Einträge nach Montat filtern

OLG Köln, Beschluss vom 18. Mai 2017 – 18 U 107/16

§ 251 Abs 1 Nr 2 InsO, § 251 Abs 2 InsO, § 138 ZPO

Die substantiierte Darlegung einer Schlechterstellung setzt die Benennung konkreter einzelner Positionen höheren oder geringeren Wertes schon deshalb voraus, weil nur ein derart konkreter Tatsachenvortrag die Gegenseite in die Lage versetzt, konkrete Tatsachenbehauptungen zu bestreiten, und weil anschließend dem Gericht nur so eine gezielte Beweiserhebung unter Inanspruchnahme fremder Sachkunde möglich ist.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn (14 O 103/14) vom 16.06.2016 wird als unzulässig verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Verwerfung des Musterverfahrensantrages richtet, und im Übrigen, d.h. hinsichtlich der geltend gemachten Ausgleichsansprüche nach §§ 251, 253 InsO, zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels tragen die Kläger.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Parteien streiten zum einen um die Durchführung eines Musterverfahrens, zum anderen um den Ausgleich wegen einer Schlechterstellung der Kläger als Alt-Aktionäre im Zuge einer Planinsolvenz.

In der Zeit von März bis Oktober des Jahres 2013 erwarben die Kläger insgesamt 500.000 Inhaberaktien der Beklagten.

Über deren Vermögen wurde jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1. November 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet, und zwar sowohl wegen Überschuldung als auch wegen Zahlungsunfähigkeit. Insofern wird auf den betreffenden Beschluss zum Az. 99 IN 153/13 Bezug genommen (vgl. Anlage B 2, AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014). Im weiteren Lauf des Verfahrens legte die Beklagte einen Insolvenzplan vor – wegen der Details wird auf die Anlage K 6 und hier insbes. auf deren S. 216 Bezug genommen (vgl. AH zur Klageschrift), der in einem Erörterungs- und Abstimmungstermin vom 20. März 2014 angenommen wurde. Diesen Insolvenzplan bestätigte das Amtsgericht Bonn mit einem Beschluss vom 13. Juni 2014 zu dem erwähnten Az. Zuvor hatte das Amtsgericht Bonn einen auf Versagung der Bestätigung gerichteten Antrag mit einem Beschluss vom 27. Mai 2014 zum o.g. Az. zurückgewiesen. Wegen der Details wird auf die Anlage B 3 verwiesen (vgl. AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014). Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Bonn über die Bestätigung des Insolvenzplans gerichtete sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht Bonn mit einem Beschluss vom 10. Juli 2014 – 6 T 189/14. Zur Begründung führte das Landgericht Bonn aus, dass das Rechtsmittel nur dann zulässig sei, wenn der Beschwerdeführer eine wesentliche Schlechterstellung glaubhaft mache. Daran fehle es hier, weil die Beschwerdeführer – die Kläger – als Alternative die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung unter Wahrung des Bezugsrechts behauptet habe, ohne indessen darzulegen und glaubhaft zu machen, dass neben den Beschwerdeführern selbst auch andere Altaktionäre an einer Kapitalerhöhung teilgenommen hätten. Diese Erwägungen gälten sinngemäß für die darüber hinaus genannte Möglichkeit eines „debt equity swap“. Entsprechende Maßnahmen stünden unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gläubiger. Es sei indessen nicht nachvollziehbar, warum die Gläubiger Maßnahmen zugunsten nachrangiger Gläubiger oder Alt – Aktionäre zustimmen sollten. Das von den Beschwerdeführern problematisierte Bezugsrecht habe schließlich nur dann einen wirtschaftlichen Wert, wenn es realistisch ausgeübt werden könne. Das sei aber nicht glaubhaft gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 4 verwiesen (vgl. AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014).

Der oben erwähnte Insolvenzplan sieht vor, dass das Grundkapital der Beklagten auf Null herabgesetzt und anschließend im Wege einer Barkapitalerhöhung sowie einer gemischten Sach- und Barkapitalerhöhung auf eine Summe von 12,5 Mio. EUR erhöht werden sollte. Zu diesem Zweck sollten 12.500.000 nennwertlose Stückaktien unter Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Bezugsrechts
der Alt-Aktionäre ausgegeben werden. Dementsprechend sollten die Rechte der Alt-Aktionäre im Zuge der Durchführung der geplanten Maßnahmen untergehen. Der Insolvenzplan sieht mit Rücksicht auf den auch im Falle einer Regelinsolvenz eintretenden Rechtsverlust für die Alt-Aktionäre weder eine Insolvenzquote noch andere Leistungen vor. Im Insolvenzplan legten die Verfasser dar, dass kein Gläubiger im Vergleich zur Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens schlechter stehen werde. Zu diesem Zwecke war eine Vergleichsrechnung beigefügt. Gleichwohl sah der Insolvenzplan für den Fall, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweisen würde, die Hinterlegung von zunächst 5 Mio. EUR zwecks Ausgleichs vor. Der für den eventuellen Ausgleich bereitgestellte Betrag wurde später um 7 Mio. EUR erhöht. Wegen der Details des Insolvenzplans nebst Anlage wird auf die bereits genannte Anlage K 6 zur Klageschrift Bezug genommen.

Die Kläger haben im ersten Rechtszug von der Beklagten Ausgleich wegen einer Schlechterstellung verlangt und allgemein behauptet, sie stünden ohne den Insolvenzplan schlechter. Denn bei ordnungsgemäßer Fortführung des Unternehmens und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots habe eine Abfindung pro Aktie erzielt werden können. Die Klägerin haben die Auffassung vertreten, dass es gegen die auch verfassungsrechtlich geschützten Mitgliedschaftsrechte der Alt-Aktionäre verstoße, sie auszuschließen, das Unternehmen später aber dennoch weiterzuführen. Schon aus dieser Fortführung ergebe sich ferner ein Anscheinsbeweis dafür, dass die bestehende Mitgliedschaften der Alt-Aktionäre einen gewissen Wert gehabt hätten und nicht mit „Null“ anzusetzen seien. Auch die kurzfristige wirtschaftliche Erholung der Beklagten spreche hierfür. Die vorliegende Vergleichsrechnung sei schon deshalb fehlerhaft, weil sie nicht eine Fortführungsprognose im Sinne des „going concern“ zum Gegenstand gehabt habe. Die Annahmen der Vergleichsrechnung hielten deshalb den betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Standards der Unternehmensbewertung und der bilanziellen Wertfestsetzung nicht stand. Die Kläger haben gemeint, dass die auf S. 4 ff. ihres Schriftsatzes vom 3. Dezember 2014 und auf S. 19 ff. ihres Schriftsatzes vom 30. März 2016 näher ausgeführten Fehler der Vergleichsrechnung der Art und dem Umfang nach derart gravierend seien, dass sie sich mindernd auf die in der Rechnung angegebene Regelinsolvenzquote ausgewirkt hätten. Dementsprechend habe den Insolvenzgläubigern bei der Annahme des Insolvenzplans keine taugliche Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestanden und sie hätten die Regel- nicht mit der Planinsolvenz vergleichen können. Die Kläger haben behauptet, die Vergleichsrechnung habe lediglich dazu gedient, eine Planinsolvenz zu Lasten der Alt-Aktionäre durchzuführen, und gemeint, daraus ergebe sich bereits eine Schlechterstellung.

Eine Schlechterstellung ergebe sich auch daraus, dass mit dem bestätigten Insolvenzplan insofern unzulässig in die Rechte der Alt-Aktionäre eingegriffen worden sei, wie auch in dem Ausschluss des Bezugsrechte eine „kalte Enteignung“ gelegen habe. Denn es habe keine rechtfertigenden Gründe für den mit dem Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Bezugsrechts
verbundenen „Rauswurf“ der Alt-Aktionäre gegeben, zumal die Anforderungen an solche Gründe schon deshalb höher anzusetzen seien, weil das Unternehmen plangemäß fortgeführt worden sei. Ein Totalverlust der Rechte könne auch mit Rücksicht auf die bestehenden Handlungsalternativen nicht gerechtfertigt werden. Die Ausgestaltung zum einen des § 225a Abs. 2 InsO, zum anderen der §§ 251, 253 InsO verstoße gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG, soweit sie einen rechtlichen und wirtschaftlichen Totalverlust der geschützten Anteilsrechte auch gegen den Willen der Alt-Aktionäre gestatte und keinen hinreichenden Rechtsschutz vorsehe. Statt des Totalverluste der Rechte habe man sich hier innerhalb der Regelinsolvenz auf einen „debt equity swap“ und eine Kapitalerhöhung unter Beibehaltung des Bezugsrechts beschränken können. Die mit der stattdessen gewählten Vorgehensweise verbundene Ungleichbehandlung von Gläubigern und Alt-Aktionären verstoße ferner gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Kläger haben ferner die Ansicht vertreten, das Insolvenzverfahren habe insofern unter einem formalen Mangel gelitten, als es anstelle einer Niederlegung des Insolvenzplans in der Geschäftsstelle der öffentlichen Bekanntmachung bedurft habe.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Ausgleichsklage fristgerecht erhoben worden und dies der Beklagten auch innerhalb der hierfür im Insolvenzplan vorgesehenen Frist angezeigt worden sei. Auch setze die Ausgleichsklage einen Antrag auf Gewährung von Minderheitenschutz nach § 251 Abs. 1 InsO nicht voraus, denn die hier erfolgte Bereitstellung von Mitteln zum Ausgleich nachgewiesener Schlechterstellungen habe solche Anträge verhindern sollen. Auch sehe weder § 251 Abs. 3 InsO ein entsprechendes Erfordernis vor, noch gebe es eine diesbezügliche Bestimmung im Insolvenzplan. Schließlich habe die gemäß § 253 Abs. 4 InsO erhobene sofortige Beschwerde ausgereicht.

Die Kläger haben behauptet, der auszugleichende wirtschaftliche Wert ihrer Beteiligung sei mit mindestens 1,- EUR/Aktie anzusetzen.

Schließlich haben sie gemeint, das Verfahren sei auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden Bestimmungen der §§ 225a, 251, 253 InsO einzuholen bzw. dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob die mit dem ESUG eingeführten, hier maßgebenden Bestimmungen der InsO mit der Richtlinie 77/91 EWG, die eine Zustimmung der Aktionäre vorsehe, vereinbar seien.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die klagende Partei, einen in das billige Ermessen des Gerichts belassenen, angemessenen Ausgleich der durch den bestätigten Insolvenzplan vom 13. Juni 2014 (AG Bonn, Az. 99 IN 153/13) begründeten Schlechterstellung aus den bereitgestellten Ausgleichsmitteln als Kompensation, nicht jedoch unter 500.000,- EUR, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kläger haben diesen Klageantrag mit einem Schriftsatz vom 30. März 2016 um einen Musterverfahrensantrag mit im einzelnen genannten Feststellungszielen ergänzt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und den Musterverfahrensantrag als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte hat zunächst die Aktionärsstellung der Kläger zur Zeit des Wirksamwerdens des Insolvenzplans bestritten und ferner die Ansicht vertreten, die Kläger hätten die erforderliche Schlechterstellung nicht hinreichend und anhand einer Vergleichsrechnung dargetan. So hätten sie nicht nachvollziehbar dargelegt, dass im Regelinsolvenzverfahren die vorhandene Überschuldung habe beseitigt werden und das Unternehmen wieder marktfähig gemacht werden können. Die Kläger könnten indessen lediglich eine Schlechterstellung im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren geltend machen, nicht hingegen eine Beteiligung an dem auf der Durchführung des Insolvenzplans beruhenden Fortführungswert. Ergebnis des Regelinsolvenzverfahrens sei es, dass die betreffende Aktiengesellschaft aufgelöst werde (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) und später die überschuldete, nach Verwertung und Verteilung des Vermögens an die Gläubiger vermögenslose Aktiengesellschaft von Amts wegen gelöscht werde (§ 394 Abs. 1 S. 2 FamFG). Dabei erhielten die Aktionäre auch keine Quote, denn eine solche komme nach § 199 InsO erst nach vollständiger Befriedigung sämtlicher Gläubiger in Betracht und diese scheide bei einer Überschuldung aus. In diesem Zusammenhang komme es im Übrigen nicht darauf an, dass die Kläger bereit seien, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, sondern es habe die gesamt Überschuldung in Höhe von 874 Mio. EUR Unterdeckung beseitigt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (vgl. Bl. 345 ff. GA) Bezug genommen .

2. Mit dem den Klägerin am 20. Juni 2016 (vgl. Bl. 387 GA) zugestellten Urteil hat das Landgericht den Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen und die Klage abgewiesen.

Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat es hinsichtlich des Musterverfahrensantrages insbesondere auf die Grenzen des in § 1 Abs. 1 KapMuG geregelten Anwendungsbereichs des Gesetzes über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten abgestellt und ausgeführt, dass hier ein Ausgleichsanspruch wegen Schlechterstellung, nicht aber Ansprüche im Sinne des KapMuG geltend gemacht würden. So handele es sich bei dem Insolvenzplan und bei der anliegenden Vergleichsrechnung nicht um eine öffentliche Kapitalmarktinformation, und der seitens der Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch sei kein Anspruch, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Kapitalanleger zustehe, sondern der Anspruch stehe nach dem Insolvenzplan und § 251 Abs. 3 InsO jedem Beteiligten zu, also z.B. auch Gläubigern. Schließlich hänge die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen ab, sondern der Rechtsstreit sei entscheidungsreif.

Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch stehe den Klägern nicht zu, weil sie den in § 251 Abs. 1 InsO vorgesehenen Minderheitenschutzantrag nicht angebracht hätten und die stattdessen erhobene sofortige Beschwerde diesem Antrag nicht gleichkomme. Die Notwendigkeit eines entsprechenden Antrages als Voraussetzung eines Ausgleichsanspruchs ergebe sich hier nicht nur aus dem Gesetz, sondern auch aus den Bestimmungen des Insolvenzplans.

Hinzu komme, dass die Kläger die rechtzeitige Einreichung einer Ausgleichsklage nicht innerhalb der im Insolvenzplan vorgesehenen Frist nachgewiesen hätten. Denn sie hätten innerhalb der betreffenden Frist lediglich schriftlich mitgeteilt, form- und fristgerecht beim Landgericht Bonn Klage erhoben zu haben, jedoch keine Nachweis über den fristgerechten Eingang der Klage beim Landgericht Bonn beigefügt.

Schließlich hätten die Kläger nicht dargelegt, dass die sie durch den Insolvenzplan schlechter gestellt worden seien als im Falle einer Regelinsolvenz. Verfassungs- und unionsrechtliche Einwände griffen insofern nicht durch.

Wegen der weiteren Details wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (vgl. Bl. 352 ff. GA) verwiesen.

3. a) Mit ihrer hier am 7. Juli 2016 eingegangenen Berufung (vgl. Bl 391 f. GA), die sie – nach entsprechender Fristverlängerung (vgl. Bl. 398 GA) – mit einem am 20. September 2016 eingegangenen Schriftsatz begründet haben (vgl. Bl. 402 ff. GA) stellen die Kläger das angefochtene Urteil des Landgerichts insgesamt zur Überprüfung.

Sie meinen, das KapMuG sei hier sehr wohl anwendbar. So handele es sich bei dem begehrten Ausgleich um den aus der Masse zu leistenden Ersatz eines Schadens. Auch habe es sich bei dem Inhalt des Insolvenzplans um eine öffentliche Kapitalmarktinformation gehandelt, und zwar spätestens dann, als er im Rahmen der Gläubiger- und Hauptversammlung offengelegt worden sei. Ebenso stehe der Anspruch den Klägern gerade in ihrer Eigenschaft als Kapitalanleger zu. Schließlich hänge die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen ab.

Im Zusammenhang mit dem begehrten Ausgleich, treffe es nicht zu, dass ein Minderheitenschutzantrag im Sinne des § 251 Abs. 1 InsO Voraussetzung der Ausgleichsklage nach § 251 Abs. 3 S. 2 InsO sei. Außerdem habe die erhobene sofortige Beschwerde dem Minderheitenschutzantrag gleichgestanden. Es sei auch nicht richtig, dass die Kläger mit Rücksicht auf die Prüfung der Schlechterstellung schon im Insolvenzverfahren und im Verfahren nach § 253 InsO nicht mehr schutzwürdig seien. Vielmehr stünden dem Schutz der Rechte des Alt-Aktionärs allzu hohe Hürden entgegen. So könne ihm der gebotene Nachweis einer Schlechterstellung bei der Insolvenzantragstellung schon mit Rücksicht auf den Insolvenzgrund nicht gelingen, und später sei der Nachweis nach Auffassung des Landgerichts auch nicht mehr möglich. Auf diese Art und Weise werde der Nachweis einer Schlechterstellung insgesamt unmöglich gemacht und würden die Alt-Aktionäre um ihre Recht gebracht. Ferner habe ein Versagungsantrag auch deshalb nicht gestellt werden können, weil der Insolvenzplan vor dem Abstimmungstermin faktisch nicht habe eingesehen werden können. Schließlich habe der Insolvenzplan an sich nicht bestätigt werden dürfen, weil er so strukturiert gewesen sei, dass das Ergebnis einem verbotenen Stimmenkauf gleichgekommen sei.

Das seitens der Kläger ergriffene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde sei gemäß § 253 Abs. 4 InsO in ein Schadenersatzbegehren umzudeuten. Auch der entsprechende Anspruch sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Kläger meinen, dass die Bestimmungen des Insolvenzplans über weitere Anspruchsvoraussetzungen unwirksam seien.

Indem das Landgericht von den Klägerin den Vollbeweis einer Schlechterstellung durch eine eigene Vergleichsrechnung verlangt habe, habe es wesentliche richterrechtliche Regeln missachtet, die zu einer Beweislastumkehr führten. Denn hier befinde sich der Anspruchsteller typischerweise in Beweisnot, und insofern seien die für die Arzthaftung geltenden Grundsätze der Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität bei groben Behandlungsfehlern sowie diejenigen der Produkthaftung sinngemäß zur Anwendung zu bringen. Vor diesem Hintergrund habe es ausgereicht, die dem Insolvenzplan zugrundeliegende Vergleichsrechnung in Zweifel zu ziehen. Weiteres sei dem Alt-Aktionär in keinem Fall möglich. Dem Alt-Aktionär die Ermittlung der Geschäftszahlen im Falle einer Regelinsolvenz aufzugeben, sei jedenfalls fehlerhaft. Dass die Vergleichsrechnung falsch sei, ergebe sich insbesondere aus den mit „Null“ angesetzten Vermögenswerten. Dazu gehörten langfristige Immobilienanlagen, die am ehesten die Kapitaldienstfähigkeit sicherstellten und deshalb auch weiter gehalten worden seien. Im Ergebnis sei es Sache der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragenden Schuldnerin gewesen, nicht nur Prognosen anzustellen, sondern konkrete Tatsachen vorzutragen, auf die sich die negative Prognose habe stützen können. Soweit in diesen Zusammenhang Bewertungen vorgenommen worden seien, bestünden Bedenken gegen die hinzugezogenen Gesellschaften K und Q, weil hier Interessenkonflikte vorliegen könnten. Die Kläger selbst hätten aufgrund der veröffentlichten Unterlagen einen Nettoinventarwert von eventuell 29,03 EUR/Aktie anstelle der prognostizierten 28,30 EUR/Aktie ermittelt. Tatsächlich seien die Neu-Aktien mit 200,- EUR/Stück gehandelt worden. Demgegenüber hätten die Neuaktionäre lediglich 12,5 Mio. EUR, d.h. 0,02 EUR/Alt-Aktie, aufgewendet.

Der Netto-Vermögenswert bilde jedenfalls einen Anscheinsbeweis für einen verbliebenen Vermögenswert der Alt-Aktien. Für den Anscheinsbeweis sprächen die zwischenzeitliche Entschuldung, die zu erwartenden Ausschüttungen, die zu erwartenden Erlöse bei einer Veräußerung der Beklagten und die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Tochtergesellschaften. Auch habe sich der Aktienkurs überaus rasch erholt. Soweit das Landgericht von einer Überschuldung ausgegangen sei, habe es sich den Vortrag der Beklagte zu eigen gemacht, obgleich hierbei unzutreffend von Liquidationswerten ausgegangen worden sei.

Schließlich träfen auch die verfassungs- und unionsrechtlichen Ausführungen des Landgerichts nicht zu.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16. Juni 2014 abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Kläger, einen in das billige Ermessen des Gerichts belassenen, angemessenen Ausgleich der durch den bestätigten Insolvenzplan vom 13. Juni 2014 (Amtsgericht Bonn, Az. 99 IN 153/13) begründeten Schlechterstellung aus den bereitgestellten Ausgleichsmittel al Kompensation, nicht jedoch unter 1,- EUR/Aktie der Kläger, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. im Wege des Kapitalmusterverfahrens gemäß der Feststellungsziele in Bl. 311 ff. der erstinstanzlichen Akte zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung hinsichtlich der Antrages zu Ziff. 2 als unzulässig zu verwerfen und sie im Übrigen zurückzuweisen.

Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen insbesondere zur Frage der Schlechterstellung und zum Ausgang des Regelinsolvenzverfahren in diesem Zusammenhang fest.

Außerdem meint sie, die Berufung sei unzulässig, soweit die Kläger sich gegen die Verwerfung des Kapitalmusterverfahrensantrages als unzulässig wenden.

b) Nachdem der Senat mit einem auf den 15. Februar 2017 datierten, tatsächlich aber erst später gefassten Beschluss (vgl. Bl. 502 ff. GA sowie Senatsbeschluss vom 18. April 2017, Bl. 548 ff. GA) darauf hingewiesen hat, dass er beabsichtige, das Rechtsmittel teilweise als unzulässig zu verwerfen und im Übrigen zurückzuweisen, u.a. weil die Kläger die allgemein behauptete Schlechterstellung nicht hinreichend konkret dargetan hätten, habe die Kläger ihr Vorbringen mit einem Schriftsatz vom 27. April 2017 ergänzt (vgl. Bl. 553 ff. GA). Wegen der Details wird auf die oben genannten Senatsbeschlüsse sowie den erwähnten Schriftsatz Bezug genommen.

II.

1. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers bleibt es bei den Ausführungen des Senats im Hinweisbeschuss. Ergänzend bedarf es lediglich der folgenden Ausführungen:

a) Es mag zwar sein, dass der geltend gemachte Anspruch im Zusammenhang mit der erforderlichen Schlechterstellung Prognosen hinsichtlich der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten erfordert und dass damit gewisse Unsicherheiten verbunden sind. Richtig ist auch, dass substantiierter Vortrag hierzu unter Berücksichtigung der durch § 138 ZPO eingeräumten Spielräume nicht die Vorlage privat beauftragter Sachverständigengutachten erfordert. Indessen setzt die substantiierte Darlegung einer Schlechterstellung die vom Senat im Hinweisbeschluss geforderte Benennung konkreter einzelner Positionen höheren oder geringeren Wertes schon deshalb voraus, weil nur ein derart konkreter Tatsachenvortrag die Gegenseite in die Lage versetzt, konkrete Tatsachenbehauptungen zu bestreiten, und weil anschließend dem Gericht nur so eine gezielte Beweiserhebung unter Inanspruchnahme fremder Sachkunde möglich ist. Derart konkrete Darlegungen lässt aber nicht nur das bisherige Vorbringen der Kläger vermissen – die allgemeine Behauptung eines bestimmten Unternehmens- und Aktienwertes kann dieses Vortrag ebensowenig ersetzen wie Ausführungen zum Inhalt eines Jahresabschlusses einer Tochtergesellschaft für 2016, und auch Vorbringen zu nach der Sanierung gezahlten Dividenden liegt neben der Sache -, sondern der entsprechende Mangel ist von den Klägern auch nach dem Hinweis des Senats nicht behoben worden.

b) Einer Entscheidung durch Urteil unter Zulassung der Revision bedarf es hier auch im Hinblick auf die vorstehend bemühten Grundsätze der Darlegungslast sowie des § 138 ZPO nicht, weil der Senat lediglich auf allgemein geltende Grundsätze abstellt und hinsichtlich der konkreten Anspruchsgrundlage überdies an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den in Bezug genommenen Bestimmungen des § 251 Abs. 1 Nr. 2 und § 251 Abs. 2 InsO anknüpft. Da auch die übrigen vom Senat erörterten Probleme, mit dem Gesetz und allgemeinen Grundsätzen gelöst werden können, besteht kein weiterer Klärungsbedarf und § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO kann zur Anwendung gebracht werden.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Schlagworte: StaRUG § 28 Abs. 1 Nr. 1