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OLG Koblenz, Urteil vom 09. August 1990 – 6 U 888/90

§ 123 Abs 2 HGB, § 161 Abs 1 HGB, § 47 Abs 1 GmbHG, § 37 Abs 2 GmbHG, § 53 Abs 2 GmbHG, § 52 GmbHG, § 935 ZPO, § 938 ZPO, § 123 Abs 2 HGB, § 1 Abs 2 HGB

1. Schließt die Geschäftsführung einer Tochtergesellschaft einer GmbH unter bewußtem Mißbrauch ihrer Vertretungsmacht mit einem Dritten in kollusivem Zusammenwirken ein von der Größenordnung her ganz außergewöhnliches Geschäft ab (Lizenzvertrag über den Kauf von Senderechten für 1.300 Spielfilme), wobei sie den in einem solchen Fall satzungsmäßig zustimmungsberechtigten Aufsichtsrat – auf den die Gesellschafterbefugnisse verlagert sind – übergeht und dadurch die Mitentscheidungsbefugnisse der Gesellschafter beeinträchtigt, so kann ein Minderheitsgesellschafter im Wege der Unterlassungsklage die Erfüllung des Vertrages untersagen lassen.

2. Die nach dem Gesellschaftsvertrag für außergewöhnliche Geschäfte erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats der GmbH kann, nicht durch einen mit einfacher Mehrheit gefaßten Gesellschafterbeschluß ersetzt bzw geheilt werden, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag der entgegenstehende Wille der Gesellschafter ergibt; ein ohne Zustimmung des Aufsichtsrats gefaßter Beschluß kann insoweit nur durch eine satzungsändernde Mehrheit der Gesellschafter geheilt werden.

3. Grundsätzlich tritt zwar die Wirksamkeit einer Kommanditgesellschaft im Verhältnis zu Dritten erst mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird (HGB § 161 Abs 1 iVm § 123 Abs 1). Beginnt die Gesellschaft aber ihre Geschäfte schon vor der Eintragung, so tritt die Wirksamkeit mit dem Zeitpunkt des Geschäftsbeginns ein, sofern ihr Gewerbebetrieb gilt (HGB § 123 Abs 2).

4. Der Vertragsgegner muß sich immer schon dann einen Mißbrauch der Vertretungsmacht entgegenhalten lassen, wenn er entweder weiß oder sich ihm aufdrängen muß, daß der Vertreter die Grenzen mißachtet, die seiner Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis gezogen sind (vergleiche BGH, 1988-03-14, II ZR 211/87, WM IV 1988, 704).

5. Muß sich dem Vertragsgegner nach den ganzen Umständen der Verdacht aufdrängen, daß der Vertreter seine Befugnisse überschreitet, verdient er den Schutz des Gesetzes, hier des 37 Abs 2 GmbHG, nicht mehr, weil ein solcher Schutz seiner Rechtfertigung nur in einem berechtigten Vertauen auf die Unbeschränktheit oder Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht findet.

Schlagworte: Erfüllung von wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksamen Verträgen, Kollusives Zusammenwirken, Missbrauch der Vertretungsmacht, Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis, Unterlassung rechtswidriger Geschäftsführung, Unterlassung und actioprosocio, Vertretungsbefugnis