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OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2011 – 6 U 309/11

GmbHG §§ 30, 64

1. Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG (n. F.) ist dessen Satz 1, wonach das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden darf, nicht auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens anzuwenden.

2. Die ab dem 1. November 2008 geltende Gesetzeslage steht der Rückforderung der vom Gesellschafter gewährten Darlehen auch dann nicht entgegen, wenn diese wegen einer fortbestehenden Unterbilanz im Vermögen der Gesellschaft weiterhin eigenkapitalersetzenden Charakter haben.

3. Die Rückforderung von Gesellschafterdarlehen ist zudem auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Auszahlung zur Insolvenz der Gesellschaft führt. Das Gesetz unterscheidet insoweit nicht mehr zwischen Gesellschafterforderungen und Forderungen gesellschaftsfremder Gläubiger.

4. Zur Feststellung der Überschuldung ist grundsätzlich die Aufstellung einer Überschuldungsbilanz erforderlich (BGHZ 146, 264, Tz. 9 f.; BGH, NZG 2009, 550, Tz. 10 f., jeweils m. w. Nachw., zitiert nach Juris). Der Handelsbilanz kommt aber eine indizielle Bedeutung zu.

5. Nach § 64 Satz 3 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft für Zahlungen an GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zum Ersatz verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht erkennbar. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 Satz 3 GmbHG der Geschäftsführer die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens verweigern muss (Ulmer/Habersack, GmbHG, Ergänzungsband § 30 Rdnr. 5 m.w.Nachw.). Nach der Gegenauffassung statuiert § 64 Satz 3 GmbHG lediglich ein Zahlungsverbot im Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft, begründet jedoch kein Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschaftergläubiger (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, ZIP 2010, 1236, Tz. 18 ff. m. w. Nachw.). Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend. Gegen die Annahme eines Leistungsverweigerungsrechts spricht bereits der Wortlaut des § 64 Satz 3 GmbHG, der nicht als Einrede der Gesellschaft gefasst ist. Die Annahme eines Leistungsverweigerungsrechts ist auch nicht mit dem Regelungsziel vereinbar, das der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 30 Abs. 1 GmbHG und der Verlagerung der eigenkapitalersatzrechtlichen Problematik in das Insolvenzrecht verfolgt hat. Denn das Leistungsverweigerungsrecht würde dazu führen, dass der Gesellschafter – entgegen § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG (n. F.) – sein Darlehen entsprechend dem früheren Rechtszustand nicht zurückverlangen kann. Dies entspricht nicht dem im MoMiG verfolgten Regelungsziel des Gesetzgebers.

Schlagworte: Auszahlung, Einlagenrückgewähr, Erhaltung des Stammkapitals, Geschäftsführer, Gesellschafter, GmbHG § 64 Satz 3, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftung nach § 64 Satz 3 GmbHG, Innenhaftung, Kapitalerhaltung, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 3 GmbHG, Überschuldung, Zahlung, Zahlungen an Gesellschafter, Zahlungsverbot