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OLG Köln, Beschluss vom 17.09.2014 – 11 U 89/14

1. Das für das Vorliegen einer Gesellschaft konstitutive Element ist das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks. Im Gegensatz zu schuldrechtlichen Austauschverträgen ist die gesellschaftliche Zusammenarbeit geprägt von einem gemeinsamen Ziel der Zusammenarbeit. In schuldrechtlichen Austauschverträgen überwiegen hingegen die Einzelinteressen der Beteiligten.

2. Im Falle eines partiarischen Rechtsgeschäfts fällt diese Abgrenzung erheblich schwerer, weil offenkundig alle Parteien einen Erfolg der gemeinsamen Unternehmung wollen. Im Kern fallen auch dort die Zwecke der Zusammenarbeit jedoch auseinander; während die bloß partiarisch Beteiligten zum Zwecke einer möglichst großen Gewinnbeteiligung handeln, verfolgt ein Teil einen darüber hinaus gehenden Zweck. Entscheidend ist, ob die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftliches Element in sich tragen oder aber ob die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen interessen bestimmt werden (BGH NJW 1990, 573, 574; NJW 1995, 192).

3. Die Abgrenzung der Innengesellschaft vom partiarischen Rechtsgeschäft ist durch Zusammenschau des Vertragszwecks und -inhalts sowie der wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien vorzunehmen (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 2000, 302; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 705 Rdn. 9). Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist die Auslegung anhand von Indizien vorzunehmen. Anhaltspunkte für die Annahme einer Gesellschaft sind die Bezeichnung als Gesellschaftsvertrag, die vertragliche Einräumung von Informations- und Kontrollrechten an den Anleger, die lange Dauer der vertraglichen Bindung, Regelungen zur Kündigung und zur Beteiligungsübertragung, Regelungen zur Beteiligung am Verlust, zur Teilung des Gewinns und zur Abfindung. Dagegen ist bei einem partiarischen Beteiligungsverhältnis die Vergütung des einen in der Regel erfolgsbezogen ausgestaltet, sie besteht z.B. in einem Anteil am Gewinn des anderen; die Erzielung des Gewinns durch den anderen ist jedoch nur dessen Angelegenheit, nicht der gemeinschaftliche Vertragszweck (zusammenfassend OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 11. 5 2011 – 20 U 310/11, juris Rdn. 35; ferner etwa Ulmer/C. Schäfer in: Münchener Kommentar, BGB, 6 Aufl., Vor § 705 Rdn. 109 f.; Schücking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 4. Auflage 2014, § 2 Rdn. 42 f.).

4. Die Darlegungs- und Beweislast für die geltend gemachte gesellschaftsrechtliche Qualifikation des Vertragsverhältnisses liegt bei demjenigen, der sich darauf beruft, so dass jegliche ernsthaften Zweifel zu dessen Lasten gehen (vgl. Timme in: Baumgärtel/Prütting/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Schuldrecht BT II, 3. Aufl. § 705 Rdn. 1).

5. Als Ausgangspunkt für die Abgrenzung kann zunächst die Bezeichnung des Vertrages herangezogen werden. Haben die Parteien den Vertrag explizit als Gesellschaftsvertrag benannt, besteht insoweit ein starkes Indiz dafür, dass auch tatsächlich eine Gesellschaft vorliegen soll. Umgekehrt kann zwar nicht auch ein als solcher überschriebener Vertrag ein Gesellschaftsvertrag sein. Der Überschrift kommt jedoch auch in diesem Fall eine indizielle Bedeutung zu (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 2000, 302).

6. Ein weiterer für eine Gesellschaft typischer Gesichtspunkt ist die Vereinbarung von Kontrollrechten der einzelnen Beteiligten. Eine Verschränkung der Mitgliedsrechte der Beteiligten, ihre Kopplung und gegenseitige Beschränkung ist ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Gesellschaft. Das Bestehen derartiger Rechte ist für sich gesehen zwar keine notwendige Bedingung hierfür, da Kontrollrechte ihrerseits in den Grenzen des § 716 Abs. 2 BGB abdingbar sind (vgl. Palandt/Sprau § 716 Rdn. 1). Dennoch geht von der (Nicht-)Existenz vertraglich vorgesehener Kontrollrechte eine starke Indizwirkung für oder gegen das Bestehen einer Gesellschaft aus (OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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a.a.O.). Die Beziehung der Gesellschafter zueinander ist – im Regelfall – von einer partnerschaftlichen Gleichordnung geprägt (vgl. Schücking a.a.O. § 2 Rdn. 52). Für die Einordnung als Gesellschaft spricht es demgemäß, wenn der nach außen tätige Partner nur mit Zustimmung des anderen über gemeinsames Guthaben verfügen kann (so in BGH NJW 1990, 573, 574) oder der nicht nach außen Handelnde seinerseits eigenständig den zu erwartenden Gewinn entnehmen darf (OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 1999, 650, 652).

7. Von Bedeutung ist ferner die Verteilung der Gewinnmöglichkeiten und Verlustrisiken zwischen den Vertragsparteien. Gesellschafter partizipieren alle am Geschäftsergebnis, also an Gewinn und Verlust, grundsätzlich zu gleichen Teilen (§ 722 Abs. 1 BGB). Demgegenüber ist bei einem partiarischen Rechtsverhältnis die Vergütung für die Leistung des einen in der Regel erfolgsbezogen ausgestaltet, sie besteht z.B. in einem Anteil am Gewinn des anderen; die Erzielung des Gewinns durch den anderen ist jedoch nur dessen Angelegenheit und nicht gemeinschaftlicher Vertragszwecks (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 11. Mai 2011 – 20 U 310/11, juris Rdn. 35).

8. Besteht nach dem nach dem vermeintlichen Gesellschaftsvertrag eine reine Gewinnbeteiligung (ist also eine Übernahme von Verlusten nicht vereinbart worden), spricht eine derartige Risikoverteilung erheblich für das Vorliegen eines nur partiarischen Rechtsgeschäfts. Jedenfalls ist allein die vereinbarte Gewinnbeteiligung kein ausreichendes Indiz für die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit (dazu auch Ulmer/C. Schäfer in: Münchener Kommentar BGB Vor § 705 Rdn 108).

Schlagworte: Darlegungs- und Beweislast, gemeinsamer Zweck, Gesellschaftsvertrag, Gesellschaftszweck, Gründung, Innengesellschaft, partiarisches Darlehen, Satzung