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OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Juli 2017 – 5 U 399/17

§ 520 ZPO, § 531 Abs 2 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB

1. Zur Fehlerhaftigkeit einer anwaltlichen Empfehlung zur Nichtteilnahme an einer Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Kündigung des Anstellungsvertrags des Gesellschafter-Geschäftsführers“ unter Hinweis auf eine angeblich fehlende Stimmberechtigung.

2. Zur Auslegung von Satzungsbestimmungen einer GmbH.

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 23. März 2017 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Klägerin kann zu den Hinweisen des Senats bis zum 21. August 2017 Stellung nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt einen Anspruch eines Rechtsanwaltshonorars gegen den die Beklagte die Aufrechnung mit einem Anspruch wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung erklärt hat.

Die Beklagte war zunächst alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der …[A] GmbH. Im Jahr 2009 änderte sich die Gesellschafterstruktur und neben ihr wurden zwei weitere Personen zu gleichen Teilen Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft. Im Zuge dieser beschlossen die Gesellschafter eine Änderung der Satzung. Die neue Satzung sah insbesondere vor, dass Geschäftsführer für den Abschluss, die Aufhebung oder Änderung von Verträgen mit anderen Geschäftsführern einen einstimmigen Gesellschafterbeschlusses bedürfen. Insoweit wird auf die Urkunde Nr. 2/209 des Notars …[B] (Bl. 280 ff. GA) Bezug genommen.

Im Jahr 2014 kam es zu Differenzen der Beklagten mit den beiden anderen Gesellschaftern. Sie mandatierte zur anwaltlichen Beratung die Klägerin, wobei eine Vergütungsvereinbarung mit absteigend gestaffelten Stundensätzen getroffen wurde. Die Beklagte erteilte zwei Vollmachten „wegen Geschäftsführeranstellungsvertrag“ und „wegen gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzung“. Im Mai 2014 erging die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung, in der als Tagesordnungspunkte die Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin sowie die Kündigung ihres Geschäftsführer-Dienstvertrages angeführt wurden. Mangels Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung erfolgte mit weiterem Schreiben vom 4. Juli 2014 die Einladung zu einer erneuten Gesellschafterversammlung am 13. Juni 2014 unter Hinweis auf die Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach in der wiederholten Versammlung eine Beschlussfähigkeit ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital gegeben sei. Die Beklagte überreichte dieses Einladungsschreiben dem sie vertretenden Rechtsanwalt der Klägerin und bat ihn, sie in der Gesellschafterversammlung zu vertreten. Dieser lehnte ab und empfahl auch der Beklagten, nicht an der Versammlung teilzunehmen mit der Begründung, dies sei untunlich, da nichts zu erreichen sei. Die Beklagte sei nicht stimmberechtigt und könne eine Beschlussfassung zu ihren Lasten nicht verhindern; zudem würde sie das Recht zur Rüge eventueller formeller Mängel verlieren. In der Gesellschafterversammlung vom 13. Juni 2014 beschlossen die beiden weiteren Gesellschafter den Widerruf der Bestellung der Beklagten zur Geschäftsführerin und vorsorglich die Erklärung der Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrages ordentlich zum 30. September 2014 (nächste Kündigungsmöglichkeit zum Quartalsende mit Monatsfrist).

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Begehrens einer anwaltlichen Vergütung in Höhe von 10.358,36 € umfangreich zum Entstehen der Vergütungsforderung, der Angemessenheit der vereinbarten Stundensätze sowie zum Anfall der einzelnen Stunden vorgetragen. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, ihr stünde ein die geltend gemachte Vergütung übersteigender Anspruch auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen zu. Insbesondere bestehe ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 11.632,38 € netto wegen des Verlusts des Geschäftsführergehalts für drei Monate (Oktober bis Dezember 2014), da der anwaltliche Rat zur Nichtteilnahme an der Gesellschafterversammlung im Juli 2014 rechtlich unzutreffend gewesen sei. Sie habe ihr Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung ausüben dürfen und wegen des Einstimmigkeitserfordernisses die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages verhindern können. Ein Einkommen habe sie in den Monaten Oktober bis Dezember 2014 nicht erzielt, da die von ihr anschließend gegründete neue Firma noch keinen Gewinn erwirtschaftet habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 627 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag zustehe. Entsprechende Ansprüche seien jedenfalls infolge der Aufrechnung der Beklagten mit ihrer Gegenforderung aus anwaltlicher Pflichtverletzung erloschen, da die Beklagte die Aufrechnung ausdrücklich unbedingt erklärt habe. Es sei vorrangiges Ziel der Beklagten, durch die Aufrechnung unmittelbar die Klageabweisung zu erreichen. Der Beklagten stehe auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung in die Klageforderung überschreitender Höhe zu. Die Rechtsauskunft der Klägerin, die Beklagte könne bei einer Gesellschafterversammlung mit dem Ziel ihrer Abberufung und Kündigung des Anstellungsvertrages nichts bewirken, da sie kein Stimmrecht habe, sei unzutreffend. Ein solcher Stimmrechtsausschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers bei der Beschlussfassung über die Erklärung einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags bestehe nicht. Aufgrund der geänderten Satzung der Gesellschaft habe es auch einer einstimmigen Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags bedurft. Insofern habe der Klägerin eine Möglichkeit zugestanden, die ordentliche Kündigung ihres Anstellungsvertrages zu verhindern. Infolge dessen hätte ihr weiterhin ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten monatlichen Vergütung als Geschäftsführerin zugestanden. Über anzurechnendes Einkommen habe die Beklagte nicht verfügt. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen und der Aufstellung des Steuerberaters der Beklagten. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 23. März 2017 Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf die Weiterverfolgung ihres erstinstanzlichen Begehrens gerichteten Berufung. Die Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin sei nach dem Gesellschaftsvertrag nicht vom Einstimmigkeitserfordernis erfasst. Insoweit sei zwischen der Abberufung als Geschäftsführerin und der Kündigung des Anstellungsvertrages zu unterscheiden. Zudem habe das Landgericht § 4 Nr. 4 (14) des Gesellschaftsvertrages unzutreffend ausgelegt. Dort sei die „Beendigung“ eines Anstellungsvertrages nicht erwähnt. Eine Auslegung des GesellschaftsvertragesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auslegung
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nach §§ 133, 157 BGB führe dazu, dass die Kündigung nicht dem Einstimmigkeitserfordernis unterliege. Insoweit habe sich das Landgericht zu Unrecht einer Auslegung des GesellschaftsvertragesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verschlossen. Auch systematisch könne dieses Einstimmigkeitserfordernis nicht aus der Satzung hergeleitet werden, da für die Anstellung des Geschäftsführers sowie die Kündigung des Anstellungsvertrages nicht der (anderweitige) Geschäftsführer, sondern die Gesellschafterversammlung zuständig sei. Insofern sei die Satzungsbestimmung zum Einstimmigkeitserfordernis von vornherein nicht einschlägig. Im Übrigen habe ihr das Landgericht kein rechtliches Gehör bezüglich des nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten gewährt. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 29. Mai 2017 (Bl. 674 ff. GA) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Mainz vom 23. März 2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.358,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.467,17 € seit dem 18. Oktober 2014, aus 3.748,50 € seit dem 18. November 2014 und aus 4.142,69 € seit dem 19. Dezember 2014 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Berufungsbegründung genüge bereits nicht den inhaltlichen Mindestanforderungen des § 520 Abs. 2 ZPO, da sie keine Umstände benenne, aus denen sich die Rechtsverletzung oder deren Entscheidungskausalität ergebe. Im Übrigen seien die Ausführungen der Klägerin zur Auslegung des § 4 Nr. 4 (14) der Satzung der GmbH nicht tragfähig. Soweit die Klägerin die Beendigung von Verträgen nicht unter diese Bestimmung der Satzung fassen wolle, handele es sich hierbei um neuen Sachvortrag, der nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sei. Im Übrigen wird auf die Berufungserwiderung vom 6. Juli 2017 (Bl. 694 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

1. Die Berufung der Klägerin ist – entgegen der Darstellung der Beklagten in der Berufungserwiderung – zulässig. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 520 ZPO. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss die Berufungsbegründung eine aus sich heraus verständliche Angabe enthalten, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (vgl. nur BGH, NZV 2015, 378). Für die Zulässigkeit der Berufung ist es hingegen ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsführers in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (BGH, NJW 2015, 1458). Danach ist von einer formal nicht zu beanstandenden Berufungsbegründung auszugehen. Die Kläger greift die Würdigung des Landgerichts hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Forderung an. Sie beanstandet u.a., das Landgericht habe den Gesellschaftsvertrag fehlerhaft interpretiert. Dies führe dazu, dass die für die Beschlussfassung über die Erklärung einer ordentlichen Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags unzutreffende (die Beklagte begünstigende) Mehrheitsanforderungen gestellt würden. Damit zeigt die Klägerin unmissverständlich auf, aus welchen Gründen sie das Urteil für fehlerhaft hält und weshalb dies zu einer anderen Entscheidung führen müsse.

2. Die Berufung hat aber in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die sorgfältig begründete Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:

a) Der Ansatz des Landgerichts, das Bestehen der über die Aufrechnungsforderung hinausreichenden Einwände der Beklagten gegen den klägerischen Anspruch könne dahinstehen, da die Aufrechnung unbedingt erklärt worden sei und den von der Klägerin erhobenen Anspruch unmittelbar zum Erlöschen bringen sollte, begegnet keinen Bedenken. Auch die Parteien haben hiergegen im Berufungsverfahren keine Beanstandungen erhoben. Insofern wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

b) Der Einwand der Klägerin, das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es keine erneute Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem (in der letzten mündlichen Verhandlung) nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten eingeräumt habe, erweist sich nicht als tragfähig. Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz nicht zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen. Insofern hat es kein Vorbringen der Beklagten berücksichtigt, zu dem die Klägerin keine Möglichkeit zur Stellungnahme hatte. Hinzu tritt, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung keinen Vortrag hält, den sie als Reaktion auf den nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vorgebracht hätte.

c) Der Einwand der Klägerin, es sei zwischen der Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin und der ordentlichen Kündigung des mit ihr geschlossenen Anstellungsvertrages zu unterscheiden, ist zwar abstrakt zutreffend, erweist sich aber nicht als geeignet, die landgerichtliche Entscheidung in Frage zu stellen. Die Beklagte stützt ihre Schadensersatzansprüche darauf, dass ihr im Falle der Vermeidung der ordentlichen Kündigung für die Monate Oktober bis Dezember 2014 weitere Vergütungsansprüche zugestanden hätten. Im Falle der Abberufung behält ein Geschäftsführer indes seine Vergütungsansprüche aus dem Anstellungsvertrag bis zu dessen wirksamer Beendigung (vgl. nur BGH, NJW 2003, 351; BGH, NZG 2001, 76). Insofern kann dahinstehen, ob die Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin ebenfalls von dieser hätte vermieden werden können. Entscheidend ist allein, ob die von der Beklagten angeführte Fehlberatung durch die Klägerin die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages vor dem Ende des Jahres 2014 (geltend gemacht werden lediglich Vergütungsansprüche bis Ende 2014) ermöglicht hat.

d) Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beratung der Beklagten durch die Klägerin hinsichtlich der Empfehlung der Nichtteilnahme an der Gesellschafterversammlung mangels Stimmberechtigung fehlerhaft war, hierdurch die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages zum 30. September 2014 nicht verhindert wurde und der Beklagten folglich Vergütungsansprüche für die Monate Oktober bis Dezember 2014 entgangen sind.

aa) Eine Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages liegt vor. Zutreffend hat das Landgericht angeführt, dass die anwaltliche Empfehlung der Klägerin, nicht an der Gesellschafterversammlung am 13. Juni 2014 teilzunehmen, da keine Stimmberechtigung bestehe und die von den Mitgesellschaftern beabsichtigte Entscheidung nicht verhindert werden könne, als fehlerhaft anzusehen ist. Es ist anerkannt, dass bei einer Kündigung des Anstellungsvertrages der Gesellschafter-Geschäftsführer mitstimmen darf, soweit nicht eine Abstimmung über eine Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt (vgl. nur Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2017, § 47 Rn. 86; BeckOK-GmbHG/Schindler, Ed. 31, § 47 Rn. 117.1; Lieder, NZG 2015, 569, 573, jeweils m.w.N.). Vorliegend war zur Beschlussfassung über die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages geladen worden; in der Gesellschafterversammlung wurde in Abwesenheit der Beklagten auch über die ordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrages zum 30. September 2014 abgestimmt. Bei dieser Abstimmung wäre die Beklagte entgegen der anwaltlichen Empfehlung der Klägerin folglich stimmberechtigt gewesen.

bb) Durch diesen Ratschlag der Klägerin ist es zur Beendigung des Anstellungsvertrages zum 30. September 2014 gekommen. Bei richtiger Beratung wäre eine entsprechende Beschlussfassung wegen des in der Gesellschaftssatzung vorgesehenen Einstimmigkeitserfordernisses nicht möglich gewesen. Hiervon geht das Landgericht zutreffend aus. Das Verständnis der Bestimmung in § 4 Nr. 4 (14) des Gesellschaftsvertrages der …[A] GmbH durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden und wird vom Senat geteilt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Die hiergegen mit der Berufung angeführten Erwägungen rechtfertigen keine andere Sichtweise.

(1) Soweit die Klägerin anführt, bei der Auslegung der Satzungsbestimmung sei die Intention der vertragsschließenden Gesellschafter heranzuziehen, kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte ohne weiteres zum Hintergrund und den Vorstellungen der Gesellschafter bei der Änderung der Satzung vortragen musste oder ob entsprechender Vortrag erst auf hierauf bezogenes Vorbringen der Klägerin geboten war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Gesellschaftssatzung nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus einheitlich auszulegen. Dabei haben Umstände auszuscheiden, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen und nicht allgemein erkennbar sind, wozu die Entstehungsgeschichte der Satzung, die Vorentwürfe und die Vorstellungen oder Äußerungen von Personen, die an der Abfassung des Gesellschaftsvertrages mitgewirkt haben, gehören (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Januar 1983 – II ZR 243/81, juris; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 2 Rn. 31). Insofern kommt es auf die von der Klägerin (ohnehin nicht konkret) angeführten, für Dritte nicht erkennbaren Absichten und Erwägungen der Gesellschafter nicht an, da es sich bei diesem Regelungsbestandteil um eine körperschaftliche Bestimmung handelt.

(2) Folglich ist eine Auslegung nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang des Vertrages sowie dem Zweck der konkreten Regelung vorzunehmen (vgl. nur Scholz/Emmerich, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 2 Rn. 36). Einer solchen hat sich das Landgericht keineswegs – wie die Klägerin anführt – verschlossen. Vielmehr hat es zutreffend angenommen, dass auch für eine „Beendigung“ eines Anstellungsvertrages im Wege einer Kündigung ein einstimmiger Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich ist.

Diesem Verständnis steht zunächst nicht entgegen, dass von besonderen (vorliegend nicht ersichtlichen) gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen abgesehen die Gesellschafterversammlung für die Kündigung des Anstellungsvertrages zuständig ist. Die Klägerin leitet hieraus her, dass die Regelung des § 4 Nr. 4 (14) des Gesellschaftsvertrages ins Leere gehe, da dieser nur die Vertretung der Gesellschaft durch Geschäftsführer erfasse. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beendigung des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers auf einen Geschäftsführer übertragen werden kann (vgl. etwa Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rn. 39) und ob in der Regelung des § 4 Nr. 4 (14) des Gesellschaftsvertrages zugleich eine Übertragungsregelung zu sehen ist. Denn auch bei abweichendem Verständnis geht aus der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung zumindest klar hervor, dass für die entsprechenden Rechtsgeschäfte bzw. rechtsgeschäftlichen Erklärungen eine einstimmige Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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erforderlich sein soll. Die Regelung verdeutlicht unabhängig von der Zuständigkeitsregelung, dass die gesetzlichen Vorgaben für die erforderlichen Mehrheitsverhältnisse bei der Beschlussfassung über rechtliche Erklärungen hinsichtlich der Verträge mit Geschäftsführern abgeändert werden sollen und es einer einstimmigen Entscheidung der Gesellschafterversammlung bedarf. Dass ein solches Verständnis geboten ist, zeigt sich auch daran, dass die entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung auch den Abschluss des Anstellungsvertrages mit anderen Geschäftsführern umfasst. Auch dieser liegt jedoch in der sog. Annexkompetenz der Gesellschafter bzw. Gesellschafterversammlung (vgl. hierzu nur BeckOK-GmbHG/Schindler, § 46 Rn. 59 m.w.N.). Ein abweichendes Verständnis würde dazu führen, dass bei – möglicher – Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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über die Bevollmächtigung eines Geschäftsführers zum Abschluss oder zur Beendigung eines Anstellungsvertrages mit einem anderen Geschäftsführer eine einstimmige Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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erforderlich ist, wohingegen dies bei eigener Vornahme der erforderlichen rechtlichen Erklärungen durch die Gesellschafter anders wäre. Ein solcher Zwiespalt wird dem Sinn und Zweck der Regelung nicht gerecht und kann bei objektiver Betrachtung nicht gewollt gewesen sein.

Zu Recht hat das Landgericht auch die Beendigung des Anstellungsvertrages mit einem Geschäftsführer dem Erfordernis der einstimmigen Beschlussfassung unterworfen. Das Einstimmigkeitserfordernis hat ersichtlich den Zweck, den einzelnen Gesellschafter zu schützen. Rechtliche Erklärungen zu den wirtschaftlich bedeutsamen Anstellungsverträgen sollen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen dürfen, ohne dass es auf die Höhe ihrer Beteiligung an der Gesellschaft ankommt. Dass hierbei neben dem Abschluss, der Aufhebung und der Änderung von Anstellungsverträgen die Beendigung nicht gesondert angesprochen wird, schränkt den Anwendungsbereich nicht ein. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der entsprechende Einwand der Klägerin – wie die Beklagte in der Berufungserwiderung anführt – aufgrund des vom erstinstanzlichen Vortrag abweichenden Vorbringens in der Berufungsbegründung, nach der die Beendigung von Anstellungsverträgen nicht von der gesellschaftsvertraglichen Regelung umfasst sein soll, nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist. Wenn nicht nur der Abschluss, sondern auch jede Änderung des Anstellungsvertrages dem Einstimmigkeitserfordernis unterfallen soll, so ist es zur Gewährleistung des Sinn und Zwecks der Bestimmung geboten, auch die Beendigung, die in ihrer Tragweite bloße Vertragsänderungen im Regelfall überwiegt, unter die Regelung zu fassen. Dies wird auch daran deutlich, dass der Gesellschaftsvertrag die Mehrheitserfordernisse je nach Bedeutung des jeweiligen Rechtsgeschäfts abstuft. Für Angestelltenverhältnisse sieht die Satzungsregelung lediglich eine 2/3-Mehrheit vor, wobei hier die Beendigung neben dem Abschluss und der Änderung des Vertrages mit angeführt wird. Hieraus wird deutlich, dass es sich um ein redaktionelles Versehen handelt, soweit bei den Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern, die in ihrer Bedeutung weitaus höher einzuordnen sind, die Beendigung nicht explizit angeführt wird. Das Gesamtverständnis der Regelung verdeutlicht, dass hierfür keineswegs eine einfache Mehrheit genügen sollte. Dass eine solche Auslegung eines Gesellschaftsvertrages nach dem Sinn und Zweck eröffnet ist, entspricht den gängigen Auslegungsgrundsätzen für Satzungsregelungen (vgl. etwa OLG Hamm, Urteil vom 21. Dezember 2015 – 8 U 67/15, juris: Erweiterung einer die Zustimmung aller Gesellschafter erfordernden Regelung auch für Geschäftsführer-Anstellungsverträge, obgleich die Satzungsregelung nur für in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführer fallende Maßnahmen gelten soll, zu denen der Abschluss und die Kündigung von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen nicht gehört).

cc) Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Landgerichts zum Eintritt eines Schadens bei der Beklagten in Höhe der Gehälter für Oktober bis Dezember 2014 hat die Klägerin in der Berufungsbegründung keine Einwände erhoben. Anlass für eine Beanstandung der Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil besteht nicht. Die dortigen Darstellungen zum Schadenseintritt überzeugen und der Senat schließt sich diesen in vollem Umfang an.

e) Aufgrund der Berechtigung der Aufrechnungsforderung ist es – wie das Landgericht in mit der Berufungsbegründung nicht beanstandeter Weise festgestellt hat – zum Erlöschen der Forderung der Klägerin gekommen.

III.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO liegen vor.

Der Klägerin wird empfohlen, die Berufung kostensparend zurückzunehmen.

Die übliche Frist zur Stellungnahme beträgt nach §§ 522, 277 Abs. 3 ZPO zwei Wochen (vgl. hierzu auch Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 522 Rn. 34; Stein/Jo- nas/Althammer, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 522 Rn. 61; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, § 522 Rn. 27, der sogar ausspricht, dass die Frist nicht überschritten werden sollte; Fellner, MDR 2017, 435). Der Senat hat die Frist von vorneherein großzügiger bemessen. Das soll der Partei eine hinreichende Überlegungsfrist gewährleisten und Fristverlängerungsgesuche überflüssig machen. Fristverlängerungen sind deshalb auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, weil sie in der ersten Fristsetzung bereits berücksichtigt sind (vgl. hierzu OLG Rostock, Beschl. v. 27. Mai 2003 – 6 U 43/03, OLGR 2004, 127; vgl. zur Begründung des Verlängerungsgesuches auch BVerwG, NJW 2008, 3303). Nicht prüffähige, pauschale Behauptungen genügen nicht (OLG München, MDR 2017, 483; OLG Köln, MDR 2014, 299). Es sind deshalb für ein Fristverlängerungsgesuch erhebliche Gründe in prüffähiger Form glaubhaft zu machen, die eine notwendige Fristverlängerung begründen. Dazu gehört die Darlegung, welche Schritte unverzüglich eingeleitet wurden, um eine fristgerechte Stellungnahme sicherzustellen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 10.358,36 € festzusetzen.

Schlagworte: Abberufung Geschäftsführer GmbH, Abschluss und Kündigung von Geschäftsführeranstellungsverträgen, Gesellschafter mit Stimmrecht, Stimmverbot für betroffenen Gesellschafter