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OLG Köln, Urteil vom 13. August 2015 – 18 U 153/14

§ 174 S 1 BGB, § 174 S 2 BGB

1. Die Vertretungsverhältnisse einer corporation nach US-amerikanischem Recht können keinem öffentlichen Register entnommen werden, so dass dann, wenn die corporation durch einen ihrer officer handelt, bei deren Teilnahme am Rechtsverkehr eine Situation vorliegt, die derjenigen eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters entspricht, was die Anwendung von § 174 BGB rechtfertigt. Ein Zurückweisungsrecht besteht nicht nur, wenn eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht nicht vorgelegt wird, sondern auch dann, wenn die Rechtsmacht des Vertreters auf einer Ermächtigung beruht, die von einer eingetragenen organschaftlichen Vertretungsmacht abweicht (vgl. BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980, 2 AZR 980/78).

Nach alledem ist die handels- bzw. gesellschaftsrechtliche Publizität in den Vereinigten Staaten vergleichsweise schwach ausgebildet. Es gibt weder ein allgemeines Handelsregister noch ein eigentliches Gesellschaftsregister, bei dem regelmäßig bestimmte Vorgänge zu hinterlegen oder einzutragen wären, damit sie jedermann zugänglich sind (Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 7. Auflage 2010, Rn. 5368). Da die Vertretungsverhältnisse einer corporation nach US-amerikanischem Recht keinem öffentlichen Register entnommen werden können, liegt, jedenfalls soweit die corporation durch einen ihrer officer handelt, bei deren Teilnahme am Rechtsverkehr eine Situation vor, die derjenigen eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters entspricht. Das rechtfertigt die Anwendung von § 174 BGB. Der inländische Empfänger einer für die corporation nach US-amerikanischem Recht abgegebenen Erklärung hat vielfach keine Kenntnis von deren Vertretungsverhältnissen. Handelt ein officer der corporation allein, ist es ihm demgegenüber ohne weiteres möglich, entweder eine vom board ausgestellte Vollmacht vorzulegen oder die von ihm aus den bylaws oder Beschlüssen des board in Anspruch genommene Vertretungsmacht durch deren Vorlage zu belegen. Unterbleibt ein solcher Nachweis, kann eine Erklärung nach § 174 BGB zurückgewiesen werden. Dem entspricht es, dass ein Recht zur Zurückweisung nicht nur besteht, wenn eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht nicht vorgelegt wird, sondern auch dann, wenn die Rechtsmacht des Vertreters auf einer Ermächtigung beruht, die von einer eingetragenen organschaftlichen Vertretungsmacht abweicht (BAG, Urteil vom 18.12.1980 – 2 AZR 980/78, NJW 1981, 2374-2375, zitiert nach juris, Rn. 20 ff).

2. Die Bekanntgabe der Abberufung kann zumindest dann in entsprechender Anwendung des § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn sie nicht durch die Gesellschafterversammlung als dem zuständigen Gremium selbst, sondern in deren Auftrag von einer davon verschiedenen dritten Person vorgenommen wird (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Urteil vom 17. November 2003, 15 U 225/02). Entsprechendes gilt, wenn – wie hier – die organschaftlichen Rechte in einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine corporation nach US-amerikanischem Recht ist, nicht von dem board of directors als einheitlichem Kollegialorgan nach dem Prinzip der Gesamtvertretung als Geschäftsführungsmaßnahme, sondern von einem ihrer officer wahrgenommen werden.

Der Abberufungsbeschluss muss dem bei der Beschlussfassung abwesenden Geschäftsführer bekannt gegeben werden (Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, § 38 Rn. 43). Die Bekanntgabe obliegt der Gesellschafterversammlung als dem für die Abberufung zuständigen Organ. Erst mit ihrem Zugang wird die Abberufung wirksam (Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in: Scholz, GmbHG, 11. Auflage 2014, § 38 Rn. 29; Stephan/Tieves in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Auflage 2012, § 38 Rn. 41). Obgleich in der Bekanntmachung keine eigene Willenserklärung, sondern lediglich die Kundgabe der Willensbildung der Gesellschafterversammlung an den Geschäftsführer liegt, kann die Bekanntgabe der Abberufung zumindest dann in entsprechender Anwendung § 174 ZPO zurückgewiesen werden, wenn sie nicht durch die Gesellschafterversammlung als dem zuständigen Gremium selbst, sondern in deren Auftrag von einer davon verschiedenen dritten Person vorgenommen wird (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Urteil vom 17.11.2003 – 15 U 225/02, NZG 2004, 141-146, zitiert nach juris, Rn. 26; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, § 38 Rn. 43; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in: Scholz, GmbHG, 11. Auflage 2014, § 38 Rn. 29; Stephan/Tieves in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 1. Auflage 2012, § 38 Rn. 46f). Entsprechendes gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die organschaftlichen Rechte in einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine corporation nach US-amerikanischem Recht ist, nicht von dem board of directors als einheitlichem Kollegialorgan nach dem Prinzip der Gesamtvertretung als Geschäftsführungsmaßnahme wahrgenommen werden, sondern von einem ihrer officer wahrgenommen werden. Die im Termin aufgeworfene Frage, ob einer Anwendung des § 174 BGB auf den Streitfall der Gedanke übertriebener Förmlichkeit entgegen stehen könnte, ist nach alledem zu verneinen.

Schlagworte: Abberufung des Geschäftsführers, Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund, Klage der Geschäftsführer gegen Kündigung des Anstellungsvertrages