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OLG Köln, Urteil vom 29.11.2007 – 18 U 179/06

§ 134 BGB, § 203 Abs 1 Nr 3 StGB

1. Ein Prozessfinanzierungsvertrag, der die Geltendmachung einer anwaltlichen Honorarforderung zum Gegenstand hat, ist aufgrund der mit dem Vertrag verbundenen Informationspflichten über die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Einzelheiten des Mandats wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach § 134 BGB nichtig, sofern der Mandant der Weitergabe der Informationen an den Prozessfinanzierer nicht zugestimmt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vertrag unwirksam, durch den sich ein Rechtsanwalt – und sei es nur als Nebenpflicht – verpflichtet, entgegen dem Verbot des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB Mandantengeheimnisse einem Dritten zu offenbaren. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Die Vorschrift dient dem Schutz der Individualsphäre des Mandanten, der Rat und Hilfe in Anspruch nehmen muss, die er nur bei rückhaltloser Offenheit zu erlangen vermag (BGH NJW 1993, 1638). Der Prozessfinanzierungsvertrag enthält in Ziff. 3.2. am Ende und Ziff. 6.5. umfassende Informationspflichten des Anspruchsinhabers. Damit unterliegen auch die Einzelheiten der Tätigkeit der Beklagten für ihre Mandantin der vertraglichen Informationspflicht. Ferner ergibt sich aus dem Vorspann des Vertrages und dem Vorbringen der Parteien, dass die Beklagten die Klägerin auch tatsächlich über die Honorarforderung – und damit auch die für ihre Mandantin erbrachten Tätigkeiten – umfassend informiert haben. Das erfüllt den objektiven Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasst der Nichtigkeitsgrund nicht lediglich die Abtretung, sondern den gesamten Vertrag. Weder der Rechtsprechung noch § 49b BRAO lässt sich entnehmen, dass die Verbotsnorm nur die Abtretung der Forderung, nicht aber auch die Prozessfinanzierung erfasst. Die Nichtigkeit der Abtretung einer anwaltlichen Honorarforderung folgt nicht aus dem Übergang der Forderung auf einen Dritten. Vielmehr folgt die Nichtigkeit nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB aus der mit der Abtretung nach § 402 BGB verbundenen umfassenden Informationspflicht (BGHZ 122, 115 = NJW 1993, 1638). § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO enthält lediglich ein zusätzliches Abtretungsverbot. Im vorliegenden Fall enthält der zwischen den Parteien geschlossene Prozessfinanzierungsvertrag selbst die Informationspflichten – und damit die vertragliche Pflicht zum Verrat von Mandantengeheimnissen.Der Verstoß ist auch nicht deshalb für die Wirksamkeit des Vertrages unschädlich, weil er bereits vor Vertragsschluss erfolgt ist. Die Informationen, die die Beklagten der Klägerin über das Mandatsverhältnis erteilt haben, dienten der Vorbereitung des Prozessfinanzierungsvertrages. Auf die zeitliche Reihenfolge kommt es nicht an. Der Bundesgerichtshof hat zwar die Abtretung einer anwaltlichen Gebührenforderung an einen Rechtsanwalt als wirksam angesehen, der bereits vorher die Angelegenheit umfassend kennengelernt hatte. In diesem Fall verstoße die Abtretung nicht gegen §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB (BGH NJW 2005, 507). Dem lag aber die Erwägung zu Grunde, dass der Zessionar die umfassende Kenntnis vom Auftraggeber, also dem Mandanten selbst erlangt hatte, den er im Kostenfestsetzungsverfahren vertreten hatte, und damit nicht durch einen Verstoß des Zedenten gegen die ihm obliegende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (BGH aaO, Rn 15). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Vielmehr haben die Beklagten der Klägerin unbefugt und unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB die näheren Einzelheiten über das Mandat offenbart. Dies diente dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages.

2. Die in einem solchen Vertrag vereinbarte Aufteilung des Prozesserlöses zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Anspruchsinhaber kann auch nicht über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aufrecht erhalten werden. Der Anwendung dieser Grundsätze steht unabhängig von der Frage, ob der Prozessfinanzierungsvertrag eine stille Innengesellschaft begründet, das gesetzliche Verbot nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen.

Es kann offen bleiben, ob durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages zwischen den Parteien eine stille Innengesellschaft begründet wurde, wie dies im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertreten wird. Auch insoweit neigt der Senat der überzeugend begründeten Ansicht des Landgerichts zu, ohne dies indes abschließend entscheiden zu müssen. Denn auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagten zu.

3. Eventuelle Ansprüche des Prozessfinanzierers aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Schadensersatz sind auf die Erstattung der von dem Prozessfinanzierer verauslagten Kosten der Rechtsverfolgung beschränkt.

Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages allein noch in Betracht kommende Ansprüche aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB (Leistungskondiktion) bestehen nicht. Eine Bereicherung der Beklagten liegt nur in Form der von der Klägerin finanzierten Prozesskosten vor. Diese hat die Klägerin allerdings über die Zahlung der Beklagten erhalten. Eine darüber hinausgehende Bereicherung durch Leistung der Klägerin ist nicht ersichtlich.

Schlagworte: Prozessfinanzierungsvertrag, Rechtliche Einordnung des Prozessfinanzierungsvertrags