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OLG Köln, Urteil vom 12. Januar 2017 – 7 U 12/16 

§ 195 BGB, § 199 BGB, § 203 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 43 Abs 4 GmbHG, § 64 Abs 1 GmbHG, § 92 InsO, § 531 Abs 2 ZPO

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.09.2015 – 1 O 206/14 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin entstandenen Schaden wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung sowie der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.

Die Insolvenzschuldnerin, die V GmbH (im Folgenden: V-GmbH), wurde am 20.07.2005 zum Zweck der Errichtung und des Betriebs eines Konferenzzentrums mit Hotel auf dem Gelände des ehemaligen Plenarsaals in C gegründet. Geschäftsführer war Dr. L, der über die Gemeinschuldnerin einen wesentlichen Teil des Kapitals in das Projekt einbringen sollte.

Grundlage des Projektes war der zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossene notarielle Vertrag vom 08.03.2006, UR-Nr. xxx, des Notars I in G. (Anlage K5), der u.a. vorsah, dass die Gemeinschuldnerin über ein Stammkapital in Höhe von 10 Millionen hinaus bei Beginn der Bauarbeiten den Nachweis für eine Sicherheit in Höhe von weiteren 30 Millionen EUR Eigenkapital zu erbringen hatte.

Weitere Grundlagen der Finanzierung waren Landeszuschüsse in Höhe von 35,79 Millionen EUR und ein Langzeitkredit der Sparkasse L11 in Höhe von 74,3 Millionen EUR. Für diesen Kredit übernahm die Beklagte gegenüber der Sparkasse L1 mit der „Nebenabrede“ vom 19.03.2007 (Anlage K10) eine bürgschaftsgleiche Sicherheit. Weil die Gemeinschuldnerin das weitere Eigenkapital in Höhe von 30 Millionen EUR nicht rechtzeitig erbringen konnte, wurde dieses ebenfalls durch die Sparkasse L1 mit einer maximalen Laufzeit bis zum 30.09.2009 vorfinanziert.

Als Generalunternehmerin wurde mit Vertrag vom 06.06.2006 (Anlage K6) die T GmbH beauftragt.

Nachdem die Bauarbeiten fortgeschritten waren, zeichnete sich wegen Baukostensteigerungen und Finanzierungkosten spätestens zu Beginn des Jahres 2009 eine Finanzierungslücke ab. Zudem war nicht absehbar, dass das vorfinanzierte Eigenkapital der Gemeinschuldnerin zeitnah, spätestens zum Termin für die Ablösung des Kredits am 30.09.2009, eingezahlt werden würde.

Im Hinblick auf die bis dahin ausgebliebene weitere Eigenkapitalerbringung erfolgte die Valutierung des Kredits seitens der Sparkasse L1 bereits seit Februar 2008 nur noch mit schriftlichem Einverständnis und in Abstimmung mit der Beklagten (Anlagen K 38, K 39). Die Gemeinschuldnerin bemühte sich um einen neuen Investor zur Deckung der Finanzierungslücke, konnte jedoch keine Geldzahlungen erreichen, die eine fortlaufende auskömmliche Finanzierung des Projekts gewährleisteten. Daher trafen die Beklagte und die Sparkasse L1 am 20.07.2009 eine Zusatzvereinbarung zur Nebenabrede, in der die von der Beklagten gewährte Sicherheit auf ein Kreditvolumen von insgesamt 104,3 Millionen EUR erhöht wurde (Anlage K 13). Sodann wurde zwischen der Sparkasse L1 und der Gemeinschuldnerin am 22.07.2009 ein Kreditvertrag über weitere 30 Millionen EUR geschlossen (Anlage K 32).

Im August 2009 leitete die Staatsanwaltschaft C wegen des Verdachts des Betrugs zum Nachteil der Beklagten und der Untreue zum Nachteil der Gemeinschuldnerin ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Gemeinschuldnerin, insbesondere Dr. L, ein (430 Js 958/09 StA C). Die Ermittlungen wurden bei der Staatsanwaltschaft C sowie beim Landeskriminalamt NRW geführt.

Nach Abmahnung und Kündigungsandrohung kündigten die Sparkasse am 25.09.2009 die Kreditvereinbarungen und am 28.09.2009 die Beklagte den Projektvertrag jeweils außerordentlich.

Am 29.09.2009 stellte die Gemeinschuldnerin Insolvenzantrag. Der Kläger wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (96 IN 160/09 AG C) und erstattete am 05.01.2010 ein Gutachten über die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin zum Stichtag 04.01.2009 (Anlage K88). Am 07.01.2010 wurde über das Vermögen der T GmbH ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (36 IN 4206/09 AG D).

Im April 2010 wurde das Sonderheft 29, in dem sich die Schriftstücke befinden, auf die der Kläger seine Klageschrift in wesentlichen Punkten stützt, Bestandteil der Ermittlungsakte.

Das Ermittlungsverfahren gegen Dr. L wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft C vom 15.04.2011 gemäß § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt; am 30.09.2011 begann das Strafverfahren gegen ihn u.a. wegen des Vorwurfs des Betrugs zum Nachteil der Beklagten. Mit Urteil vom 10.05.2013 wurde er wegen Betrugs in zwei Fällen und falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt (27 KLs 03/11 LG C).

Am 15.01.2013 trat der Kläger erstmals an den damaligen Oberbürgermeister der Beklagten O heran und teilte diesem mit, dass sich bei der Aufarbeitung der Akten der Insolvenzschuldnerin Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte ergäben, die er als Insolvenzverwalter verfolgen müsse. Bei einem daraufhin für den 31.01.2013 vereinbarten Treffen lehnte die Beklagte die Anerkennung von Ansprüchen ab und forderte den Kläger zur schriftlichen Erläuterung auf. Diese erfolgte mit Übersendung eines Exzerpts am 12.02.2013 (Anlage BK3, Bl. 941 d.A.). Hierzu nahm der anwaltliche Vertreter der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.03.2013 Stellung, lehnte sämtliche Ansprüche ab und forderte den Kläger auf, bis zum 25.04.2013 schriftlich zu bestätigen, dass ein Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte nicht bestehe. Andernfalls werde er dieser empfehlen, negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu erheben (Anlage K61). Am 10.04. und 23.04.2013 korrespondierten der Kläger und Oberbürgermeister O per sms (Anlagen K97, K 98). Sodann erfolgte am 29.04.2013 eine umfassende Stellungnahme des Klägers, die damit endete, dass für den 13.05.2013 ein Termin für die Rückmeldung seitens der Beklagten notiert sei (Anlage K99). An diesem Tag schrieb der Vertreter der Beklagten an den Klägervertreter per Fax: „Zwecks beidseitiger abschließender Beurteilung … schlagen wir vor, die beiderseitig gesetzten Fristen einvernehmlich auf den 20.06.2013 zu verlängern. Mit der Bitte um Gegenbestätigung verbleibe ich … “ (Anlage K62).

Hierauf antwortete der Kläger zunächst nicht. Am 02.07.2013 forderte er die Beklagten dann zur Rückmeldung bis zum 08.07.2013 auf (Anlage K 63). Eine Reaktion seitens der Beklagten erfolgte nicht mehr.

Mit Datum vom 25.06.2015 bestätigte der Kläger die Abtretung der Neugläubigeransprüche der T GmbH durch seine Person in der Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH an sich als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (Anlage K 100, Bl. 729 d.A.).

Die Klage ist am 02.06.2014 eingegangen.

Das Landgericht C hat sie mit Urteil vom 23.09.2015 ( 1 O 206/14) in vollem Umfang abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kläger die Ansprüche sämtlicher Alt- und Neugläubiger geltend gemacht habe und hat die Klage für unzulässig erachtet, soweit es sich um Ansprüche von Neugläubigern handele, die nicht abgetreten worden seien. Insoweit fehle es an der Aktivlegitimation.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil die geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Die Verjährungsfrist richte sich sowohl bezüglich der Altgläubigeransprüche als auch bezüglich der aus abgetretenem Recht der T GmbH geltend gemachten Neugläubigeransprüche nach § 195 BGB. Der Lauf der Verjährungsfrist sei mit Ablauf des Jahres 2010 in Gang gesetzt worden. Dabei hat das Landgericht zu Grunde gelegt, dass der Kläger 2010 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Denn einerseits sei er der seitens der Beklagten behaupteten Kenntnis durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte 2010 nur pauschal entgegengetreten, andererseits habe er die Kenntniserlangung 2010 auch implizit unstreitig gestellt, indem er den Beginn der Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 als „unstreitige Tatsache“ bezeichnet habe.

Durch Verhandlungen sei der Lauf der Verjährung nicht gehemmt worden, denn solche hätten nicht stattgefunden. Die Beklagte habe die erstmals am 31.01. geltend gemachten und mit Datum vom 12.02.2013 erläuterten Ansprüche mit dem Schreiben vom 27.03.2013 vielmehr entschieden zurückgewiesen. Jedenfalls habe die Hemmung maximal vom 31.01. bis zum 20.06.2013 angedauert, so dass bei Eingang der Klage bereits Verjährung eingetreten gewesen sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nämlich keinen Fortgang etwaiger Verhandlungen mehr erwarten können. Erst recht gelte dies für die Ansprüche aus abgetretenem Recht, bezüglich derer der Kläger schon keine Verhandlung behauptet habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 760 ff. d.A.).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er wirft der Beklagten vor, ihre Projektverantwortlichen hätten, um über die eigentlich schon im Februar 2008 bestehende Zahlungsunfähigkeit der V GmbH hinweg zu täuschen und die Antragstellung bis September 2009 zu verzögern, dem Kreditgeber, der Sparkasse L1, vorgegeben, dass Valutierungen trotz Störung des Kreditverhältnisses und offensichtlicher Krise des Kreditnehmers erfolgen sollten, dies obwohl sie gewusst hätten, dass es für die bereits bestehenden Baukostensteigerungen keine Finanzierung gab und auch nicht geben würde, mithin festgestanden hätte, dass jedenfalls die Gläubiger der baukostensteigernden Lieferungen und Leistungen ausfallen würden. Es sei ihnen nämlich darauf angekommen, eine Zahlungsunfähigkeit der V GmbH unabhängig von deren Eigenkapitalerbringung zu verhindern, weil als Folge dessen gesehen worden sei, dass das Projekt einschließlich der Kosten an die Beklagte zurückfallen würde (Bl. 58 der Berufungsbegründung vom 22.12.2015, Bl. 925 f. d.A.).

Gegen das angefochtene Urteil wendet er ein, das Landgericht habe den Klageantrag zu weit ausgelegt. Er habe von vornherein nur – entsprechend seiner aus § 92 InsO folgenden Prozessführungsbefugnis – die Altgläubiger vertreten und daneben aus abgetretenem Recht nur die Neugläubigerforderungen der T GmbH geltend machen wollen.

Insbesondere habe das Landgericht fehlerhaft Verjährung bejaht. Hierzu hat der Kläger in der Berufungsbegründung vorgetragen, es sei ihm auf Grund der Fülle der auszuwertenden Unterlagen Mitte 2010 nicht möglich gewesen, aus der Ermittlungsakte Anhaltspunkte für die Teilnahme der Beklagten an einer Insolvenzverschleppung zu gewinnen; diese hätten sich erst im Lauf der Beweisaufnahme im Strafverfahren gegen Dr. L (30.09.2011 – 10.05.2013) verdichtet. Mit Schriftsatz vom 18.10.2016 (Bl. 1021 ff. d.A.) hat er sodann behauptet, er habe „frühstens 2011“ Einsicht in den Sonderband 29 nehmen können. Dies ergebe sich daraus, dass dieser Band erst 2011 vom Landeskriminalamt an die Staatsanwaltschaft übergeben worden sei und die Sachbearbeiterin in seinem Hause sich erst 2012 damit befasst habe. Auch der Verteidigung des Dr. L sei 2010 noch nicht Einsicht in Band 29 gewährt worden. Den taggenauen Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht könne er nicht rekonstruieren. Zudem habe er wesentliche Erkenntnisse erst auf Grund der Aussagen von Zeugen im Strafverfahren gegen Dr. L erhalten.

Schließlich sei es ihm unzumutbar gewesen, Klage zu erheben, bevor der Vorwurf wegen der Haupttat, nämlich der Insolvenzverschleppung durch Dr. L, weitgehend ausermittelt war.

Was die aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche der T GmbH anbetreffe, ergebe sich aus dem Kopf des unter dem 12.02.2013 übersandten Memorandums (Anlage BK 3, Bl. 942 d.A.), dass auch diese Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Parteien Anfang 2013 gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts C vom 23.09.2015, Az. 1 O 206/14, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der V GmbH den Schaden zu ersetzen, der den Insolvenzgläubigern der V GmbH, und zwar sämtlichen Altgläubigern sowie der T GmbH auch als Neugläubigerin nach dem 30.01.2009 wegen ausgefallener Forderungen gegen die V GmbH entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie rügt den weiteren Vortrag bezüglich der Kenntnisnahme der im Sonderheft 29 enthaltenen Dokumente als verspätet und bestreitet diesen. Sie behauptet, dass der Kläger parallel beim Landeskriminalamt und bei der Staatsanwaltschaft C Akteneinsicht genommen habe. Spätestens am 09.06.2010 sei ihm umfassende Akteneinsicht, auch in das Sonderheft 29, gewährt worden. Weil sich ein erster Auswertungsvermerk nebst Inhaltsverzeichnis der darin enthaltenen Dokumente seit April 2010 bei der Hauptakte befunden habe, stelle es sich zudem als grob fahrlässige Unkenntnis dar, wenn er – unterbliebene Akteneinsicht in das Sonderheft 29 bis zu diesem Zeitpunkt unterstellt – eine solche daraufhin nicht umgehend genommen habe.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

 

Die prozessual bedenkenfreie Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig, unterliegt aber in der Sache der Abweisung.

Weil der Kläger nunmehr ausdrücklich ausschließlich Altgläubigeransprüche in eigener Prozessführungsbefugnis geltend macht und Neugläubigeransprüche aus abgetretenem Recht, bestehen hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis keine Bedenken: Bezüglich der Altgläubigeransprüche folgt diese aus § 92 InsO, bezüglich der abgetretenen Ansprüche aus der behaupteten materiellen Berechtigung. Die Einwendungen des Klägers gegen die teilweise Abweisung der Klage durch das Landgericht als unzulässig sind allein hinsichtlich der Höhe des Streitwerts in erster Instanz und der sich daraus ergebenden Kostenlast des Klägers von Relevanz. Hinsichtlich des Feststellungsinteresses wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

In der Sache kann dahin stehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche überhaupt vorliegen. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat der Senat Zweifel, dass die für die Beklagte tätigen Mitarbeiter bezüglich einer etwaigen Insolvenzverschleppung durch Dr. L mit dem für eine Inanspruchnahme der Beklagten erforderlichen sogenannten doppelten Gehilfenvorsatz handelten. Immerhin trägt der Kläger in der Berufungsbegründung (Bl. 59 der Berufungsbegründung, Bl. 926 d.A.) selbst vor, dass es „den Projektverantwortlichen der Beklagten ausweislich der vorliegenden Unterlagen darauf“ angekommen sei, „eine Zahlungsunfähigkeit der V GmbH, unabhängig von deren Eigenkapitalerbringung zu verhindern“, damit das „Projekt einschließlich der Kosten“ nicht an die Beklagte zurückfalle. Dies lässt sich zunächst mit einer – notwendigerweise – vorsätzlichen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung ebenso schwerlich in Einklang bringen wie mit einer sittenwidrigen Schädigung.

Dem war indes nicht weiter nachzugehen, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zutreffend mit der Begründung abgewiesen hat, die geltend gemachten etwaigen Ansprüche seien jedenfalls verjährt:

Sämtliche in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche unterliegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist. Diese begann Ende des Jahres 2010 und war maximal 126 Tage, nämlich vom 15.01.2013 bis zum 20.05.20013, gemäß § 203 BGB durch Verhandlungen gehemmt und damit bei Eingang der Klage am 02.06.2016 bereits abgelaufen.

1. Regelverjährung gemäß § 195 BGB

Die Verjährungsfrist richtet sich sowohl für die Altgläubigeransprüche als auch für die Neugläubigeransprüche nach § 195 BGB. Eine analoge Anwendung des § 43 Abs. 4 GmbHG auf Neugläubigeransprüche kommt mangels planwidriger Regelungslücke und wegen des unterschiedlichen Zwecks der Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. einerseits und § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. andererseits nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 15.03.2011, – II ZR 204/09-, NJW 2011, 2427, 2428), wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat.

Bezüglich der geltend gemachten Altgläubigeransprüche gilt nichts anderes, auch wenn sich der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB ergibt und sich der Schutzgesetzverstoß in der Verletzung des § 64 Abs. 1 GmbHG erschöpft. Eine Anspruchskonkurrenz mit auf dieselbe Rechtsfolge gerichteten gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen, für die § 43 Abs. 4 GmbHG (unmittelbar) gilt und die daher für eine analoge Anwendung sprechen könnte, ist nicht gegeben, wenn die Inanspruchgenommene – wie hier – eine außenstehende Dritte ist, gegen die Ansprüche nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften von vornherein ausscheiden.

2. Beginn der Verjährungsfrist

Die dreijährige Verjährungsfrist begann am 01.01.2011.

Das Landgericht ist auf Grund einer zutreffenden Wertung des Sachvortrags zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bereits im Jahr 2010 die nach § 199 BGB maßgebliche Kenntnis von den Tatsachen, auf die er die Klage nunmehr stützt, erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können – nämlich auf Grund der in diesem Jahr erfolgten Einsichtnahme in den Sonderband 29 des Ermittlungsverfahrens 430 Js 958/09 StA C – und er die Kenntniserlangung im Jahr 2010 im Übrigen unstreitig gestellt hat. Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung:

a. Anspruchsbegründende Tatsachen

Dass die für die Klagebegründung maßgeblichen Tatsachen im Sonderheft 29 enthalten sind, ergibt sich ohne weiteres aus dem klägerischen Vorbringen. Der Kläger führt im Schriftsatz vom 18.10.2016 selbst aus, dass die im Sonderheft 29 enthaltenen Dokumente das Kernstück seines Vortrags ausmachten und diese ihm die rechtliche Beurteilung erlaubt hätten, die der Klageschrift zu Grunde liegt (Bl. 1033 d.A.). Er hat weder in erster noch in zweiter Instanz – auch nicht nach entsprechendem Hinweis der Beklagten – konkret dargelegt, welche weitergehenden Erkenntnisse er nach Einsichtnahme in das Sonderheft 29 erlangt habe, die ihn dann erst in die Lage versetzt hätten, die Klage abzufassen.

Die Zeugen V1, W und E, deren Aussagen nach dem neuen Vortrag in der Berufungsbegründung für die Klageerhebung maßgeblich gewesen sein sollen, hat der Kläger in der Klageschrift an keiner Stelle benannt. Die Namen W und E sind nur aus Emails und internen Papieren der Sparkasse L1 zu ersehen. Diese sind aber wiederum Bestandteil des Sonderheftes 29 (K42, K 39, K 49). Der Zeuge V1 findet lediglich in Bezug auf die Beklagte zu 4) und deren etwaige Kenntnis von Baukostensteigerungen in der Replik Erwähnung (Bl. 500 d.A.). Dieser Vortrag gibt daher nichts dafür her, dass der Kläger für die Klageerhebung notwendige Tatsachen erst in der Zeit nach Einsichtnahme in das Sonderheft 29 erlangt hat. Gleiches gilt in Bezug auf die weiteren im Schriftsatz vom 18.10.2016 genannten Zeugenaussagen (Bl. 1073 ff. d.A.).

Dass das Sonderheft 29 seit April 2010 Bestandteil der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft C war, hat der Kläger selbst bereits in der Klageschrift (Bl. 74 d.A.) unwidersprochen vorgetragen.

b. Zeitpunkt der Akteneinsicht

Dass der Kläger bereits im Laufe des Jahres 2010 Akteneinsicht in das Sonderheft 29 des Ermittlungsverfahrens genommen hat und nehmen konnte, ergab sich ohne weiteres aus seinem erstinstanzlichen Vorbringen:

Nach dem eher vagen Vortrag zu etwaigen Erkenntnissen auf Grund des Strafverfahrens, dem Einwand der Beklagtenseite, dem Kläger habe das Sonderheft 29 im Jahre 2010 schon so frühzeitig vorgelegen, dass er es im gleichen Jahr habe durchlesen können, und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.06.2015 nicht einmal mehr auf seine anfänglichen Ausführungen zu einer (späteren) Kenntnis Bezug genommen, sondern den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist am 01.01.2011 als „unstreitige Tatsache“ bezeichnet (Bl. 672 d.A.) und sich sodann ausschließlich mit der Frage der Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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befasst. Damit hat er die Einsichtnahme des Sonderbandes 29 im Jahr 2010 nicht nur nicht hinreichend bestritten, sondern bei verständiger Würdigung vielmehr sämtliche Tatsachen, aus denen sich der Verjährungsbeginn zum 01.01.2011 ergibt, nämlich insbesondere die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahr 2010, unstreitig gestellt, wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat.

Der weitergehende Vortrag zum Zeitpunkt der Einsichtnahme in das Sonderheft 29 mit den Schriftsätzen vom 18.10. und 24.11.2016 weicht hiervon maßgeblich ab, ist wenig plausibel und im übrigen streitig und unterliegt daher dem Novenausschluss gemäß § 531 Abs. 2 ZPO.

Der Kläger hat sich noch in der Berufungsbegründung darauf berufen, dass es ihm auf Grund der Fülle der Unterlagen Mitte 2010 nicht möglich gewesen sei, aus dem Sonderheft 29 Anhaltspunkte für die Teilnahme der Beklagten an einer Insolvenzverschleppung zu entnehmen. Dass er – was im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens unstreitig geworden ist, s.o. , – im Jahre 2010 Einsicht in das Sonderheft 29 genommen hat, hat er nicht in Abrede gestellt. Erstmals im folgenden Schriftsatz hat er sodann behauptet, er habe „frühstens im Laufe des Jahres 2011 Einsicht“ erhalten (Bl. 1031 d.A.). Das ergebe sich u.a. aus dem Umstand, dass – so seine nunmehrige Behauptung – das Sonderheft 29 erst am 11.04.2011 seitens des Landeskriminalamtes an die Staatsanwaltschaft C übergeben worden sei, es der Staatsanwaltschaft C im April 2010 noch gar nicht vorgelegen habe und folglich zu dieser Zeit auch dem Kläger noch nicht zur Einsicht habe überlassen werden können (Bl. 1031, 1033 d. A.).

Angesichts der erstinstanzlichen Feststellungen fehlt es seinem Vortrag insoweit schon an ausreichender Substanz: Er räumt nämlich selbst ein, dass er trotz intensiver Bemühungen nicht rekonstruieren könne, wann er nach April 2011 Einsicht erhalten habe. Ein entsprechender Akteneinsichtsantrag sei weder aus der Ermittlungsakte noch aus der eigenen Dokumentation zu ersehen (Bl. 1036 d.A.). Damit lässt der Kläger offen, wann die Einsicht erfolgt sein soll. Die Schlussfolgerungen, die er insofern zieht, überzeugen nicht: Wann die sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte den Sonderband 29 eingesehen hat, ist ebenso wenig maßgeblich wie die Frage, wann der Band in Papierform Bestandteil der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte geworden ist. Wie sich etwa aus den Anlagen BK 6 und BK 4 ergibt, ist auch dem Verteidiger des Dr. L am 22.04.2010 von der Staatsanwaltschaft C per CD-ROM Akteneinsicht u.a. in die Sonderhefte 10-15 und 18-22 gewährt worden, obgleich auch diese erst am 11.04.2011 in Papierform an die Staatsanwaltschaft übergeben worden sind. Die weitergehende Einsichtgewährung ist mit Hinweis auf § 147 Abs. 2 StPO verweigert worden und nicht mit der Begründung, dass weitere Aktenbestandteile (etwa der Sonderband 29) nicht vorlägen. Noch im Jahr 2010, nämlich am 04.11., ist dem Verteidiger im Übrigen sodann Akteneinsicht auch in das Sonderheft 29 in elektronischer Form gewährt worden (Anlage B 49).

Weder der von Seiten des Klägers vorgelegte Screenshot der Dokumenten-Verzeichnisse auf einer DVD, noch der kanzleiinterne Emailverkehr bezüglich der Speicherung von Dateien aus der Ermittlungsakte lässt zwingend darauf schließen, dass Einsicht in den Sonderband 29 im Jahr 2010 nicht gewährt worden ist. Dass die kanzleiinterne Dokumentation ebenso wie die Ermittlungsakte insoweit keine verlässlichen Aussagen zulässt, ergibt sich schon daraus, dass der Kläger auf ihrer Grundlage selbst nicht nachhalten kann, wann die Einsicht – nach seiner Darstellung – schließlich tatsächlich gewährt worden ist.

Hinzu kommt, dass nicht nachzuvollziehen ist, dass der Kläger , – wenn die Einsicht in den Sonderband 29, die von entscheidender Bedeutung für die Anspruchsbegründung ist, trotz seiner Bemühungen tatsächlich erst so spät gewährt worden sein sollte, dies nicht von Anfang an, spätestens aber in der Berufungsbegründung so vorgetragen hat, obgleich diese Frage bereits in erster Instanz im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand. Eine Erklärung hierfür bietet er nicht.

Das erstmalige, in seinen tatsächlichen Schlussfolgerungen zudem unschlüssige Bestreiten der Akteneinsicht im Jahr 2010 unterliegt dem Novenausschluss gemäß § 531 Abs. 2 ZPO. Denn ist schon zweifelhaft, ob nunmehr überhaupt ein erhebliches Bestreiten erfolgt ist, so ergibt sich daraus erst recht nicht, dass sich der von den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils abweichende neue Klägervortrag als unstreitig darstellt und damit in zweiter Instanz zu berücksichtigen ist. Ein anderer Zulassungsgrund im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Die Vernehmung der Zeugin H war in diesem Zusammenhang daher nicht geboten.

c. Kenntnis/grob fahrlässige Unkenntnis

Der Einwand des Klägers, er habe sich auf Grund der Fülle seiner Aufgaben, 2010 nicht einlesen können, lässt sich nicht damit vereinbaren, dass er den Beginn der Verjährungsfrist und damit auch die hierfür maßgebliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen in erster Instanz unstreitig gestellt hat, s.o. Er kann im Übrigen so pauschal nicht verfangen. Wie viel Zeit (mehr) er bei pflichtgemäßer Durcharbeitung gebraucht hat bzw. hätte und insbesondere wann er diese dann tatsächlich erledigt hatte, trägt der Kläger konkret nicht vor. Auch insofern ist nicht maßgeblich, wann die sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte sich mit den Unterlagen befasst hat. Der Auswertungsvermerk in der Ermittlungsakte datiert vom 23.04.2010; der Kläger war bereits seit 1.Oktober 2009 als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und hatte zum 05.01.2010 das Gutachten bzgl. der Insolvenzreife erstellt. Dies alles spricht dafür, dass er bei sachgerechter Organisation die Unterlagen hätte durcharbeiten (lassen) können. Denn es gehört gerade zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters, Ansprüche der gegenständlichen Art zeitnah zu prüfen und in unverjährter Zeit geltend zu machen und dies durch die Regelung entsprechender Abläufe sicherstellen.

d. Zumutbarkeit der Klageerhebung

Auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Klageerhebung ergibt sich kein späterer Beginn der Verjährungsfrist. Einer der Fälle, in denen die Zumutbarkeit als übergreifende Voraussetzung des Verjährungsbeginns zu verneinen ist, – dann, wenn ausnahmsweise Rechtsunkenntnis beachtlich ist oder solange eine aussichtsreiche Möglichkeit besteht, durch Verhandlungen eine anderweitige Kompensation zu erlangen,- liegt nicht vor. Der fehlende Abschluss eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens hindert den Eintritt der Kenntnis für sich genommen nicht; maßgeblich ist allein, ob der Gläubiger den Anspruch auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen einklagen kann (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil vom 01.07.2015 – 22 U 35/14 -, BeckRS 2015, 12948 Rdn. 20 f.). Im Einzelfall kann dies die Kenntnis wesentlicher Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft voraussetzen (OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Nürnberg
, Urteil vom 30.01.2007, – 1 U 2691/05 -, NJW 2008, 1453, 1455.). Hier war die Kenntnis der Inhalte des Sonderbandes 29 maßgeblich, denn auf deren Grundlage, also dem Wissensstand aus dem Jahr 2010, hat der Kläger die Klage gefertigt. Das Verfahrens gegen Dr. L ist zunächst vorläufig eingestellt worden und hat gerade keine weitergehenden Erkenntnisse erbracht.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich das Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung gegen Dr. L richtete und nicht gegen die Beklagte. Diese musste nicht damit rechnen, dass nach der Einstellung des Verfahrens gegen Dr. L Klage nunmehr gegen sie Klage wegen des Vorwurfs der Teilnahme an einer Insolvenzverschleppung erhoben werden würde, was gegebenenfalls eine andere Bewertung gebieten könnte (BGH, Urteil vom 24.02.1994, – III ZR 76/92 -, NJW 1994, 3162, 3164.).

Das von Klägerseite zitierte Urteil des BAG vom 23.06.1981 , – 6 Sa 47/78 – (abrufbar auf JURIS), betrifft tarifvertragliche Verfallfristen für Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers und ist auf einen Insolvenzverwalter, dessen Aufgabe gerade die Aufarbeitung der Insolvenz ist, nicht zu übertragen.

Im Übrigen sieht die ZPO für den Fall, dass bezüglich eines im Zivilverfahren entscheidenden Umstands ein Strafverfahren anhängig ist, die Aussetzung gemäß § 149 ZPO vor, um sich die dabei ergebenden Erkenntnisse nutzbar zu machen.

3. Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Hemmung
Hemmung der Verjährung
Verjährung

Die Verjährung hemmende Verhandlungen schwebten vom 15.01.2013 an bis maximal zum 20.05.2013 (126 Tage).

a. Beginn der Verhandlungen

Dass es am 15.01.2013 zu einem Treffen der Parteien kam, in dem der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten erklärte, aus den Akten ergäben sich Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche gegen diese, denen er nachgehen müsse, ist als neuer, aber unstreitiger Vortrag in der Berufungsbegründung zu berücksichtigen. Dass es sich bei diesen Ansprüchen nur um solche im Zusammenhang mit der Insolvenz und der vorangegangenen geschäftlichen Beziehung der Parteien handeln konnte, lag auf der Hand. Damit war die Grundlage etwaiger Ansprüche jedenfalls im Ansatzpunkt klar. Einer weitergehenden Konkretisierung oder Bezifferung der Ansprüche bedurfte es im Hinblick auf den zum Schutz des Gläubigers weit zu verstehenden Verhandlungsbegriff nicht.

Über diese Ansprüche ist auch verhandelt worden. Denn die Beklagte, vertreten durch Oberbürgermeister O, hat am 15.01.2016 Ansprüche nicht von vornherein zurückgewiesen oder zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auf eine Erörterung nicht einlassen werde, sondern es ist vielmehr gemeinsam ein Besprechungstermin für den 31.01.2013 vereinbart worden. Dies genügt.

Ob auch die angeblichen Ansprüche des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH Gegenstand der Verhandlungen waren, kann dahin stehen, weil auch diese – mangels Andauern der Verhandlungen über den 20.05.2013 hinaus – jedenfalls verjährt sind. Ergänzend wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

b. Ende der Verhandlungen

Es spricht vieles dafür, dass die sich anschließenden Verhandlungen bereits mit dem Übersenden des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27.03.2013 (Anlage K 61) gescheitert sind. Deutlicher als mit der Aufforderung, „uns gegenüber bis zum 25.04.2013 eingehend schriftlich zu bestätigen , dass der von Ihnen geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Bundesstadt C nicht besteht“ , verbunden mit der Ankündigung: „Nach fruchtlosem Fristablauf werden wir unserer Mandantin empfehlen, negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegen die Insolvenzmasse zu erheben“, kann ein geltend gemachter Anspruch kaum zurückgewiesen werden. Dass für die Abgabe der geforderten Erklärung eine Frist gesetzt worden ist, bedeutet nicht, dass im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch noch Verhandlungsspielraum bestand. Einer inhaltlichen Rückäußerung wurde – im Hinblick auf die deutliche Ablehnung eines Anspruchs konsequent – gerade nicht entgegengesehen.

Jedenfalls sind die Verhandlungen aber in dem Zeitpunkt gescheitert, als der Kläger nicht zeitnah auf das Fax der Beklagten vom 13.05.2013 (Anlage K 62) reagiert hatte, in dem diese (in Reaktion auf das Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2013, Anlage K 99, Bl. 577 d.A.) eine beiderseitige Verlängerung der Fristen vorschlug und um „kurze schriftliche Bestätigung“ bat.

Weil hier ausdrücklich um eine Gegenbestätigung gebeten worden war, war eine solche – und nicht nur eine konkludente oder stillschweigende Verlängerung – von dem gegnerischen Rechtsanwalt zu erwarten, – wenn nicht bereits am selben Tag per Fax, dann zumindest an einem der folgenden Tage (die Frist vom 25.04. hatte der Kläger auch nicht eingehalten, sondern um vier Tage überschritten), also spätestens am 20.05.2013. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass der Kläger sich bis zu diesem Zeitpunkt zwecks Verlängerung bzw. Neueinräumung einer Frist melden würde, wenn er an einem weiteren Austausch interessiert war.

Mit der fehlenden Rückäußerung waren die Verhandlungen durch Nichtbetreiben seitens des Klägers eingeschlafen und damit gescheitert: Am 13.05.2013 war die von Beklagtenseite gesetzte Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung längst abgelaufen und auch die vom Kläger gesetzte Stellungnahmefrist endete. Ohne die vorgeschlagene Fristverlängerung war der von beiden Seiten innerhalb von Fristen vorgesehene Meinungsaustausch beendet. Es war nun Sache des Klägers, den Austausch am Laufen zu halten. Er war am Zug und konnte ohne weiteres dafür sorgen, dass die verjährungshemmende Wirkung fortbestand. Dies war auch deshalb nach Treu und Glauben von ihm zu erwarten, weil es der Beklagten nicht zuzumuten war, (ggfs. kostenträchtigen) Aufwand für eine weitere Befassung mit der Sache zu betreiben, ohne zu wissen, ob auf Seiten des Klägers noch Interesse an einer Erörterung bestand. Tatsächlich – und ihm Hinblick auf das Schreiben vom 13.05.20013 konsequent – ist dann auch keine weitere Stellungnahme von Beklagtenseite mehr erfolgt.

Weiterer Erklärungen bedurfte es nicht. Anders als in den Fällen, in denen eine Verweigerung der Fortführung von Verhandlungen seitens des Ersatzverpflichteten in Frage steht, der den Geschädigten durch sein unklares Verhalten ggfs. „hinhält“, besteht für den Ersatzberechtigten kein Schutzbedürfnis, wenn es an ihm ist, die Verhandlungen weiter zu fördern. Dann tritt vielmehr wiederum das Schutzbedürfnis des Schuldners in den Vordergrund, dem das Verjährungsrecht im Wesentlichen dient (s. BGH, Urteil vom 07.12.1962, BeckRS 1962, 31183925).

Schlagworte: GmbHG § 64 Satz 1, Haftung im Zusammenhang mit der Insolvenz, Haftung wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO, Zahlungen nach Insolvenzreife § 64 Satz 1 GmbHG