der GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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geltend macht. Will nämlich eine GmbH & Co KG eigene Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Komplementärin geltend machen, braucht kein Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG gefasst zu werden (BGH, Urteil vom 10. Februar 1992, II ZR 23/91, NJW-RR 1992, 800). § 46 Nr. 8 GmbHG findet schon wegen seiner Stellung im GmbH-Gesetz auf die KG keine Anwendung. Auch die als Vertreterin der KG auftretende Komplementär-GmbH braucht keinen Beschluss zu fassen (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl. § 46 Rn 176). Dies gilt auch für die Abtretung solcher Ansprüche durch die KG an Dritte, selbst wenn dies die Komplementärin ist.

7. Die Komplementär-GmbH braucht für die Geltendmachung der abgetretenen Forderung ebenfalls keinen Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG zu fassen, weil es kein Ersatzanspruch ist, der der GmbH aus der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer zusteht, sondern ein Anspruch eines Dritten, den sie erworben hat. Durch § 46 Nr. 8 GmbH soll sichergestellt werden, dass das oberste Gesellschaftsorgan die Entscheidung darüber behält, ob die mit der Erhebung von Ansprüchen verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse in Kauf genommen werden soll. Diese Gefahr besteht bei Ansprüchen von zedierenden Dritten nicht. Ist der Zedent die KG, deren Komplementärin die Zessionarin ist, könnte sich eine vergleichbare Gefahr ergeben, der durch eine analoge Anwendung des § 46 Nr. 8 GmbHG begegnet werden könnte (erwogen von: Scholz/K. Schmidt, aaO Rn 176). Zumindest vorliegend ist hiervon jedoch nicht auszugehen, da es um ein Verhalten der KG in Prozessen mit Dritten geht und den Interna der Beklagten keine besondere Bedeutung zukommt.

8. Eine gesetzwidrige Tätigkeit begründet auch dann eine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers, wenn der Gesetzesverstoß subjektiv ex ante zum Nutzen der Gesellschaft erfolgte, ihr aber hieraus ein Schaden erwächst (Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 20.Aufl., § 43 Rn. 23).

9. Der KG steht ein Anspruch aus einer Pflichtverletzung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der GmbH nach §§ 611, 280 BGB deshalb zu, weil sie in den Schutzbereich des Dienstverhältnisses einbezogen ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 2002, II ZR 236/00, NJW-RR 2002, 965); dies gilt insbesondere dann, wenn die Übernahme der Komplementärstellung die einzige Aufgabe der GmbH ist und der Geschäftsführer hierdurch faktisch die Geschäfte der KG führt.

10. Ob ein konkurrierender Anspruch aus organschaftlicher Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG aus abgetretenem Recht der KG besteht, kann dahingestellt bleiben (bejaht von OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Urteil vom 25. November 1999, 6 U 146/98, juris; Scholz/Schneider, GmbHG, 10.Aufl., § 43 Rn 428 (ohne Beschränkung auf alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH als Komplementärin); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 20.Aufl., § 43 Rn 66 m. w. N.). Der BGH bezieht zwar die KG in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zwischen Geschäftsführer und Komplementär-GmbH ein, wenn deren Hauptaufgabe ihre Komplementärstellung ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 2002, II ZR 236/00, NJW-RR 2002, 965), stützt den Anspruch aber (nur) auf eine Verletzung des Dienstvertrages.

11. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der Sorgfaltsmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG oder – sofern die KG personalistisch strukturiert und durch enge persönliche Bindungen der Gesellschafter und gegenseitiges Vertrauen geprägt sein sollte – § 708 BGB i.V.m. § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB anzuwenden ist (Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 20. Aufl. § 43 Rn 66). Denn das betrügerische Verhalten des Klägers in den Prozessen gegen die KG stellt auf jeden Fall einen Sorgfaltspflichtverstoß dar.

Schlagworte: besonderer Vertreter, gegen aktive Geschäftsführer, Geschäftsführer, Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG, Legalitätspflicht, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Prozesspfleger § 57 ZPO, Schadensersatzanspruch, Schadensersatzklagen der GmbH gegen Geschäftsführer, Unterbrechung gemäß § 240 ZPO, Vertretung